Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Zivilprozess & Schiedswesen
Online seit heute
IBRRS 2025, 2623
BGH, Beschluss vom 25.09.2025 - III ZR 58/23
1. Eine gehörswidrige Überraschungsentscheidung liegt unter anderem vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis einen Sachverhalt in einer Weise rechtlich würdigt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zu rechnen braucht (hier bejaht).
2. Das Gericht hat in diesem Fall auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen.

IBRRS 2025, 2545

BayObLG, Beschluss vom 25.09.2025 - 101 VA 105/25
1. Das Vorbringen, die Hinterlegungsstelle habe in Verkennung de Voraussetzungen des § 372 BGB die vom Schuldner beantragte Annahme eines Geldbetrags zur Hinterlegung angeordnet, zeigt keine Rechtsverletzung des Gläubigers auf, die ihm die Befugnis verschaffen könnte, die rechtswidrige Annahmeanordnung der Hinterlegungsstelle im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG anzufechten, denn im Fall eine fälschlich auf § 372 BGB gestützten Hinterlegung treten die für den Gläubiger nachteiligen Rechtsfolgen der §§ 378, 379 BGB nicht ein.*)
2. Dies gilt auch dann, wenn der Hinterleger mit der Hinterlegung bezweckte, die Vollstreckung des Gläubigers wegen der Forderung aus der vollstreckbaren Notarurkunde abzuwenden.*)
3. Die Hinterlegungsstelle ist zu der Prüfung verpflichtet, ob sich aus den vom Hinterleger vorgetragenen Tatsachen, welche die Hinterlegung rechtfertigen sollen, schlüssig ein Hinterlegungsgrund ergibt.*)
4. Eine rechtswidrige Hinterlegungsanordnung kann die Hinterlegungsstelle in eigener Zuständigkeit nach Maßgabe von Art. 10 Abs. 5 BayHintG i. V. m. Art. 48 BayVwVfG zurücknehmen.*)

Online seit gestern
IBRRS 2025, 2519
OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.09.2025 - 21 U 14/25
1. Soweit der Unternehmer eine zu hohe Bauhandwerkersicherheit verlangt hat, hindert dies die Wirksamkeit der Fristsetzung nicht. Ist nämlich die Höhe der zutreffenden Sicherheit etwa aufgrund vorliegender Rechnungen feststellbar, hat der Besteller Sicherheit in zutreffender Höhe anzubieten.
2. Die Kündigung wegen unterbliebener Sicherheitsleistung kann auch nach erfolgter Abnahme wirksam erklärt werden.
3. Weder die Kündigung des Vertrags noch eine zwischenzeitlich erfolgte Abnahme schließen den Anspruch auf Sicherheitsleistung aus. Gleiches gilt für eine danach vom Unternehmer erklärte "Kündigung der Mängelbeseitigung".
4. Gegenforderung des Bestellers finden nur Berücksichtigung, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind (hier verneint für Kostenumlagen für Baustrom, Bauwasser, Abfallbeseitigung und Versicherung).
5. Für die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erbrachten (Rest-)Leistungen richtet sich die abzuziehende Vergütung nach § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB, d.h. es sind nur die durch die Kündigung ersparten Aufwendungen abzuziehen. Für die zwischen den Parteien unstreitigen Mängel an den bis zur Kündigung erbrachten Leistungen, die wegen einer erklärten "Kündigung der Mängelbeseitigung" vom Unternehmer nicht mehr zu beseitigen sind, kommt es hingegen auf deren Minderwert an.
6. Über den Anspruch auf Sicherheitsleistung darf im Prozess über den Werklohnanspruch trotz Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vorab durch Teilurteil entschieden werden.

IBRRS 2025, 2482

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.06.2025 - 3 W 14/25
Bei einer Leistungsverfügung ist ein Verfügungsgrund nur in Ausnahmefällen anzunehmen.*)

Online seit 8. Oktober
IBRRS 2025, 2604
BGH, Beschluss vom 11.09.2025 - I ZB 29/25
1. Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um vier Wochen darf vom Rechtsanwalt nicht als Verlängerung um einen Monat missverstanden werden.
2. Eine (abweichende) telefonische Auskunft der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts über die Fristverlängerung ersetzt nicht die Verfügung des Vorsitzenden und entlastet den Rechtsanwalt nicht.

IBRRS 2025, 2601

BGH, Beschluss vom 26.08.2025 - VIII ZR 262/24
Das Gericht verletzt den Anspruch des auf Räumung verklagten Mieters auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), wenn es das Vorliegen der geltend gemachten unzumutbaren Härte i.S.v. § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB auf der Grundlage unvollständiger, unzureichender und in sich widersprüchlicher - teils für den Mieter günstiger - Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ohne die gebotene weitere Beweiserhebung und zudem unter Inanspruchnahme nicht gegebener eigener Sachkunde verneint.*)

IBRRS 2025, 2529

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.06.2025 - 18 W 170/24
1. Der Rechtspfleger muss grundsätzlich die Festsetzung der Vergütung ablehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
2. Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise, wenn der Einwand offensichtlich unbegründet ist, das heißt, wenn seine Haltlosigkeit ohne nähere Sachprüfung auf der Hand liegt, substanzlos ist oder erkennbar rechtsmissbräuchlich eingesetzt wird (hier bejaht).

Online seit 7. Oktober
IBRRS 2025, 0053
OLG Oldenburg, Urteil vom 03.12.2024 - 12 U 224/21
1. Die Begründetheit der Klage auf Vorschuss für die Kosten einer Mängelbeseitigung ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des funktionalen Mangels grundsätzlich verschuldensunabhängig.
2. Wird zusätzlich Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des Auftragnehmers für weitere Schäden und Kosten erhoben, ist diese trotz Vorliegens eines Mangels unbegründet, wenn sich der Auftragnehmer betreffend sein (vermutetes) Verschulden entlasten kann.

IBRRS 2025, 2525

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.07.2025 - 6 W 3/24 (Kart)
1. Zu den erstattungsfähigen Prozesskosten können auch die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind.
2. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist die Einholung eines Privatgutachtens dann, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dies ist in den Fällen zu bejahen, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage wäre.
3. Die für die prozessbegleitende Tätigkeit des Privatsachverständigen geltend gemachten Kosten sind selbst bei grundsätzlich anzunehmender Erforderlichkeit der Inanspruchnahme externen Sachverstands nicht pauschal erstattungsfähig; ihre Notwendigkeit ist vielmehr unter Berücksichtigung des Kostenschonungsgebots für jede Einzeltätigkeit gesondert zu prüfen.

Online seit 6. Oktober
IBRRS 2025, 2578
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.09.2025 - 6 UF 176/25
Nach Inkrafttreten von § 18 Abs. 1 PostG kann im Rahmen der Wahrung von Rechtsmittelfristen nicht mehr darauf vertraut werden, dass postalische Briefsendungen bereits vor den dort genannten Laufzeiten bei Gericht eingehen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann daher nicht gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer erwartet hat, dass sein zur Post gegebenes Rechtsmittel bereits am nächsten Werktag beim Gericht eintrifft.*)

IBRRS 2025, 2511

OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.09.2025 - 12 W 110/25
1. Sind die Feststellung von Mängeln und deren Beseitigungskosten Gegenstand des Beweisverfahrens und werden die geltend gemachten Mängel bestätigt, sind die vom Sachverständigen ermittelten Beseitigungskosten der Wertfestsetzung zu Grunde zu legen.
2. Bei der Wertfestsetzung sind auch nach der Erstbegutachtung eingetretene Preissteigerungen zu berücksichtigen.

Online seit 2. Oktober
IBRRS 2025, 1308
BGH, Beschluss vom 20.03.2025 - V ZB 32/24
Die zur Auseinandersetzung des Vermögens einer aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts angeordnete Teilungsversteigerung eines Grundstücks ist jedenfalls dann fortzusetzen, wenn der Auflösungsgrund vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts am 01.01.2024 eingetreten und der Antrag auf Teilungsversteigerung vor diesem Zeitpunkt gestellt worden ist.*)

IBRRS 2025, 1145

AG Bremen-Blumenthal, Beschluss vom 03.04.2025 - 22 M 2963/24
1. Ein Räumungstitel ist nur vollstreckbar, wenn er die zu räumenden Räume so genau bezeichnet, dass der Gerichtsvollzieher sie ohne Weiteres lokalisieren kann; die Bezeichnung "Gewerberäume" ohne weitere Konkretisierung genügt nicht.
2. Zinsansprüche sind nur insoweit vollstreckbar, als sie unmittelbar und nachvollziehbar aus dem Titel selbst hervorgehen; eine lediglich fakultative Zinspflicht im Falle der Vorfälligkeit erfüllt dieses Erfordernis nicht.

IBRRS 2025, 2542

OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.09.2025 - 3 U 69/25
Eine Rechtsanwältin kann zwar einzelne Aufgaben auf geeignetes Büropersonal übertragen. Sie muss jedoch sicherstellen, dass ihre Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn die Belegschaft durch Krankheit und Ausscheiden einer Mitarbeiterin reduziert ist. Dazu muss sie auch einer eventuellen Überlastung entgegenwirken, die dadurch entsteht, dass dem verbliebenen Personal zu viele Aufgaben übertragen werden.*)

IBRRS 2025, 2543

KG, Beschluss vom 11.09.2025 - 2 W 26/25
1. Kündigt eine Partei einen Befangenheitsantrag für den Fall an, dass das Gericht an einer bestimmten, ihr missliebigen Rechtsauffassung festhalten sollte, begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn der Richter dieses Ansinnen mit deutlichen Worten und unter Hinweis auf die anwaltlichen Berufspflichten des Prozessbevollmächtigten der Partei zurückweist.*)
2. Die dienstliche Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO dient allein der Tatsachenfeststellung. Sind sämtliche zur Begründung des Ablehnungsersuchens vorgebrachten Tatsachen ohnehin bereits aktenkundig, kann sich dienstliche Erklärung daher auf einen schlichten Verweis auf den Akteninhalt beschränken oder auch ganz unterbleiben.*)
3. Der Umstand, dass ein abgelehnter Richter in einem anderen bei ihm anhängigen Rechtsstreit, an dem die Parteien des Ausgangsverfahren nicht beteiligt sind, nach § 48 ZPO angezeigt hat, dass er von dem Prozessvertreter einer der Parteien Beklagtenvertreter als befangen abgelehnt worden ist, rechtfertigt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit.*)

Online seit 1. Oktober
IBRRS 2025, 1596
OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.04.2025 - 5 W 16/25
1. Die Unterwerfungserklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 800 ZPO ist eine ausschließlich auf das Zustandekommen des Vollstreckungstitels gerichtete prozessuale Erklärung.
2. Auf die Erklärung finden die §§ 180 ff. BGB entsprechende Anwendung. Die Unterwerfungserklärung kann von einem Nicht-Eigentümer abgegeben wird, wenn dieser ordnungsgemäß seitens des Eigentümers bevollmächtigt ist oder ermächtigt worden ist, die Erklärung im eigenen Namen abzugeben.

IBRRS 2025, 2562

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 25.09.2025 - 2-13 S 56/24
Zu „KI-Halluzinationen“ von BGH-Entscheidungen in einem anwaltlichen Schriftsatz.*)

IBRRS 2025, 2524

OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2025 - 30 W 113/25
1. Dass ein sofortiges Anerkenntnis nur unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgegeben wird, steht der Gebührenermäßigung im Sinne von Nr. 1211 Nr 2 GKG KV nicht entgegen.*)
2. Grundsätzlich ist der Einwand eines fehlerhaften Kostenansatzes auch im Kostenfestetzungsverfahren beachtlich.*)

Online seit 30. September
IBRRS 2025, 2526
BFH, Beschluss vom 09.09.2025 - VIII R 9/25
Eine unverschuldete Versäumung der Revisionsbegründungsfrist liegt nicht vor, wenn der mit der Bearbeitung des Falls betraute Berufsträger am Tag des Fristablaufs tätig wird, den Ablauf der Frist bei der Bearbeitung nicht prüft und es deshalb unterlässt, an diesem Tag noch mögliche fristwahrende Handlungen auszuführen.*)

IBRRS 2025, 1058

BGH, Beschluss vom 08.04.2025 - VIII ZR 17/25
1. Auch wenn der Vermieter durch das vorläufige Verbleiben des sich auf eine alters- und gesundheitsbedingten Härte berufenden Mieters in der wegen Eigenbedarfs gekündigten Wohnung gleichfalls nicht unerhebliche Nachteile zu vergegenwärtigen hat, indem die privilegierte Bedarfsperson - Tochter - mit ihrer vierköpfigen Familie weiterhin auf 40 m² wohnen bleiben muss, statt auf 100 m², ist im vollstreckungsbedingten Verlust der Mietwohnung ein unwiederbringlicher Nachteil zu sehen, vor dem der Mieter einstweilen, d.h. bis zur Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde, zu schützen ist.
2. Der wegen Eigenbedarfs gekündigte Mieter kann sich grundsätzlich nur dann darauf berufen, dass die Zwangsvollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringe, wenn er in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat.
IBRRS 2025, 2521

BGH, Beschluss vom 06.08.2025 - XII ZB 199/25
1. Erhebt ein Verfahrensbeteiligter Einwendungen gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen, hat der Tatrichter diese zu berücksichtigen.
2. Dabei ist er auch verpflichtet, sich mit einem vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich aus dem Privatgutachten ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergeben kann. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat er von Amts wegen nachzugehen.
3. Das Gericht ist gehalten, sich mit den Streitpunkten zwischen dem gerichtlichen Sachverständigengutachten und dem Privatgutachten sorgfältig und kritisch auseinanderzusetzen und die Streitpunkte zu würdigen. Insbesondere hat es zu begründen, warum es einem von ihnen den Vorzug gibt.

Online seit 29. September
IBRRS 2025, 2527
BVerfG, Urteil vom 23.09.2025 - 1 BvR 1796/23
1. Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG hat eine wirtschaftliche und eine auf die Entfaltung der Persönlichkeit bezogene Dimension. Sie konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung sowie der Existenzgestaltung und -erhaltung und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab.*)
2. Die Altersgrenze des vollendeten siebzigsten Lebensjahres nach § 47 Nr. 2 Variante 1, § 48a BNotO erreicht die mit ihr verfolgten legitimen Ziele - die Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der vorsorgenden Rechtspflege sowie einer (gerechten) Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen und den Schutz der Rechtspflege vor Gefahren durch eine altersbedingt nachlassende Leistungsfähigkeit von Notaren - infolge eines nachhaltigen Bewerbermangels im Anwaltsnotariat und der heutigen Erkenntnisse zur Bedeutung des Alters für die Berufstüchtigkeit nur noch zu einem geringen Grad und schränkt die Berufsfreiheit unverhältnismäßig ein, soweit sie das Anwaltsnotariat betrifft.*)

IBRRS 2025, 2520

BGH, Urteil vom 04.09.2025 - III ZR 96/24
1. Eine Partei, die sich für bedürftig halten darf und innerhalb der Klagefrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag stellt, kann die Rückwirkung des § 167 ZPO in Anspruch nehmen, wenn sie nach der von ihr nicht verzögerten (positiven oder negativen) Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag alles ihr Zumutbare für die alsbaldige Zustellung der Klage tut. Bei der Bestimmung der Zeit, innerhalb derer die Klageerhebung zu erfolgen hat, um noch "alsbald" zu sein, ist die Wertung des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG zu berücksichtigen. Entsprechend ist es der unbemittelten Partei grundsätzlich zumutbar, nach Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens die Klageschrift spätestens innerhalb von sechs Monaten bei Gericht einzureichen, wobei nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auch eine bedeutend kürzere Zeit angemessen sein kann (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 29. März 2018 - III ZB 135/17, IBRRS 2018, 1463 = NJW-RR 2018, 763 und vom 30. November 2006 - III ZB 22/06, IBRRS 2007, 2470 = IMRRS 2007, 0818 = BGHZ 170, 108 sowie III ZB 23/06, IBRRS 2007, 0178 = IMRRS 2007, 0102 = VersR 2007, 711).*)
2. § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG normiert eine prozessuale Ausschlussfrist, die eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Entschädigungsklage darstellt.*)
3. Die Ausschlussfrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG ist keine Frist im Sinne des § 233 ZPO, weshalb bei Versäumung der Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.*)

IBRRS 2025, 2531

OLG Köln, Entscheidung vom 17.09.2025 - 11 U 118/23
Eine Streitverkündungsschrift zur Sicherung des Gesamtschuldnerregresses eines wegen eines Mangels in Anspruch genommenen Unternehmers, die keine konkreten Ausführungen zu dem Mangel enthält, der dem Streitverkündeten vorgeworfen wird, entspricht nicht den Anforderungen des § 73 ZPO zur Angabe des Grundes der Streitverkündung und ist nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen.*)

Online seit 26. September
IBRRS 2025, 2475
OLG Brandenburg, Urteil vom 15.07.2025 - 3 U 25/24
1. Zu den Grundpflichten des Rechtsanwalts gehören die Pflicht zur Belehrung über das Ergebnis einer Sach- und Rechtsprüfung und die Pflicht, Schäden des Mandanten zu verhüten. Der Rechtsanwalt muss verhindern, dass dem Auftraggeber rechtliche Nachteile durch Zeitablauf entstehen und dafür Sorge tragen, dass die Rechte des Mandanten gegen eine drohende Verjährung gesichert werden.
2. Soll der Rechtsanwalt einen Anspruch klageweise geltend machen, ist er zu einem umfassenden Tatsachenvortrag verpflichtet und muss bei rechtlichen Zweifeln versuchen, das Gericht von der Richtigkeit seiner Ansicht zu überzeugen. Er hat die zugunsten seiner Partei sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich darzustellen, damit das Gericht sie bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann.
3. Ein mit verkehrsüblicher Sorgfalt arbeitender Rechtsanwalt kann ohne sonderliche Mühe erkennen, dass für die Frage des Zugangs des Schreibens eins Mahngerichts die Vermutung des § 270 ZPO gilt, und auch, welche Mittel der Glaubhaftmachung ihm als Rechtsanwalt für eigene Wahrnehmungen zur Verfügung stehen, nämlich die anwaltliche Versicherung.

IBRRS 2025, 2506

BGH, Urteil vom 24.06.2025 - VI ZR 204/23
1. Im Hinblick auf die dem Tatrichter bei der Bemessung der Schadenshöhe gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zustehenden Freiheiten genügt es den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Kläger die Höhe des von ihm geforderten Ersatzes materiellen Schadens in das Ermessen des Gerichts stellt, zugleich aber einen Mindestbetrag sowie die tatsächlichen Grundlagen für die Schadensschätzung angibt.*)
2. Einem Kläger, der mit einem von zwei Sachanträgen voll obsiegt hat und mit dem anderen unterlegen ist, ist wegen der in der Abweisung liegenden Beschwer die Berufungsinstanz eröffnet, dies zwar zu dem Zweck, um sich gegen die Abweisung zu wehren, aber mit der Folge, dass er auch den zuerkannten Anspruch erweitern kann.*)
3. Begehrt eine Partei gemäß § 256 ZPO die Feststellung, es handele sich bei einer Forderung um eine Verbindlichkeit aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, ist Streitgegenstand die Frage, ob ein entsprechendes Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner besteht. Das Gericht muss dann klären, ob dem Gläubiger ein materiell-rechtlicher Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zusteht. Es kann sich nicht darauf beschränken zu prüfen, ob der Schuldner im Hinblick auf die geltend gemachte Forderung vorsätzlich gehandelt hat.*)

IBRRS 2025, 2503

LG Berlin II, Beschluss vom 11.09.2024 - 64 S 51/22
1. Tragen die Mieter schlüssig vor, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche seien gem. § 548 Abs. 1 BGB verjährt, so hat der Vermieter seinerseits schlüssig darzutun, dass seine Klage die Verjährungsfrist gewahrt habe. Weist das Gericht im Verhandlungstermin darauf hin, dass dazu die bloße Angabe des Monats der Wiederinbesitznahme der Wohnung nicht ausreiche, muss der Vermieter das konkrete Datum der Inbesitznahme der Wohnung angeben oder dartun, aus welchen Gründen ihm eine sofortige Erklärung i.S.d. § 139 Abs. 5 ZPO unmöglich sei. Wenn er dies schuldhaft versäumt, stehen die Präklusionsvorschriften der §§ 529, 531 ZPO der nachträglichen Substanziierung seines Vortrags im Berufungsrechtszug entgegen.*)
2. Bleibt streitig, ob der Vermieter den behaupteten Zeitpunkt der Wiederinbesitznahme der Wohnung im ersten Rechtszug hinreichend eingegrenzt hat, vermag der Tatbestand zwar nicht gem. § 314 ZPO zu beweisen, dass der Vortrag nicht erfolgt sei. Wenn das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung gerade auf die unterbliebene Konkretisierung des Vorbringens stützt, stellt sich das Schweigen des Tatbestands und des Protokolls der mündlichen Verhandlung aber als gewichtiges Indiz für das tatsächliche Ausbleiben des Sachvortrags dar.*)

Online seit 25. September
IBRRS 2025, 2491
BGH, Beschluss vom 20.08.2025 - VII ZB 16/24
1. Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 07.05.2024 - VI ZB 22/23, IBRRS 2024, 1851 = IMRRS 2024, 0782; BGH, IBR 2024, 264; BGH, IBR 2023, 106).*)
2. Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihre Schriftsätze alsbald nach ihrem Eingang bei Gericht zur Kenntnis genommen werden und offensichtliche äußere formale Mängel dabei nicht unentdeckt bleiben. Unterbleibt ein gebotener Hinweis des Gerichts, ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren.*)
3. Mit Blick auf den Transfervermerk einschließlich des darin enthaltenen "Vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises" besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandter Schriftsatz einfach elektronisch signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Hierzu gehört für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch die Prüfung, ob die Person, die das Dokument elektronisch signiert hat, mit derjenigen identisch ist, die Inhaberin des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist.*)

IBRRS 2025, 2481

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.09.2025 - 6 W 25/25
Eine (sofortige) Beschwerde gegen die nach § 348 Abs. 3 ZPO getroffene Zwischenentscheidung (über die Übernahme des Rechtsstreits durch die Kammer) ist grundsätzlich unabhängig davon nicht statthaft, ob eine willkürliche Beurteilung vorliegt. Dem in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Recht auf den gesetzlichen Richter lässt sich ausreichend Rechnung tragen, indem seine Verletzung, soweit geboten, mit dem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung gerügt und korrigiert werden kann.*)

Online seit 24. September
IBRRS 2025, 2467
BayObLG, Beschluss vom 19.09.2025 - 102 SchH 142/24
1. Bleibt die Ablehnung eines Schiedsrichters nach dem von den Parteien vereinbarten Verfahren oder nach dem in § 1037 Abs. 2 ZPO vorgesehenen Verfahren erfolglos, so kann die ablehnende Partei nach § 1037 Abs. 3 ZPO innerhalb eines Monats, nachdem sie von der Entscheidung, mit der die Ablehnung verweigert wurde, Kenntnis erlangt hat, bei Gericht eine Entscheidung über die Ablehnung beantragen.
2. Ein Ablehnungsantrag "gemäß Schiedsgerichtsordnung" kann nicht in einen Ablehnungsantrag nach § 1037 Abs. 2 ZPO umgedeutet werden.
3. Ob die Voraussetzungen für ein Ablehnungsverfahren nach § 1037 Abs. 3 vorliegen, ist vom staatlichen Gericht im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit des Ablehnungsantrag von Amts wegen zu prüfen.

IBRRS 2025, 2461

BGH, Beschluss vom 06.08.2025 - XII ZB 103/25
1. Eine Fristversäumung ist auch in den Fällen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht unverschuldet, wenn diese offenkundig falsch gewesen ist und deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte.
2. Ein Gericht ist nur unter besonderen Umständen gehalten, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Beteiligten entgegenzuwirken. Es darf allerdings nicht sehenden Auges zuwarten, bis der Beteiligte Rechtsnachteile erleidet. Dabei ist es jedoch grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Richter die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels nicht zeitnah nach dessen Eingang, sondern erst bei der Bearbeitung des Falls und gegebenenfalls nach Ablauf der Fristen überprüft.

IBRRS 2025, 2473

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.03.2025 - 12 RL 1/25
Die Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit kann auch im Anhörungsrügeverfahren zulässig sein.*)

Online seit 23. September
IBRRS 2025, 2451
OLG Celle, Beschluss vom 26.08.2025 - 2 ORs 96/25
Ein Rechtsanwalt und Mediator handelt pflichtwidrig gemäß § 356 StGB, wenn er nach dem Scheitern einer Mediation eine der Parteien gerichtlich vertritt.*)

IBRRS 2025, 2452

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2025 - 5 U 5/25
1. Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger für unrichtig hält und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils infrage stellen. Ungenügend sind allgemein gehaltene, pauschale oder formelhafte Angriffe.
2. Erforderlich ist, dass der unterzeichnende Anwalt die Berufungsbegründung selbständig prüft und aufgrund der Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt. Unterzeichnet ein Rechtsanwalt eine Berufungsbegründung, so ist hiervon im Grundsatz auszugehen. Ausnahmsweise gilt dies jedoch dann nicht, wenn sich der Anwalt von dem Inhalt distanziert oder nach den Umständen außer Zweifel steht, dass er den Schriftsatz ohne eigene Prüfung unterschrieben hat (hier Ausnahmefall bejaht).

Online seit 22. September
IBRRS 2025, 2449
BGH, Beschluss vom 20.08.2025 - XII ZB 69/25
1. Das Verschulden des Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten einer Partei oder eines Beteiligten an einer Fristversäumung kann nur bei einem anderweitigen - der Partei oder dem Beteiligten nicht zuzurechnenden - Ereignis entfallen, das ursächlich für die Fristversäumung geworden ist (im Anschluss an BGH Beschlüsse vom 17.06.2025 - VIII ZB 54/24, IBRRS 2025, 1852 = IMRRS 2025, 0914, und vom 09.05.2019 - IX ZB 6/18, IBR 2019, 464).*)
2. Die Versäumung einer Mitteilung des Aktenzeichens des Beschwerdeverfahrens durch das Beschwerdegericht entbindet den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers nicht von der Verpflichtung zur Einreichung der Beschwerdebegründung beim Beschwerdegericht.*)

IBRRS 2025, 2458

OLG Hamm, Beschluss vom 23.06.2025 - 7 U 72/24
Die Zurückweisung einer Berufung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedarf keiner weitergehenden Begründung, wenn auf den zuvor ergangenen Hinweisbeschluss keine Stellungnahme erfolgt ist.

IBRRS 2025, 2316

VG Bremen, Urteil vom 04.06.2025 - 4 K 948/24
1. Zur (beschränkten) Akteneinsicht in eine Bauakte nach dem BremIFG.*)
2. Aufzeichnungen, die eine Bauaufsicht im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erstellt oder erhält, sind amtliche Informationen.
3. Aus diesen Informationen können Auskünfte nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz verlangt werden.

Online seit 19. September
IBRRS 2025, 2384
OLG Oldenburg, Beschluss vom 12.08.2025 - 14 W 35/25
1. Ein selbstständiges Beweisverfahren ist ungeachtet des Inhalts und der Qualität des Gutachtens jedenfalls dann beendet, wenn der Gutachter sich zu den gestellten Beweisfragen geäußert hat und innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der mündlichen Anhörung keine Anträge einer Partei zur Ergänzung des Gutachtens gestellt werden.
2. Welcher Zeitraum angemessen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
3. Der Beitritt eines Streitverkündeten nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens führt nicht zu dessen Wiederaufleben.

Online seit 18. September
IBRRS 2025, 2437
KG, Beschluss vom 05.08.2025 - 7 U 57/25
1. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angesichts dessen Eilcharakters nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei großer Wahrscheinlichkeit des Rechtsmittelerfolgs.*)
2. Die Monatsfrist der Vollziehungsfrist gemäß § 929 Abs. 2 ZPO beginnt mit der Verkündung des Urteils und nicht erst mit der Zustellung einer Urteilsausfertigung.*)
3. Die Vollziehungsfrist aus § 929 Abs. 2 ZPO kann auch dann gewahrt sein, wenn der Verfügungskläger innerhalb der Frist eine formlose Abschrift der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb zustellt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht. Die bloße Aufforderung, der erstrittenen Urteilsverfügung nachzukommen, stellt keine ausreichende verbindliche Bestätigung des Vollziehungswillens dar.*)

IBRRS 2025, 2445

OLG München, Beschluss vom 23.07.2025 - 9 W 808/25 Bau
Das Ablehnungsgesuch eines Streithelfers gegen den gerichtlichen Sachverständigen ist unzulässig, wenn es im Widerspruch zum Prozessverhalten der unterstützten Hauptpartei steht.

Online seit 17. September
IBRRS 2025, 2432
VGH Bayern, Beschluss vom 20.08.2025 - 20 B 25.477
1. Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht, hat er in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahingehend zu belehren, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen.
2. Ein Gericht, bei dem ein Verfahren anhängig gewesen ist, ist verpflichtet, fristgebundene Schriftsätze für ein Rechtsmittelverfahren, die bei ihm eingereicht werden, an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterzuleiten.
3. Ist ein solcher Schriftsatz so zeitig eingereicht worden, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen oder ordnungsgemäßen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Schriftsatz nicht rechtzeitig an das Rechtsmittelgericht gelangt.
4. Ein Beteiligter kann nicht erwarten, dass ein Gericht, das nicht Vorinstanz war und damit mit der Sache bisher nicht befasst war, binnen eines Arbeitstages die Angelegenheit prüft und den Schriftsatz noch am selben Tag an das zuständige Rechtsmittelgericht weiterleitet.

IBRRS 2025, 2406

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.08.2025 - 19 W 58/23
Ein selbständiges Beweisverfahren begründet keine gerichtliche Anhängigkeit i. S. v. Nr. 1900 KV GKG.*)

Online seit 16. September
IBRRS 2025, 2419
OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.08.2025 - 21 SchH 1/25
1. Eine Schiedsklausel, die den Verweis enthält, dass noch ein "besonderer Schiedsvertrag" abgeschlossen wird, kann auch ohne Abschluss einer solchen Vereinbarung wirksam sein, wenn sich aus der Schiedsvereinbarung der Wille der Parteien ergibt, Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmen Rechtsverhältnis unter Ausschluss der staatlichen Gerichte einem Schiedsgericht zuzuweisen und der besondere Schiedsvertrag lediglich Verfahrensregelungen enthalten sollte.*)
2. Der Regelung von Einzelheiten des Verfahrens bedarf es zur Annahme einer wirksamen Schiedsvereinbarung grundsätzlich nicht, da insoweit auf die gesetzlichen Vorschriften zurückgegriffen werden kann.*)
3. Eine Schiedsvereinbarung, die bezüglich eines bestimmten Vertragsverhältnisses geschlossen wird, ist nicht zeitlich auf die Laufzeit des Vertrages beschränkt, sondern erfasst sämtliche Ansprüche, die aus dem Vertragsverhältnis hergeleitet werden, auch wenn dieses zwischenzeitlich abgelaufen ist.*)

IBRRS 2025, 2414

BGH, Beschluss vom 31.07.2025 - III ZB 85/23
1. Eine Berufung ist unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, also - im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung - deren Richtigkeit gar nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt.
2. Eine zulässige Berufung liegt jedoch vor, wenn ein Berufungskläger vor dem Berufungsgericht geltend macht, das Gericht erster Instanz habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt und bei Erfüllung der Hinweispflicht hätte er seine Klage schon in erster Instanz entsprechend geändert.
3. Greift die Verfahrensrüge (hier: Verletzung der Hinweispflicht) durch, ist die weitere Folge, dass an die Sachdienlichkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz keine strengeren Anforderungen gestellt werden können als diejenigen, die für eine solche in erster Instanz gelten.

IBRRS 2025, 2423

BGH, Beschluss vom 30.07.2025 - XII ZB 207/25
1. Maßgeblich für die Verwertbarkeit eines in einem anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens nach § 411a ZPO ist, dass dieses auf gerichtliche Anordnung erstellt worden ist.*)
2. Die Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens ist nur dann zulässig, wenn es entsprechend § 411 a ZPO in das Verfahren eingeführt und dem Betroffenen Gelegenheit gegeben worden ist, zu den Ausführungen des zu verwertenden Gutachtens in dem vorliegenden Verfahren Stellung zu nehmen. Beabsichtigt das Gericht, von der Möglichkeit des § 411 a ZPO Gebrauch zu machen, muss es den Beteiligten vor der Anordnung der Verwertung des Gutachtens rechtliches Gehör gewähren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 07.02.2024 - XII ZB 130/23 -, IBRRS 2024, 1225, und vom 08.07.2020 - XII ZB 68/20 -, IBRRS 2020, 2370).*)

Online seit 15. September
IBRRS 2025, 2399
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2025 - 12 W 5/25
1. Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwaltes umfasst alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist, ohne dass es darauf ankommt, von wem und auf welche Weise er sein Wissen erworben hat.*)
2. Das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers besteht zeitlich unbegrenzt.*)
3. Eine Gesellschaft ausländischen Rechts, die in Folge der Löschung im Register ihres Heimatstaates durch eine behördliche Anordnung ihre Rechtsfähigkeit verliert, besteht für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Restgesellschaft fort.*)
4. Nur der Mandant kann einen Rechtsanwalt von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Sind mehrere Mandanten vorhanden, müssen alle eine entsprechende Erklärung abgeben.*)
5. Wenn über das Vermögen der juristischen Person das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden ist, ist allein der Insolvenzverwalter zur Entbindung von der Verschwiegenheit berechtigt, soweit das Vertrauensverhältnis Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft.*)

IBRRS 2025, 2410

BGH, Beschluss vom 11.08.2025 - AnwZ (Brfg) 11/25
1. Eine Durchbrechung der Rechtskraft auf Grundlage von § 826 BGB setzt neben der materiellen Unrichtigkeit des Titels zusätzliche Umstände voraus, die die Art und Weise der Titelerlangung oder der Vollstreckung in sittenwidriger Weise prägen (hier verneint).
2. Der Anspruch geht in derartigen Fällen auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und (oder) Herausgabe des Vollstreckungstitels.
3. Die Grundsätze sind im Verwaltungsrecht als positivrechtliche Grundlage für den Einwand des sittenwidrigen Urteilsmissbrauchs - beschränkt auf besonders gewichtige Fälle - entsprechend anwendbar.

IBRRS 2025, 2400

KG, Beschluss vom 20.08.2025 - 7 W 23/25
1. Die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen erstinstanzliche Beschlüsse des Landgerichts unterliegt dem Anwaltszwang, da die Ausnahmevorschrift des § 569 III Nr. 1 ZPO diese Beschlüsse nicht erfasst.*)
2. Ein Arrestgrund i.S.d. § 917 I ZPO liegt nicht bereits in der drohenden Konkurrenz anderer Gläubiger und der daraus folgenden Erschwerung oder Vereitelung der Zwangsvollstreckung des Arrestantragstellers. *)

Online seit 12. September
IBRRS 2025, 2317
OLG Schleswig, Urteil vom 25.07.2025 - 1 U 16/24
1. Nimmt der Besteller den Werkunternehmer auf Leistung Zug um Zug gegen Werklohnzahlung in Anspruch, so hindert die Rechtskraft des stattgebenden Urteils den Besteller nicht daran, von dem Werkunternehmer weiterhin die von diesem nach materiellem Recht geschuldete Vorleistung zu verlangen. Soweit die Zug-um-Zug-Verurteilung nicht auf der Abweisung eines unbeschränkten Antrags auf Leistung beruht, umfasst die Rechtskraft des Urteils die Pflicht des Bestellers zur Gegenleistung nicht.*)
2. Eine Regelung in vorformulierten Vertragsbedingungen des Werkunternehmers über die Lieferung und Montage einer Küche, wonach der Besteller seine Leistung vor dem Einbau der Küche zu erbringen hat, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Bestellers dar.*)

IBRRS 2025, 2284

BGH, Beschluss vom 12.06.2025 - IX ZR 73/23
Wird die Berufung des Beklagten gegen das den Einspruch verwerfende Urteil des Gerichts des ersten Rechtszugs mit der Begründung zurückgewiesen, dem Beklagten sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils zu berufen, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen, so verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Fortführung von BGH, IBR 2013, 1027 - nur online).*)
