Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile zum Recht am Bau
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2021, 0128
LG Berlin, Urteil vom 16.10.2020 - 8 O 126/20
1. Die gesetzlichen Vorschriften über das Anordnungsrecht des Bestellers (§ 650b BGB) und die Vergütungsanpassung nach solchen Anordnungen (§ 650c BGB) sind auch im VOB-Vertrag anwendbar.
2. Der Auftragnehmer kann nach einer Kündigung des Bauvertrags keine Abschlagszahlungen mehr verlangen, sondern muss die Schlussrechnung legen.
3. Nach Schlussrechnungsreife kann der Auftragnehmer keine Abschlagszahlung nach der 80-Prozent-Regelung (§ 650c Abs. 3 BGB) im einstweiligen Verfügungsverfahren verlangen.

Online seit gestern
IBRRS 2021, 0106
OLG Celle, Urteil vom 23.12.2020 - 14 U 51/18
Zur Vermeidung einer unerträglichen Schieflage besteht ausnahmsweise keine Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteueranteile an den Auftragnehmer von Bauleistungen, sondern nur ein Freistellungsanspruch (hier: Fristablauf nach § 169 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO).*)

Online seit 13. Januar
IBRRS 2021, 0088
OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2018 - 23 U 43/17
1. Als anerkannte Regeln der Technik sind sämtliche Vorschriften und Bestimmungen anzusehen, die sich in der Theorie als richtig erwiesen und in der Praxis bewährt haben.
2. Zu den anerkannten Regeln der Technik können auch Herstellerrichtlinien gehören, sofern der Auftraggeber erkennbar auf deren Einhaltung besonderen Wert legt.
3. Entspricht das Werk nicht den anerkannten Regeln der Technik, ist die Leistung als mangelhaft anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verstoß auch zu einer Gebrauchsbeeinträchtigung führt. Der Mangel besteht bereits in der Nichteinhaltung der anerkannten Regeln der Technik als solcher.
4. Verweigert der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßigen Aufwands, obwohl ein solcher nicht gegeben ist, kann der Auftraggeber nach seiner Wahl entweder den Auftragnehmer an seiner Erklärung festhalten und die Minderung erklären oder seinen Nachbesserungsanspruch - gegebenenfalls im Wege der Ersatzvornahme - weiterverfolgen.

Online seit 7. Januar
IBRRS 2021, 0032
KG, Urteil vom 23.07.2019 - 21 U 93/17
1. Auf einen Vertrag über die Planung und Ausführung einer funktionstauglichen Apothekeneinrichtung einschließlich Labor und Lagerhaltung unter Beachtung besonderer gesetzlicher Vorschriften findet Werkvertragsrecht Anwendung.
2. Behauptet der Besteller die Unentgeltlichkeit der Leistung, trägt er dafür die Beweislast, wenn die Werkleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist.
3. Im kaufmännischen Handelsverkehr gilt der allgemeine Erfahrungssatz, dass ein Kaufmann sein Gewerbe in der Absicht regelmäßiger Gewinnerzielung betreibt und daher Handlungen für andere im Rahmen seines Gewerbebetriebs nicht ohne Gegenleistung erbringen will.
4. Der Nachweis der postalischen Absendung eines Schreibens erbringt nicht den Beweis für dessen Zugang.

Online seit 5. Januar
IBRRS 2021, 0013
OLG Dresden, Urteil vom 17.11.2020 - 6 U 349/20
1. Ein Bauvertrag kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Bauvertragsparteien zerstört ist.
2. Eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses kann entweder auf einzelnen besonders schwerwiegenden Vertragspflichtverletzungen beruhen oder sich aus einer ganzen Reihe von Pflichtverletzungen, die jeweils für sich genommen zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung nicht ausreichend wären, im Rahmen einer Gesamtabwägung ergeben.
3. Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung in der Regel nicht erforderlich.
4. Die nach einer Auftraggeber-Kündigung aus wichtigem Grund erstattungsfähigen Mehrkosten einer Ersatzvornahme errechnen sich als Differenz zwischen der bei vollständiger Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung geschuldeten Vergütung und dem Betrag, den der Auftraggeber an den gekündigten Auftragnehmer für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und zusätzlich an den Dritten für die von diesem ausgeführten, aber ursprünglich von dem gekündigten Auftragnehmer geschuldeten Leistungen gezahlt hat oder zu zahlen gehalten ist.
5. Der Auftraggeber hat, um die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs schlüssig vorzutragen, in der Regel die anderweitig als Ersatzvornahme erbrachten Leistungen, die dadurch entstandenen Kosten, die infolge der Kündigung nicht mehr an den Auftragnehmer zu zahlende Vergütung sowie die Berechnung der sich daraus ergebenden Differenz darzulegen.

Online seit 29. Dezember 2020
IBRRS 2020, 3742
OLG Jena, Urteil vom 09.01.2020 - 8 U 176/19
1. Der Auftragnehmer haftet nicht für eine Abweichung der Ausführung von den anerkannten Regeln der Technik, wenn er rechtzeitig Bedenken angemeldet hat.
2. Eine Bedenkenanzeige gegenüber dem Bauleiter des Auftraggebers ist ausreichend. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Bauleiter den Bedenken verschließt.
3. Ein mündlicher Bedenkenhinweis genügt auch im VOB-Vertrag, wenn er eindeutig, das heißt inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist. Entscheidend ist, dass eine ausreichende Warnung erfolgt.
4. Auch ein VOB-Vertrag kann auch wichtigem Grund gekündigt werden. Der Kündigungsberechtigte kann die außerordentliche Kündigung aber nur innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund aussprechen.
5. Besteht das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nicht (mehr), stellt eine als außerordentliche Kündigung bezeichnete Kündigung eine sog. freie Kündigung dar.
6. Dem Auftragnehmer steht für die Lieferung und den Einbau ohne Auftrag erbrachter Leistungen (hier: Stützen) ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe der üblichen Vergütung zu, wenn die Leistungen für die Erreichung des werkvertraglichen Erfolgs notwendig waren.
7. Eine Klausel in einem vom Auftraggeber vorformulierten Bauvertrag, wonach die Vorlage von (Unbedenklichkeits-)Bescheinigungen Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung ist, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
Online seit 22. Dezember 2020
IBRRS 2020, 3374
OLG München, Beschluss vom 03.07.2018 - 28 U 120/17
1. Hat der Auftragnehmer nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses eine "Dampfsperre" einzubauen, muss er eine dampfdiffusionsdichte Folie verwenden. Verlegt er eine Dampfbremsfolie, ist seine Leistung mangelhaft.
2. Die Mitverantwortung des Auftraggebers für Fehler seiner Planer kommt auch dann in Betracht, wenn er die Planung anderen Baubeteiligten, wie z.B. Fachplanern oder Generalunternehmern, die eigene Planungsleistungen erbringen, zur Verfügung gestellt hat.
3. Für die Mitverantwortung des Auftraggebers für Fehler seiner Planer reicht es aus, dass der Auftraggeber durch die Zurverfügungstellung der Pläne eine Mitwirkungsobliegenheit erfüllt und diese den Zweck hat, den Schaden abzuwenden, der zur Haftung des in Anspruch genommenen Auftragnehmers führt.

IBRRS 2020, 3750

BGH, Urteil vom 18.11.2020 - VIII ZR 78/20
1. § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB a.F. (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB n.F.) verstößt gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, weil nach dieser Vorschrift entgegen Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über gebrauchte Sachen eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist für Sachmängelgewährleistungsrechte auf weniger als zwei Jahre zugelassen wird. Die Mitgliedstaaten können nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 Verbrauchsgüterkauf-RL nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer auf bis zu ein Jahr, nicht jedoch über die Verkürzung der Verjährungsfrist erlauben.*)
2. Eine richtlinienkonforme Anwendung von § 475 Abs. 2 letzter Halbs. BGB a.F. (= § 476 Abs. 2 letzter Halbs. BGB n.F.) dahingehend, dass diese Regelung entfällt oder nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer erlaubt, kommt jedoch nicht in Betracht. Die Vorschrift ist vielmehr bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin anzuwenden. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in Kaufverträgen über gebrauchte Sachen vorsieht, ist demnach wirksam.*)

Online seit 17. Dezember 2020
IBRRS 2020, 3685
OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2017 - 5 U 124/16
1. Von einer vereinbarten förmlichen Abnahme kann einvernehmlich Abstand genommen und die Leistung durch Nutzung schlüssig abgenommen werden. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber die Abnahme zuvor ausdrücklich verweigert hat.
2. Auch bei einer schlüssigen Abnahme muss sich der Auftraggeber eine vereinbarte Vertragsstrafe vorbehalten, anderenfalls kann sie nicht verlangt werden.
3. Die Verwendung des Begriffs "Fertigstellung" in einer Vertragsstrafenklausel bedeutet nicht, dass die Leistung mangelfrei zu sein hat, sondern lediglich, dass das Werk abnahmereif sein muss.
4. Von einer Nachtragsforderungen ausschließenden Schriftformklausel wird einvernehmlich abgerückt, wenn die Bauvertragsparteien bei bauseitigen Veränderungen oder Weisungen dazu übergehen, eine Mehr- oder Minderkostenliste zu führen.