Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
Online seit 1. Juni
IBRRS 2023, 1424
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2020 - 29 U 56/19
1. Hat sich ein Planungsmangel noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen, weil (noch) nicht nach der Planung gebaut wurde, darf (und muss) der Architekt bzw. Ingenieur seine Planung nachbessern und den Planungsmangel beseitigen.
2. Architekten- und Ingenieurleistungen sind - auch wenn der Leistungsumfang genau feststeht - nicht sämtlich sofort zu erbringen, sondern nur die zum gegenwärtigen Projektstand jeweils notwendigen Leistungen; der Planer darf nicht vorpreschen bzw. "vorprellen".
3. Die Geltendmachung von Schadensersatz wegen eines Planungsverzugs setzt grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung voraus.
4. Wird wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt, die der Architekt bzw. Ingenieur zwar einhält, er aber die Nacherfüllung mangelhaft vornimmt, ist grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich.

Online seit 31. Mai
IBRRS 2023, 1497
KG, Urteil vom 03.03.2023 - 7 U 158/21
1. Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen.*)
2. Sofern der Auftragnehmer in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planungen erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Durch dieses Verhalten bringt der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.*)

Online seit 22. Mai
IBRRS 2023, 1406
OLG Naumburg, Urteil vom 29.12.2022 - 2 U 156/21
1. Ein mit den Grundleistungen der Objektplanung nach § 34 HOAI 2013 beauftragter Architekt ist im Rahmen des Neubaus von Badezimmern in einem Fachwerkhaus verpflichtet, für die Fliesen- und Bodenverlegearbeiten neben einer Erwähnung der auszuführenden Abdichtung des Untergrunds im konstruktiven Leistungsverzeichnis eine skizzenhafte Untersetzung der Art und Weise der Herstellung der Bodenabdichtung unter Angabe von Leitdetails – z. B. zur Fläche und zur Höhe der erforderlichen wannenförmigen Abdichtung – zu fertigen und dem bauausführenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben zur Bodenabdichtung ist im Rahmen der Bauüberwachung zu kontrollieren.*)
2. Nimmt der mit der Lieferung und Montage von Sanitäreinrichtungen, insbesondere Duschen, beauftragte Unternehmer (Badausrüster) ohne eine Rücksprache oder Bedenkenanmeldung den Einbau der Duschwannen auf dem vorhandenen, offenkundig mehrschichtig aus saugfähigen Materialien bestehenden Fußbodenaufbau in einem Fachwerkhaus ohne irgendeine Abdichtung vor, so ist diese Leistung trotz des Umstands, dass die Bodenabdichtung von einem anderen Unternehmen geschuldet wird, pflichtverletzend i. S. eines Sachmangels seiner eigenen Leistungen.*)
3. Ohne eine Einbeziehung der VOB/B als Ganzes in den Bauvertrag kann sich der Unternehmer auch dann nicht mit Erfolg auf eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von fünf auf vier Jahre berufen, wenn im Abnahmeprotokoll deklaratorisch der Ablauf der Gewährleistungsfrist datumsmäßig vier Jahre nach dem Abnahmetermin vermerkt ist.*)

Online seit 17. Mai
IBRRS 2023, 1375
LG München I, Urteil vom 04.05.2023 - 2 O 25999/09
1. Die Vorschrift zum Mindesthonorar nach § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 findet bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zwischen Privaten keine Anwendung, da die Vorschrift in nicht rechtfertigender Weise in die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EWG (Art. 56 AEUV) eingreift.*)
2. Die Dienstleistungsfreiheit entfaltet unmittelbare Drittwirkung.*)

Online seit 11. Mai
IBRRS 2023, 1215
OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2021 - 8 U 109/14
1. Eine bei Auftragserteilung wirksam getroffene Honorarvereinbarung ist bei unverändertem Leistungsziel vor Beendigung der Architektentätigkeit nicht abänderbar.
2. Von einer Beendigung der Architektentätigkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Architektenvertrag erfüllt ist und zwischen den Parteien kein Streit über Mängel der Architektenleistung besteht.
3. Ist die Vereinbarung eines Honorars unterhalb der Mindestsätze der HOAI unwirksam, weil die Schriftform fehlt oder weil kein Ausnahmefall vorliegt oder weil die Vereinbarung nicht bereits bei Auftragserteilung getroffen wurde, bleibt der Architektenvertrag wirksam und der Architekt kann als Vergütung im Regelfall den HOAI-Mindestsatz verlangen.
4. Die Geltendmachung der Mindestsätze kann ausnahmsweise ausgeschlossen sein, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraute und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise einrichtete, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann.
5. ...

Online seit 8. Mai
IBRRS 2023, 1213
OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2021 - 6 U 1906/19
1. Ein Architekten- oder Ingenieurvertrag konnte auch nach dem bis zum 31.12.2017 geltenden Werkvertragsrecht aus wichtigem Grund gekündigt werden.
2. Kündigungsgründe können "nachgeschoben" werden, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung tatsächlich vorlagen.
3. Ein Innenarchitekt ist nur beschränkt bauvorlageberechtigt. Erscheint zweifelhaft, ob der Innenarchitekt objektiv dazu befugt ist, die Baugenehmigung für das Bauvorhaben zu beantragen, hat er den Auftraggeber ungefragt darüber aufzuklären.
4. Wird auf Veranlassung des (Innen-)Architekten mit der Ausführung der Bauarbeiten begonnen, obwohl noch keine Baugenehmigung vorliegt, kann der Auftraggeber den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen.
5. Rechtsfolge einer Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass eine Vergütung für die bislang erbrachten Leistungen nicht geschuldet ist, wenn das Architektenwerk so schwerwiegende Mängel aufweist, dass es nicht nachbesserungsfähig und deshalb für den Auftraggeber wertlos ist.
6. Die VOB/B kann formularmäßig nicht wirksam in einen Architekten- oder Ingenieurvertrag einbezogen werden.
