Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
837 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2021
IBRRS 2021, 1051BGH, Beschluss vom 10.03.2021 - VII ZB 24/20
1. Bei der Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm "Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige" und ergänzendes Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020") handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung.*)
2. Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckbindung ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen.*)
VolltextIBRRS 2021, 0718
LG Bremen, Beschluss vom 22.12.2020 - 4 T 504/20
Titel zur Räumung einer Mietwohnung sind problematisch, wenn sie keinen der in § 885 Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Begriffe (Herausgabe, Räumung oder Überlassung) verwenden. Dies ist etwa der Fall, wenn der Titel eine Pflicht zur "Rückgabe" oder zum "Auszug‟ enthält. In diesen Fällen ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die titulierte Pflicht unter § 885 ZPO fällt. Maßgeblich ist dafür, ob die Pflicht darauf gerichtet ist, den Schuldner - ggf. einschließlich des ihm gehörenden Mobiliars - aus der (Miet-)Sache zu entfernen.
VolltextIBRRS 2021, 0920
BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 309/19
Zur Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers eines insolventen Schädigers durch den Geschädigten nach Feststellung des Haftpflichtanspruchs zur Tabelle.*)
VolltextIBRRS 2021, 0904
OVG Sachsen, Beschluss vom 30.12.2020 - 1 B 348/20
1. Dem Eigentümer eines Grundstücks obliegt es, baurechtswidrige Zustände durch eigene Vorkehrungen zu verhindern.*)
2. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches "Einschreiten gegen sich selbst" steht dem Grundstückseigentümer nicht zu. Dies gilt auch bei einer für das Grundstück angeordneten Zwangsverwaltung; in einem solchen Fall ist der Eigentümer gehalten, sich an das Vollstreckungsgericht zu wenden.*)
VolltextIBRRS 2021, 0854
BGH, Beschluss vom 18.02.2021 - IX ZB 6/20
1. Der Anspruch auf Einziehung von Wertersatz wird insolvenzrechtlich mit der Erlangung des Gegenstands begründet.*)
2. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, die grundsätzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, das Verfahren zwingend dem Kollegium zu übertragen.
3. Bejaht er mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, entscheidet er aber zugleich in der Sache als Einzelrichter, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist.
VolltextIBRRS 2021, 0724
AG Ulm, Beschluss vom 18.12.2020 - 1 M 1069/20
Bei einem für den Mieter angelegten Sparbuch handelt es sich um evidentes Dritteigentum. Diese Gelder sind nur für den Mieter angelegt, so dass eine Vollstreckung diesbezüglich nicht zulässig ist.
VolltextIBRRS 2021, 0758
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 18.02.2021 - 13 O 35/21
Die ab 2021 bei Landgerichten eingehenden Insolvenzstreitigkeiten i.S.v. § 72a Abs. 1 Nr. 7 GVG sind originäre Kammersachen gem. § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2021, 0693
BGH, Beschluss vom 14.01.2021 - IX ZB 94/18
1. Die Höhe des Stundensatzes richtet sich nach den für das Mitglied des Gläubigerausschusses gegebenen Umständen.*)
2. Es ist nicht zulässig, die Vergütung des Mitglieds des Gläubigerausschusses mit einem Bruchteil der Vergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen.*)
3. Dem Mitglied des Gläubigerausschusses steht ein Anspruch auf Vergütung und Auslagen nur für die Tätigkeit nach seiner Bestellung zu.*)
4. Qualifikation und Sachkunde beeinflussen den Stundensatz bei einer juristischen Person nur, soweit die juristische Person sich durch eine besonders qualifizierte und sachkundige Person vertreten lässt und dies nach den Umständen objektiv erforderlich war.*)
VolltextIBRRS 2021, 0411
LG Berlin, Beschluss vom 29.06.2020 - 51 T 161/20
1. Die Unterwerfungssperre des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO greift nur in den Fällen, in denen die vollstreckbare Urkunde vor oder bei Abschluss des Mietvertrags oder während der Laufzeit des Mietvertrags errichtet wurde.
2. Der soziale Schutzzweck der Unterwerfungssperre greift somit dann nicht, wenn sich die Parteien im Zeitpunkt der Errichtung der notariellen Urkunde darüber einig sind, dass das (Wohnraum-)Mietverhältnis bereits beendet ist.
VolltextIBRRS 2021, 0674
BGH, Beschluss vom 14.01.2021 - IX ZB 27/18
1. Die Berechnungsgrundlage für die Vergütung eines nur mit der Prüfung einer Insolvenzforderung beauftragten Sonderinsolvenzverwalters richtet sich nach der für die angemeldete Forderung zum Zeitpunkt der ersten Tätigkeit zu erwartenden Befriedigungsquote.*)
2. Ist der Sonderinsolvenzverwalter nur mit der Prüfung einer Forderung beauftragt, ist für die Bemessung des angemessenen Bruchteils der Regelvergütung neben der Frage, welchen Anteil die Forderungsprüfung an den mit der Regelvergütung abgegoltenen Aufgaben eines Insolvenzverwalters ausmacht, auch der tatsächlich erforderliche Aufwand einzubeziehen.*)
VolltextIBRRS 2020, 3119
LG Ravensburg, Beschluss vom 12.08.2020 - 1 T 27/20
1. Für die Durchführung der Zwangsräumung muss der Räumungsschuldner prozessfähig sein.
2. Zweifelt der Gerichtsvollzieher an der Prozessfähigkeit einer Partei des Vollstreckungsverfahrens, hat er ein psychiatrisches bzw. neurologisches Sachverständigengutachten über die Geschäfts- und Prozessfähigkeit der betroffenen Partei einzuholen.
VolltextIBRRS 2021, 0594
LG Kassel, Beschluss vom 08.01.2021 - 3 T 558/20
Ist die Zustellung von Nachweisurkunden gem. § 750 Abs. 2 ZPO erforderlich, müssen die Urkunden dem Gerichtsvollzieher im Original oder in Ausfertigung vorgelegt werden, wenn auch die qualifizierte Klausel aufgrund des Originals (oder der Ausfertigung) erteilt wurde. Geschieht dies nicht, kommt eine Heilung des Zustellungsmangels (§ 189 ZPO) nicht in Betracht.*)
VolltextIBRRS 2021, 0586
OLG München, Beschluss vom 09.02.2021 - 5 U 6404/20
1. § 133 Abs. 2 InsO in der ab 05.04.2017 geltenden Fassung ist auch auf inkongruente Deckungen anzuwenden (vgl. BT-Drs. 18/7054 S. 13).*)
2. Bei einer Sicherungsübereignung wird das Schuldnervermögen bereits durch diese und nicht erst durch die Verwertung des Sicherungseigentums und den Entfall des Rückübertragungsanspruchs des Schuldners verkürzt (Anschluss an BGH, Urteil vom 14.09.2017 - IX ZR 108/16 = IBRRS 2017, 3346, Rn. 16; Urteil vom 21.11.2013 - IX ZR 128/13 = IBRRS 2013, 5219, Rn. 12; Urteil vom 26.04.2012 - IX ZR 67/09 = IBRRS 2012, 2303, Rn. 22). Daher kommt es in diesem Fall für den Fristlauf nach § 133 Abs. 2 InsO in der ab 05.04.2017 geltenden Fassung auf den Abschluss des Sicherungsübereignungsvertrags und dessen Erfüllung an.*)
VolltextIBRRS 2021, 0493
BGH, Beschluss vom 14.01.2021 - IX ZB 71/18
1. Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses ergibt sich in der Regel aus dem tatsächlichen Zeitaufwand und dem Stundensatz.*)
2. Für den Stundensatz sind der Umfang und die Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens, der Umfang und die Schwierigkeit der Aufgaben des Gläubigerausschusses in dem betreffenden Insolvenzverfahren, nicht versicherbare Haftungsrisiken, Art und inhaltlicher Umfang (Intensität) der Mitwirkung des Ausschussmitglieds sowie die Qualifikation und Sachkunde des jeweiligen Ausschussmitglieds zu berücksichtigen.*)
3. Die Vergütung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses stellt eine Aufwandsentschädigung dar.*)
4. Das Gericht ist berechtigt, bei besonderen Umständen Stundensätze festzulegen, die den in § 17 Abs. 1 Satz 1 InsVV genannten oberen Betrag übersteigen.*)
5. Soweit es die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen, ist das Gericht befugt, den Stundensatz für die einzelnen Mitglieder des Gläubigerausschusses unterschiedlich zu bestimmen.*)
6. Ist ein Nichtgläubiger Mitglied des Gläubigerausschusses, kann das Gericht für die Vergütung einen an marktüblichen Bedingungen orientierten Stundensatz festsetzen, der dem Umfang der Tätigkeit entspricht.*)
VolltextIBRRS 2021, 0472
BGH, Beschluss vom 21.07.2020 - 2 StR 99/19
Die Gesamtbetrachtung verschiedener Handlungen durch verschiedene Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten kann die Annahme von Gläubigerbegünstigungsvorsatz bei einer dieser Handlungen nicht ohne genaue Feststellungen und deren rechtliche Bewertung tragen. Das gilt jedenfalls, soweit einzelne dieser Handlungen objektiv oder zumindest aus der Sicht des Angeklagten zum erlaubten Risiko gehören. Auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind legitime rechtsgeschäftliche Handlungen noch möglich, insbesondere bei Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten.
VolltextIBRRS 2021, 0419
FG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2020 - 14 K 303/18 E
1. Für die Begründung von Masseverbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis durch einen “schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kommt es auch im Bereich der Einkommensteuer allein auf die für diesen bestehenden insolvenzrechtlichen Befugnisse zur Entgeltvereinnahmung an (Anschluss an BFH-Urteil vom 24.09.2014 - V R 48/13, BStBl II 2015, 506).
2. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtswirksam abgetretene Forderungen werden von der Einziehungsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Satz 3 InsO nicht erfasst.
VolltextIBRRS 2021, 0414
BFH, Urteil vom 07.07.2020 - X R 13/19
1. Wird ein zur Insolvenzmasse gehörendes und mit einem Absonderungsrecht belastetes Betriebsgrundstück nach Insolvenzeröffnung auf Betreiben eines Grundpfandgläubigers ohne Zutun des Insolvenzverwalters versteigert und hierdurch - infolge Aufdeckung stiller Reserven - ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ausgelöst, ist die auf den Gewinn entfallende Einkommensteuer eine "in anderer Weise" durch die Verwaltung bzw. Verwertung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit.*)
2. Die Massezugehörigkeit des Vermögensgegenstandes sowie dessen fehlende Freigabe durch den Insolvenzverwalter stellen die entscheidenden Wertungsmomente für die Annahme von Masseverbindlichkeiten dar.*)
IBRRS 2021, 0412
LG München I, Beschluss vom 15.06.2020 - 14 T 7328/20
1. Die Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommt nur in Betracht, wenn die Räumung unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
2. Diesen Anforderungen an eine abwägende Entscheidung ist nicht Genüge getan, wenn ausschließlich auf die Corona-Krise abgestellt und hieraus pauschal das Erfordernis einer zeitlich befristeten einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung hergeleitet wird.
VolltextIBRRS 2021, 0344
BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - VII ZB 30/18
Zu den Anforderungen an den Nachweis der Namensänderung der Titelgläubigerin bei der "Beischreibung" eines Vollstreckungstitels (Fortführung von BGH, Beschluss vom 30.08.2017 - VII ZB 23/14, MDR 2017, 1206 = IBRRS 2021, 0344; Beschluss vom 22.05.2019 - VII ZB 87/17, MDR 2019, 959 = IBRRS 2019, 1894 = IMRRS 2019, 0705).*)
VolltextIBRRS 2021, 0319
BGH, Beschluss vom 14.01.2021 - IX ZB 12/20
Stützt ein Gläubiger den Insolvenzantrag nicht auf eine einzelne, sondern auf mehrere, auf gleichgelagerten Lebenssachverhalten beruhende Forderungen, hat er den Bestand der Forderungen zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen, soweit diese Forderungen zugleich den Eröffnungsgrund bilden.*)
VolltextIBRRS 2021, 0289
BGH, Urteil vom 10.12.2020 - IX ZR 80/20
Ist der Arbeitgeber zur Abführung der Winterbeschäftigungsumlage über die gemeinsame Einrichtung seines Wirtschaftszweigs oder über eine Ausgleichskasse verpflichtet, so ist in der Insolvenz des Arbeitgebers die gemeinsame Einrichtung oder Ausgleichskasse zur Rückgewähr einer in anfechtbarer Weise erlangten Zahlung der Umlage verpflichtet.*)
VolltextIBRRS 2021, 0262
BGH, Beschluss vom 16.12.2020 - VII ZB 9/20
1. Gemäß § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat im Falle der Pfändung einer Geldforderung das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Der Ausspruch dieses Arrestatoriums ist für die Wirksamkeit der Forderungspfändung konstitutiv. Fehlt es an einem solchen Ausspruch, ist die Forderungspfändung unwirksam. *)
2. Ein Arrestatorium ist, von dem in § 857 Abs. 2 ZPO geregelten Fall abgesehen, auch hinsichtlich solcher Vermögensrechte auszusprechen, deren Zwangsvollstreckung sich nach § 857 ZPO richtet. Gegenüber dem Drittschuldner ist ein den Besonderheiten des Pfändungsgegenstandes Rechnung tragendes Verbot auszusprechen, Erfüllungshandlungen gegenüber dem Schuldner vorzunehmen, die das Pfändungspfand-recht des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen können.*)
VolltextIBRRS 2021, 0261
BGH, Beschluss vom 16.12.2020 - VII ZB 46/18
Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, muss der Gerichtsvollzieher nach § 756 ZPO die Gegenleistung so anbieten, wie dies im Vollstreckungstitel beschrieben ist. In welcher Weise der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise anzubieten hat, hat er in eigener Verantwortung von Amts wegen anhand des Vollstreckungstitels zu prüfen. Andere, außerhalb des Titels liegende Umstände sind vom Gerichtsvollzieher nicht zu berücksichtigen.*)
VolltextIBRRS 2021, 0168
OLG Koblenz, Urteil vom 29.12.2020 - 3 U 383/20
1. Schließt ein zum "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter bestellter Rechtsanwalt mit einem seiner Sozietät angehörenden anderen Berufsträger einen Vertrag, wonach dieser zum Zwecke der Geschäftsfortführung während der vorläufigen Insolvenzverwaltung ein Treuhandkonto eröffnet (sog. Dritt-Treuhänder-Modell), ist dieser Vertrag jedenfalls dann nicht wegen Insolvenzzweckwidrigkeit gem. § 138 BGB nichtig, wenn der Vertrag zeitlich vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs (07.02.2019 - IX ZR 47/18, IBRRS 2019, 1004) geschlossen wurde.*)
2. Zahlt ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter Gelder, die zur Insolvenzmasse gehören, auf ein solches Treuhandkonto ein, liegt regelmäßig ein Verstoß gegen dessen Pflichten vor (BGH, Urteil vom 07.02.2019 - IX ZR 47/18 Rn.31, IBRRS 2019, 1004). Die Folgen dieser Pflichtverletzungen sowie der Schutz der Gläubiger vor Benachteiligung sind in der Insolvenzordnung selbst ausreichend geregelt (§§ 60, 92 InsO bzw. §§ 129 ff. InsO), so dass es einer Nichtigkeit auch nicht aus Gründen des Gläubigerschutzes bedarf.*)
3. Bei den Regelungen in §§ 149, 80 Abs. 1 InsO handelt es sich auch nicht um Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Denn durch sie wird nicht die grundsätzlich bestehende Zuständigkeit des Insolvenzverwalters suspendiert, selbständig im pflichtgemäßen Ermessen über die Hinterlegung und Anlage von Geld und Wertsachen zu entscheiden. Vielmehr werden dessen Befugnisse erst dann beschränkt, wenn eine der in § 149 InsO genannten Stellen tatsächlich von ihrer Befugnis Gebrauch macht und eine entsprechende Anordnung trifft.*)
4. Die Beweiskraft des Tatbestandes eines Urteils gem. § 314 ZPO bezieht sich bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO nur auf Parteivorbringen, das Gegenstand einer früheren mündlichen Verhandlung gewesen ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 08.11.2007 - I ZR 99/05, IBRRS 2008, 1361).*)
VolltextIBRRS 2021, 0103
BGH, Beschluss vom 10.12.2020 - IX ZB 24/20
Der Eröffnungsantrag eines an einem nicht wertausschöpfend belasteten Grundstück dinglich gesicherten Gläubigers darf nicht wegen Fehlens eines rechtlich geschützten Interesses abgewiesen werden, wenn eine Befriedigung im Wege der Zwangsversteigerung wegen der Suizidalität des Schuldners unsicher ist (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 29.11.2007 - IX ZB 12/07, IBRRS 2008, 0138 = IMRRS 2008, 0086 = WM 2008, 227).*)
VolltextIBRRS 2020, 3707
KG, Urteil vom 29.09.2020 - 14 U 1036/20
1. Der zahlende Drittschuldner wird auch bei Zahlung an den Insolvenzschuldner frei, wenn die diesem gegenüber erbrachte Leistung anschließend an die Masse gelangt.
2. Zudem wirken Zahlungen insoweit schuldbefreiend gegenüber dem Insolvenzverwalter, als die Masse durch sie von einer Masseverbindlichkeit entlastet wird und dadurch die Leistung wirtschaftlich der Masse zufließt.
3. Dies ist etwa zu bejahen, wenn der Untermieter an den Schuldner/Hauptmieter zahlt, diese Zahlung aber direkt an den Hauptvermieter weiterfließt.
4. Die Wirkung der Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters oder Treuhänders nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO beschränkt sich nicht darauf, die Haftung der Insolvenzmasse für die nach Ablauf der Kündigungsfrist fällig werdenden Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis zu beseitigen. Mit dem Wirksamwerden der Erklärung geht vielmehr die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis betreffend das Mietverhältnis über die Wohnung des Schuldners in vollem Umfang vom Verwalter wieder auf den Schuldner über.
5. Der Insolvenzverwalter ist nach Eintritt der Wirkungen der Enthaftungserklärung nicht berechtigt, den Untermietzins zur Masse zu ziehen.
IBRRS 2021, 0012
BGH, Urteil vom 10.12.2020 - IX ZR 24/20
Die Restschuldbefreiung begründet keinen Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich einer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetragenen Zwangshypothek.*)
Online seit 2020
IBRRS 2020, 3767OLG Rostock, Beschluss vom 03.11.2020 - 3 W 63/20
Die Vollstreckung sowohl nach § 887 ZPO als auch nach § 888 ZPO bezweckt es die Handlung des Vollstreckungsschuldners, zu welcher er verurteilt worden ist, zu erzwingen. Dieses Erzwingungsinteresse richtet sich in der Regel nach der Hauptsache und ist unter den Besonderheiten des Einzelfalls zu bestimmen.*)
VolltextIBRRS 2020, 3274
FG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2020 - 9 V 754/20
1. Das BMF-Schreiben vom 19.03.2020 (BStBl.2020 I 262) zu steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung wirtschaftlicher Schäden durch das Corona-Virus führt unter Berücksichtigung der Selbstbindung der Verwaltung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu einem Anordnungsanspruch des Steuerschuldners gem. § 258 AO auf Aufhebung liquiditätsentziehender Vollstreckungsmaßnahmen bis 31.12.2020.
2. Dies gilt für den Fall, dass der Vollstreckungsschuldner aufgrund der gesetzlich zugelassenen Einbehaltung geschuldeter Mietzahlungen Liquiditätseinbußen zu tragen hat.
3. Das BMF-Schreiben erlaubt auch die Beendigung noch laufender, bereits vor dessen Erlass ausgebrachter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
4. Bei der Interessenabwägung im Rahmen der Beurteilung des Anordnungsgrundes überwiegt aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie das Interesse des Steuerschuldners an der Beendigung der Vollstreckungsmaßnahmen.
VolltextIBRRS 2020, 3266
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 26.03.2020 - 17 T 13/20
Die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe ist bei der nach § 765a ZPO erforderlichen Abwägung zu berücksichtigen; sie alleine rechtfertigt jedoch nicht die Anwendung des § 765a ZPO als Ausnahmevorschrift.
VolltextIBRRS 2020, 3134
LG Limburg, Beschluss vom 23.07.2020 - 7 T 116/20
Eine behauptete Suizidgefahr verschafft dem Mieter nicht ohne Weiteres Vollstreckungsschutz. Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob der Mieter bereits in psychologischer Behandlung ist oder bereits Erfahrung mit dem Verlust einer Wohnung gemacht hat und sich daher auf die Situation einstellen kann.
VolltextIBRRS 2020, 3485
AG Augsburg, Urteil vom 18.08.2020 - 25 C 2209/20
1. Gemäß § 940a Abs. 2 ZPO darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.
2. Bei einem Verkauf des Mietobjekts ist dem Käufer die Kenntnis des Verkäufers von Dritten i.S.d. § 940a ZPO zuzurechnen. Würde man eine Wissenszurechnung hier nicht vornehmen, würde das widersprüchliche Ergebnis resultieren, dass der Rechtsnachfolger besser gestellt wäre als der Rechtsvorgänger, der den Titel erwirkt hat.
VolltextIBRRS 2020, 3166
LG Koblenz, Beschluss vom 23.06.2020 - 2 T 357/20
Die Soforthilfen des Bundes sind grundsätzlich unpfändbar. Werden Soforthilfen zur Milderung der finanziellen Notlagen eines betroffenen Unternehmens bzw. eines Selbstständigen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie als Einmalzahlung auf einem Pfändungsschutzkonto ausgezahlt, sind diese Zahlungen freizugeben. Notwendig hierfür ist jedoch der Nachweis des jeweiligen Betroffenen, dass Liquiditätsengpässe aus dem Zeitraum seit dem 01.03.2020 bestehen.
VolltextIBRRS 2020, 3626
LG Mainz, Beschluss vom 26.10.2020 - 8 T 126/20
1. Ein Gericht darf keine Gesichtspunkte berücksichtigen, deren Geltendmachung durch die Parteien eine unzulässige Rechtsausübung oder einen Rechtsmissbrauch darstellt. Ein Gericht kann und muss eine zwingende gesetzliche Vorschrift insoweit unberücksichtigt lassen, als ihre Anwendung im Einzelfall die Wirkung eines Rechtsmissbrauchs hätte. Dies gilt auch in der Zwangsversteigerung.
2. Ein Rechtsmissbrauch ist zu bejahen, wenn das Verhalten des Schuldners während des gesamten Verfahrens darauf schließen lässt, dass dieser die formalen Regelungen des Zwangsversteigerungsrechts mit dem alleinigen Ziel ausnutzt, die Zwangsversteigerung zu verzögern.
IBRRS 2020, 3527
BVerfG, Beschluss vom 15.10.2020 - 2 BvR 1786/20
Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens sind zur Entscheidung über eine einstweilige Anordnung die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen.
VolltextIBRRS 2020, 3366
BGH, Urteil vom 01.10.2020 - IX ZR 199/19
1. Eine Verbindlichkeit aus einem Steuerschuldverhältnis ist auch dann von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn die Eintragung über die Verurteilung wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder § 374 AO, welche im Zusammenhang mit dem Steuerschuldverhältnis steht, im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist.*)
2. Säumniszuschläge und Zinsforderungen nehmen als steuerliche Nebenleistungen an der Privilegierung der Hauptforderung teil.*)
VolltextIBRRS 2020, 3273
FG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2020 - 9 V 754/20 AEKV
1. Aus dem ermessensregelnden BMF-Schreiben vom 19.03.2020 (BStBl. I 2020, 262) zu steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung wirtschaftlicher Schäden durch das Coronavirus folgt aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung und dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anordnungsanspruch gemäß § 258 AO auf Aufhebung liquiditätsentziehender Vollstreckungsmaßnahmen (Pfändung von Bankguthaben) bis zum 31.12.2020, wenn der Vollstreckungsschuldner aufgrund der in Art. 5 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht zugelassenen Einbehaltung geschuldeter Mietzahlungen Liquiditätseinbußen zu tragen hat.
2. Das BMF-Schreiben gebietet auch die Beendigung noch laufender, bereits vor dessen Erlass ausgebrachter Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.
3. Vor dem Hintergrund der sich durch die Corona-Einschränkungen ergebenden Auswirkungen auf die Wirtschaftsteilnehmer ist bei der für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes vorzunehmenden Interessenabwägung dem Interesse des Steuerschuldners an der vorläufigen Beendigung der Vollstreckungsmaßnahmen der Vorzug zu geben.
4. In Abwägung des Sicherungsbedürfnisses des FA gegenüber dem Regelungsbedürfnis des Steuerschuldners und der Umstände des Einzelfalls kann die einstweilige Beendigung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 50% des Vollstreckungsbetrags abhängig gemacht werden.
VolltextIBRRS 2020, 3269
AG Schwäbisch Hall, Beschluss vom 04.05.2020 - 1 K 45/19
1. Solange nicht ein Impfstoff gegen eine Erkrankung am Corona-Virus entwickelt ist, besteht jederzeit ein Ansteckungsrisiko für die gesamte Bevölkerung.
2. Aus diesem Grund ist es nicht gerechtfertigt, ein gerichtliches Zwangsversteigerungsverfahren bis in eine Zeit nach Ende der Corona-Pandemie auszusetzen.
3. Ist ein Beteiligter der Ansicht, dass das Infektionsrisiko bei einer Teilnahme an einem Besichtigungstermin im Rahmen der Wertfestsetzung zu groß sei, liegt dies in seiner Sphäre und er hat gegebenenfalls selbst Vorkehrungen zu treffen, zB durch Erteilung von entsprechenden Vollmachten.
VolltextIBRRS 2020, 3268
BFH, Beschluss vom 09.07.2020 - VII S 23/20
1. Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich aufgrund ihrer Zweckbindung um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 Alternative 1 BGB regelmäßig nicht pfändbare Forderung.*)
2. Eine Beschwerde gegen die Ablehnung der AdV durch das FG ist nicht statthaft, weil unmittelbar beim BFH ein Antrag auf AdV gestellt werden kann.*)
VolltextIBRRS 2020, 3285
OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.10.2020 - 13 U 3078/20
Vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlich erfolgreichen Räumungsurteil für Gewerberäume in der Berufungsinstanz, wenn das Räumungsurteil auf die Nichtzahlung von Miete für Mai und Juni 2020 gestützt wurde.*)
VolltextIBRRS 2020, 3264
AG Neuwied, Beschluss vom 25.05.2020 - 13 L 6/14
Legt der Zwangsvollstrecker seinen Jahresbericht auch nach mehrmaliger Aufforderung unter Zwangsgeldandrohung und -vollstreckung durch das Gericht erheblich verspätet vor, ist dieser fehlerhaft und hat der Zwangsverwalter weitere Aufgaben im Rahmen der Zwangsverwaltung vernachlässigt, hat er keinen Anspruch auf Vergütung; einen von ihm einbehaltenen Vergütungsvorschuss hat er zurückzuzahlen.
VolltextIBRRS 2020, 2080
BGH, Urteil vom 10.07.2020 - V ZR 226/19
Der Zwangsvollstreckung hinsichtlich eines Herausgabe- und Räumungsanspruchs aus einem lediglich vorläufig vollstreckbaren Urteil kommt keine Erfüllungswirkung zu. Dem Schuldner ist die Erfüllung auch nicht gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich geworden. Die Leistung aufgrund der Vollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils steht unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts. Dem Schuldner ist eine Leistungsbewirkung bis zum Eintritt der Rechtskraft somit noch durch Aufgabe des Vorbehalts durch Rechtsmittelverzicht oder Rechtsmittelrücknahme möglich.
VolltextIBRRS 2020, 3206
BGH, Beschluss vom 24.09.2020 - IX ZB 71/19
1. Erklärt ein Finanzamt oder Sozialversicherungsträger als Gläubiger seinen Insolvenzantrag nach Erfüllung der Antragsforderung für erledigt, obwohl der Antrag nicht durch die Erfüllung unzulässig geworden ist, rechtfertigt dieser Umstand allein nicht den Schluss auf einen unzulässigen Druckantrag.*)
2. Es unterliegt tatrichterlicher Würdigung, ob die Erledigterklärung eines Gläubigerantrags, der durch Erfüllung der Antragsforderung nicht unzulässig geworden ist, den Schluss auf einen Druckantrag erlaubt, wenn weitere Umstände hinzutreten, die als besondere Anhaltspunkte für einen Druckantrag dienen können.*)
VolltextIBRRS 2020, 3137
OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.07.2020 - 15 W 2174/20
Wird bei einer Zwangsversteigerung ein gemeinschaftliches Grundstück einem Miteigentümer zugeschlagen, findet § 70 Abs. 2 GNotKG keine Anwendung. Denn die Vorschrift setzt voraus, dass der Erwerb des oder der Mitberechtigten von der Gesamthandsgemeinschaft erfolgt.*)
VolltextIBRRS 2020, 3135
LG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 19.06.2019 - 13 T 10/19
1. Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist festzusetzen, wenn der Insolvenzverwalter Häuser verwaltet und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist. Hierunter fällt auch die Durchführung einer "kalten oder stillen Zwangsverwaltung".
2. Hat sich die Berechnungsgrundlage durch Gewinne der "stillen Zwangsverwaltung" erhöht, ist zu prüfen, ob trotz der Erhöhung der Regelvergütung ein (Ausgleichs-)Zuschlag zu gewähren ist.
VolltextIBRRS 2020, 3108
LG Osnabrück, Beschluss vom 21.01.2020 - 1 T 16/20
Ein in der notariellen Urkunde erklärter Verzicht auf den Nachweis des Entstehens und der Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung ist zulässig.
VolltextIBRRS 2020, 3165
AG Reinbek, Beschluss vom 23.07.2020 - 8 IN 76/20
1. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung erfasst auch die Herausgabevollstreckung.
2. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners kann einstweilen eingestellt werden, soweit bewegliche Gegenstände betroffen sind. Allerdings umfasst diese Einschränkung nur
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach dem Zwangsversteigerungsgesetz.
VolltextIBRRS 2020, 3170
FG Münster, Beschluss vom 13.05.2020 - 1 V 1286/20 AO
1. Die Corona-Soforthilfe, die einem Einzelgewerbetreibenden i. H. v. 9.000 Euro als zweckgebundener Billigkeitszuschuss auf der Grundlage des Soforthilfeprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen i. V. m. dem Bundesprogramm „Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige“ bewilligt wurde, ist unpfändbar. Die Corona-Soforthilfe dient nicht der Befriedigung von vor dem 01.03.2020 entstandenen Ansprüchen der Finanzbehörde (hier: zulässiger und begründeter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für Zwecke des Vollstreckungsschutzes gemäß § 258 AO wegen Unbilligkeit der Vollstreckung; Aufhebung der vom Finanzamt wegen Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019 bewirkten Pfändung des Kontos und einstweilige Einstellung einer weiteren Kontenpfändung, damit die auf das als Pfändungsschutzkonto geführte Konto überwiesene Corona-Soforthilfe an den Betroffenen ausgezahlt werden kann) (Rn. 17) (Rn. 32) (Rn. 37) (Rn. 39).
2. Es konnte dahingestellt bleiben, ob ein Antrag gemäß § 319 AO i. V. m. § 850 k Abs. 4 ZPO ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweilige Anordnung für Zwecke des Vollstreckungsschutzes gemäß § 258 AO entfallen lässt (Rn. 26).
3. Die Möglichkeit zu einer abweichenden Festsetzung des Freibetrags gemäß § 850 k Abs. 4 ZPO ist auf die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Beträge beschränkt. Die Corona-Soforthilfe wird nicht von den in § 850 k Abs. 4 Satz 2 ZPO genannten Beträgen erfasst (so auch LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020, Az. 39 T 57/20) (Rn. 28).
VolltextIBRRS 2020, 3129
LG Lübeck, Beschluss vom 25.08.2020 - 7 T 328/20
1. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO ist auch die einstweilige Einstellung oder Untersagung der Zwangsvollstreckung aus einem Herausgabetitel i.S.v. § 885 ZPO zulässig. Die Ausnahmeregelung "soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind" umfasst eine Herausgabevollstreckung nach § 885 ZPO in unbewegliches Vermögen nicht.*)
2. Der originär zuständige Einzelrichter kann die Rechtsbeschwerde zulassen, ohne jedenfalls gegen das Gebot des gesetzlichen Richters zu verstoßen. Ist eine Entscheidungsreife für die Beschwerdeentscheidung eingetreten, besteht für den Einzelrichter ein Übertragungsverbot.*)
VolltextIBRRS 2020, 3130
OLG Brandenburg, Urteil vom 23.06.2020 - 2 U 46/19
1. Auskünfte, die ein Amtsträger erteilt, müssen dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeiten entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Eine amtliche Auskunft ist selbst dann richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu erteilen, wenn keine Pflicht zu ihrer Erteilung besteht oder der Beamte fachlich dafür nicht ausgebildet oder befugt ist (ebenso BGH BeckRS 2018, 9240 = IBRRS 2018, 1725).
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass ein zur Ermittlung des Verkehrswertes eines Grundstücks gerichtlich bestellter Sachverständiger für den nicht abschließend geklärten Sanierungsaufwand einen Risikozuschlag von 20% auf die bekannten Sanierungskosten vornimmt. Diese Vorgehensweise ist durch § 8 Abs. 3 ImmoWertV gedeckt. Nach dieser Vorschrift können besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale durch marktgerechte Zu- oder Abschläge oder in anderer geeigneter Weise berücksichtigt werden.
3. Der Rechtspfleger ist zwar im verfassungsrechtlichen Sinne (Art. 92, 97 Abs. 1 GG) kein Richter. Er ist jedoch gem. § 9 RPflG in seiner Amtsausübung in gleicher Weise sachlich unabhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden. Die an ihn im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung anzulegenden Sorgfaltsmaßstäbe müssen dem ebenfalls Rechnung tragen. Ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln des Rechtspflegers kann deswegen nur bejaht werden, wenn die seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsansicht objektiv nicht mehr vertretbar erscheint (ebenso BGH BeckRS 2006, 13344 = IBRRS 2007, 0168).