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Online seit gestern

IBRRS 2024, 3252
Beitrag in Kürze
BauvertragBauvertrag
Aufforderung zur Mängelbeseitigung "nach Absprache": Wann tritt Verzug ein?

OLG Oldenburg, Urteil vom 05.11.2024 - 2 U 93/24

1. Nach Abnahme des Werks kommt der Eintritt des Verzugs mit der Herstellungsverpflichtung nicht mehr in Betracht.*)

2. Der Verzug mit der Nacherfüllungsverpflichtung gem. § 634 Nr. 1, § 635 Abs. 1 BGB setzt grundsätzlich eine Mahnung voraus. Fordert der Besteller den Unternehmer auf, den Mangel "schnellstmöglich, spätestens bis zum ..." zu beseitigen, können darin eine befristete Mahnung ("schnellstmöglich") und eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ("spätestens bis zum ...") liegen.*)

3. Verbindet der Besteller ein solches Nachbesserungsverlangen mit der Maßgabe, Termine unter Einhaltung einer Vorlaufzeit mit ihm abzusprechen, kann dies geeignet sein, die Frist für den Eintritt der Mahnung hinauszuschieben.*)

4. Zur Frage der Anspruchsgrundlage auf Schadensersatz wegen eines werkmangelbedingten Nutzungsausfallschadens ("erweitertes Leistungsinteresse").*)

5. Ein Schadensersatzanspruch wegen werkmangelbedingten Nutzungsausfalls gem. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann wegen eines überwiegenden Mitverschuldens des Bestellers ausgeschlossen sein, wenn der Besteller ihm bekannte Mängel dem Unternehmer nicht anzeigt, die jener vor Schadenseintritt beseitigt hätte.*)

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IBRRS 2024, 3238
VergabeVergabe
Erfüllbarkeit zweifelhaft: Angebot ist auszuschließen!

VK Bund, Beschluss vom 12.09.2024 - VK 2-77/24

Ein Angebot, das Zweifel an der Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens begründet, ist entweder selbst nicht frei von Zweifeln oder es genügt dem mit dem abzugebenden Angebot abgeforderten, allen Vergabeunterlagen per se zugrunde liegenden Leistungsversprechen nicht und ändert diese mithin ab. Ein solches Angebot ist auszuschließen.

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IBRRS 2024, 3225
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Auch die vollständige Umgestaltung der Landschaft kann zulässig sein!

OVG Niedersachsen, Urteil vom 02.10.2024 - 1 KN 34/23

1. Auf Antrag eines anerkannten Umweltverbands ist ein Bebauungsplan, der ein Vorhaben nach Nr. 18 der Anlage 1 zum UVPG zum Gegenstand hat, als Zulassungsentscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 6 Nr. 3 Var. 1 UVPG einer Vollprüfung zu unterziehen (§ 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 24.04.2024 - 4 CN 2.23 -, IBRRS 2024, 2421).*)

2. In einem raumordnungsrechtlich festgelegten großflächigen Vorranggebiet für industrielle Anlagen und Gewerbe dürfen immissionssensible Nutzungen eine industrielle Nutzung durch emittierende bzw. Störfallbetriebe nicht substantiell erschweren.*)

3. Selbst eine vollständige Umgestaltung eines Landschaftsbilds kann unter der Erheblichkeitsschwelle des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG bleiben, wenn diese sich bei der gebotenen großflächigen Betrachtung durch den aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter harmonisch in die umgebende Landschaft einfügt. Dies kann durch eine mittel- bzw. langfristig zu erreichende vollständige Eingrünung des Plangebiets gelingen, wenn die entsprechenden Pflanzvorgaben eine ausreichende Zahl an bis zur möglichen Höhe baulicher Anlagen aufwachsenden Bäumen und zugleich einen hinreichend dichten Unterwuchs vorsehen.*)

4. Bei der Beurteilung der Geeignetheit von CEF-Maßnahmen kommt es für den Begriff des räumlichen Zusammenhangs i.S.d. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG auf artspezifische Vernetzungsdistanzen an, sodass sich etwaige Ersatzlebensräume innerhalb des Aktionsradius der betroffenen Individuen befinden müssen. Bezogen auf Bruthabitate der Feldlerche, die als Zugvogel jedes Jahr einen neuen Brutstandort sucht und sich dabei ohnehin an veränderte lokale Bedingungen - etwa durch Bewuchs - anpassen muss, ist ein größerer Radius anzunehmen. Jedenfalls Entfernungen von bis zu 5 km - ggf. auch mehr - sind daher in der Regel unbedenkllich (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 01.08.2024 - 1 MN 75/24, IBRRS 2024, 2975).*)

5. Der Belang des Klimaschutzes ist in der Bauleitplanung im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 i.V.m. § 1 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 7a, § 1a Abs. 5 BauGB zu berücksichtigen, wo etwaige negative Auswirkungen ins Verhältnis zu den mit der Planung erstrebten Vorteilen gesetzt werden müssen. Klimaschutzgesichtspunkten kommt nicht von vonherein ein Vorrang vor anderen Gesichtspunkten zu; ein Optimierungsgebot besteht nicht.*)

6. Die Bauleitplanung ist wegen ihres bodenrechtlichen Bezugs kein Instrument, das die Gemeinde berechtigt oder gar verpflichtet, eine allgemeine Klimaschutzpolitik ohne Rücksicht auf die kompetenziellen Grenzen des Bauplanungsrechts zu verfolgen. Bauleitplanerischer Klimaschutz muss sich daher auf die konkrete Art der Bodennutzung - insbesondere die Standortsteuerung - und die Gestaltung baulicher Anlagen beziehen, wobei die Grenzen des Fachrechts zu beachten sind.*)

7. Wie intensiv die Gemeinde ihre Planung mit Blick auf den Klimaschutz hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Lokalklima sowie ihrer Standortwahl untersuchen muss, hängt insbesondere von der Art der konkreten Planung ab, erfordert aber auch im Fall einer energie- und/oder verkehrsintensiven Anlage im Außenbereich nicht zwingend eine zahlenmäßige Bilanzierung der Auswirkungen, sondern kann sich auf deren verbale Beschreibung beschränken. Die zu § 13 KSG ergangene Rechtsprechung des BVerwG auf der Ebene der Vorhabenzulassung ist insoweit nicht übertragbar.*)

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IBRRS 2024, 3254
WohnraummieteWohnraummiete
Partypeople must go!

AG Lemgo, Urteil vom 17.01.2024 - 18 C 304/23

1. Regelmäßige lautstarke, auch nächtliche, Musik aus der Wohnung eines Mieters kann eine Störung des Hausfriedens begründen und eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.*)

2. Das Abschließen der Hauseingangstür eines Miethauses gegen bzw. ohne den Willen der Vermieter begründet eine Störung des Hausfriedens, wenn hierdurch ein Verlassen des Hauses im Brandfalle durch Mitmieter verhindert wird.*)

3. Zur Begründung der Verspätung gem. § 296 Abs. 1 ZPO, wenn die Beklagte erstmals im Verhandlungstermin den klägerischen Vortrag einfach bestreitet und eine Klageerwiderung zuvor nicht zur Akte gelangt ist.).*)

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IBRRS 2024, 3261
WohnungseigentumWohnungseigentum
Wann gilt eine Altvereinbarung fort?

LG Itzehoe, Urteil vom 15.07.2024 - 11 S 25/23

Maßgebend für die Fortgeltung einer Altvereinbarung ist nach § 47 WEG nicht deren Vergleich mit der seinerzeitigen, sondern mit der aktuellen Rechtslage.

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IBRRS 2024, 3262
Beitrag in Kürze
KaufrechtKaufrecht
Mängel der Kaufsache sind unverzüglich zu rügen!

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.07.2024 - 4 U 63/24

1. Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlässt der Käufer die Anzeige, gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

2. Der Begriff „unverzüglich“ ist streng auszulegen. Schon geringe, bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang vermeidbare Lässigkeit macht die Rüge verspätet. Der Maßstab ist dabei ein objektiver, wobei Unterschiede nach Branche, Größe des Betriebs und Art der Ware zu machen sind.

3. Für die Untersuchungsobliegenheit ist darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können.

4. Nicht erforderlich ist, dass der Käufer die Ursache des Sachmangels herausfindet, um diesen konkret zu benennen. Für eine wirksame Rüge genügt eine hinreichende Konkretisierung des Mangelbefunds. Nicht erforderlich ist, dass diesem überhaupt eine vorangegangene Untersuchung zugrunde liegt. Selbst eine vom Käufer ins Blaue hinein erhobene Mängelrüge kann fristwahrend sein.

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IBRRS 2024, 3247
ZwangsvollstreckungZwangsvollstreckung
Bei Rechtsübergang ist zwischen schuldrechtlichem und dinglichem Erbbauzins zu unterscheiden!

OLG Nürnberg, Urteil vom 12.03.2024 - 3 U 1856/23

1. Ansprüche aus einer schuldrechtlichen Abrede in einem Erbbaurechtsbestellungsvertrag gegen den ersten Erbbaurechtsinhaber, die über den dinglichen Erbbauzins hinausgehen, bestehen gegen diesen fort, auch wenn das Erbbaurecht einem Dritten zugeschlagen wurde.*)

2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der mit einem Zustimmungsvorbehalt nach § 5 ErbbauRG der Eintritt des Erwerbers in die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung und Anpassung des Erbbauzinses erzwungen werden kann, begründet keine Verpflichtung, den Erwerber als Vertragspartner des Bestellungsvertrags bzw. der Erbbauzinsabrede zu akzeptieren. Dementsprechend besteht erst recht keinerlei Obliegenheit, bereits bei der Bestellung des Erbbaurechts durch Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts sicherzustellen, dass ein Eintritt eines späteren Erwerbers oder Erstehers in den Bestellungsvertrag erzwungen werden könnte.*)

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IBRRS 2024, 3243
ProzessualesProzessuales
Hinweise müssen nur vor und während der Verhandlung erteilt werden!

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.10.2024 - 1 W 45/24

1. Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Frage. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden als Gründe aus. Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

2. Die Ablehnung kann grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder die Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken.

3. Der Umstand, dass ein Richter auf einen nachgelassenen Schriftsatz keine Hinweise erteilt hat, ist nicht geeignet, eine unsachgemäße Einstellung oder Vorgehensweise zu belegen.

4. Die richterliche Pflicht zum Erteilen von Hinweisen ist auf die Zeit der Vorbereitung wie auch der Durchführung der mündlichen Verhandlung begrenzt ist.

5. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ist die Erteilung von Hinweisen erst wieder im Verkündungstermin möglich. In dessen Vorbereitung obliegt es dem Richter zu prüfen, ob das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz eine Wiedereröffnung der mündlichen Verfahren und gegebenenfalls die Erteilung weiterer Hinweise zur Vorbereitung des Fortsetzungstermins erfordert oder aber die Verkündung eines Urteils angezeigt ist.

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IBRRS 2024, 3265
ProzessualesProzessuales
Beigeladener beauftragt Privatgutachter: Kosten erstattungsfähig?

OVG Saarland, Beschluss vom 18.06.2024 - 2 F 188/23

1. Kosten, die Verfahrensbeteiligte für private Sachverständigengutachter im Rahmen des Verwaltungsprozesses aufwenden, sind mit Rücksicht darauf, dass hier der Untersuchungsgrundsatz herrscht nur in Ausnahmefällen erstattungsfähig.*)

2. Hier: Einzelfall, in dem der Beklagte aufgrund der durch die Klägerseite im Rahmen des Klageverfahrens erhobenen spezifischen Einwände gegen die fachlichen Bewertungen im Zuge des Planungsfeststellungsverfahrens Anlass hatte, Privatgutachter als Beistand im Rahmen der mündlichen Verhandlung hinzuzuziehen, um sachgerecht auf den klägerischen Vortrag beziehungsweise Nachfragen des Gerichts reagieren zu können.*)

3. Der prozessuale Schutz der Gegenpartei erfordert eine Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs im Fall der Hinzuziehung privater Gutachter zu einem Planfeststellungsverfahren, sodass die Angemessenheit der geltend gemachten Vergütung anhand der für gerichtlich bestellte Sachverständige geltenden Entschädigungen beziehungsweise Stundensätze gemäß § 8 Abs. 1 und 2, § 9 i.V.m. Anlage 1 zum JVEG zu beurteilen ist und diese Stundensätze im Sinne einer Obergrenze zur Anwendung zu bringen sind.*)

4. Davon ausgehend, dass eine Erstattung von Kosten für Privatgutachter voraussetzt, dass die prozessuale Lage die Hinzuziehung gebietet, ein nachvollziehbarer Bezug zum Vorbringen eines Prozessbeteiligten besteht und der Beitrag des Privatgutachters dazu bestimmt ist, vorgetragene Tatsachen zu widerlegen oder zu erschüttern, ist es grundsätzlich Sache des Verfahrensbeteiligten, der die Kosten geltend macht, den spezifischen Vortrag im Vorfeld für den Privatgutachter derart aufzubereiten, dass dem Gutachter eine gezielte Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung möglich ist; überlässt ein Verfahrensbeteiligter hingegen wie vorliegend geschehen dem Privatgutachter die Suche nach fachspezifischen Einwendungen und erzeugt so einen erhöhten Zeitaufwand, kann dies keinen Erstattungsanspruch begründen.*)

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Online seit 7. November

IBRRS 2024, 3103
Beitrag in Kürze
BauvertragBauvertrag
40-jährige Garantie umfasst (hier) nur die "statische Grundkonstruktion"!

OLG München, Urteil vom 11.09.2024 - 27 U 6864/22 Bau

Eine vierzigjährige "Gewährleistungsgarantie" betreffend die Konstruktion für Außenwände, die Konstruktion für Innenwände, die Deckenkonstruktion sowie die Dachkonstruktion umfasst nur die "statische Grundkonstruktion" des Gebäudes. Abdichtungen, Fugen, Schienen und Verblechungen sind davon nicht umfasst.

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IBRRS 2024, 3234
Beitrag in Kürze
VergabeVergabe
Längere Gewährleistungsfrist ist zulässiges Zuschlagskriterium!

VK Bund, Beschluss vom 27.09.2024 - VK 2-69/24

1. Der öffentliche Auftraggeber darf nur solche Zuschlagskriterien berücksichtigen, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.

2. Der Katalog der zulässigen Zuschlagskriterien in § 16d EU Abs. 2 VOB/A 2019 ist nicht abschließend. Entscheidend ist, ob das Zuschlagskriterium mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung steht.

3. Verbindung zwischen Zuschlagskriterium und Auftragsgegenstand besteht auch dann, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht.

4. Längere als die in § 13 Abs. 4 VOB/B genannten Gewährleistungsfristen für Mängel können ein zulässiges Zuschlagskriterium sein. Durch eine Verlängerung der Gewährleistungsfristen wird den Bietern kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet.

5. Der Preis hat stets ein gewichtiges Merkmal darzustellen, das beim Zuschlagskriterium des wirtschaftlichsten Angebots nicht am Rande der Wertung stehen darf, sondern das vom Auftraggeber in ein angemessenes Verhältnis zu den übrigen Wertungskriterien zu bringen ist.

6. Geht der Preis mit einer Gewichtung von 80 % und die Qualität der Leistung mit einer Gewichtung von 20 % in die Wertung ein, kann nicht angenommen werden, der Zuschlag könne losgelöst von der Qualität der Leistung erteilt werden.

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IBRRS 2024, 3178
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen im "sonstigen Sondergebiet"!

OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.10.2024 - 1 KN 2/20

1. Ist ein Hinweis nach § 215 Abs. 2 BauGB zwar erfolgt, erfasst dieser aber nicht alle in § 215 Abs. 1 BauGB genannten Fehlergruppen, so werden lediglich die Rechtsfolgen (Unbeachtlichkeit eines Verfahrensfehlers) hinsichtlich der vollständig genannten Fehlergruppen ausgelöst. Im Übrigen bleiben Fehler aus den nicht genannten Gruppen weiterhin beachtlich.

2. Was im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht.

3. Nicht erforderlich sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Nicht nur für die Planung insgesamt, sondern auch für jede einzelne Festsetzung ist eine städtebauliche Rechtfertigung zu verlangen.

4. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag.

5. Soweit der teilweise Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen auch außerhalb eines sonstigen Sondergebiets zulässig wäre, gilt die erst Recht in einem sonstigen Sondergebiet.

6. Ein Nachweis, dass durch die Zulassung von Einzelhandelsbetrieben mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten im Plangebiet eine Beeinträchtigung der zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde tatsächlich eintreten wird, ist nicht Voraussetzung für einen entsprechenden Ausschluss.

7. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität).

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IBRRS 2024, 0582
WohnungseigentumWohnungseigentum
Wohnungseigentümer kann gegen Mieter eines anderen Eigentümers vorgehen!

OLG München, Urteil vom 31.01.2024 - 7 U 7576/21

1. Für Ansprüche aus § 1004 BGB wegen Beeinträchtigung seines Sondereigentums ist der Sondereigentümer auch nach der WEG-Reform unter Geltung des § 9a Abs. 2 WEG prozessführungsbefugt.

2. Der Sondereigentümer einer Einheit im Rahmen einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat gegen die Mieter einer anderen Einheit einen Anspruch aus § 1004 BGB auf Unterlassung einer Nutzung, die gegen die wohnungseigentumsrechtliche Zweckbestimmung der gemieteten Einheit aus Teilungserklärung oder wirksamer Vereinbarung der Eigentümer verstößt.

3. Übernimmt der alte Mieter einer Teileigentumseinheit die gesamtschuldnerische Haftung für alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis, verliert er seine Störereigenschaft nicht, weil er nicht vollumfängliche aus dem Mietvertrag entlassen ist.

4. In der Änderung der Zweckbestimmung einer Gewerbeeinheit von "Laden" zu "Eisverkaufsstelle" liegt keine Veränderung des Zwecks des Anwesens als "Wohnhaus", wenn seit der Begründung der Gemeinschaft in dem Anwesen eine gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss und eine Wohnnutzung in den Obergeschossen vorgesehen war.

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IBRRS 2024, 3232
Beitrag in Kürze
ImmobilienmaklerImmobilienmakler
Verstoß gegen § 656d BGB führt nur zur Teilnichtigkeit der Abwälzungsvereinbarung

OLG Köln, Urteil vom 27.06.2024 - 24 U 132/23

1. Anders als § 656c BGB kommt § 656d BGB zur Anwendung, wenn lediglich eine Partei des Kaufvertrags einen Maklervertrag abgeschlossen hat. § 656d BGB kommt zur Anwendung, wenn es um die Überwälzung einer bestehenden Provisionspflicht von einer Partei des Hauptvertrags auf die andere geht.

2. Die Norm erfasst alle Vereinbarungen der Parteien eines Kaufvertrags untereinander, aus denen sich ein unmittelbarer oder mittelbarer Anspruch des Maklers ergibt (zum Beispiel Vertrag zu Gunsten Dritter, Erfüllungsübernahme, Freistellung), aber auch Vereinbarungen des Maklers mit der Partei, die nicht sein Vertragspartner ist.

3. Ein Verstoß gegen § 656d BGB führt nicht zu einer Gesamtnichtigkeit der getroffenen Abwälzungsvereinbarung. Vielmehr ist die Vereinbarung nur insoweit nichtig, als sie tatsächlich gegen das gesetzliche Verbot verstößt, mithin nur hinsichtlich des den hälftigen Betrag überschießenden Teils.

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IBRRS 2024, 3236
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Wären wir doch nur alle Dienstleister ...

LG Kiel, Urteil vom 17.10.2024 - 6 O 109/24

1. Ein Vertrag über die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen ist kein Werk-, sondern ein Dienstvertrag, wenn der Dienstverpflichtete keinen Erfolg, sondern (nur) eine Tätigkeit, nämlich die Überwachung eines Objekts vor Ort schuldet.

2. Eine Schlechtleistung des Dienstverpflichteten führt regelmäßig nicht zum Ausschluss des Vergütungsanspruchs. Das gesetzliche Dienstvertragsrecht kennt kein Recht zur Minderung.

3. Durch das Fehlen eines Minderungsrechts im Fall der Schlechtleistung wird der Dienstberechtigte nicht schutzlos gestellt. Entsteht ihm durch eine Schlechtleistung des Dienstverpflichteten ein Schaden, bleibt es ihm unbenommen, mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten aufzurechnen.

4. Zudem steht dem Dienstberechtigten ein auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die erbrachten Dienste für ihn infolge einer von dem Dienstverpflichteten zu vertretenden Schlechtleistung ohne Interesse und völlig unbrauchbar sind.

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IBRRS 2024, 3226
ZwangsvollstreckungZwangsvollstreckung
Wann ist ein Befreiungsanspruch vollstreckbar?

OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.10.2024 - 7 U 67/24

Ein Befreiungsanspruch ist auch dann vollstreckbar, wenn die Höhe der Zahlungsschuld, von der zu befreien ist, im Urteil nicht beziffert, aber auf andere Weise für das Vollstreckungsverfahren ausreichend deutlich beschrieben ist.*)

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IBRRS 2024, 3227
ProzessualesProzessuales
Instanz beendet: Zurückgewiesener Ablehnungsantrag nicht (mehr) angreifbar!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.09.2024 - 3 W 25/24

Ergeht unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin eine vollständig instanzbeendigende Entscheidung, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs durch die abgelehnte Richterin.*)

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Online seit 6. November

IBRRS 2024, 3198
Beitrag in Kürze
Architekten und IngenieureArchitekten und Ingenieure
Ensembleschutz steht Abriss nicht entgegen!

OLG Brandenburg, Urteil vom 22.10.2024 - 6 U 58/22

1. Zu dem Kreis der urheberrechtlich geschützten Werke zählen auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind, also einen solchen Grad individueller ästhetischer Prägung erreichen, dass von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann.

2. Die notwendige Schöpfungshöhe ist erreicht, wenn das Bauwerk nicht das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Bauens ist, sondern die gefundene Lösung vielmehr aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens hinausragt und über die bloße Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung einschlägiger, durch den Gebrauchszweck vorgegebener Gestaltungen hinausgeht.

3. Übliche Wohnhäuser und vergleichbare Zweckbauten sind regelmäßig nicht schutzfähig, es sei denn, es liegen besondere gestalterische Elemente vor, die über das vom technisch-konstruktiven oder vom Gebrauchszweck Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen.

4. Das Interesse des Urhebers am Fortbestehen eines Bauwerks tritt in aller Regel hinter die Interessen des Gebäudeeigentümers an einer anderweitigen Gebäudenutzung und einer damit einhergehenden Zerstörung des Kunstwerks zurück, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergibt.

5. Durch den Abriss eines Bauwerks kann auch die urheberrechtlich geschützte Wirkung eines Gesamtensembles gegenüber der Außenwelt beeinträchtigt werden. Dies Beeinträchtigung ist jedoch hinzunehmen, wenn nach einer umfassenden Interessenabwägung das Erhaltungsinteresse des Urhebers zurücktritt.

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IBRRS 2024, 3219
VergabeVergabe
Verstoß gegen das Gebot zur produktneutralen Ausschreibung?

VK Nordbayern, Beschluss vom 12.09.2024 - RMF-SG21-3194-9-24

1. Die Entscheidung, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Begrenzt wird das Bestimmungsrecht aber durch die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung, von der nur unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden darf.

2. In der Leistungsbeschreibung darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.

3. Gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen in der Leistungsbeschreibung genannt wird, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt werden können.

4. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

5. An das Vorliegen eines Sachgrunds dürfen auch keine unverhältnismäßigen Anforderungen gestellt werden. Die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers muss „lediglich“ plausibel sein.

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IBRRS 2024, 3180
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
B-Plan ist im Amtsblatt bekanntzumachen!

VGH Bayern, Beschluss vom 16.10.2024 - 2 N 22.248

1. Verfügt die erlassende Gemeinde über ein eigenes Amtsblatt, müssen Bekanntmachung zwingend in diesem erfolgen; ein Rückgriff auf andere Bekanntmachungsarten (hier: Aushang an der Amtstafel des Rathauses) ist nicht möglich.

2. Bei einer fremdnützigen Überplanung privater Grundstücke durch eine Gemeinbedarfsfläche sind nach ständiger Rechtsprechung an die Abwägung besonders hohe Anforderungen zu stellen. Der Plangeber hat dabei in besonderem Maße die Bestandsgarantie des Eigentums sowie das Gebot größtmöglicher Schonung privater Flächen zu beachten und muss daher insbesondere prüfen, ob das Planungsziel nicht auch unter weitergehender Schonung des Grundbesitzes der Betroffenen zu erreichen wäre, welche baurechtliche Qualität die betroffenen Flächen aufweisen und ob die Planung ein Mindestmaß an Lastengleichheit zwischen allen betroffenen Eigentümern gewährleistet.

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IBRRS 2024, 3212
Beitrag in Kürze
ImmobilienImmobilien
Frühzeitigen Widerspruch gegen Preiserhöhung besser bekräftigen!

BGH, Urteil vom 25.09.2024 - VIII ZR 20/22

Zur Fortentwicklung der Dreijahreslösung bei Fernwärmelieferungsverhältnissen im Falle eines vom Kunden frühzeitig - erfolglos - erhobenen, aber langjährig nicht weiter verfolgten Widerspruchs gegen Preiserhöhungen (im Anschluss an Senatsurteil vom heutigen Tage - VIII ZR 165/21, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).*)

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IBRRS 2024, 3217
Beitrag in Kürze
ImmobilienmaklerImmobilienmakler
Ein- oder Zweifamilienhaus?

OLG Köln, Beschluss vom 04.09.2024 - 24 U 32/24

1. Für die Entscheidung der Frage, ob das zum Verkauf angebotene Objekt als Ein- oder Zweifamilienhaus anzusehen ist, ist entweder der Erwerbszweck oder aber eine „objektive Betrachtungsweise ex ante“ maßgebend.

2. Das Vorhandensein einer Einliegerwohnung steht der rechtlichen Einordnung als Einfamilienhaus nicht entgegen.

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IBRRS 2024, 3218
Beitrag in Kürze
VersicherungsrechtVersicherungsrecht
Leer stehendes Haus muss kontrolliert und Leitungen entleert werden!

OLG Frankfurt, Urteil vom 06.12.2023 - 18 U 53/22

1. Wenn ein gegen Leitungswasserschäden versichertes Wohngebäude leer steht und nicht bestimmungsgemäß bewohnt wird, verletzt der Versicherungsnehmer seine versicherungsvertraglichen Obliegenheiten, wenn er das Gebäude nicht regelmäßig kontrolliert und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen absperrt, entleert und entleert hält.

2. Weder die gelegentliche Präsentation durch einen Makler gegenüber Kaufinteressenten noch eine geplante Weitervermietung oder die Vornahme von Renovierungsarbeiten in dem Haus führt zu einer Nutzung des versicherten Gebäudes im Sinne der Versicherungsbedingungen.

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IBRRS 2024, 3214
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AmtshaftungAmtshaftung
Amtspflichtverletzung durch verzögerte Entscheidung über Bauantrag?

BGH, Urteil vom 24.10.2024 - III ZR 48/23

1. Zur Frage der amtspflichtwidrigen Verzögerung der Entscheidung über einen Bauantrag, die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BayGO in Verbindung mit kommunalem Ortsrecht einem beschließenden Ausschuss übertragen ist.*)

2. Die Gemeinde ist nicht unmittelbar im Zeitpunkt der Entscheidungsreife verpflichtet, über den Bauantrag zu entscheiden. Eine solche Entscheidungspflicht ergibt sich vielmehr erst nach Ablauf eines ihr zuzubilligenden Bearbeitungs- und Prüfungszeitraums, innerhalb dessen die ordnungsgemäße, ermessensfehlerfreie und zügige Bearbeitung des (entscheidungsreifen) Baugesuchs abgeschlossen sein muss. Innerhalb eines solchen Zeitraums ist die Gemeinde nicht gehindert, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB einen Aufstellungsbeschluss für eine dem Vorhaben entgegenstehende geänderte Planung zu fassen und etwa eine Veränderungssperre zu beschließen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 23.01.1992 - III ZR 191/90, IBRRS 1992, 0705).*)

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IBRRS 2024, 3208
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ProzessualesProzessuales
Welchen Beweiswert hat eine Quittung?

OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 - 4 U 54/23

1. Verpflichtet sich eine Partei wirksam zur Klagerücknahme, kommt sie aber der Verpflichtung nicht nach, kann ihr dies vom Prozessgegner mit der Folge entgegengehalten werden, dass die Fortsetzung des Prozesses unzulässig wird.

2. Ein Dritter (hier: Vertragsgegner) kann sich auf die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht dann nicht berufen, wenn der Vertreter bewusst zum Nachteil des Vertretenen gehandelt hat und dies dem Dritten schuldhafterweise nicht bekannt geworden ist.

3. Eine Quittung erbringt einen vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene Erklärung von dem Unterzeichner abgegeben worden ist, nicht aber für den Inhalt der Erklärung, also die Erfüllung der Verbindlichkeit; insoweit unterliegt sie der freien richterlichen Beweiswürdigung. Sie enthält ein außergerichtliches Geständnis hinsichtlich des Leistungsempfangs, ein Zeugnis des Gläubigers "gegen sich selbst", und dementsprechend in der Regel auch ein Indiz für die Leistung (Erfüllung) des Schuldners.

4. Dieser eingeschränkte "Beweiswert" einer Quittung kann jedoch dadurch entkräftet werden, dass die Überzeugung des Gerichts vom Empfang der Leistung erschüttert wird; ein voller "Gegenbeweis" im Sinne des Nachweises der inhaltlichen Unwahrheit der Quittung ist nicht nötig, wobei es tragfähiger Anhaltspunkte bedarf, die den Verdacht der inhaltlichen Unrichtigkeit der Quittung ernstlich nahelegen.

5. Die Nichterteilung einer den Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG entsprechenden Rechnung begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, das lediglich ex nunc wirkt und die Verzugswirkungen nicht rückwirkend entfallen lässt. Vielmehr kann dieses einen Verzugseintritt nur verhindern, wenn es vor oder bei Fälligkeit der Forderung ausgeübt wird.

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IBRRS 2024, 3220
ProzessualesProzessuales
Lebensgefährtin arbeitet bei beklagter Behörde: Richter befangen?

VG Schwerin, Beschluss vom 23.08.2024 - 2 B 1262/24

1. Die Beschäftigung der Lebensgefährtin eines Richters bei der beklagten Behörde führt für sich genommen nicht zur Begründetheit eines Befangenheitsgesuchs.*)

2. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit anzunehmen sein.*)

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Online seit 5. November

IBRRS 2024, 3119
Beitrag in Kürze
BauvertragBauvertrag
Nicht angefallene Umsatzsteuer ist zurückzuzahlen!

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 10 U 102/23

1. Die Zahlung irrtümlich ohne Abzug der Bauabzugssteuer berechneten Werklohns kann einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung von Überzahlungen begründen, der sich als Nebenpflicht aus dem Vertrag ergibt. Das ist nicht der Fall, wenn die Rückzahlung eines nicht angefallenen Umsatzsteueranteils im Raum steht, für die keine vertragliche Nebenpflicht besteht, so dass der Anspruch aus Bereicherungsrecht folgt.

2. Eine Bruttopreisvereinbarung führt dazu, dass die festgesetzte Umsatzsteuer als Teil des Kaufpreises geschuldet wird, unabhängig von der materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht des abgeschlossenen Geschäfts. Dabei ist regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen.

3. Haben die Parteien eine Nettopreisabrede getroffen, führt diese dazu, dass nur der ausgewiesene Preis sowie die tatsächlich geschuldete Umsatzsteuer zu entrichten sind.

4. Die Vereinbarung zur Zahlung eines Entgelts "zuzüglich" der gesetzlichen Umsatzsteuer ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Umsatzsteuer nicht gezahlt werden muss, wenn die Umsatzsteuer irrtümlich angesetzt worden ist und das Geschäft in Wirklichkeit nicht der Umsatzsteuer unterlegen hat.

5. Die steuerrechtliche Lage ist im Zivilprozess ohne Bindung zu prüfen.

6. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrunds ergibt. Eine unzutreffende Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden geht verjährungsrechtlich nicht zulasten des Anspruchsgläubigers. Der Geschädigte müsste vielmehr wissen oder grob fahrlässig nicht wissen, dass die Rechtsanwendung fehlerhaft war.

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IBRRS 2024, 3200
VergabeVergabe
Finanzhilfevereinbarung und Kaufvorvertrag = öffentlicher Bauauftrag?

EuGH, Urteil vom 17.10.2024 - Rs. C-28/23

1. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18/EG (...) ist dahin auszulegen, dass ein Vertragswerk zwischen einem Mitgliedstaat und einem Wirtschaftsteilnehmer, das aus einer Finanzhilfevereinbarung und einem Kaufvorvertrag besteht, die im Hinblick auf die Errichtung eines Fußballstadions geschlossen wurden, einen "öffentlichen Bauauftrag" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, sofern mit dem Vertragswerk gegenseitige Verpflichtungen zwischen dem Mitgliedstaat und dem Wirtschaftsteilnehmer begründet werden, darunter die Verpflichtung zum Bau des Stadions gemäß den vom Mitgliedstaat genannten Bedingungen und eine einseitige Option des Wirtschaftsteilnehmers, die der Verpflichtung des Mitgliedstaats entspricht, das Stadion zu erwerben, und sofern dem Wirtschaftsteilnehmer mit dem Vertragswerk eine staatliche Beihilfe gewährt wird, die von der Kommission als mit dem Binnenmarkt vereinbar anerkannt wurde.*)

2. Die Richtlinie 89/665/EWG (...) und die Richtlinie 2014/24/EU (...) sind dahin auszulegen, dass sie der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften, wonach ein unter Verstoß gegen das Vergaberecht geschlossener Vertrag ex tunc absolut nichtig ist, im Rahmen einer Nichtigkeitseinrede des öffentlichen Auftraggebers nicht entgegenstehen, sofern die eine solche Nichtigkeit vorsehenden Rechtsvorschriften im Fall eines öffentlichen Auftrags, der in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24 fällt, das Unionsrecht einschließlich der allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze beachten.*)

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IBRRS 2024, 3177
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Schwimmbecken mit Terrasse = untergeordnete Nebenanlage?

VGH Bayern, Beschluss vom 16.09.2024 - 1 CS 24.1074

1. Gewisse Veränderungen der Wasserverhältnisse durch ein in der Nähe des eigenen Grundstücks geplantes Vorhaben muss der Nachbar hinnehmen.

2. Bei einem Schwimmbecken mit Terrasse kann es sich um eine untergeordnete Nebenanlage handeln, die in einem reinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich zulässig ist.

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IBRRS 2024, 3183
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahme haben Weile!

VG Stuttgart, Urteil vom 17.09.2024 - 6 K 5515/23

1. Wendet sich der Betreiber einer immissionsschutzrechtlichen Anlage gegen belastende Nebenbestimmungen zu einer ihm erteilten Genehmigung, so ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich, wenn sich die Rechtslage seit der letzten Behördenentscheidung zugunsten des Betreibers geändert hat (hier: Änderung der Rechtslage zur Sicherheitsleistung).*)

2. Auch bei einer naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahme in Form einer Ökokontomaßnahme muss die Wirkung der Kompensationsmaßnahme grundsätzlich so lange andauern, wie der Eingriff in die Natur besteht. Entscheidet sich der Verursacher für eine Kompensationsmaßnahme, die einer dauerhaften Pflege bedarf, um als solche bestehen zu bleiben, ist eine Befristung der Pflege aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht geboten.*)

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IBRRS 2024, 3205
Beitrag in Kürze
GewerberaummieteGewerberaummiete
Gläubiger der Bürgschaft ist regelmäßig der Vermieter!

OLG Frankfurt, Urteil vom 20.12.2023 - 3 U 129/23

Bei einer Bürgschaftserklärung für Verbindlichkeiten eines Gewerberaummieters richtet sich die Gläubigerstellung nach allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB - objektiver Empfängerhorizont) im Zweifel nicht nach der Bezeichnung in der Bürgschaftsurkunde, sondern nach der Vermieterstellung, da die Bürgschaft regelmäßig Ansprüche des Vermieters sichern soll.

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IBRRS 2024, 3173
WohnungseigentumWohnungseigentum
Wann ist eine Gemeinschaft verwalterlos?

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 26.08.2024 - 14 T 6153/23 WEG

1. Nur wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter hat, sind die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zu deren Vertretung berechtigt.

2. Die Gemeinschaft ist "verwalterlos", wenn kein Verwalter bestellt wurde, seine Amtszeit abgelaufen ist, der Verwalter das Amt niedergelegt hat, er abberufen wurde oder seine Bestellung für unwirksam oder für nichtig erklärt wurde.

3. Die Bestellung mehrerer natürlicher Personen als Verwalter, die gleichzeitig tätig sein sollen, ist nichtig.

4. Die Zustellung an einen benannten, aber nur "vermeintlichen" Vertreter führt mangels ordnungsgemäßer Klageerhebung zur Unzulässigkeit der Klage.

5. Es ist nicht angezeigt, einen Vertreter und damit auch keinen "Scheinvertreter" bzw. eine vom Kläger als Vertreterin bezeichnete Person, die tatsächlich nicht Vertreterin ist ("falsche" bzw. "vermeintliche" Vertreterin), aus dem Rechtsstreit zu entlassen.

6. Auch ein Dritter hat unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Kostenentscheidung, wenn er irrtümlich in den Prozess hineingezogen worden ist. Dann ist es geboten, die Kostenvorschriften der ZPO auf das Verhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Dritten entsprechend anzuwenden.

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IBRRS 2024, 3199
ImmobilienImmobilien
Nachbar darf auf seinem Trampolin so hoch springen wie er will!

OLG Brandenburg, Urteil vom 19.09.2024 - 5 U 140/23

1. Die Bereiche eines Wohngrundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar sind, sind typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.

2. Die sportliche Betätigung durch Nutzung eines Trampolins im privaten Garten ist sozialadäquat und verletzt den Nachbarn jedenfalls dann nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, wenn das Trampolin innerhalb der nach dem jeweiligen Nachbarrechtsgesetz vorgeschriebenen Mindestgrenzabstände platziert und dessen Nutzung nicht darauf gerichtet ist, gezielt die Privatsphäre zu stören.

3. Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem Grundstück ausgehenden Einwirkungen (hier: Lichtimmissionen) insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist. Eine unwesentliche Beeinträchtigung wird indiziert, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- und Richtwerte nicht überschritten werden.

4. Ein quasinegatorischer Unterlassungsanspruch ist ausgeschlossen, wenn und soweit die Grundstücksnutzung öffentlich-rechtlich bestandskräftig genehmigt wurde, die Genehmigung nach wie vor wirksam ist und die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der nachbarschützenden Norm, auf die sich der Kläger stützt, Teil des vorgeschriebenen Prüfprogramms im (vereinfachten) Genehmigungsverfahren war. Denn der Regelungsinhalt der Baugenehmigung entfaltet insoweit auch für die Zivilgerichte eine Legalisierungswirkung, die vom Nachbarn hinzunehmen und für die Zivilgerichte bindend ist.

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IBRRS 2024, 3168
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Die Krux mit den Konzernunternehmen: Wer wird Vertragspartner?

OLG München, Urteil vom 16.09.2024 - 7 U 1412/23 e

1. Ist in Ermangelung einer ausdrücklichen Erklärung ungewiss, ob der Vertreter den Vertrag in fremdem Namen abschloss, ist die Willenserklärung des Vertreters gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen. Von Bedeutung ist also, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt. Dabei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand zugehört und die typischen Verhaltensweisen.

2. Bei der Auslegung einer Willenserklärung sind aber nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren. Aus Umständen, die erst nach Zugang der Erklärung zu Tage treten, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Empfänger diese Erklärung in einem anderen als in dem zum Zeitpunkt des Zugangs erkennbaren Sinn verstehen musste.

3. Das nachträgliche Verhalten einer Partei kann nur in dem Sinne berücksichtigt werden, dass spätere Vorgänge Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen können.

4. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB greift nicht, wenn es um die Frage geht, ob und gegebenenfalls für wen eine Willenserklärung abgegeben worden sein soll. Dies hat durch eine subjektive Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen. Selbst wenn nach vorgenommener Auslegung zweifelhaft bliebe, ob ein Fremd- oder ein Eigengeschäft vorliegt, wäre gemäß § 164 Abs. 2 BGB ein Eigengeschäft anzunehmen.

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IBRRS 2024, 3175
Öffentliches RechtÖffentliches Recht
"Acht-Wochen-Regelung" gilt auch für gewerbliche Vermieter!

VGH Bayern, Beschluss vom 30.08.2024 - 12 CS 24.1190

1. Eine Zweckentfremdung liegt nach Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS) nicht vor, wenn Wohnraum nicht länger als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird.*)

2. Dies gilt - in den Grenzen der Leerstandsregelung des Art. 1 Satz 2 Nr. 4 ZwEWG (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ZeS) - nicht nur für Privateigentümer, sondern auch für gewerbliche Eigentümer und Vermieter, die - ohne die Wohnung selbst zu bewohnen - diese übergangsweise bis zum endgültigen Bezug bis zu acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung anbieten.*)

3. Zwischen beiden Personengruppen bestehen keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht, dass eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt wäre. Die Zielsetzung des Zweckentfremdungsrechts, Wohnraum zu erhalten, wird in beiden Fällen durch die zeitlich untergeordnete Vermietung zu Zwecken der Fremdenbeherbergung nicht gefährdet.*)

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IBRRS 2024, 3203
Mit Beitrag
SachverständigeSachverständige
Sachverständiger muss mit beiden Parteien sprechen!

OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.10.2024 - 6 W 54/24

1. Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Es muss ein Grund vorliegen, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

2. Für die Besorgnis der Befangenheit ist es nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Schon der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit rechtfertigt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit.

3. Die einseitige Kommunikation des Sachverständigen mit einer Prozesspartei über seine gutachterliche Beurteilung in Bezug auf eine vom bisherigen Ergebnis abweichende fachliche Bewertung begründet für die von der Kommunikation ausgeschlossene andere Prozesspartei objektiv Anlass für die Annahme, dass die Unparteilichkeit des Sachverständigen beeinträchtigt ist.

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IBRRS 2024, 3201
ProzessualesProzessuales
Bauunternehmer und Bürge sind Streitgenossen!

OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.10.2024 - 1 AR 24/24

Nimmt der Auftraggeber eines Bauvertrags den Bauunternehmer und dessen Bürgen in einem gemeinsamen Prozess wegen Erstattung eines Verzugsschadens in Anspruch, sind Bauunternehmer und Bürge einfache Streitgenossen i. S. des § 60 ZPO, so dass die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung vorliegen.

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IBRRS 2024, 3202
ProzessualesProzessuales
Auch ein Scheinbeklagter kann einen Kostenantrag stellen!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.09.2024 - 3 W 8/24

Den erforderlichen Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann auch eine Scheinbeklagte stellen.*)

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Online seit 4. November

IBRRS 2024, 2990
BauvertragBauvertrag
Installateur muss Holzverkleidung öffnen, aber nicht wieder verschließen!

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.05.2024 - 2-02 O 578/23

1. Das (Wiederver-)Schließen einer geöffneten Holzverkleidung verlangt Arbeiten mit Holz, die in den Fachbereich eines Schreiners fallen und außerhalb des typisierten Aufgaben- und Fachgebiets eines Heizungs- und Sanitätsbetriebs liegen und somit nicht Bestandteil eines Auftrags über die Reparatur einer an der Hausaußenwand verlegten Kaltwasserleitung sind.

2. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) zu treffen, um Schäden anderer - insbesondere seines Vertragspartners - zu verhindern. Er muss aber nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind.

3. Eine Schutzpflicht zum Wiederanbringen einer Holzverkleidung, die der Auftragnehmer zuvor zum Abklemmen einer Wasserleitung entfernt hat, besteht mangels hinreichenden Zusammenhangs mit der beauftragten Reparaturleistung nicht.

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IBRRS 2024, 3174
Beitrag in Kürze
Architekten und IngenieureArchitekten und Ingenieure
(Bau-)Werk urheberrechtlich geschützt: Drohnenaufnahmen sind unzulässig!

BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23

Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezweckt die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Mit Hilfe einer Drohne angefertigte Luftaufnahmen unterfallen nicht der Panoramafreiheit.*)

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IBRRS 2024, 3196
Beitrag in Kürze
VergabeVergabe
Auftraggeber darf Vergabeunterlagen nachträglich ändern!

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2024 - 15 Verg 9/24

1. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der am vorgeschalteten Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen, bevor er sie zum Verhandlungsverfahren zulässt. Mit der positiven Eignungsprüfung wird - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet.

2. Die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen müssen nicht damit rechnen, der ihnen durch die Erstellung der Angebote und Teilnahme am Wettbewerb entstandene Aufwand könnte dadurch nachträglich nutzlos werden, dass der Auftraggeber ihre Eignung auf gleichbleibender tatsächlicher Grundlage später nochmals abweichend beurteilt.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, die Vergabeunterlagen im laufenden Vergabeverfahren zu ändern, sei es zur Korrektur von Vergaberechtsverstößen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit, sofern dies nur in einem transparenten Verfahren und diskriminierungsfrei geschieht. Die Änderungsbefugnis des Auftraggebers bezieht sich auf alle Bestandteile der Vergabeunterlagen, so die Leistungsbeschreibung, Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen.

4. Der maßgeblichen Stufen des Vergabeverfahrens sind fortlaufend zu dokumentieren. Insbesondere ist die Wertungsentscheidung des Auftraggebers so zu dokumentieren, dass sie inhaltlich nachzuvollziehen ist.

5. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben. Die Dokumentation ist kein Selbstzweck.

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IBRRS 2024, 3169
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Lärmermittlung auch bei Einhaltung der TA-Lärm-Richtwerte!

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.10.2024 - 10 S 625/24

Dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur einen Betrieb erlaubt, durch den die Richtwerte der TA Lärm an den maßgeblichen Immissionsorten nicht überschritten werden, genügt zur Sicherung der Nachbarrechte grundsätzlich nur dann, wenn im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung feststeht, dass die bei einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten; dies kann nur durch entsprechende Lärmermittlungen nachgewiesen werden (Änderung der Senatsrechtsprechung).*)

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IBRRS 2024, 3157
Öffentliches BaurechtÖffentliches Baurecht
Zulässige Nutzung aufgegeben: Bestandsschutz endet!

VG Schleswig, Urteil vom 15.10.2024 - 8 A 180/21

1. Der Bestandsschutz endet, wenn die bislang zulässige Nutzung aufgegeben wird. Das ist unter anderem der Fall, wenn sich die Genehmigungsfrage im Sinne von § 29 BauGB neu stellt. Die Genehmigungsfrage stellt sich stets (auch) bei einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB neu. Eine solche Nutzungsänderung liegt vor, sobald die jeder Nutzung eigene tatsächliche Variationsbreite überschritten wird und der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt. Der tatsächliche Beginn einer anderen Nutzung, die außerhalb der Variationsbreite der bisherigen Nutzungsart liegt und erkennbar nicht nur vorübergehend ausgeübt werden soll, unterbricht den Zusammenhang und lässt den Bestandsschutz, der lediglich die Fortsetzung der bisherigen, einmal rechtmäßig ausgeübten Nutzung gewährleisten soll, entfallen.

2. Andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen gelten nicht nur, wenn andere Vorschriften für die neue Nutzung maßgeblich sind, sondern auch, wenn sich aus derselben Norm abweichende Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit der neuen Nutzung ergeben können. Dabei kommt es für die Beurteilung, welche Nutzung von einer vorhandenen Genehmigung gedeckt ist, maßgeblich auf den Text der Baugenehmigung sowie auf die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauzeichnungen und den Inhalt des Bauantrags, insbesondere die Bau- und Betriebsbeschreibung an

3. Dementsprechend ist für das Bauordnungsrecht anerkannt, dass dann, wenn eine früher genehmigte Nutzung nach ihrer Änderung wieder aufgenommen werden soll, eine (erneute) Nutzungsänderung vorliegt, die ihrerseits nicht mehr von der früher erteilten Genehmigung gedeckt ist, sondern einer erneuten Baugenehmigung bedarf.

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IBRRS 2024, 3193
Beitrag in Kürze
WohnraummieteWohnraummiete
Wann ist eine Wohnraummodernisierung mit Neubau gleichzustellen?

LG Berlin II, Urteil vom 28.06.2024 - 65 S 198/23

Bei der Prüfung der qualitativen Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen ist von maßgebender Bedeutung, ob die Wohnung durch die Arbeiten in mehreren - nicht not­wendig allen - wesentlichen Bereichen (insbesondere Hei­zung, Sanitär, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen be­ziehungsweise energetische Eigenschaften) so verbessert wurde, dass die Gleichstellung mit einem Neubau gerecht­fertigt ist.

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IBRRS 2024, 3194
WohnraummieteWohnraummiete
Konkretes Datum in Mieterhöhungsverlangen ist bindend!

LG Berlin II, Beschluss vom 24.06.2024 - 64 S 150/22

1. Ein formell ordnungsgemäßes Erhöhungsverlangen, das eine Erhöhung zu einem Zeitpunkt verlangt, wo die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB noch greift, ist aus materiellen Gründen unwirksam.

2. Das Erhöhungsverlangen kann auch nicht dahin verstanden werden, dass trotz Nennung eines konkreten Datums als Minus darin auch eine Erhöhung ab einem Zeitpunkt, wo die Kappungsgrenze nicht mehr greift, enthalten ist.

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IBRRS 2024, 3186
MietrechtMietrecht
Vermieter muss anfängliche Schadensfreiheit eines vermieteten Autos beweisen

LG Münster, Urteil vom 11.10.2024 - 10 O 52/24

1. Der Vermieter eines Fahrzeugs trägt nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Mieter unbeschädigt war.*)

2. Regelungen im Mietvertrag über das Fahrzeug und seinem Zustand kann keine Beweis(last) relevanz zukommen. Insbesondere kann eine solche Regelung nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde. Es gibt keine Beweiserleichterungen für den Vermieter.*)

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IBRRS 2024, 3167
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Wann besteht ein Auskunftsanspruch gegen den Vertragspartner?

OLG Bremen, Urteil vom 16.10.2024 - 1 U 18/24

1. Das Bestehen eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich des Umfangs des erlangten Ersatzes als Mittel der Aufklärung zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 285 BGB setzt voraus, dass der Auskunftsfordernde die weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf Herausgabe des stellvertretenden commodums - abgesehen von der Höhe des erlangten Ersatzes an sich - darlegen und gegebenenfalls beweisen kann.*)

2. Die Vorschrift des § 285 BGB ist anwendbar auch auf Rückgewähransprüche im Rückabwicklungsverhältnis nach § 346 BGB.*)

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IBRRS 2024, 3197
Beitrag in Kürze
ProzessualesProzessuales
Überlegungsfrist für Befangenheitsantrag: Maximal zwei Tage!

OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2024 - 9 WF 208/24

1. Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

2. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich. Es genügt bereits der böse Schein, das heißt der Eindruck mangelnder Objektivität.

3. Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind in aller Regel die Art und Weise der materiellen Verfahrensleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernen, dass sie nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken.

4. Die Führung der Akten kann schon für sich betrachtet nicht den Anschein einer Befangenheit rechtfertigen, ebenso wenig wie die sonstige Verfahrensführung, selbst wenn darin im Einzelfall Verstöße gegen die Art und Weise der Durchführung des Verfahrens resultieren würden.

5. Ein Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen. Es ist nicht mehr unverzüglich, nämlich nicht mehr "ohne schuldhafte Verzögerung", wenn der Beteiligte nach Ablauf einer ihm zuzubilligenden Überlegungsfrist mit dem Gesuch zuwartet, obwohl bei verspäteter Antragstellung eine unnötige Verfahrensverzögerung für ihn erkennbar und vermeidbar war.

6. Die Dauer der zuzubilligenden Überlegungsfrist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sie kann sich bei komplexeren Sachlagen durchaus auf mehrere Tage erstrecken, wobei üblicherweise ein Zeitraum von ein bis zwei Tagen zuzubilligen ist.

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Online seit 31. Oktober

IBRRS 2024, 3109
Mit Beitrag
BauvertragBauvertrag
Keine Bedenken angemeldet: Haftung (auch) für Planungsfehler!

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 10 U 80/23

1. Ein Gefälle von 0,9% unterschreitet die maßgebenden Vorschriften für genutzte Terrassen und begründet daher einen Mangel wegen Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik.

2. Es steht den Parteien frei, im Einzelfall von einer anerkannten Regel der Technik abzuweichen. An eine solche Beschaffenheitsvereinbarung "nach unten" sind wegen des damit einhergehenden Verzichts auf eine übliche Beschaffenheit strenge Anforderungen zu stellen. Sie kann nur angenommen werden, wenn der Besteller das damit einhergehende Risiko kannte. Der Besteller ist, selbst wenn er sachkundig sein sollte, umfassend über die Risiken und denkbaren Folgen der Bauausführung aufzuklären.

3. Im Werkvertragsrecht wird auch ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk im Sinne einer Erfolgshaftung geschuldet. Fehlt dem Werk die Funktionstauglichkeit, so ist es auch dann nicht mangelfrei, wenn es ansonsten der Leistungsbeschreibung und der vereinbarten Ausführungsart genügt.

4. Ein Mangel liegt selbst dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf der vom Besteller erstellten Planung beruht. Allerdings kann sich der Unternehmer von seiner Haftung befreien, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit nicht in seiner Sphäre liegt. Dies ist dann der Fall, (1) wenn der Unternehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist, (2) wenn keine Hinweispflicht besteht, weil er die Ungeeignetheit der Planung bei der gebotenen Prüfung mit dem von ihm erwartenden Fachwissen nicht erkennen kann oder (3) wenn im Einzelfall feststeht, dass der unterlassene Hinweis sich nicht ausgewirkt hat.

5. Unverhältnismäßig sind die Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels nur dann, wenn der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.

6. Dem Besteller obliegt es grundsätzlich, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient er sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss. Dies gilt jedoch nicht für ein etwaiges Überwachungsverschulden des Architekten.

7. Die vollständige Ausführungsplanung beinhaltet die zeichnerische Darstellung des Objekts mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, so dass auf Grundlage der ausführungsreifen Ausführungsplanung zunächst Leistungspositionen beschrieben sowie Mengen und Massen ermittelt werden können und schließlich auch die Bauausführung durch einen Unternehmer ermöglicht wird.




IBRRS 2024, 3144
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Teuerster Bieter zu teuer oder günstigere Bieter zu billig?

VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-47/24

1. Der Auftraggeber hat für die Entscheidung der Frage, ob der Preis eines Angebotes ungewöhnlich niedrig erscheint, grundsätzlich einen Einschätzungs- bzw. Beurteilungsspielraum, der von ihm pflichtgemäß und damit fehlerfrei auszuüben ist.

2. Die Aufgreifschwelle für die Einleitung einer Preisprüfung ist erreicht, wenn sich einzelne Angebote erheblich von anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzen. Das ist im Regelfall bei einem Abstand von mindestens 20% des betroffenen zum nächstgünstigeren Angebot gegeben.

3. Ein Auftraggeber darf auch unabhängig vom Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Preises jederzeit in eine Preisaufklärung eintreten, wenn wegen des Preisabstands Anlass hierfür gegeben ist. Somit kann er auch das teuerste Angebot in die Aufklärung einbeziehen, um eine plausible Einschätzung der Marktüblichkeit der eingegangenen Angebote vornehmen zu können.

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