Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 25. Mai
IBRRS 2022, 1603
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 24.01.2022 - 20 C 198/21
1. Eine Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch, bei der die Mietpreisbremse nicht gilt, kann bei einer Laufzeit von einem Jahr "wegen befristeter beruflicher Abordnung" vorliegen.
2. Etwas anderes gilt bei wiederholter Verlängerung durch Kettenmietverträge.

Online seit 24. Mai
IBRRS 2022, 1533
OLG München, Urteil vom 27.01.2021 - 27 U 4417/19 Bau
1. Ein mit der geologischen Beratung und Betreuung eines Bauvorhabens beauftragter Ingenieur hat dem Auftraggeber eine geeignete Gründungsvariante vorzuschlagen.
2. Auf etwaige Risiken der bei den gegebenen Bodenverhältnissen vorgeschlagenen Gründung hat der Ingenieur den Auftraggeber ausdrücklich hinzuweisen.
3. Der Auftraggeber darf der Empfehlung eines Bodengutachters grundsätzlich vertrauen.

IBRRS 2022, 1294

AG Charlottenburg, Urteil vom 15.03.2021 - 237 C 234/20
1. Kauft der neue Vermieter die Wohnung ohne vorherige Besichtigung und frägt er in monatelangen Gesprächen mit dem Mieter wegen angeblicher Mängel immer wieder an, ob der Mieter die Wohnung nicht freiwillig räumen würde, weil sie so für den Vermieter unrentabel sei und saniert werden müsse, ohne dabei jemals auch nur eine gewünschte Eigennutzung zu erwähnen, so ist eine Eigenbedarfskündigen, nachdem der Mieter einen Auszug abgelehnt hat, wenig glaubwürdig.
2. Die Eigenbedarfskündigung wird erst recht nicht dadurch glaubwürdiger, dass im Laufe des Verfahrens herauskommt, dass der Vermieter - entgegen seinen Verlautbarungen - auch noch weitere Immobilien besitzt.
3. Einer Kündigung steht der Einwand aus § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens des Vermieters entgegen, wenn ein Vermieter mit einem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag in dem Wissen schließt, die Wohnung demnächst wegen Eigenbedarfs kündigen zu wollen.
4. Für den Mieter einer an einen zur Eigennutzung entschlossenen Erwerber veräußerten Eigentumswohnung kann im Ergebnis nichts anderes gelten als für den Mieter, der originär einen Mietvertrag mit einem zur Eigennutzung entschlossenen Vermieter schließt.
5. Jemand, der in Eigennutzungsabsicht eine vermietete Wohnung erwirbt, greift damit willkürlich und ohne zwingende Notwendigkeit in rechtsmissbräuchlicher Weise in die grundgesetzlich geschützte Rechtsposition des langjährigen Mieters ein.

IBRRS 2022, 1569

LG Schwerin, Urteil vom 18.02.2022 - 3 O 30/21
1. Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, auch wenn sie in einzelnen Punkten bereits konkret werden, begründet noch keine Bindung. Dies gilt in besonderem Maße für Verträge, die - wie hier der Grundstückskaufvertrag - formpflichtig sind.
2. Bei formbedürftigen Verträgen besteht zur Vermeidung eines auch nur mittelbaren Abschlusszwangs ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis deshalb nur, wenn ein schwerer, in der Regel vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflichten zum redlichen Verhalten vorliegt.
3. Die Möglichkeit des Verkaufs an einen Dritten, der bereit ist, das gesamte Grundstück - und nicht nur einen Teil - zu erwerben, ist ein hinreichend sachlicher Grund, sich für diesen Käufer und gegen den ursprünglichen Käufer zu entscheiden.

Online seit 23. Mai
IBRRS 2022, 1506
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.12.2021 - 25 U 342/21
1. Ob bei einem Vertrag über die Instandhaltung von Bauwerken das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch nach § 650a Abs. 2 BGB von wesentlicher Bedeutung ist, ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu § 638 BGB a.F. zu beurteilen. Ergibt diese wertende Betrachtung, dass die Instandhaltungsarbeiten der Erhaltung und/oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese von wesentlicher Bedeutung sind mit der Folge, dass die Vorschriften des Bauvertragsrechts Anwendung finden.*)
2. Sofern im Einzelfall Malerarbeiten sich nicht auf den bloßen Anstrich der Fassade eines Hauses beschränken, sondern darüber hinaus die Reparatur von Schäden des Untergrunds wie etwa Setz- und Spannungsrissen umfassen, dienen sie bei einer solchen wertender Betrachtung der Wiederherstellung der Funktion der Fassade. Sie sind daher von wesentlicher Bedeutung i.S.v. § 650a Abs. 2 BGB. Die konkrete Dauer der Leistungserbringung ist demgegenüber für die Einordnung als Bauvertrag nicht entscheidend.*)

IBRRS 2022, 1587

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2021 - 15 Verg 10/21
1. Wettbewerbe sind keine Vergabeverfahren, sondern Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.
2. Allerdings unterliegen nicht nur Beschaffungsmaßnahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens der Nachprüfung, sondern jedes materielle Beschaffungsverfahren des öffentlichen Auftraggebers.
3. Ist in einem Realisierungswettbewerb der Planungswettbewerb dem Verhandlungsverfahren vorgelagert, kann daher bereits im Rahmen des Planungswettbewerbs eine Nachprüfung erfolgen.

IBRRS 2022, 1221

AG Wedding, Urteil vom 18.02.2022 - 11 C 73/21
1. Erforderlich ist wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses grundsätzlich eine Kündigung von allen an alle.
2. Kündigungsberechtigt sind nur die Vertragspartner. Die (lediglich) dinglich Berechtigten können nicht kündigen.
3. Bei der Äußerung des Mieters "ich finde das Verhalten von M### echt asozial" handelt es sich angesichts der Wortwahl "ich finde" lediglich um ein von der Meinungsfreiheit gedecktes Werturteil.
4. Gewährt der Mieter Angehörigen einen Scheinwohnsitz, reicht dies für die Begründung eines wichtigen Grunds im Rahmen der außerordentlichen Kündigung nicht aus, da die Anmeldung eines Scheinwohnsitzes sich weder auf die Mietsache noch den Vermieter unmittelbar auswirkt.

IBRRS 2022, 1600

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.05.2022 - 2-13 T 27/22
Auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-WEG können Hausgeldansprüche nur aufgrund eines Beschlusses über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftsplan geltend gemacht werden. Zudem muss der Zahlungsanspruch auch hier von der Gemeinschaft durchgesetzt werden, einzelne Eigentümer sind hierzu nicht befugt.*)

Online seit 20. Mai
IBRRS 2022, 1507
OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2022 - 21 U 15/21
Vom Auftraggeber eines Bauvertrags vorformulierte Klauseln, wonach die Sicherung der Vertragserfüllungsansprüche sowohl durch einen Einbehalt von 10% bei den Abschlagszahlungen als auch durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10% vorgesehen wird, benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind unwirksam.

IBRRS 2022, 1561

LG Darmstadt, Urteil vom 11.02.2021 - 29 O 326/19
Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Maklercourtage ist, dass der Hauptvertrag bei wertender Betrachtung sich zumindest auch als Ergebnis einer dafür wesentlichen Maklerleistung darstellt.

Online seit 19. Mai
IBRRS 2022, 1505
OLG Naumburg, Urteil vom 09.12.2021 - 2 U 16/21
1. Eine Kündigung des Bauvertrags aus einem wichtigen Grund i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B 2012 kann nicht auf einen Verzug mit der Vollendung der Ausführung gestützt werden, wenn der ursprünglich verbindlich vereinbarte Fertigstellungstermin wegen erheblicher Verzögerungen des Beginns der Ausführung obsolet geworden und ein neuer Fertigstellungstermin nicht vereinbart worden ist. Für die Annahme eines Schuldnerverzugs nach den allgemeinen Regeln des BGB bedarf es der Darlegung einer angemessenen Bauzeit und der ausdrücklichen Aufforderung zur Vollendung der Gesamtleistungen nach Ablauf dieser Bauzeit unter Setzung einer angemessenen Nachfrist.*)
2. Ein für eine wirksame Kündigung erforderlicher wichtiger Grund i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B 2012 kann in einer Verzögerung mit dem Beginn der weiteren Ausführung der (unterbrochenen) Leistungserbringung liegen, wenn die Vertragsparteien insoweit eine verbindliche Wiederaufnahmefrist vereinbart haben und der Auftraggeber nach Fristablauf fruchtlos eine Nachfrist für die Wiederaufnahme der Arbeiten gesetzt hat.*)
3. Eine Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B 2012 kann auch auf die Versäumung der Frist und einer angemessenen Nachfrist zur Erbringung von Teilleistungen nach Aufforderung zur Abhilfe i.S.v. § 5 Abs. 3 VOB/B 2012 gestützt werden, soweit das Abhilfeverlangen nicht ausnahmsweise als treuwidrig zu bewerten ist.*)

IBRRS 2022, 1530

LG Hannover, Urteil vom 07.03.2022 - 12 O 98/21
1. Der Aufwendungsersatz des Bürgen umfasst auch die ihm im Inanspruchnahmeprozess entstandenen und von ihm zu tragenden Prozesskosten.
2. Der Hauptschuldner und sein Rückbürge können, wenn ihnen im Inanspruchnahmeprozess der Streit verkündet wurde und sie dem Rechtsstreit beigetreten sind, dem Aufwendungsersatzanspruch nicht entgegenhalten, dass der Bürge den Prozess mangelhaft geführt habe.
3. Fälligkeit des Aufwendungsersatzanspruchs des Bürgen gegen den Rückbürgen tritt erst mit Tätigung der Aufwendung ein.

IBRRS 2022, 1573

OLG Naumburg, Beschluss vom 17.12.2021 - 7 Verg 3/21
Eine Aufhebung der Ausschreibung wegen grundlegender Änderung der Vergabeunterlagen nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2019 kann ausnahmsweise auch bei einer massiven Verschiebung der Ausführungszeit des Bauauftrags gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände hinzutreten.*)

IBRRS 2022, 1529

LG Frankenthal, Urteil vom 26.01.2022 - 2 S 86/21
1. Wird in einem befristeten Mietvertrag lediglich schlagwortartig der Gesetzestext ("Eigenbedarf") wiederholt, genügt dies für eine wirksame Befristung nicht. Mangels wirksamer Angabe des Befristungsgrunds ist daher ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, das gem. § 573c BGB ordentlich kündbar ist.
2. Haben die Parteien erkennbar keine langfristige Bindung gewünscht, kommt auch eine Umdeutung in einen wechselseitigen Kündigungsverzicht nicht in Betracht.

IBRRS 2022, 1372

OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.04.2022 - 14 W 15/22
1. Der gerichtliche Sachverständige muss auf jede erhebliche Überschreitung des für ihn gezahlten Vorschusses vorweg und beziffert hinweisen.
2. Gibt der Sachverständige auch den Endbetrag bekannt und kommt es dann - etwa von einer Partei veranlasst - zum Nichtanfallen eines Teils seiner geplanten und vorweg von ihm berücksichtigten voraussichtlichen Aufwendungen, ist als Grundlage der erheblichen Vorschussüberschreitung nicht mehr dieser bekannt gegebene voraussichtliche hohe Endbetrag, sondern der um den Wert der so ersparten Aufwendungen gekürzte maßgeblich.
2. Die Überschreitung dieses Endbetrags um 46,2% ist vergütungsrechtlich erheblich.

IBRRS 2022, 1547

OVG Saarland, Beschluss vom 02.05.2022 - 2 B 69/22
1. Die Annahme einer Verletzung der Pflicht des Gerichts zur Kenntnisnahme des Beteiligtenvorbringens ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn in der angefochtenen Entscheidung auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Das Gericht ist weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen. Es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind.*)
2. Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar und dient auch nicht dazu, das Gericht zur Erläuterung oder Ergänzung derselben zu veranlassen.*)
3. Auf das Vorbringen, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen, kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden, da es sich hierbei um Fragen der tatrichterlichen Würdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit der materiellen Richtigkeit der Entscheidung handelt.*)

Online seit 18. Mai
IBRRS 2022, 1455
OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.08.2021 - 11 U 226/20
1. Verwendet der Auftragnehmer ein anderes als das vertraglich vereinbarte Baumaterial, ist seine Leistung mangelhaft.
2. Voraussetzung für einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der ordnungsmäßen Bauherstellung durch einen Dritten wegen eines Mangels vor Abnahme setzt voraus, dass
a) die Leistung als mangelhaft erkannt wurde und der Auftragnehmer seiner Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nachgekommen ist,
b) eine dem Auftragnehmer zur Beseitigung des Mangels gesetzte angemessene Frist fruchtlos abgelaufen ist,
c) dem Auftragnehmer die Kündigung angedroht wurde und
d) der Auftraggeber nach fruchtlosem Ablauf der zur Beseitigung des Mangels gesetzten Frist die Kündigung des Vertrags erklärt hat.
3. Einer Kündigung bedarf es nicht, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert (BGH, IBR 2009, 14).

IBRRS 2022, 1560

LG Halle, Urteil vom 14.04.2022 - 4 O 249/20
1. Ob ein Unternehmen ein öffentlicher Auftraggeber ist, richtet sich nach der tatsächlichen Tätigkeit zum aktuellen Zeitpunkt, nicht nach dem ursprünglichen Gründungszweck.
2. Die Abgrenzung zwischen einer nichtgewerblichen und einer gewerblichen Wahrnehmung von Allgemeininteressen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wird danach getroffen, ob das Unternehmen auch insoweit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt und die mit der Tätigkeit verbundenen wirtschaftlichen Risiken selbst trägt.
3. Diese Auslegung gilt gleichermaßen für Vergaben oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte.

IBRRS 2022, 1517

LG Berlin, Urteil vom 07.04.2022 - 67 S 7/22
Auch eine Einzimmerwohnung kann tauglicher Gegenstand der Gebrauchsüberlassung eines Teils des Wohnraums i.S.d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB sein.*)

Online seit 17. Mai
IBRRS 2022, 1490
OLG Celle, Urteil vom 27.04.2022 - 14 U 156/21
1. Eine Geltendmachung der Mindestsätze kann nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung vertrauen durfte und ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann (hier bejaht).*)
2. Ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Honorarvereinbarung kann auch dann vorliegen, wenn der Auftraggeber Voraussetzungen für gegeben hält, die eine Mindestsatzunterschreitung ausschließen, wie beispielsweise eine nicht vollständige Beauftragung aller Grundleistungen, so dass eine Honorarkürzung geboten sein könnte.*)

IBRRS 2022, 1546

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2022 - 11 Verg 11/21
Auch Unterkriterien und ihre Gewichtung sind aus Transparenzgründen bekanntzugeben. Eine Veröffentlichung der Bewertungsmethode ist dagegen, soforn die vom EuGH (Urteil vom 14.07.2016 - Rs. C-6/15 - Dimarso, VPRRS 2016, 0281) aufgezeigten Grenzen eingehalten werden, unabhängig vom Vorliegen einer funktionalen Ausschreibung nicht erforderlich.*)

IBRRS 2022, 1503

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 20.04.2022 - 2-13 T 15/22
Ein Beschluss, mit dem nach der WEG-Reform 2020 weiterhin "der Wirtschaftsplan" beschlossen wird, ist jedenfalls nicht insgesamt mangels Beschlusskompetenz nichtig, so dass für die Vorschusszahlungen eine Zahlungspflicht besteht.*)

Online seit 16. Mai
IBRRS 2022, 1456
OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2021 - 19 U 28/19
1. Ein kalkulatorisch unklares Leistungsverzeichnis hat der Bieter (und spätere Auftragnehmer) in der Angebotsbearbeitungsphase durch Rückfrage beim Auftraggeber aufzuklären.
2. Unterlässt der Bieter/Auftragnehmer die gebotene Aufklärung, trägt er das Risiko, über die von ihm kalkulierte Ausführung hinaus Mehrleistungen erbringen zu müssen, ohne hierfür eine zusätzliche Vergütung verlangen zu können.
3. Hat der Auftragnehmer nach dem Leistungsverzeichnis 285 Meter Bauzaun aufzustellen, vorzuhalten und zu räumen, ist die EP-Position "50 mWo Bauzaun vorhalten, über Vertragslaufzeit hinaus" dahingehend zu verstehen, dass der Einheitspreis nicht pro Meter Zaun, sondern für die gesamte Zaunlänge (285 Meter) gilt.

IBRRS 2022, 1527

LG Bonn, Urteil vom 29.10.2021 - 1 O 221/21
1. Ein Anspruch auf Akteneinsicht setzt voraus, dass Anhaltspunkte für einen Vergabefehler vorliegen, das Ziel Fehlerquellen zu ermitteln genügt nicht.
2. Ein Akteneinsichtsrecht scheidet aus, wenn der Bieter die verlangten Informationen bereits vom Auftraggeber erhalten hat.
3. Aus § 46 Abs. 1 UVgO kann kein Anspruch auf Einsicht in ein Submissions- oder Eröffnungsprotokoll hergeleitet werden.
4. Es genügt, dem unterlegenen Bieter in Stichworten die Gründe seiner Nichtberücksichtigung mitzuteilen. Aus Datenschutz- und Vertraulichkeitsgründen dürfen die Vorteile und Merkmale des erfolgreichen Angebots abstrakt mitgeteilt, jedoch keine preislichen oder technischen Details bekannt gegeben werden.

IBRRS 2022, 1436

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.01.2022 - 924 C 114/18
1. Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, begründen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss.
2. Die Einhaltung der Grenzwerte hat der Vermieter zu beweisen, sofern er sich auf die Regelvermutung des § 906 Absatz 1 Satz 2 BGB stützen will.
3. Ist weder eine Grenzwertüberschreitung noch eine Grenzwerteinhaltung bewiesen, greift weder zu Gunsten der einen noch zu Gunsten der anderen Partei eine Vermutungs- oder Indizwirkung. Die Wesentlichkeit der Einwirkungen ist in diesem Fall frei zu würdigen.
4. Im Fall von Geräusch- und Schmutzimmissionen, die vom Neubau eines Hauses auf einem benachbarten Grundstück herrühren, ist es in der Regel möglich - und für die Darlegung eines Sachmangels auch ausreichend -, wenn die Beschreibung der Beeinträchtigungen nach den für ein solches Vorhaben üblichen Bauphasen gestaffelt erfolgt.

IBRRS 2022, 1502

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.04.2022 - 2-13 S 117/21
1. Eine nach dem 01.12.2020 gegen die übrigen Eigentümer erhobene Anfechtungsklage wahrt die Anfechtungsfrist des § 45 WEG nicht.*)
2. Lädt zur Eigentümerversammlung statt der bestellten Verwalterin eine von ihr neu gegründete Gesellschaft, ohne dass eine Umwandlung nach dem UmwG erfolgt ist, ist die Ladung fehlerhaft. Die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse sind aber nur dann für ungültig zu erklären, wenn der Ladungsmangel sich kausal ausgewirkt hat.*)

IBRRS 2022, 1493

LG Bremen, Urteil vom 25.02.2022 - 4 O 2013/20
Bei einem beurkundungspflichtigen Rechtsgeschäft hat ein beratender Rechtsanwalt den Mandanten nur über die grundsätzliche Formbedürftigkeit zu belehren. Die Einzelheiten, wie die Beurkundung zu erfolgen hat, fallen allein in den Pflichtenkreis des beurkundenden Notars.

Online seit 13. Mai
IBRRS 2022, 1483
OLG Celle, Urteil vom 27.04.2022 - 14 U 96/19
1. Zur Erreichung des gesetzgeberischen Sicherungsziels gem. § 648a BGB (in der Fassung vom 23.10.2008) ist ein Unterschied in der Bezifferung des eilbedürftigen Sicherungsanspruchs gem. § 648a BGB a.F. und dem zu besichernden Vergütungsanspruch hinzunehmen.*)
2. Der Unternehmer kann eine Sicherungsleistung dann verlangen, wenn er seinen Anspruch schlüssig darlegt. Ob die diesbezüglichen tatsächlichen oder rechtlichen Annahmen des Unternehmers zutreffend sind, ist nicht im Sicherungsverfahren zu klären (BGH, Urteil vom 20.05.2021 - VII ZR 14/20, Rz. 26 f., IBRRS 2021, 2096).*)

IBRRS 2022, 1484

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2021 - Verg 1/20
1. Vertragsklauseln werden von den Vergabenachprüfungsinstanzen grundsätzlich nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit geprüft, da sie keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind.
2. Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße können ausnahmsweise nur dann zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemacht werden, wenn es eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm gibt, die im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant ist.
3. Eine solche Anknüpfungsnorm ist das aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz herzuleitende Verbot der Unzumutbarkeit einer für den Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation.
4. Unzumutbar ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß, das Bietern typischerweise obliegt, hinausgehen.
5. Ob eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation gemessen an diesen Maßstäben unzumutbar ist, bestimmt sich nach dem Ergebnis einer Abwägung aller Interessen der Bieter bzw. Auftragnehmer und des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall.

IBRRS 2022, 1450

AG Neustadt/Rübenberge, Urteil vom 16.06.2021 - 41 C 337/20
1. Die Nichtzahlung der Mietsicherheit berechtigt den Vermieter zur fristlosen Kündigung.
2. Umstellung des Klageantrags auf Klägerseite bei Veräußerung des Eigentums ist keine Klageänderung.
3. Interessenabwägung bei Festlegung einer angemessenen Räumungsfrist i.S.d. § 721 Abs. 1 ZPO.

IBRRS 2022, 1501

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2022 - 2-13 T 26/22
Ein Anspruch auf einen Verwalter besteht auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-WEG und kann ggf. auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Für eine Verwalterbestellung durch das Gericht muss der Antragsteller dem Gericht aber übernahmebereite Verwalter benennen.*)

Online seit 12. Mai
IBRRS 2022, 1373
OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2019 - 15 U 85/19
1. Unabhängig von der Übernahme einer Baukostengarantie entspricht die Planungsleistung eines Architekten nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrags vereinbart sind.
2. Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist er auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.
3. Die Kostenvorstellungen muss er im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Der Architekt verletzt seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt. Er muss diese aufklären und darf nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des privaten Auftraggebers planen.
4. Verletzt der Architekt seine Pflicht, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Leistungen zu beachten, haftet er dem Auftraggeber auf Schadenersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer vereinbarten Bausumme.
5. Der Schaden bei Überschreitung einer mit dem Architekten vereinbarten Bausumme kann zwar in den überschießenden Baukosten bestehen. Dem Auftraggeber entsteht jedoch insoweit kein Nachteil, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts geführt hat.

IBRRS 2022, 1471

EuGH, Urteil vom 28.04.2021 - Rs. C-642/20
Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das bevollmächtigte Unternehmen einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt ist, mehrheitlich die in der Vergabebekanntmachung vorgesehenen Kriterien erfüllen und die Leistungen dieses Auftrags erbringen muss.*)

IBRRS 2022, 1437

AG Freiburg, Urteil vom 22.04.2022 - 4 C 260/21
Teilt der Vermieter seinem Mieter durch ein Versehen in einem Schreiben eine neue Aufschlüsselung der Mietstruktur mit, bei der die mietvertraglich vereinbarte Miete deutlich unterschritten wird und der mitgeteilte Betrag schlicht unerklärlich ist, so ist in diesem Fehler kein Angebot auf eine Vertragsänderung zu sehen, die der Mieter ausdrücklich oder stillschweigend annehmen könnte.

Online seit 11. Mai
IBRRS 2022, 1453
OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.2021 - 24 U 173/20
1. Beschädigt der Auftragnehmer bei der Ausführung seiner Leistung das Eigentum des Auftraggebers, wird die Höhe des zu ersetzenden Schadens durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der Vermögenslage ermittelt, die ohne dieses Ereignis bestehen würde. Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung bildet die Differenzhypothese.
2. Erfüllt die geschädigte Sache (hier: ein Gülleerdbehälter) wegen struktureller Vorschädigungen die ihr zukommende Funktion objektiv nicht und kommt ihr deshalb kein Wert mehr zu, entsteht dem Auftraggeber durch das haftungsbegründende Ereignis kein Schaden. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber die Sache trotz des Vorschadens genutzt hat. Es gibt keinen "funktionalen Schadensbegriff".

IBRRS 2022, 1469

VK Bund, Beschluss vom 10.03.2022 - VK 1-19/22
1. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben.
2. Welche Teilleistung als ein Fachlos angesehen werden kann, bestimmt sich zunächst nach gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemeinen oder regional üblichen Abgrenzung. Dabei ist auch von Belang, ob sich für spezielle Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat.
3. Das Drucken/Kuvertieren und der anschließende Postversand von Briefen sind Leistungen getrennter Märkte, die grundsätzlich in getrennten Fachlosen auszuschreiben sind.
4. Da die losweise Vergabe grundsätzlich vorrangig ist, hat sich der öffentliche Auftraggeber, wenn ihm eine Ausnahme von diesem Grundsatz aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen.
5. Der Auftraggeber hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
6. Im Rahmen dieser Abwägung sind der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene typische Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen nicht zu berücksichtigen. Dem Auftraggeber steht jedoch ein Beurteilungsspielraum zu.

IBRRS 2022, 1430

AG Neubrandenburg, Urteil vom 17.09.2021 - 103 C 432/21
1. Unabhängig davon, ob im Mietvertrag die Umlage von Gebäudereinigungskosten vereinbart wurden, sind diese nur dann von den Mietern zu zahlen, wenn diese dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen.
2. Es entspricht nicht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, eine Firma mit der Gebäudereinigung zu beauftragen, wenn die Mieter diese in eigener Organisation und ohne Beanstandung durchführen.

IBRRS 2022, 1475

BGH, Beschluss vom 08.03.2022 - VI ZB 25/20
Zum Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 ZPO).*)
Online seit 10. Mai
IBRRS 2022, 1458
OLG Hamburg, Urteil vom 31.05.2021 - 13 U 105/10
1. Eine Haftung des Architekten wegen einer Überschreitung der Baukosten setzt voraus, dass ein bestimmter Kostenrahmen bzw. eine Baukostenobergrenze vereinbart wurde. Die Vereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze trägt der Auftraggeber.
3. Ein in einer "Kostenkontrolle" aufaddierter und dem Architekten bekannter Betrag belegt nicht, dass der Auftraggeber deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass dieser Betrag keinesfalls überschritten werden darf und der Architekt sich darauf verbindlich eingelassen hat.

IBRRS 2022, 1459

VK Bund, Beschluss vom 02.03.2022 - VK 1-13/22
Legt der Auftraggeber bei Einleitung des Vergabeverfahrens das Verhandlungsverfahren als Vergabeverfahrensart in der Bekanntmachung fest, obwohl er eigentlich ein nicht-offenes Verfahren mit Teilnahmewettbewerb durchführen wollte, liegt ein vermeidbarer Fehler aus der eigenen Sphäre vor, der den Auftraggeber nicht zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt.

IBRRS 2022, 1440

AG Hamburg, Urteil vom 04.05.2022 - 49 C 438/21
Eine Eigenbedarfskündigung ist hinreichend begründet, wenn sich aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Vermieter die Räume einer Bedarfsperson überlassen will und hierfür vernünftige Gründe vorliegen (vgl. BGHZ 103, 91, 96).

IBRRS 2022, 1429

LG Hanau, Urteil vom 22.07.2021 - 2 S 138/20
Auf eine Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim muss sich der Mieter nicht verweisen lassen, wenn wegen der Erkrankungen und der Pflegebedürftigkeit des Mieters besondere Schwierigkeiten bei der Beschaffung von geeignetem Ersatzwohnraum vorliegen und die dringende Vermutung besteht, dass sich im Fall eines Auszugs die Notwendigkeit der Unterbringung in einem Pflegeheim kaum verhindern lassen dürfte.

Online seit 9. Mai
IBRRS 2022, 1355
OLG Rostock, Urteil vom 21.09.2021 - 4 U 121/18
1. Der Werklohnanspruch des Bauträgers wird erst fällig, wenn der/die Erwerber einer Eigentumswohnung die Leistung abgenommen hat/haben.
2. Auch bei Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann die Leistung durch schlüssiges Verhalten (konkludent) abgenommen werden.
3. Die schlüssige Abnahme setzt - ebenso wie die ausdrückliche Abnahme - ein vom Willen des Erwerbers getragenes Verhalten voraus. Sie ist danach gegeben, wenn der Erwerber durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht.
4. Eine schlüssige Abnahme durch rügelose Ingebrauchnahme ist jedenfalls dann nicht durch das Vorhandensein einer Abnahmereife entgegenstehender Mängel ausgeschlossen, wenn diese während des erforderlichen Prüfungszeitraums noch nicht in Erscheinung getreten sind.
5. Ein Ehegatte ist nicht ohne Weiteres dazu bevollmächtigt, für den anderen Ehegatten die Abnahme einer gemeinsam erworbenen Eigentumswohnung zu erklären.

IBRRS 2022, 1408

VK Nordbayern, Beschluss vom 16.02.2022 - RMF-SG21-3194-7-1
1. Hat die Vergabestelle im Bieterinformationsschreiben eine zu kurze Frist gem. § 134 Abs. 2 GWB angegeben, hat die Wartefrist nicht zu laufen begonnen (vgl. OLG Düsseldorf, VPR 2019, 216).*)
2. Für den Rechtsverkehr ist entscheidend, dass die Identität des Vertragspartners erkennbar ist. Maßgeblich ist hierbei der objektive Empfängerhorizont aus Sicht eines mit den Umständen des Einzelfalls vertrauten Dritten in der Lage der Vergabestelle.*)
3. Hat ein Bieter weder in dem hierfür auf Seite 1 des Formblatts L 213 vorgesehenen Adressfeld noch an anderer Stelle im Angebotsschreiben seinen Namen und Anschrift benannt, hat er nicht deutlich und zweifelsfrei zu erkennen gegeben, ob das Angebot überhaupt von ihm stammt und von ihm rechtsverbindlich erklärt wird. Wurde in einem anderen Textfeld des Formblatts L 213 Telefon- und Faxnummer, Umsatzsteuer- und Handelsregisternummer sowie eine E-Mail-Adresse genannt, genügt dies allein nicht, um zweifelsfrei als Bieter identifiziert zu werden. Der Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet - auch bei geringem Aufwand - den Bieter erst anhand bestimmter Angaben selbst zu recherchieren, insbesondere wenn der Auftraggeber ausdrücklich die Erkennbarkeit des Bieters im Formblatt L 213 verlangt hat.*)
4. Ebenso wenig genügt es, dass ein Bieter noch weitere Unterlagen als Anlage mit seinem Angebot eingereicht hat, wenn zum einen die Vergabestelle die Erkennbarkeit des Bieters bereits im Angebotsschreiben verlangt hat und zum anderen der Zuschlagsprätendent auch aus den eingereichten Unterlagen nicht eindeutig als Bieter erkennbar ist, da dort teilweise auch andere Firmen benannt werden.*)

IBRRS 2022, 1451

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.05.2022 - 1 ME 31/22
1. Die Bauaufsichtsbehörden in Niedersachsen können gegenüber dem (ehemaligen) Eigentümer eines Grundstücks auch dann Anordnungen treffen, wenn dieser sein Eigentum aufgegeben hat.*)
2. § 56 Satz 4 NBauO ist auch dann anwendbar, wenn die Eigentumsaufgabe vor Inkrafttreten der Norm am 01.01.2019 erfolgte.*)

IBRRS 2022, 1449

LG Hannover, Urteil vom 17.12.2021 - 17 S 33/20
Vermeidung von unnötigen Formalien im Hinblick auf die Gesamtkosten und die Einzelkosten bei der Abrechnung der Betriebskosten für ein Einfamilienhaus.

IBRRS 2022, 1259

LG Wiesbaden, Urteil vom 30.09.2021 - 3 S 50/21
Gibt der (private) Vermieter Daten des Mieters an eine Firma weiter, damit diese die Betriebskostenabrechnung erstellt, so ist die DSGVO einschlägig und der Mieter hat Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm mitteilt, welche Daten er über den Mieter gespeichert hat und ob er diese auch noch an andere herausgegeben hat bzw. herausgeben will.

IBRRS 2022, 1411

OLG Rostock, Urteil vom 26.04.2022 - 14 U XV 7/21
Eine Pachtzinsanpassungsklausel, nach der jeder Vertragspartner "nach jeweils zwei Pachtjahren" eine Pachtzinsanpassung verlangen kann, ist unter Berücksichtigung einer vorrangigen Interessenlage der Parteien an einer (rechts-)wirksamen Vereinbarung in Übereinstimmung mit den in § 593 BGB normierten Anforderungen dahingehend auszulegen, dass "nach frühestens zwei Jahren" ein Anpassungsbegehren geltend gemacht werden kann.*)

Online seit 6. Mai
IBRRS 2022, 1370
OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.07.2019 - 22 U 179/18
1. Die VOB/B gilt nicht automatisch bei Abschluss eines Bauvertrags, sondern sie muss ausdrücklich vertraglich vereinbart werden. Unter branchenkundigen Vertragspartnern ist ein ausdrücklicher Hinweis sowie eine ausreichende Möglichkeit des anderen Teils zur Kenntnisnahme ausreichend, aber auch erforderlich.
2. Das Werk wird vom Auftraggeber konkludent bzw. stillschweigend abgenommen, wenn er ohne ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer zu erkennen gibt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt.
3. Erforderlich ist ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
4. Die Abnahmereife ist keine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer konkludenten Abnahme.

IBRRS 2022, 1412

AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 15.11.2021 - 713 C 38/21
Die Ausschlussfrist des § 563 Abs. 4 BGB beginnt erst, nachdem der Vermieter Kenntnis von den Tatsachen erlangt hat, die Voraussetzung des Eintrittsrechts sind. Dazu zählen nicht allein der Tod des Mieters, sondern auch der Bestand der Ehe und die Führung des gemeinsamen Haushalts im Todeszeitpunkt des Mieters. Der Vermieter einer Wohnung innerhalb einer Servicewohnanlage für Senioren hat einen wichtigen Grund i.S.v. § 563 Abs. 4 BGB, Mietverträge mit deutlich jüngeren und nicht pflegebedürftigen Ehegatten verstorbener Nutzer nicht fortzusetzen.*)
