Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 26. November
IBRRS 2025, 3043
Bauträger
OLG München, Beschluss vom 24.11.2025 - 9 W 1431/25 Bau
1. Der "dringende familiäre Wohnbedarf" eines Familienmitglieds des Erwerbers stellt keinen Verfügungsgrund dar, wenn das Familienmitglied nicht in die erworbenen Wohnräume einziehen soll. Gleiches gilt für die Beteiligung des Erwerbers an den Mietkosten des Familienmitglieds, wenn diese "so oder so" erfolgt.
2. Es begründet keinen Verfügungsgrund aufgrund einer "Verwahrlosung" der Wohnräume, wenn der Bauträger oder Dritte (z. B. Handwerker oder "Kaufinteressenten") die - noch im Eigentum und Besitz des Bauträgers stehende - Wohnung des Erwerbers betreten. Das gilt auch dann, wenn der Erwerber Eigenleistungen (hier: Einbau einer hochwertigen Küche) erbracht hat. Allerdings trifft den Bauträger die vertragliche Nebenpflicht, mit dem Eigentum des Erwerbers pfleglich umzugehen und es vor Schaden zu bewahren.
3. Aus der Notwendigkeit einer Mietfortzahlung folgt jedenfalls dann kein Verfügungsgrund, wenn nicht ersichtlich ist, dass der Erwerber ohne die Übergabe der erworbenen Wohnräume bei Berücksichtigung seiner persönlichen Lebensverhältnisse eine Einschränkung von Gewicht erfährt.
Volltext
IBRRS 2025, 3050
Vergabe
VK Thüringen, Beschluss vom 11.07.2024 - 5090-250-4003/430
1. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung kommen angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen in Betracht.
2. Ein solcher Ausnahmefall setzt voraus, dass eine Veröffentlichung nicht zu mehr Wettbewerb oder besseren Beschaffungsergebnissen führen würde, nicht zuletzt, weil objektiv nur ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in der Lage ist, den Auftrag auszuführen.
3. Der öffentliche Auftraggeber hat hierfür eine europaweite Marktanalyse vorzunehmen.
4. Führt die Entscheidung des öffentlichen Auftraggeber dazu, dass grundsätzlich bestehender Wettbewerb nicht nur durch eine produktspezifische Ausschreibung eingeschränkt, sondern gänzlich ausgeschlossen wird, sind die diese Entscheidung rechtfertigenden technischen und wirtschaftlichen Gründe eingehend zu dokumentieren.
5. Eine Exklusivitätsvereinbarung rechtfertigt kein Absehen von Wettbewerb.
6. Im Falle einer De-facto-Vergabe ist die Antragsbefugnis bereits dann anzunehmen, wenn das Unternehmen der für den Auftrag in Betracht kommenden gewerblichen Branche angehört und darum als generell darauf eingerichtet anzusehen ist, den Auftrag auszuführen.
Volltext
IBRRS 2025, 3051
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.11.2025 - 1 LA 107/25
§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB setzt voraus, dass das aufgrund zulässiger Errichtung bestandsgeschützte Wohngebäude trotz der Erweiterung in seinen identitätsprägenden Bestandteilen fortbesteht. Das schließt eine weitgehende oder gar vollständige Beseitigung der Bausubstanz des Bestandsgebäudes aus.*)
Volltext
IBRRS 2025, 3047
Wohnraummiete
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 07.03.2025 - 531 C 84/24
Der Mieter kann, wenn nach seiner eigenen Prüfung keine Ansprüche des Vermieters gegeben sind, für die die Mietsicherheit haftet, auch direkt auf Rückzahlung klagen, muss dann jedoch zur schlüssigen Begründung der Klage das Nichtbestehen von Ansprüchen des Vermieters darlegen.
Volltext
IBRRS 2025, 2995
Wohnungseigentum
LG München I, Urteil vom 30.10.2025 - 43 O 1906/25
In einem Laden kann auch ein Späti betrieben werden, wenn die Gemeinschaftsordnung anderweitige Zwecknutzungen prinzipiell erlaubt und die weiteren Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung dieser Nutzung nicht entgegenstehen.
Volltext
IBRRS 2025, 3054
Immobilien
BGH, Urteil vom 07.11.2025 - V ZR 155/24
1. Der Kondiktionsanspruch des Verkäufers ist bei einer Nichtigkeit allein des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB auf Rückübertragung des Eigentums gerichtet, während bei einer Nichtigkeit auch des Erfüllungsgeschäfts nach § 138 Abs. 2 BGB Grundbuchberichtigung verlangt werden kann.*)
2. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass der Verkehrswert eines Miteigentumsanteils dessen rechnerischem Anteil an dem Verkehrswert des gesamten Grundstücks entspricht; das gilt auch bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages. Derjenige, der sich auf die Nichtigkeit eines Kaufvertrages über einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB beruft, kann sich daher darauf beschränken, Angaben zum Verkehrswert des Grundstücks zu machen; einer gesonderten Darlegung des Werts des Miteigentumsanteils bedarf es nicht.*)
Volltext
IBRRS 2025, 3055
Schiedswesen
BGH, Beschluss vom 06.11.2025 - I ZB 33/25
1. Ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Oberlandesgericht bereits ein Hauptsacheverfahren vor dem staatlichen Gericht anhängig ist. Das gilt auch dann, wenn im staatlichen Verfahren bereits die Einrede des Schiedsverfahrens erhoben worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 53/17, Rz. 9, IBRRS 2018, 2355 = WM 2019, 79 - Skatgericht; Beschluss vom 19. September 2019 - I ZB 4/19, Rz. 13, IBRRS 2019, 3422 = SchiedsVZ 2020, 50.*)
2. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt in einem solchen Fall auch nicht allein deshalb, weil der Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO erst längere Zeit - hier: rund zwei Jahre - nach Klageerhebung und Erhebung der Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO gestellt worden ist, soweit es im konkreten Einzelfall keine weiteren Umstände gibt, die für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen sprechen können.*)
3. Gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO kann die Feststellung beantragt werden, dass ein bestimmter Rechtsstreit von der Schiedsvereinbarung (nicht) erfasst wird. Im Rahmen dieser Feststellung wird nicht abstrakt über die Reichweite der Schiedsvereinbarung, sondern darüber entschieden, ob der konkrete Streitgegenstand des (beabsichtigten) Rechtsstreits von der Schiedsvereinbarung erfasst wird.*)
Volltext
IBRRS 2025, 3040
Prozessuales
OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.2025 - 9 U 40/24
1. Kombiniert die Klagepartei einen schlichtungspflichtigen Antrag nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Hessischen Schlichtungsgesetzes mit einem nicht schlichtungspflichtigen Antrag, so ist die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor Klageerhebung keine Zulässigkeitsvoraussetzung, wenn die Kombination nicht mutwillig und nicht zur bloßen Umgehung erfolgt.*)
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet eine vollständige Kenntnisnahme des jeweiligen Parteivorbringens durch das Gericht. Eine nur lückenhafte bzw. pauschale Bewertung substantiierten Parteivorbringens führt zu einer Verletzung dieses Anspruchs und kann nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz führen.*)
Volltext




