IBRRS 2024, 0524
Architekten und Ingenieure
Bauherr muss nicht an sog. Deckblattlösung mitwirken!
OLG Celle, Urteil vom 07.02.2024 - 14 U 12/23
1. Im Bereich der Grundlagenermittlung und Vorplanung (Leistungsphasen 1 und 2 gem. § 34 HOAI 2013) hat der Architekt zunächst die Wünsche des Bauherrn auszuloten, diesen zu beraten und ein Konzept zu erstellen. Eine baurechtliche Genehmigungsfähigkeit der Grundlagenermittlung und Vorplanung ist in der Regel aber keine Voraussetzung für den Honoraranspruch des Architekten für diese Leistungsphasen.*)
2. Erst ab der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 gem. § 34 HOAI) hat der Architekt eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen. Die rechtliche Vertretung der Genehmigungsplanung gegenüber Behörden und Gerichten befreit den Architekten regelmäßig nicht von dieser vertraglichen Pflicht.*)
3. Der Architekt, der für ein Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB eine genehmigungsfähige Planung verspricht, hat seine Planung so zu erstellen, dass sie als zulässig i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt werden kann, also innerhalb eines etwaigen Beurteilungsspielraums liegt. Erst dann erfüllt er seine vertragliche Pflicht (vgl. BGH, IBR 1999, 376). Dafür muss der Architekt die zur Lösung dieser Aufgabe notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts besitzen (vgl. BGH, Urteile vom 17.04.1980 - III ZR 167/78, NJW 1980, 2576; vom 25.10.1984 - III ZR 80/83, IBRRS 1984, 4373; vom 19.03.1992 - III ZR 117/90, IBR 1992, 192).*)
4. Der Architekt kann sich von der vertraglichen Pflicht, eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, ausnahmsweise befreien lassen, wenn der Bauherr ausdrücklich das Risiko einer Versagung der Baugenehmigung auf sich nimmt oder dem Architekten eine Haftungsbefreiung erteilt (Ausnahmefall hier verneint).*)
5. Zur Mitwirkung bei einer risikoreichen sog. Deckblattlösung ist der Bauherr nicht verpflichtet.*)
IBRRS 2023, 2364
Architekten und Ingenieure
HOAI-Mindestsatzabrechnung treuwidrig: Irrelevant für Schriftformverstoß!
BGH, Urteil vom 03.08.2023 - VII ZR 102/22
Erweist sich eine Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI ausnahmsweise als treuwidrig, weil das Vertrauen des Auftraggebers auf das vereinbarte niedrigere Honorar schutzwürdig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14.06.2020 - VII ZR 174/19, Rz. 15 m.w.N., IBRRS 2020, 1607), liegen nicht zugleich die Voraussetzungen vor, unter denen der Architekt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert ist, sich auf das Fehlen einer schriftlichen und damit formwirksamen Vereinbarung bei Auftragserteilung (§ 7 Abs. 1 HOAI 2009/2013) zu berufen. Hierzu bedarf es Feststellungen dazu, dass dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde und es daher gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich ist, sich auf die Formunwirksamkeit zu berufen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2020 - XII ZR 51/19, Rz. 27, IBRRS 2020, 0844).*)
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IBRRS 2020, 0972
Architekten und Ingenieure
Auch der Anscheinsbeweis für eine mangelhafte Bauüberwachung hat Grenzen!
OLG Schleswig, Urteil vom 25.03.2020 - 12 U 162/19
Ein Anscheinsbeweis kann (nur) dann angenommen werden, wenn Mängel vorliegen, die vom Architekten typischerweise entdeckt werden mussten und ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist.
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IBRRS 2017, 3247
Bauvertrag
Backstube frisch geweißt: Vergilbte Wand ist mangelhaft!
BGH, Urteil vom 31.08.2017 - VII ZR 5/17
1. Ob die Parteien eines Werkvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB getroffen und welche Beschaffenheit sie gegebenenfalls vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrags zu ermitteln.*)
2. Bei der Auslegung im Hinblick auf eine etwaige Beschaffenheitsvereinbarung ist die berechtigte Erwartung des Bestellers an die Werkleistung von Bedeutung (Anschluss an BGH, Urteil vom 26.04.2007 - VII ZR 210/05, IBRRS 2007, 3281 = BauR 2007, 1407, 1409 = NZBau 2007, 507 Rn. 23).*)
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