Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 8. November
IBRRS 2023, 3061
LG Karlsruhe, Urteil vom 20.07.2023 - 11 S 82/22
1. Die Dispositionsbefugnis des WEG-Verwalters bzw. des Prozessanwalts geht nicht so weit, dass er die Nicht-Ausführung bzw. die Abstandnahme vom Vollzug eines Beschlusses ohne Beteiligung der Eigentümerversammlung rechtsverbindlich erklären könnte.*)
2. Die "faktische Erledigung" oder die "Gegenstandslosigkeit" oder die "Undurchführbarkeit" sind keine erledigenden Ereignisse in der Beschlussanfechtungsklage.*)
3. Aufforderungs-, Vorbereitungs- und Rechtsdurchsetzungbeschlüsse sind weiterhin nur beschränkt rechtlich überprüfbar.*)

IBRRS 2023, 0818

KG, Beschluss vom 18.03.2022 - 1 W 300/21
1. Der teilende Eigentümer ist nicht gehindert, bei der Begründung von Sondernutzungsrechten den Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums als Ausfluss des jeweiligen Wohnungseigentums sukzessive - für die einzelnen Rechte zu unterschiedlichen Zeitpunkten - auszuschließen.
2. Die Befugnis, ein Teileigentum auch als Wohnung zu nutzen, kann Inhalt der Gemeinschaftsordnung sein.
3. Das Grundbuchamt darf die bewilligte Eintragung einer Vereinbarung nur ablehnen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Grundbuch durch sie unrichtig würde, etwa wenn die Gemeinschaftsordnung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

IBRRS 2023, 3072

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.10.2023 - 26 Ta (Kost) 6085/23
1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG sollen die in einem gerichtlichen Verfahren tätigen Anwältinnen und Anwälte ihre Vergütung nicht nur und erst dann geltend machen können, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, sondern unter anderem auch dann, wenn das Verfahren mehr als drei Monate geruht hat.*)
2. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach der insoweit auch ein drei Monate andauernder Stillstand des Verfahrens genügt. Entscheidend ist dabei aber, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es das Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben will (vgl. LAG Köln, 17.11.2011 - 7 Ta 30/11, BeckRS 2012, 65426; OLG Karlsruhe 22.11.2007 - 5 U 147/05, NJW-Spezial 2008, 92 f.).
3. Einer förmlichen Ruhensanordnung i.S.v. § 251 ZPO bedarf es nicht.*)

IBRRS 2023, 3071

BGH, Beschluss vom 19.09.2023 - VIII ZB 44/22
1. Es ist - auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht.
2. Grundlage der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären.
3. Der Senat lässt die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Rechtsfrage, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist, offen.
4. Es ist ungewiss, welchen Ausgang ein Verfahren genommen hätte, wenn eine umstrittene Rechtsfrage höchstrichterlich nicht geklärt ist. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Online seit 7. November
IBRRS 2023, 3036
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.03.2023 - 12 U 312/20
1. Bei einem vor dem 01.01.2018 geschlossenen - entgeltlichen - Vertrag über Ingenieurleistungen kann es sich um einen Werk- oder um einen Dienstvertrag handeln.
2. Grundsätzlich sind Architekten-/Ingenieurverträge über bauleitende bzw. planende Tätigkeiten dem Werkvertragsrecht zuzuordnen. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn eine oder mehrere erfolgsorientierte Aufgaben den Vertrag prägen.
3. Sowohl Architekten als auch Ingenieure haben im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte des Auftraggebers zu berücksichtigen und darauf zu achten haben, dass kein übermäßiger, nicht erforderlicher Aufwand betrieben wird.
4. Wird ein Ingenieur mit der Planung des Einbaus einer neuen Heizungsanlage beauftragt, ist seine Leistung mangelhaft, wenn er den Einbau eines Blockheizkraftwerks vorschlägt, obwohl dieses nicht notwendig ist bzw. die Erhitzung des Wassers nicht kontinuierlich gewährleisten kann.

IBRRS 2023, 3051

VK Westfalen, Beschluss vom 19.07.2023 - VK 3-15/23
1. Ein Verstoß gegen § 134 GWB kann nachträglich geheilt werden.*)
2. Dem Auftraggeber steht bei der Bewertung von Konzepten ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden kann.*)
3. Nach Auffassung des BGH (IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121) ist die Prüfung der Benotung eines Angebots als solche wie auch in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere des Zuschlagsprätendenten, zu untersuchen.*)
4. Die Bewertungsnote muss plausibel vergeben worden sein.*)
5. Soweit der Sachverhalt umfassend ermittelt wurde und keine willkürlichen, nicht nachvollziehbaren Gesichtspunkte in den Wertungsprozess einbezogen wurden, erfolgt keine Korrektur durch eine Nachprüfungsinstanz.*)
6. Bei der Überprüfung der Bewertung berücksichtigt die jeweilige Nachprüfungsinstanz sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung der Antragsgegnerin zu Grunde liegenden Tatsachen, auch soweit diese wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit der Antragstellerin nicht offenbart werden durften.*)
7. Für die Antragsbefugnis ist allein das Vorhandensein eines Vergaberechtsverstoßes nicht ausreichend, sondern darüber hinaus muss der Bieter durch diesen Vergaberechtsverstoß auch tatsächlich in seinen Rechten gem. § 168 Abs. 1 GWB verletzt sein. Er muss damit die Chance auf den Zuschlag verlieren.*)

IBRRS 2023, 3035

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.10.2023 - 10 B 1023/23
1. Mit der Entstehung eines Brandes muss praktisch jederzeit gerechnet werden. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass insofern keine Gefahr besteht.
2. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei Brandschutzmängeln keine hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere bedarf es keiner Gefahrenabschätzung im Einzelfall.

IBRRS 2023, 2987

VGH Bayern, Urteil vom 25.09.2023 - 9 BV 22.481
Bei gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als gemeindliche Satzung erlassenen Bebauungsplänen handelt es sich um Rechtsvorschriften des Landesrechts i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG.*)

IBRRS 2023, 3048

AG München, Urteil vom 10.03.2023 - 461 C 1702/21
Die Härtegründe müssen auch noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen, denn die Fortsetzung des Mietverhältnisses erfolgt durch richterliches Gestaltungsurteil (vgl. § 574a Abs. 2 Satz 1 BGB).

IBRRS 2023, 3058

OLG Dresden, Urteil vom 23.05.2023 - 4 U 1465/22
Das Rücktrittsrecht des Käufers setzt eigene Vertragstreue voraus, an der es fehlen kann, wenn der Kaufgegenstand vor der Rücktrittserklärung weiterveräußert wird.*)

IBRRS 2023, 3053

OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 - 3 U 965/23
Das volle Ausschöpfen der gesetzlichen Berufungseinlegungs- und -begründungsfristen ist in der Regel nicht dringlichkeitsschädlich. Lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen kann eine Selbstwiderlegung durch verzögertes Betreiben des Verfahrens auch bei der Einhaltung der Rechtsmittelfristen entfallen. Ein solcher Sonderfall kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung allenfalls in Betracht, wenn zum einen eine tatsächlich und rechtlich äußerst einfache Fallgestaltung gegeben ist, bei der keinerlei weitere tatsächliche Ermittlungen anzustellen und keine weiteren Glaubhaftmachungsmittel zu beschaffen sind, und wenn zum anderen der Verfügungskläger auch durch sein sonstiges Verhalten zum Ausdruck bringt, dass ihm selbst die Sache nicht so eilig ist.*)

IBRRS 2023, 3033

KG, Beschluss vom 25.10.2023 - 10 W 181/23
Verlangt ein Wohnungseigentümer von einem anderen Wohnungseigentümer, dass dieser sein Sondereigentum in einen aus Sicht des klagenden Wohnungseigentümers ordnungsmäßigen Zustand versetzen soll, bemisst sich der Gebührenstreitwert an dem Wertverlust, den das Wohnungseigentum des Klagenden durch die behauptete Störung erleidet.*)

Online seit 6. November
IBRRS 2023, 3016
OLG Naumburg, Urteil vom 01.12.2022 - 4 U 30/22
Wird der Auftragnehmer mit Dachreinigungs- und -beschichtungsarbeiten (hier: Schließung von Poren zwecks Verzögerung weiterer Erosion und der Unterdrückung von Bewuchs) beauftragt, kommt dies einer Erneuerung des Daches nicht gleich. Derart konservierende und optische, nicht erneuernde Maßnahmen sind keine Bauwerksarbeiten, so dass Mängelansprüche des Auftraggebers der (nur) zweijährigen Verjährungsfrist unterliegen.

IBRRS 2023, 3026

VK Westfalen, Beschluss vom 27.10.2023 - VK 1-31/23
1. Gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen in der Leistungsbeschreibung genannt wird, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt werden können.
2. Der öffentliche Auftraggeber verstößt gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung, wenn er bei der Vergabe von Bodenverlege- und Bodenbelagsarbeiten in einer Sporthalle im Leistungsverzeichnis eine Nutzschichtdicke von mindestens 1,0 mm fordert, ohne hierfür einen Sachgrund nachvollziehbar darzulegen.

IBRRS 2023, 3028

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.10.2023 - 10 B 1171/22
1. Unter den Begriff der Aufenthaltsräume fallen ganz unterschiedliche Örtlichkeiten , wie zum Beispiel Wohn-, Büro-, Gaststätten-, Geschäfts- und Verkaufsräume.
2. Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt.
3. Die Nutzung einer sog. Orangerie sowie eines als Abstellraum genehmigten Raums zu Wohnzwecken ist formell illegal.

IBRRS 2023, 2977

VG München, Beschluss vom 26.07.2023 - M 9 S 23.1621
Wird in einer Baugenehmigung für eine Apartmentwohnanlage der Kreis der Mieter auf sich in der Berufsausbildung befindliche Personen beschränkt, stellt die Vermietung an andere Personen eine ungenehmigte Nutzungsänderung dar, die zu einer Nutzungsuntersagung führt.

IBRRS 2023, 3037

AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 21.04.2023 - 2 C 175/23
Es besteht keine allgemeine Vermutung dafür, dass der Mieter die Betriebskosten zusätzlich zur Miete zu entrichten hat.

IBRRS 2023, 3041

LG Saarbrücken, Urteil vom 13.10.2023 - 13 S 32/23
1. In der Berufungsinstanz sind neue unstreitige Tatsachen unabhängig von den Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 531 Abs. 2 ZPO stets zu berücksichtigen.*)
2. Ein Anspruch auf Entfernung von durch den Nachbarn installierten Kameras aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet.*)
3. Ein Anspruch auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen scheidet aus, wenn nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen ist. Dies ist der Fall, wenn die durch den Nachbarn installierten Kameras lediglich Ausschnitte des Nachbargrundstücks erfassen können, welche nicht durch den Mietvertrag des Klägers erfasst sind und der Grundstückseigentümer mit einer Videoaufzeichnung einverstanden ist.*)

IBRRS 2023, 2989

BGH, Urteil vom 27.09.2023 - IV ZR 464/21
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht dem nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer die Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (hier in der Fassung vom 13.07.2001) wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nach § 242 BGB versagt, wenn im Rahmen eines einheitlichen Anlagekonzepts die Abtretung der Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehens dient, mit dem die Einmalprämie für die Versicherung finanziert wird.*)

IBRRS 2023, 3013

LG Karlsruhe, Beschluss vom 05.04.2023 - 11 T 268/22
1. Im Rahmen einer Beschwerde gegen einen Vorbescheid des Notars nach § 15 Abs. 2 BNotO können nur evidente Rücktrittsgründe für die Vollziehung eines Grundstückskaufvertrags hinderlich sein.*)
2. Bei einem Rücktritt des Grundstücksverkäufers wegen Schuldnerverzugs des Käufers mit der Kaufpreiszahlung tritt nur im Falle der evidenten Einredefreiheit ein vom Notar zu beachtendes Vollziehungshindernis ein.*)
3. Die Unsicherheitseinrede aus § 321 BGB ist nicht evident ausgeschlossen, wenn der vorleistungspflichte Käufer beim Kaufvertragsabschuss zwar weiß, dass die Immobilie bewohnt ist, aber nicht mit einem dauerhaften oder langfristigen Leistungshindernis bezüglich der Verpflichtung des Verkäufers, den ungehinderten Besitz an dem Grundstück zu übertragen, rechnen muss.*)

IBRRS 2023, 2850

BGH, Beschluss vom 24.08.2023 - IX ZR 18/22
Das Fehlen einer näheren Begründung des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses stellt keine eigenständige Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör dar. Die Vorschrift des § 544 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 ZPO erlaubt unter den dort genannten Voraussetzungen verfassungsrechtlich unbedenklich das Absehen von einer Begründung des Zurückweisungsbeschlusses.

IBRRS 2023, 3027

OLG Hamm, Beschluss vom 28.09.2023 - 25 W 234/23
Ein Kostenbeschluss nach § 494a Abs. 2 ZPO fällt weg, wenn im späteren Hauptsacheverfahren eine davon abweichende Kostengrundentscheidung - auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens betreffend - getroffen wird. Die aufgrund des Beschlusses nach § 494a Abs. 2 ZPO festgesetzten und gezahlten Kosten sind bei geänderter Kostengrundentscheidung zurückzuerstatten.*)

Online seit 3. November
IBRRS 2023, 2962
OLG Oldenburg, Urteil vom 08.11.2022 - 2 U 59/22
1. Voraussetzung für den Übergang vom Herstellungsanspruch zu Gewährleistungsansprüchen ist die Abnahme der Werkleistung. Vor der Abnahme können grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden.
2. Der Umstand, dass die Erwerber das vom Bauträger vorgelegte Abnahmeprotokoll nicht unterzeichnet haben, spricht nicht zwingend gegen eine Abnahme. Das Abnahmeprotokoll muss nicht unbedingt unterschrieben sein.

IBRRS 2023, 2797

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2023 - 5 S 2659/22
Aufgabe der rechtsstaatlich gebotenen Ausfertigung gemeindlicher Satzungen ist es zu gewährleisten, dass die Übereinstimmung des Inhalts der Satzung mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans durch das hierfür zuständige Organ geprüft und bestätigt wird. Weitere Anforderungen stellt das baden-württembergische Landesrecht nicht; insbesondere ist es nicht Aufgabe der Ausfertigung, eine Originalurkunde der Satzung herzustellen.*)

IBRRS 2023, 2978

LG Berlin, Urteil vom 27.09.2023 - 64 S 270/22
1. Ein Vermieter muss nach § 553 BGB einem Mieter jedenfalls nicht ohne Partizipation an dem Ertrag erlauben, wirtschaftlichen Gewinn aus der Untervermietung zu erzielen; dabei steht einer Gewinnerzielung nicht entgegen, dass die Untermiete zum Teil auch auf das Wohnungsinventar entfällt, wenn der Mieter Mieteinnahmen für seinen Hausrat überhaupt erst in Folge und in Verbindung mit der Untervermietung der Wohnung generieren kann. Ein Mieter hat außerdem von vorneherein keinen Anspruch auf Genehmigung einer Untervermietung, die ihrerseits nicht mit den Vorschriften über die "Mietpreisbremse" nach §§ 556d ff. BGB vereinbar ist. (Festhaltung LG Berlin, Urteil vom 21.08.2019 - 64 S 266/18; Anschluss LG Berlin, IMR 2022, 487).*)
2. Ein Vermieter, der die rechtzeitig erbetene und geschuldete Untervermietungserlaubnis rechtswidrig verweigert, kann eine Mietvertragskündigung nicht auf den bloßen Formmangel der fehlenden Erlaubnis stützen. Das Risiko einer fehlerhaften Einschätzung der Rechtslage trifft in einer solchen Situation aber den Mieter; stand ihm ein Anspruch auf Erteilung der Untervermietungserlaubnis tatsächlich nicht zu, so wird in der ihm vom Vermieter ausdrücklich verbotenen Untervermietung regelmäßig eine nicht unerhebliche schuldhafte Verletzung des Mietverhältnisses liegen, so dass der Vermieter den Hauptmietvertrag wirksam kündigen kann. Darauf, ob der Vermieter die Erlaubnis aus rechtlich zu billigenden Gründen verweigerte oder sich für die konkrete Ausgestaltung des Untermietvertrages gar nicht interessierte, obwohl allein dessen Konditionen die Verweigerung der Untervermietungserlaubnis rechtfertigen können, kommt es nicht an (Anschluss/Abgrenzung BGH, IMR 2011, 135).*)
IBRRS 2023, 3022

OLG Frankfurt, Urteil vom 19.09.2023 - 9 U 36/21
1. Im Rahmen eines Anspruchs aus § 987 Abs. 1, § 990 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen der unberechtigten Nutzung einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung sind mitgenutzte Abstellflächen im Keller bei der Schätzung des Nutzungsersatzes gem. § 287 ZPO werterhöhend zu berücksichtigen.*)
2. Bei der Inanspruchnahme aus einer abgetretenen Briefgrundschuld kann der Eigentümer gem. §§ 1144, 1192 Abs. 1, §§ 273, 274 BGB bis zur Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung i.S.d. § 1155 BGB eine Zahlung auf die Grundschuld verweigern.*)
3. Verweigert der nicht im Grundbuch ausgewiesene Inhaber einer Briefgrundschuld die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung gegenüber dem in Anspruch genommenen Eigentümer, gerät er in Annahmeverzug mit der Folge, dass ein Zinsanspruch gem. § 301 BGB entfallen kann.*)

IBRRS 2023, 2882

BGH, Beschluss vom 26.09.2023 - VI ZB 48/23
1. Ein völlig ungeeignetes oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch ist unzulässig und kann ausnahmsweise unter Mitwirkung des abgelehnten Richters verworfen werden.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist völlig ungeeignet, wenn es eine von vornherein untaugliche Begründung enthält oder wenn für dessen Verwerfung jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist.

Online seit 2. November
IBRRS 2023, 2891
OLG Köln, Beschluss vom 02.12.2020 - 16 U 96/20
1. Liegt eine sog. Kettenbeauftragung (Auftraggeber - Hauptauftragnehmer - Nachunternehmer) vor, können vertragliche Ansprüche nur im jeweiligen Vertragsverhältnis verfolgt werden können.
2. Ein (vertikales) Haupt-/Nachunternehmer-Verhältnis in Form einer Kettenbeauftragung steht der Bewertung des zwischen den Parteien bestehenden Vertrags als ein Vertrag zugunsten oder mit Schutzwirkung für den Auftraggeber grundsätzlich entgegen.
3. Die Annahme einer in einem Nachunternehmervertrag konkludent vereinbarten Möglichkeit der Drittschadensliquidation setzt voraus, dass für den Nachunternehmer das Interesse des Hauptunternehmers, Schäden des Auftraggebers zu liquidieren, erkennbar war und der Nachunternehmervertrag Anhaltspunkte dafür bietet, dass sich der Nachunternehmer - trotz der Gefahr einer Vervielfachung seines Haftungsrisikos - auf dieses Interesse eingelassen hat.

IBRRS 2023, 2942

VG Aachen, Urteil vom 15.09.2023 - 5 K 353/22
In einem Bebauungsplan können Ferienwohnungen wirksam ausgeschlossen werden. Eine urbane Zielsetzung der Planung und Festsetzungen zur Erhaltung und Stärkung des Wohnens ist zulässig.

IBRRS 2023, 3017

BGH, Urteil vom 13.09.2023 - VIII ZR 109/22
1. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt (Bestätigung von Senatsurteil vom 11.07.2014 - VIII ZR 349/13, Rz. 25, 30, IMR 2014, 319 = NJW 2014, 2717).*)
2. Danach kann ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte grundsätzlich auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein.*)

IBRRS 2023, 2984

LG München I, Urteil vom 21.12.2022 - 1 S 5647/22
1. Eine Regelung in einer alten Teilungserklärung, wonach Baumaßnahmen einzelner Eigentümer nur mit Zustimmung aller über das gem. § 14 WEG (a.F.) bestimmte Maß hinaus beeinträchtigten Eigentümer möglich sind, hat keinen über § 22 Abs. 1 WEG a.F. hinausgehenden Regelungsgehalt, so dass gem. § 47 WEG das neue Recht Anwendung findet.*)
2. Es widerspricht dem Ziel des WEG-Reformgesetzgebers, bauliche Veränderungen einer Mehrheitsentscheidung zugänglich zu machen, wenn dadurch nicht auch im Einzelfall ein Alleinnutzungsrecht zu Gunsten einzelner Wohnungseigentümer und somit ein faktisches Sondernutzungsrecht begründet werden könnte.*)
3. Eine grundlegende Umgestaltung liegt nur vor, wenn dadurch die Wohnanlage ein neues "Gepräge" bekommt. Die Rechtsprechung des BGH zum Mietrecht (BGH, IMR 2018, 46) zu § 555b BGB zur grundlegenden Veränderung einer Mietsache ist nicht zu übertragen.*)

IBRRS 2023, 2999

BGH, Urteil vom 11.10.2023 - IV ZR 40/22
1. Zur ordnungsgemäßen Belehrung i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG für den Fall, dass der Versicherungsschutz nicht vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnt, gehört neben dem Hinweis auf die Rückgewähr empfangener Leistungen auch der Hinweis auf die herauszugebenden gezogenen Nutzungen.*)
2. Im Rahmen der Rückabwicklung nach § 152 Abs. 2 i.V.m. § 169 VVG ist der Rückkaufswert nach dem ungezillmerten Deckungskapital ohne Verrechnung der Abschluss- und Vertriebskosten zu bestimmen.*)

IBRRS 2023, 2979

BVerwG, Beschluss vom 23.08.2023 - 4 BN 6.23
Eine Entscheidung ist eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte.

IBRRS 2023, 2971

BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZB 72/22
1. Das Berufungsgericht muss vor Verwerfung des Rechtsmittels mangels ausreichender Beschwer eine Zulassungsprüfung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600,00 EUR übersteigt, und deswegen keine Prüfung der Zulassung der Berufung vorgenommen hat (st. Rspr.).*)
2. Ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO wegen einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes liegt in der Unterlassung einer gebotenen Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung nur, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung vorliegt (Anschluss BGH, Beschlüsse vom 29.01.2015 - V ZB 179/14, IBRRS 2015, 1384; vom 10.05.2012 - V ZB 242/11, IBRRS 2012, 2569 = IMRRS 2012, 1863).*)
