Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 19. Juli
IBRRS 2022, 1926
LG Bremen, Urteil vom 04.02.2022 - 4 S 239/21
1. Wird in einer Klage als Beklagte die "Wohnanlage XY" benannt statt korrekt die "Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend der Wohnanlage XY", so kann das Rubrum berichtigt werden.
2. Auch bei der Anfechtung eines Negativbeschlusses besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.
3. Die Teilnahme an der Eigentümerversammlung gehört zum Kernbereich des Wohnungseigentums, weshalb auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein Anspruch der Eigentümer auf die persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen besteht.
4. Aus diesem Grund ist es unzulässig, eine Versammlung dahingehend zu beschränken, dass die persönliche Teilnahme den Eigentümern verwehrt wird, indem von vorneherein zu einer sog. Vertreterversammlung geladen wird, bei der sich die Eigentümer nur (üblicherweise vom Verwalter) vertreten lassen sollen.
5. Die Hinweise in der Einladung, dass gegebenenfalls die Versammlung ohne persönliche Anwesenheit stattfinden müsse und die Eigentümer sich im Vorwege über die geltenden Corona-Maßnahmen erkundigen sollen, können nicht als eine Ausladung interpretiert werden.
6. Auch der Hinweis, dass bei persönlichem Erscheinen trotz Verbots am Versammlungstag die Versammlung abgesagt werden müsse, lässt sich nicht dahin interpretieren, dass die persönliche Teilnahme nicht erwünscht sei.
7. Wenn eine Versammlung nicht durchgeführt werden kann bzw. darf, kommt dem Verwalter als Einladenden auch die Aufgabe zu, die Versammlung abzusagen. Die aufgrund von öffentlich-rechtlicher Beschränkungen fehlende Möglichkeit zur Versammlungsdurchführung ist dabei ein Grund, die Versammlung abzusagen.
IBRRS 2022, 2173

LG Lübeck, Beschluss vom 22.02.2022 - 7 T 70/22
1. Die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO kommt nur in Betracht, wenn andere Schutzvorschriften erschöpft sind oder nicht zur Anwendung kommen.*)
2. Demnach ist ein gesonderter Antrag nach § 765 a ZPO auf Gewährung von Räumungsschutz gegen eine Zwangsräumung auf der Grundlage eines noch nicht rechtskräftigen Zuschlagsbeschlusses unzulässig, wenn der Schuldner im anhängigen Zuschlagsbeschwerdeverfahren Vollstreckungsschutz nach § 570 ZPO (also: Räumungsschutz) erhalten kann.*)

IBRRS 2022, 2187

BGH, Beschluss vom 14.06.2022 - VI ZB 26/21
Die Erhebung einer Anhörungsrüge hat keinen Einfluss auf den Ablauf prozessualer Fristen und hindert den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht (hier: Frist zur Einlegung der Berufung).*)

IBRRS 2022, 2185

BVerwG, Beschluss vom 12.05.2022 - 1 B 14.22
1. Bei mehreren Prozessbevollmächtigten genügt die Zustellung an einen von ihnen. Bei Zustellungen an mehrere Prozessbevollmächtigte ist für den Beginn der Rechtsmittelfrist die zeitlich erste Zustellung maßgeblich.*)
2. Die Mandatskündigung eines Prozessbevollmächtigten erlangt erst mit Anzeige gegenüber dem Gericht rechtliche Wirksamkeit.*)

Online seit 18. Juli
IBRRS 2022, 2176
BGH, Urteil vom 19.05.2022 - VII ZR 149/21
1. Der Anspruch auf Ersatz des infolge Verzugs eingetretenen Schadens gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährung (Bestätigung von BGH, IBR 2015, 198).*)
2. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB erfasst auch nachträglich eintretende Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren.*)

IBRRS 2022, 2175

BGH, Urteil vom 02.06.2022 - VII ZR 12/21
§ 7 Abs. 5 HOAI 2013 ist unbeschadet des Urteils des EuGH vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) weiterhin anwendbar.*)

IBRRS 2022, 1912

OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2021 - 10 U 308/20
1. Behauptet der Auftragnehmer eines sog. Detail-Pauschalvertrags, der ursprünglich vereinbarte Pauschalpreis sei nachträglich erhöht worden, hat er diese Vertragsänderung darzulegen und zu beweisen.
2. Ein verdeckter Kalkulationsirrtum berechtigt den Auftragnehmer nicht zur Anfechtung der Preisvereinbarung.
3. Erbringt der Auftragnehmer einen Teil der Leistung nicht und lässt der Auftraggeber diese Leistungen anderweitig ausführen, ohne dem Auftragnehmer zuvor den Auftrag zu entziehen, liegt eine sog. freie Kündigung vor und der Auftragnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen.

IBRRS 2022, 1406

VK Rheinland, Beschluss vom 01.03.2022 - VK 48/21
1. Die Tatsache, dass es sich bei zwei Bietern um verbundene Unternehmen handelt, ist ein Anhaltspunkt, der Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Angebotserstellung aufkommen lässt.
2. Allein die Verbundenheit der Bieterunternehmen ist kein Ausschlussgrund. Vielmehr ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Nachforschungen anzustellen. Die Bieter müssen entsprechend vortragen und die Anhaltspunkte entkräften.
3. Eine getrennte IT-Infrastruktur (getrennte Serverlandschaften und getrennter Einsatz von Softwarelösungen) spricht gegen eine Weitergabe von Informationen zwischen den Unternehmen.

IBRRS 2022, 2170

VGH Bayern, Beschluss vom 22.06.2022 - 9 NE 22.705
1. Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, was sich nach deren planerischer Konzeption bestimmt. Sie können die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht.
2. Nicht erforderlich sind Bauleitpläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind.
3. Soweit eine Planung durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen ist, darf sie auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein.
4. Die Grenzen der unzulässigen Gefälligkeitsplanung sind erst dann überschritten, wenn die Planung ausschließlich den Zweck hat, private Interessen zu befriedigen, sie also - ohne jede städtebauliche Rechtfertigung - ausschließlich deswegen erfolgt, um privaten Belangen zu entsprechen.

IBRRS 2022, 1639

AG Hamburg, Urteil vom 13.05.2022 - 48 C 198/21
Der bloße Umstand, dass "Vorauszahlungen für die Betriebskosten" vereinbart wurden, trägt nicht die Annahme, dass damit etwa eine Umlage nach der Betriebskostenverordnung vereinbart worden sei.

IBRRS 2022, 1516

AG Kassel, Urteil vom 07.04.2022 - 800 C 4204/19
Eine Instandhaltung liegt dann vor, wenn der bestehende Zustand erhalten werden soll und hierfür pflegende, erhaltende und für vorsorgende Maßnahmen zu Beschlussfassung anstehen.

IBRRS 2022, 2162

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.05.2022 - 2 M 28/22
1. Auf der Grundlage des § 62 KrWG können grundsätzlich alle diejenigen Personen in Anspruch genommen werden, die durch das KrWG oder der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen Pflichten zu erfüllen haben und diese nicht beachten.*)
2. Der abfallrechtliche Besitzbegriff ist nicht mit dem zivilrechtlichen identisch, sondern wird seiner Funktion nach, die die Praktikabilität und Effektivität des abfallrechtlichen Vollzugs umfasst, definiert. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Sachherrschaft (§ 3 Abs 9 KrWG). Ein Besitzbegründungswille ist dafür nicht erforderlich.*)
3. Bei Holzbahnschwellen, deren Verwendung nach Art. 67 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 31 des Anh. XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 für gewerbliche und industrielle Zwecke erlaubt, für bestimmte Bereiche und Zwecke aber verboten ist, handelt es sich um Abfall im subjektiven Sinne nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 KrWG, wenn offen bleibt, zu welchem konkreten Zweck sie wiederverwendet werden sollen.*)
4. Hat die zuständige Behörde eine Anlage zur Lagerung von Abfällen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG stillgelegt und auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG den Anlagenbetreiber verpflichtet, die auf dem Anlagengrundstück lagernden Abfälle zu entsorgen, kann daneben auf der Grundlage des § 62 KrWG auch dem Grundstückseigentümer als Abfallbesitzer die Entsorgung der auf dem Grundstück lagernden Abfälle aufgegeben werden.*)
5. Das Fehlen einer Duldungsverfügung kann zwar ein Vollstreckungshindernis darstellen, lässt die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts aber unberührt.*)
6. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Anordnung zur Entsorgung teerölimprägnierter Holzbahnschwellen lässt sich darauf stützen, dass bei unterbleibender ordnungsgemäßer Entsorgung die Gefahr besteht, dass die Schwellen zu einem Zweck weiterverwendet werden, der nach Nr. 31 Sp. 2 Abs. 3 des Anh. XVII der Verordnung (EG) 1907/2006 unzulässig ist, so dass die Gesundheit der mit ihnen in Kontakt kommenden Personen gefährdet wird.*)

IBRRS 2022, 2165

AG Ludwigshafen, Beschluss vom 26.04.2022 - 3c IK 115/22
1. Aus der Eigenschaft als Rechtsanwalt ergibt sich eine gesetzliche Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr. Dieser kann sich der Rechtsanwalt nicht durch einen (beliebigen) Rollenwechsel entziehen.
2. Ein Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform kann von einem Rechtsanwalt deshalb nicht „als Bote“ formwirksam eingereicht werden.

IBRRS 2022, 2164

AG Fulda, Beschluss vom 07.07.2022 - 3180 E1
Ist die Ladungsfrist nicht eingehalten, so darf das Schiedsamt kein Ordnungsgeld festsetzen.*)

IBRRS 2022, 2130

OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.06.2022 - 5 KS 27/19
1. Geben nur die Kläger eine Erledigungserklärung ab, so hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob die behauptete Erledigung tatsächlich eingetreten ist.*)
2. § 155 Abs. 4 VwGO räumt dem Gericht ein Ermessen ein, ob es schuldhaft verursachte Kosten von den sonstigen Kosten abgetrennt dem Veranlasser auferlegt.*)
