Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Zivilprozess & Schiedswesen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2023, 2464
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.07.2023 - 29 W 18/23
Haben die Parteien eines Bauvertrags im gleichen OLG-Bezirk ihren Geschäftssitz, führt die Vereinbarung eines Gerichtsstands an diesem Ort nicht allein zu einem ausschließlichen Gerichtsstand, wenn die Parteien ihren Sitz nicht am dortigen Landgerichtsbezirk, sondern an anderen Landgerichtsbezirken haben.

Online seit 19. September
IBRRS 2023, 2490
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.07.2023 - 2 LA 28/20
Die Verhandlungsunfähigkeit einer Partei ist grundsätzlich durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Wird dieses erst kurz vor dem Termin vorgelegt und mit einer Erkrankung begründet, muss der Verhinderungsgrund so konkret dargelegt sein, dass das Gericht ohne eigene Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob die Verhandlungsunfähigkeit tatsächlich vorliegt.

Online seit 18. September
IBRRS 2023, 2540
OLG Schleswig, Urteil vom 06.09.2023 - 12 U 59/23
Eine (vorläufige) Vollstreckbarkeitserklärung gegen Sicherheitsleistung ist nicht erforderlich, weil Gegenstand der verurteilten Leistung lediglich die Verpflichtung zu einer Sicherheitsleistung ist. Diese Verpflichtung zur Sicherheitsleistung ist nicht von einer - weiteren - Sicherheitsleistung abhängig zu machen (ebenso KG, IBR 2018, 668).*)

Online seit 15. September
IBRRS 2023, 2531
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.09.2023 - 2-13 S 130/22
1. Die Klage auf Feststellung, dass an einer Fläche ein Sondernutzungsrecht besteht, ist gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten, wenn diese die Fläche – hier durch Errichtung eines Weges – als Gemeinschaftseigentum nutzt.*)
2. Ändert der Kläger seine in erster Instanz gegen die übrigen Eigentümer erhobene Feststellungsklage in der Berufungsinstanz, ist die Verweigerung der Zustimmung der Beklagten rechtsmissbräuchlich. Ob die Parteiänderung dabei voraussetzt, dass sie erst nach Einlegung und Begründung einer zulässigen Berufung (vgl. BGH, NJW 2001, 226) gegen die in erster Instanz verklagten übrigen Eigentümer erfolgt, ist zweifelhaft, hier aber nicht entscheidungserheblich.*)

Online seit 12. September
IBRRS 2023, 2409
OLG Hamm, Beschluss vom 13.06.2023 - 25 W 89/23
1. Die Kosten des Rechtsstreits umfassen nicht die Kosten eines Vergleichs.
2. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, gelten die Kosten eines Prozessvergleichs als gegeneinander aufgehoben.
Online seit 8. September
IBRRS 2023, 2463
BGH, Urteil vom 07.07.2023 - V ZR 210/22
Eine ordnungsgemäße Klageerhebung setzt grundsätzlich die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers voraus; die Adresse eines Postdienstleisters, der lediglich mit der Weiterleitung der an den Kläger gerichteten Post beauftragt ist, reicht hierfür nicht aus.*)

IBRRS 2023, 2426

LG Itzehoe, Beschluss vom 17.03.2023 - 11 T 8/23
Der Streitwert eines Verfahrens (Hauptsacheverfahren und auch einstweilige Verfügung, weil diese faktisch zur Erfüllung des Unterlassungsanspruchs führt) zur Unterlassung der Einberufung einer Eigentümerversammlung ist nicht mit dem vollen Interesse an den begehrten Beschlussfassungen gleich zu setzen. Die Festsetzung eines Viertels des Streitwerts für eine Beschlussklage ist angemessen.*)

Online seit 7. September
IBRRS 2023, 2441
BGH, Beschluss vom 02.08.2023 - XII ZB 96/23
Zur Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist von Amts wegen bei Versagung einer beantragten Fristverlängerung über den ohne Einwilligung des Gegners bewilligungsfähigen Zeitraum hinaus (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25.08.2021 - XII ZB 172/20, IBRRS 2021, 3027 = IMRRS 2021, 1125).*)

Online seit 4. September
IBRRS 2023, 2413
BGH, Beschluss vom 31.07.2023 - VIa ZB 1/23
Zu den Voraussetzungen einer wiederholten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit Einwilligung des Gegners.*)

Online seit 30. August
IBRRS 2023, 2387
LG München I, Urteil vom 16.02.2023 - 4 O 14404/22
Soll ein Vertrag geprüft werden, der Anwalt aber nicht gegenüber dem Vertragspartner des Mandanten auftreten, kann er trotz Vergütungsvereinbarung „nach RVG" keine Geschäftsgebühr verlangen, wenn er nicht an der Vertragsgestaltung mitgewirkt hat.

Online seit 28. August
IBRRS 2023, 2348
OLG Hamm, Beschluss vom 29.06.2023 - 4 UF 154/22
1. Echtheit und Integrität des Dokuments sind nur gewährleistet, wenn es entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder von der verantwortlichen Person selbst auf einem sicheren Übertragungsweg bei der Justiz eingereicht worden ist.*)
2. Der Rechtsanwalt als Inhaber des beA muss den Versand selbst vornehmen. Er kann dieses Recht nicht auf eine andere Person übertragen.*)
IBRRS 2023, 2305

OLG Hamm, Urteil vom 25.04.2022 - 17 U 4/22
1. Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 Brüssel Ia-VO ist das Gericht eines Mitgliedstaates (ausschließlich) zuständig, wenn die Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbart haben, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaates über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedsstaates materiell ungültig.
2. Die Brüssel Ia-VO stellt keine Voraussetzungen für ihren Anwendungsbereich auf, insbesondere ist es nicht (mehr) erforderlich, dass jedenfalls eine Partei ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat. Demzufolge können auch zwei sog. Drittstaatler, also Personen, die außerhalb der Mitgliedstaaten ansässig sind, die Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaates gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO vereinbaren.

Online seit 25. August
IBRRS 2023, 2152
VerfGH Berlin, Beschluss vom 21.06.2023 - VerfGH 189/21
1. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt vor, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass erhebliches tatsächliches oder rechtliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.
2. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz ausreichend substanziierten entscheidungserheblichen Vortrags oder eines entsprechenden Beweisangebots in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt.
3. Trägt der Vermieter umfangreich zu Aspekten vor, die seiner Meinung nach gegen die Tauglichkeit des Berliner Mietspiegels 2019 als Schätzgrundlage für die streitgegenständliche Wohnung im Stadtteil Kreuzberg sprechen, und hierzu u. a. auf statistische Erhebungen der Investitionsbank Berlin (sog. IBB Wohnungsmarktberichte) sowie auf einen Aufsatz von zwei Professoren für angewandte Statistik im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft verwiesen, muss sich das Gericht damit auseinandersetzen und darf nicht einfach stattdessen den Berliner Mietspiegel anwenden.

Online seit 23. August
IBRRS 2023, 2298
LG Bremen, Beschluss vom 17.02.2023 - 4 T 330/22
1. Entscheidend für den Anfall des Gebührentatbestands aus Nr. 1008 VV RVG ist der tatsächliche Auftrag, der dem Rechtsanwalt erteilt wird. Soll er die einzelnen Eigentümer vertreten, so erhält er den Mehrvertretungszuschlag, soll er hingegen die Gemeinschaft vertreten, so steht ihm der Mehrvertretungszuschlag nicht zu.
2. Dabei ist unerheblich, ob er den nach materiellem Recht Falschen vertritt, also z. B. für mehrere Eigentümer tätig wird, obgleich nach § 9a Abs. 2 WEG nur die Gemeinschaft ausübungs- oder wahrnehmungsbefugt ist.

IBRRS 2023, 2296

BVerwG, Beschluss vom 05.07.2023 - 9 B 7.23
1. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt jedenfalls dann vor, wenn die Anwendung der Präklusionsvorschrift offenkundig unrichtig ist.*)
2. Der Hinweis auf eine fehlende oder unzureichende Akteneinsicht ist nicht geeignet, das Ausbleiben jeglicher Begründung innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 UmwRG pauschal zu entschuldigen.*)
