Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
7683 Entscheidungen insgesamt
Online seit 21. Januar
IBRRS 2025, 0167
KG, Urteil vom 04.05.2023 - 27 U 111/21
1. Mängelrechte können auch ohne Abnahme geltend gemacht werden, wenn das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Verlangt der Auftraggeber Vorschuss für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen, kann ein Abrechnungsverhältnis nur dann angenommen werden, wenn er den (Nach-)Erfüllungsanspruch aus anderen Gründen nicht mehr mit Erfolg geltend machen kann.
2. Der Auftragnehmer hat vor der Abnahme die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber die Mängel im Wege der Ersatzvornahme bereits hat beseitigen lassen.
3. Eine Beweisvereitelung, die Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast zur Folge haben kann, liegt vor, wenn der Auftraggeber dem beweispflichtigen Auftragnehmer die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht.
4. Einer Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung bedarf es nicht, wenn sich der Auftragnehmer bei der Bauausführung als so unzuverlässig erwiesen und nachlässig verhalten hat, dass dem Auftraggeber die Vornahme der Mängelbeseitigung durch diesen Auftragnehmer nicht (mehr) zumutbar ist, wobei der Auftraggeber hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt.
5. Der Auftraggeber hat die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren Kosten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wobei an die Darlegung grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Es besteht keine Vermutung, dass sämtliche von einem Drittunternehmer im Zuge einer Mängelbeseitigungsmaßnahme durchgeführten Arbeiten ausschließlich der Mängelbeseitigung dienen.
6. Bei einem Anspruch auf Ersatz der Fertigstellungsmehrkosten nach einer Kündigung wegen Mängeln vor Abnahme ist für den Verjährungsbeginn der Kündigungszeitpunkt.
Online seit 20. Januar
IBRRS 2025, 0165
LG Karlsruhe, Urteil vom 09.10.2024 - 6 O 160/23
1. Werden aufgrund mündlicher Absprache geleistete Bauarbeiten bezahlt, so können in diesem Zusammenhang noch nicht abgerechnete Mehrarbeiten unentgeltlich erbracht worden sein, wenn die Gesamtumstände insoweit einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung (§ 632 BGB) entgegenstehen. Auch kann eine spätere Abrechnung treuwidrig sein (§ 242 BGB).*)
2. Vereinbaren Bauunternehmer sog. Kompensationsgeschäfte, d.h. wechselseitige Leistungen werden solange ohne Rechnung erbracht, wie sie sich "die Waage" halten, so liegt darin eine Schwarzgeldabrede, die zur Nichtigkeit des Vertrags führt.*)
3. Bestätigt und vertieft eine Partei in der informatorischen Anhörung erhebliche Anhaltspunkte für eine "Kompensationsgeschäft-Abrede", und verändert diese Partei nach Hinweis des Gerichts auf eine Schwarzgeldabrede später einen Vortrag, so kann dennoch die erste, unbefangene Aussage als maßgeblich berücksichtigt werden.*)
4. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dem (nichtigen) Vertrag kann nicht dadurch zur Wirksamkeit verholfen werden, dass nachträglich Rechnungen gestellt werden.*)
Online seit 16. Januar
IBRRS 2025, 0137
OLG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2024 - 10 U 136/23
1. Wird ein Fußboden mangelhaft verlegt, hat der Unternehmer dem Besteller im Rahmen der Selbstvornahme alle tatsächlichen, objektiv erforderlichen Aufwendungen zu erstatten. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die der Besteller zur Beseitigung des Mangels erbringt.
2. Zu den Aufwendungen des Bestellers gehören die Kosten aller mit der Mängelbehebung in Zusammenhang stehenden Arbeiten und Maßnahmen, wie etwa die Auslagerung von Möbeln und Malerarbeiten.
3. Die Kosten für die vorgerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens sind nur dann ein ersatzfähiger Schaden, wenn die Beauftragung des Gutachters erforderlich war.
4. Ein durch die verspätete Bezugsfertigkeit entstandener Schaden fällt nicht unter die Ersatzvornahmekosten. Es handelt sich um einen rechtlich selbstständigen Anspruch, der ein Verschulden des Unternehmers voraussetzt.
5. Ein Grundurteil kann hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren selbstständigen Einzelpositionen zusammensetzt, nur ergehen, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat.

Online seit 10. Januar
IBRRS 2025, 0065
LG Berlin II, Urteil vom 05.12.2024 - 32 O 217/23
1. Öffentlicher Auftraggeber sind berechtigt, den als Sicherheit einbehaltenen Betrag auf ein eigenes Verwahrgeldkonto zu nehmen. Eine Verpflichtung zur Einzahlung auf ein Sperrkonto bei einem Geldinstitut besteht nicht. Das Konto kann im Rahmen der eigenen Verwaltung der Haushaltsmittel geführt werden. Es muss sich nur um ein verwaltungssintern gebildetes Eigenkonto handeln.
2. Gegen eine formularmäßige Sicherheitsvereinbarung, wonach für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung (Vertragserfüllungssicherheit) in Höhe von insgesamt 5 % der vereinbarten Auftragssumme (inkl. Umsatzsteuer ohne Nachträge) und für die Mängelansprüche des Auftraggebers (Mängelhaftungssicherheit) in Höhe von 3 % der Netto-Schlussrechnungssumme eine Sicherheit zu leisten sei und im Übrigen § 17 VOB/B gelte, bestehen keine AGB-rechtlichen Wirksamkeitsbedenken.

Online seit 9. Januar
IBRRS 2025, 0072
OLG Schleswig, Urteil vom 20.12.2024 - 1 U 85/22
1. Ein bei einem Werkvertrag vor der Abnahme nach dem allgemeinen Schuldrecht entstandener Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens verjährt nach den allgemeinen Vorschriften jedenfalls dann, wenn der Mangel vor der Abnahme beseitigt worden ist. § 634a BGB ist nicht anwendbar.*)
2. Ein Bauunternehmer ist von der Obliegenheit, auf Mängel der Bauplanung hinzuweisen, nicht deswegen befreit, weil für den Bauherrn der bauplanende und Bauaufsicht führende Architekt tätig ist. Gerade, wenn die Planung dieses Architekten mangelhaft ist, muss der Hinweis direkt an den Bauherrn gerichtet werden.*)
Online seit 8. Januar
IBRRS 2025, 0058
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.12.2024 - 2-31 O 156/24
1. Ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB ist konkret bauablaufbezogen darzulegen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Anspruch anders nachvollzogen werden kann.
2. Bei der konkreten bauablaufbezogenen Darstellung sind die tatsächlichen Ist- und geplanten Soll-Abläufe gegenüberzustellen. Dabei ist jede Veränderung vom ursprünglichen bis zum letzten endgültigen Ablaufplan zu betrachten und auszuwerten. Jede konkrete Behinderung bzw. zeitliche Veränderung ist separat im Hinblick auf die Ursache und die jeweils konkreten Auswirkungen zu beurteilen und darzulegen. Der jeweils gewonnene Ist-Plan ist als neuer Soll-Plan für die Betrachtung der nächsten Veränderungen zugrunde zu legen.
3. Darzulegen ist, wie der Auftragnehmer den Bauablauf tatsächlich geplant hatte, das heißt, welche Teilleistungen er in welcher Zeit herstellen wollte und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem ist der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen und die einzelnen Behinderungstatbestände aufzuführen sowie deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern.
4. Einer Feststellungsklage fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn die Klägerin dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (hier bejaht für einen Feststellungsantrag, wonach ein vom Auftraggeber geltend gemachter Rückzahlungsanspruch nicht bestehe).

Online seit 2024
IBRRS 2024, 3653
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2022 - 23 U 230/21
1. Haben die Parteien eines Bauvertrags keine bestimmte Höhenlage für die Errichtung einer Straße vereinbart, scheidet ein Mangel (hier: Errichtung auf falschem Höhenniveau) wegen Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit ebenso aus wie wegen Fehlens einer nach dem Vertrag vorausgesetzten Eignung.
2. Ein Werk ist aber auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werkes abhängt, unzureichend sind. Der Unternehmer kann in diesen Fällen allerdings der Verantwortlichkeit für den Mangel seines Werks durch Erfüllung seiner Prüfungs- und Hinweispflicht entgehen (hier Funktionsfähigkeit bejaht).

IBRRS 2024, 3462

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2022 - 23 U 230/21
1. Haben die Parteien eines Bauvertrags keine bestimmte Höhenlage für die Errichtung einer Straße vereinbart, scheidet ein Mangel (hier: Errichtung auf falschem Höhenniveau) wegen Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit ebenso aus wie wegen Fehlens einer nach dem Vertrag vorausgesetzten Eignung.
2. Ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfüllt, weil die vom Besteller zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werks abhängt, unzureichend sind. Der Unternehmer kann in diesen Fällen allerdings der Verantwortlichkeit für den Mangel seines Werks durch Erfüllung seiner Prüfungs- und Hinweispflicht entgehen (hier: Funktionsfähigkeit bejaht).

IBRRS 2024, 3642

BGH, Beschluss vom 20.11.2024 - VII ZR 191/23
1. Für die Prüfbarkeit einer Schlussrechnung sind ihre Richtigkeit und Abweichungen von vorherigen Schlussrechnungen unerheblich.
2. Eine Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern und insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Dabei entstehende Widersprüchlichkeiten im Parteivortrag können allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO Beachtung finden. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots wegen vermeintlicher Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten Partei läuft auf eine prozessual unzulässige vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinaus und verstößt damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG.*)

IBRRS 2024, 3618

EuGH, Urteil vom 28.11.2024 - Rs. C-622/23
Art. 2 Abs. 1 c Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass der Betrag, der vertraglich geschuldet wird, weil der Besteller einen wirksam geschlossenen Bauvertrag über die Erbringung dieser mehrwertsteuerpflichtigen Leistung - deren Ausführung der Unternehmer begonnen hatte und zu deren Fertigstellung er bereit war -, beendigt hat, als Entgelt für eine Dienstleistung anzusehen ist.

IBRRS 2024, 3106

LG Stuttgart, Urteil vom 25.09.2024 - 18 O 119/23
Ein Bodenleger muss allein anhand der Anordnung der Estrichflächen erkennen, dass Dehnfugen auszubilden sind. Sollte dies nicht geschehen, so trifft ihn ein Mitverschulden gem. § 254 BGB.

IBRRS 2024, 1910

LG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2024 - 6 O 114/22
Es existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass im Baubereich regelmäßig ausschließlich über Brutto- oder über Nettosummen gesprochen wird. Ein Kläger, der sich auf einen zwischen zwei Personen geschlossenen Vergleich über eine Bruttosumme beruft, muss seinen Vortrag an § 286 Abs. 1 ZPO messen.

IBRRS 2024, 3552

OLG Brandenburg, Urteil vom 21.11.2024 - 10 U 131/23
1. Eine Fertigstellung setzt nicht voraus, dass sämtliche Arbeiten erbracht und alle wesentlichen Mängel behoben worden sind. Fertigstellung kann damit auch gegeben sein, wenn noch - auch wesentliche - Mängel des Werks vorliegen. Es muss nur vollständig fertig gestellt sein, ohne dass Restleistungen notwendig sind.
2. Ein Werk gilt als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.
3. Hat der Besteller bereits zuvor Mängel gerügt, ist es ihm im Interesse der Rechtsklarheit gleichwohl zuzumuten, im Rahmen der Abnahmeverweigerung (fort-)bestehende Mängel erneut zu rügen.
4. Die Abnahmewirkungen treten auch dann ein, wenn der Besteller die Abnahme zu Unrecht endgültig und ernsthaft verweigert. Der Anspruch auf Zahlung des Werklohns wird dann auch ohne (tatsächliche) Abnahme fällig, wenn der Besteller zur Abnahme verpflichtet ist. Eine Abnahmepflicht besteht allerdings nur dann, wenn das Werk keine wesentlichen Mängel aufweist.
5. Die Mangelfreiheit hat zwar der Unternehmer zu beweisen. Im Hinblick darauf, dass er eine negative Tatsache beweisen muss, obliegt dem Besteller eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, dass er den behaupteten Mangel substanziiert vortragen muss.

IBRRS 2024, 3535

OLG Oldenburg, Beschluss vom 07.12.2023 - 12 U 198/22
1. Sind beide Ehegatten jeweils Auftraggeber eines Bauvertrags und richtet der eine Ehegatte in "Ich-Form" ein Nacherfüllungsverlangen an den Auftragnehmer, erfolgt das Nacherfüllungsverlangen gleichwohl im Namen auch des anderen Ehegatten, wenn in der Grußformel die Namen beider Ehegatten genannt sind.
2. Die in einem Nacherfüllungsverlangen beschriebenen Mängelerscheinungen umfassen grundsätzlich alle diesen zu Grunde liegenden Mängelursachen.
3. Erwidert der Auftragnehmer auf ein Mängelbeseitigungsverlangen damit, er werde "ab jetzt keine Arbeiten mehr ausführen", liegt darin eine endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung, die eine (erneute) Fristsetzung entbehrlich macht.
4. Die für einen Vorschussanspruch erforderliche Absicht zur Beseitigung der Mängel ist zu unterstellen.

IBRRS 2024, 3534

OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.10.2023 - 12 U 198/22
1. Für die Frage, welche Form der Gläubigermehrheit vorliegt, sind nicht die Eigentumsverhältnisse am Grundstück maßgeblich, sondern der das Streitverhältnis bestimmende Werkvertrag. Sind auf einer Seite des Vertrages mehrere Personen beteiligt (hier: beide Ehegatten auf Auftraggeberseite), so ist jedoch der Regelfall die Mitgläubigerschaft, alternativ kommt allenfalls die Teilgläubigerschaft in Betracht.
2. Bei Gesamtgläubigerschaft kann der Schuldner nach Belieben an jeden der Gläubiger mit befreiender Wirkung leisten, während er im Falle der Mitgläubigerschaft nur an alle gemeinschaftlich leisten kann und bei Teilgläubigerschaft nur an jeden Gläubiger zu einem - im Zweifel gleichen - Anteil.
3. Sind beide Ehegatten jeweils Auftraggeber eines Bauvertrags und richtet der eine Ehegatte in "Ich-Form" ein Nacherfüllungsverlangen an den Auftragnehmer, erfolgt das Nacherfüllungsverlangen gleichwohl im Namen auch des anderen Ehegatten, wenn in der Grußformel die Namen beider Ehegatten genannt sind.
4. Die in einem Nacherfüllungsverlangen beschriebenen Mängelerscheinungen umfassen grundsätzlich alle diesen zugrundeliegenden Mängelursachen.
5. Erwidert Auftragnehmers auf ein Mängelbeseitigungsverlangen damit, er werde "ab jetzt keine Arbeiten mehr ausführen", liegt darin eine endgültige Verweigerung der Mängelbeseitigung, die eine (erneute) Fristsetzung entbehrlich macht.
6. Die für einen Vorschussanspruch erforderliche Absicht zur Beseitigung der Mängel ist zu unterstellen.

IBRRS 2024, 3532

OLG Schleswig, Beschluss vom 12.12.2022 - 1 U 54/22
1. Soll ein Fahrstuhlschacht nicht mehr, wie im Vertrag vereinbart, aus Betonfertigelementen hergestellt werden, sondern an Ort und Stelle aus Beton gegossen werden, liegt darin eine Änderung des Bauentwurfs.
2. Der Auftraggeber ist nach § 1 Abs. 3 VOB/B befugt, Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen. Dieses Anordnungsrecht findet seine Grenze dort, wo die geänderte Ausführung für den Auftragnehmer unzumutbar ist. Er muss sie nicht ausführen, wenn sein Betrieb nicht darauf ausgerichtet ist.
3. Auch im VOB/B-Vertrag bedarf die Anordnung des Auftraggebers zur Ausführung einer geänderten Leistung der Textform.
IBRRS 2024, 3531

OLG Schleswig, Beschluss vom 10.10.2022 - 1 U 54/22
1. Soll ein Fahrstuhlschacht nicht mehr, wie im Vertrag vereinbart, aus Betonfertigelementen hergestellt werden, sondern an Ort und Stelle aus Beton gegossen werden, liegt darin eine Änderung des Bauentwurfs.
2. Der Auftraggeber ist nach § 1 Abs. 3 VOB/B befugt, Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen. Dieses Anordnungsrecht findet seine Grenze dort, wo die geänderte Ausführung für den Auftragnehmer unzumutbar ist. Er muss sie nicht ausführen, wenn sein Betrieb nicht darauf ausgerichtet ist.
3. Auch im VOB/B-Vertrag bedarf die Anordnung des Auftraggebers zur Ausführung einer geänderten Leistung der Textform.

IBRRS 2024, 3529

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.2022 - 23 U 161/21
1. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist nicht erforderlich, wenn sich dem Auftragnehmer aufdrängen muss, was im Rahmen der Mängelbeseitigung von ihm erwartet wird.
2. Stellt ein vom Auftragnehmer beauftragter Privatsachverständiger weitere Mängel fest, muss sich der Auftragnehmer an diesen Mangelfeststellungen festhalten lassen. Einer gesonderte Aufforderung zur Mängelbeseitigung seitens des Auftraggebers bedarf es in einem solchen Fall nicht.
3. Etwaige Zweifel daran, ob der Auftraggeber die Beseitigung der "neuen" Mängel zulässt, kann der Auftragnehmer durch eine schlichte Nachfrage ausräumen.

IBRRS 2024, 3506

OLG Köln, Urteil vom 18.09.2024 - 11 U 104/23
1. Die Leistung des Auftragnehmers ist mangelfrei, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, den anerkannten Regeln der Technik entspricht und funktionstauglich ist.
2. Eine Sandtrainierbahn ist mangelhaft, wenn das zur Ableitung von Niederschlagswassers erforderliche Gefälle zwar zunächst ordnungsgemäß hergestellt war, aber nicht gesichert ist, dass es dauerhaft funktionstauglich ist und zur Ableitung des Wassers geeignet bleibt, weil die hierfür erforderliche Pflege aufgrund der Örtlichkeiten nicht möglich ist.
3. Als Sowieso-Kosten sind nur solche Kosten anzusetzen, um die die Arbeiten des Auftragnehmers teurer geworden wären, wenn von vorneherein eine mangelfreie Ausführung beauftragt worden wäre.
4. Die Darlegungs- und Beweislast für Sowieso-Kosten liegt beim Auftragnehmer. Die Feststellung der erforderlichen Kosten und die Ermittlung eventueller Sowieso-Kosten kann vom Gericht geschätzt werden.

IBRRS 2024, 3505

OLG Köln, Beschluss vom 31.10.2024 - 11 U 104/23
(ohne amtlichen Leitsatz)

IBRRS 2024, 3392

OLG Schleswig, Urteil vom 11.09.2024 - 12 U 156/22
1. Verlangt der Auftragnehmer die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit (§ 650f Abs. 1 BGB), hat er grundsätzlich die Höhe der vom Auftraggeber geforderten Sicherheit anzugeben.
2. Dessen ungeachtet ist das Verlangen einer Bauhandwerkersicherheit ohne Angabe der Höhe jedenfalls dann wirksam, wenn es dem Auftraggeber auch ohne Anknüpfungspunkte möglich ist, die Höhe festzustellen, sie also bestimmbar ist.
3. Auch wenn der Auftragnehmer in einer Baubesprechung erklärt, dass er den Auftrag nicht mehr ausführen wird und er danach zu mehreren Baubesprechungen nicht mehr erscheint, liegt darin keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung. Denn an eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen.
4. Erklärt der Auftraggeber die Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund, ohne dass ein solcher Kündigungsgrund vorliegt, ist seine Kündigung in eine sog. freie Kündigung umzudeuten.

IBRRS 2024, 3449

OLG Dresden, Urteil vom 13.12.2023 - 13 U 378/23
1. Ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers aus § 6 Abs. 6 VOB/B wegen einer Bauzeitverlängerung setzt u. a. dass die Bauablaufstörung adäquat-kausal durch hindernde Umstände verursacht wurde, die auf der Verletzung einer Vertragspflicht des Auftraggebers beruht.
2. Ob und welche Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer bestehen, ist nach der jeweiligen vertraglichen Gestaltung zu beurteilen. Geht es um Fristüberschreitungen, bedarf der Vertrag der Auslegung, ob der Auftraggeber die Verpflichtung übernommen hat, das Bauwerk zu den vereinbarten Fristen als für die Auftragnehmerleistung geeignet zur Verfügung zu stellen.
3. Allein die Vereinbarung von Vertragsfristen reicht hierfür nicht aus. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags verbindliche Ausführungsfristen, ist diese Regelung im Zweifel so auszulegen, dass sie nur für den Auftragnehmer Vertragspflichten begründet, nicht hingegen für den Auftraggeber. Für diesen ist die fristgemäße Kooperation nur eine Obliegenheit.
4. Auch bei sonstigen zur Erfüllung eines Bauvertrags erforderlichen Mitwirkungshandlungen handelt es sich regelmäßig nur um Obliegenheiten des Auftraggebers, sofern sich aus dem Gesetz oder dem Vertrag nichts anderes ergibt.
5. Soweit der Auftraggeber im Rahmen dieser Mitwirkungshandlungen dem Auftragnehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat, handelt es sich um eine Obliegenheit, die allerdings durch die vertragliche Vereinbarung zu einer Leistungspflicht erhoben werden kann.
6. Aus der Regelung des § 3 Abs. 1 VOB/B ergibt sich die Pflicht des Auftraggebers, die für die Ausführung nötigen Unterlagen dem Auftragnehmer rechtzeitig zu übergeben.

IBRRS 2024, 3432

BGH, Urteil vom 07.11.2024 - IX ZR 179/23
Steht dem Besteller aufgrund von Voraus- oder Abschlagszahlungen aus einem Werkvertrag eine Insolvenzforderung zu, kann er die den Unternehmer treffende nebenvertragliche Pflicht, seine Leistungen in einer Schlussrechnung abzurechnen, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers im Insolvenzverfahren nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. In diesem Fall hat der Gläubiger seine Forderung auf Rückzahlung eines etwaigen Überschusses im Wege der Schätzung zur Tabelle anzumelden.*)
IBRRS 2024, 3420

OLG Brandenburg, Urteil vom 07.11.2024 - 12 U 162/23
1. Die Leistung des Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn sie die bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht einhält (hier: Fehlen notwendiger Verwendbarkeitsnachweise für tragende Holzbauteile). Es entlastet den Auftragnehmer nicht, dass eine bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt. Die Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflicht sind zwar insoweit eingeschränkt, aber nicht völlig aufgehoben.
2. Der Auftragnehmer haftet trotz eines Planungsfehlers des Architekten gesamtschuldnerisch auf die gesamten Mängelbeseitigungskosten, wenn der Schaden sowohl durch einen Planungsfehler als auch durch einen Ausführungsfehler entstanden ist. Eine solche Konstellation liegt vor, wenn der Ausführungsfehler auch ohne den Planungsmangel und umgekehrt selbstständig zum vollen eingetretenen Schaden beigetragen hat.

IBRRS 2024, 3221

OLG Koblenz, Urteil vom 10.10.2024 - 2 U 41/24
In einem Bauvertrag mit einem Verbraucher-Bauherrn sind folgende Klauseln unwirksam:
1. "Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, wenn der Mangel auch nach dem zweiten Nacherfüllungsversuch noch nicht beseitigt ist."
2. "Die Gewährleistungsansprüche sind auf das Recht der Nacherfüllung beschränkt, wobei dem Bauherrn ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung Herabsetzung der Vergütung zu verlangen. (...) Soweit Gegenstand der Gewährleistung aber eine Bauleistung ist, steht dem Bauherrn bei Fehlschlagen der Nacherfüllung nur ein Anspruch auf Herabsetzung der Vergütung zu."
IBRRS 2024, 3336

OLG Koblenz, Urteil vom 23.07.2024 - 3 U 245/24
1. Auch wenn ein Vertragsformular den Leistungsinhalt nicht ausreichend bestimmt, weil die auszuführenden Arbeiten nicht konkret beschrieben sind, kommt ein wirksamer Werkvertrag zu Stande, wenn die zu erbringenden Werkleistungen im Nachhinein im Einzelnen vereinbart werden.
2. Der Besteller einer Werk- oder Bauleistung wird nicht deshalb von seiner Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Werklohns frei, weil er mit dem Unternehmer vereinbart hat, dass dieser "berechtigt ist, die erbrachten Leistungen direkt mit dem Versicherer ... abzurechnen. ... Soweit der Versicherer den Gesamtrechnungsbetrag aufgrund einer Unterversicherung oder einer Vorsteuerabzugsberechtigung nicht reguliert, wird dieser Differenzbetrag vom Kunden ausgeglichen."

IBRRS 2024, 3223

OLG Celle, Urteil vom 22.09.2022 - 5 U 142/21
1. Bei der Frage, ob der Hauptauftragnehmer berechtigt ist, die aus einem Vergleichsschluss mit seinem Auftraggeber resultierenden Kosten an seinen Nachunternehmer "weiterzugeben", ist auf den Zeitpunkt des Vergleichsschlusses abzustellen. Es ist zu fragen, ob der Entschluss zur vergleichsweisen Einigung adäquat-kausal auf die Mängel des Nachunternehmerwerks zurückzuführen ist und der Vergleichsschluss nach dieser Maßgabe angemessen war.
2. Es ist dem Hauptauftragnehmer nicht zuzumuten, gleichsam zu Gunsten des Nachunternehmers einen teuren Prozess mit ungewissem Ausgang zu betreiben und dabei Gefahr zu laufen, neben den Sanierungskosten auch noch die Prozesskosten und die Mangelfolgeschäden ersetzen zu müssen.

IBRRS 2024, 3242

OLG Bamberg, Urteil vom 20.07.2023 - 12 U 9/22
1. Das bloße Schweigen ist in der Regel keine Willenserklärung, sondern das Gegenteil einer Erklärung. Eine Ausnahme hiervon besteht im Handelsverkehr nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben.
2. Der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens muss unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Widerspricht er nicht, wird der Vertrag mit dem aus dem Bestätigungsschreiben ersichtlichen Inhalt rechtsverbindlich, es sei denn, dass der Bestätigende das Verhandlungsergebnis bewusst unrichtig wiedergegeben hat oder das Bestätigungsschreiben so weit vom Verhandlungsergebnis abweicht, dass der Absender vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers rechnen konnte.
3. Vereinbaren die Parteien eines VOB/B-Bauvertrag in einem Verhandlungsprotokoll handschriftlich, dass "Mengenänderungen mehr oder weniger als 10% die EPs nicht ändern", handelt es sich um eine Individualvereinbarung, die eine Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 VOB/B ausschließt und der AGB-Inhaltskontrolle entzogen ist.
IBRRS 2024, 3252

OLG Oldenburg, Urteil vom 05.11.2024 - 2 U 93/24
1. Nach Abnahme des Werks kommt der Eintritt des Verzugs mit der Herstellungsverpflichtung nicht mehr in Betracht.*)
2. Der Verzug mit der Nacherfüllungsverpflichtung gem. § 634 Nr. 1, § 635 Abs. 1 BGB setzt grundsätzlich eine Mahnung voraus. Fordert der Besteller den Unternehmer auf, den Mangel "schnellstmöglich, spätestens bis zum ..." zu beseitigen, können darin eine befristete Mahnung ("schnellstmöglich") und eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ("spätestens bis zum ...") liegen.*)
3. Verbindet der Besteller ein solches Nachbesserungsverlangen mit der Maßgabe, Termine unter Einhaltung einer Vorlaufzeit mit ihm abzusprechen, kann dies geeignet sein, die Frist für den Eintritt der Mahnung hinauszuschieben.*)
4. Zur Frage der Anspruchsgrundlage auf Schadensersatz wegen eines werkmangelbedingten Nutzungsausfallschadens ("erweitertes Leistungsinteresse").*)
5. Ein Schadensersatzanspruch wegen werkmangelbedingten Nutzungsausfalls gem. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB kann wegen eines überwiegenden Mitverschuldens des Bestellers ausgeschlossen sein, wenn der Besteller ihm bekannte Mängel dem Unternehmer nicht anzeigt, die jener vor Schadenseintritt beseitigt hätte.*)
IBRRS 2024, 3103

OLG München, Urteil vom 11.09.2024 - 27 U 6864/22 Bau
Eine 40-jährige "Gewährleistungsgarantie" betreffend die Konstruktion für Außenwände, die Konstruktion für Innenwände, die Deckenkonstruktion sowie die Dachkonstruktion umfasst nur die "statische Grundkonstruktion" des Gebäudes. Abdichtungen, Fugen, Schienen und Verblechungen sind davon nicht umfasst.

IBRRS 2024, 3119

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 10 U 102/23
1. Die Zahlung irrtümlich ohne Abzug der Bauabzugssteuer berechneten Werklohns kann einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung von Überzahlungen begründen, der sich als Nebenpflicht aus dem Vertrag ergibt. Das ist nicht der Fall, wenn die Rückzahlung eines nicht angefallenen Umsatzsteueranteils im Raum steht, für die keine vertragliche Nebenpflicht besteht, so dass der Anspruch aus Bereicherungsrecht folgt.
2. Eine Bruttopreisvereinbarung führt dazu, dass die festgesetzte Umsatzsteuer als Teil des Kaufpreises geschuldet wird, unabhängig von der materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht des abgeschlossenen Geschäfts. Dabei ist regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen.
3. Haben die Parteien eine Nettopreisabrede getroffen, führt diese dazu, dass nur der ausgewiesene Preis sowie die tatsächlich geschuldete Umsatzsteuer zu entrichten sind.
4. Die Vereinbarung zur Zahlung eines Entgelts "zuzüglich" der gesetzlichen Umsatzsteuer ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass die Umsatzsteuer nicht gezahlt werden muss, wenn die Umsatzsteuer irrtümlich angesetzt worden ist und das Geschäft in Wirklichkeit nicht der Umsatzsteuer unterlegen hat.
5. Die steuerrechtliche Lage ist im Zivilprozess ohne Bindung zu prüfen.
6. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrunds ergibt. Eine unzutreffende Rechtsanwendung durch die Finanzbehörden geht verjährungsrechtlich nicht zu Lasten des Anspruchsgläubigers. Der Geschädigte müsste vielmehr wissen oder grob fahrlässig nicht wissen, dass die Rechtsanwendung fehlerhaft war.

IBRRS 2024, 2990

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.05.2024 - 2-02 O 578/23
1. Das (Wiederver-)Schließen einer geöffneten Holzverkleidung verlangt Arbeiten mit Holz, die in den Fachbereich eines Schreiners fallen und außerhalb des typisierten Aufgaben- und Fachgebiets eines Heizungs- und Sanitätsbetriebs liegen und somit nicht Bestandteil eines Auftrags über die Reparatur einer an der Hausaußenwand verlegten Kaltwasserleitung sind.
2. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) zu treffen, um Schäden anderer - insbesondere seines Vertragspartners - zu verhindern. Er muss aber nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind.
3. Eine Schutzpflicht zum Wiederanbringen einer Holzverkleidung, die der Auftragnehmer zuvor zum Abklemmen einer Wasserleitung entfernt hat, besteht mangels hinreichenden Zusammenhangs mit der beauftragten Reparaturleistung nicht.

IBRRS 2024, 3117

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 12 U 114/23
Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags müssen sowohl Angebot als auch Annahme bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragspartner erklärt werden. Es ist nicht ausreichend, wenn vor Ort in Anwesenheit beider Parteien lediglich ein zuvor abgegebenes Angebot des Auftragnehmers angenommen wird.

IBRRS 2024, 3109

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 10 U 80/23
1. Ein Gefälle von 0,9% unterschreitet die maßgebenden Vorschriften für genutzte Terrassen und begründet daher einen Mangel wegen Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
2. Es steht den Parteien frei, im Einzelfall von einer anerkannten Regel der Technik abzuweichen. An eine solche Beschaffenheitsvereinbarung "nach unten" sind wegen des damit einhergehenden Verzichts auf eine übliche Beschaffenheit strenge Anforderungen zu stellen. Sie kann nur angenommen werden, wenn der Besteller das damit einhergehende Risiko kannte. Der Besteller ist, selbst wenn er sachkundig sein sollte, umfassend über die Risiken und denkbaren Folgen der Bauausführung aufzuklären.
3. Im Werkvertragsrecht wird auch ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk im Sinne einer Erfolgshaftung geschuldet. Fehlt dem Werk die Funktionstauglichkeit, so ist es auch dann nicht mangelfrei, wenn es ansonsten der Leistungsbeschreibung und der vereinbarten Ausführungsart genügt.
4. Ein Mangel liegt selbst dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf der vom Besteller erstellten Planung beruht. Allerdings kann sich der Unternehmer von seiner Haftung befreien, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit nicht in seiner Sphäre liegt. Dies ist dann der Fall, (1) wenn der Unternehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist, (2) wenn keine Hinweispflicht besteht, weil er die Ungeeignetheit der Planung bei der gebotenen Prüfung mit dem von ihm erwartenden Fachwissen nicht erkennen kann oder (3) wenn im Einzelfall feststeht, dass der unterlassene Hinweis sich nicht ausgewirkt hat.
5. Unverhältnismäßig sind die Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels nur dann, wenn der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.
6. Dem Besteller obliegt es grundsätzlich, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient er sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss. Dies gilt jedoch nicht für ein etwaiges Überwachungsverschulden des Architekten.
7. Die vollständige Ausführungsplanung beinhaltet die zeichnerische Darstellung des Objekts mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben, so dass auf Grundlage der ausführungsreifen Ausführungsplanung zunächst Leistungspositionen beschrieben sowie Mengen und Massen ermittelt werden können und schließlich auch die Bauausführung durch einen Unternehmer ermöglicht wird.
IBRRS 2024, 3131

BGH, Beschluss vom 26.09.2024 - I ZR 161/23
Kann der Auftragnehmer die von ihm erbrachten Leistung nicht durch ein Aufmaß ermitteln, genügt er seiner Verpflichtung zur prüfbaren Abrechnung, wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Umstände mitteilt, die Rückschlüsse auf den Stand der erbrachten Leistung ermöglichen (vgl. BGH, IBR 2004, 488).

IBRRS 2024, 3141

BGH, Urteil vom 19.09.2024 - VII ZR 10/24
1. Eine Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B erfordert eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers, mit der einseitig eine Änderung der Vertragspflichten des Auftragnehmers herbeigeführt werden soll (Fortführung von BGH, IBR 1992, 349).*)
2. Ob ein Verhalten oder eine Erklärung des Auftraggebers als Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B auszulegen ist, beurteilt sich nach §§ 133, 157 BGB. Liegt eine Störung des Vertrags aufgrund einer Behinderung vor, die faktisch zu einer Bauzeitverzögerung führt, und teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Behinderungstatbestand und die hieraus resultierende Konsequenz mit, dass die Leistungen derzeit nicht erbracht werden können, liegt nach diesem Maßstab keine Anordnung i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B vor. Auch die Übermittlung von Bauablaufplänen stellt keine Anordnung des Auftraggebers i. S. des § 2 Abs. 5 VOB/B dar, wenn mit ihnen lediglich auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagiert wird. Dies gilt auch, wenn darin im Hinblick auf die Behinderungen und die deshalb gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B verlängerten Ausführungsfristen zeitliche Konkretisierungen erfolgen.*)
3. Der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers nach § 6 Abs. 6 Satz 1 VOB/B setzt voraus, dass die Bauzeitverzögerung adäquat-kausal durch hindernde Umstände verursacht worden ist, die auf der Verletzung einer vertraglichen Pflicht durch den Auftraggeber beruhen. Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers, die nicht auf einer Pflichtverletzung beruhen, genügen nicht als Voraussetzung dieses Anspruchs (Bestätigung von BGH, IBR 2006, 84; BGH, Urteil vom 21.10.1999 - VII ZR 185/98, IBRRS 2000, 0800; BGH, Urteil vom 16.10.1997 - VII ZR 64/96, IBRRS 2000, 0581).*)
IBRRS 2024, 3013

OLG Schleswig, Urteil vom 28.08.2024 - 12 U 7/24
1. Auch für Architekten und Ingenieure gilt der funktionale Mangelbegriff. Es werden diejenigen Planungsleistungen geschuldet, die erforderlich sind, um den vom Bauherrn angestrebten Erfolg zu erzielen. Dabei ist maßgeblich die Funktion, die das Architekten-/Ingenieurwerk nach der von den Parteien entwickelten gemeinsamen Vorstellung von dem zu errichtenden Objekt erfüllen soll.
2. Im Rahmen einer sachgerechten Beratung müssen eventuelle Risiken mit dem Bauherrn erörtert und ihm hinreichend vor Augen geführt werden, welche Folgen mit einer bestimmten Ausführung des Bauvorhabens verbunden sind.
3. Die Planung kann insofern auch fehlerhaft sein, wenn ausreichende Hinweise nicht erteilt werden und muss darauf ausgerichtet werden, dass sie dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch gerecht wird. Der Architekt ist verpflichtet, auf Bedenken hinzuweisen, insbesondere im Hinblick auf vom Auftraggeber unerkannte Risiken, soweit sie geeignet sind, die Leistung zu gefährden.

IBRRS 2024, 3102

OLG München, Beschluss vom 23.07.2024 - 27 U 213/24 Bau
1. Der Inhalt einer vom Unternehmer abgegebenen „Garantie“ ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist, wie der Besteller die Äußerungen des Unternehmers unter Berücksichtigung seines sonstigen Verhaltens und der Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, sowie des bekannten Vertragszwecks nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen durfte.
2. Ein über eine Beschaffenheitsvereinbarung hinausgehender Garantiewillen bedarf immer einer besonderen Begründung. Mit einer „Garantie“ kann auch nur die gesetzliche Verjährungsfrist verlängert oder das Verschuldenserfordernis zwar nicht ausgeschlossen, aber eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Vorliegens eines Mangels und/oder hinsichtlich des Zeitpunkts seines Entstehens vereinbart werden.
3. Beträgt die Gewährleistungsfrist auf konstruktive Teile 30 Jahre, bezieht sie sich lediglich auf solche Bauteile, die statische Relevanz haben, nicht jedoch auf einen Oberputz, Außenputz oder auf Außenfensterbänke.

IBRRS 2024, 3054

OLG Zweibrücken, Urteil vom 13.06.2023 - 5 U 116/22
1. Vor Abnahme trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit des von ihm herzustellenden Werks. Das Bestehen eines Abrechnungsverhältnisses ändert nichts an dieser Beweislastverteilung.
2. Die Regelung des § 650k Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung des Vertrags bezüglich der vom Unternehmer geschuldeten Leistung zu dessen Lasten gehen, gilt nur für Verbraucherbauverträge.
IBRRS 2024, 3057

OLG Schleswig, Urteil vom 16.10.2024 - 12 U 6/24
1. Die Voraussetzungen für das Auskunftsverlangen eines Werkunternehmers liegen vor, wenn der Kunde die Mängelbeseitigungsarbeiten, wegen der ihm ein Kostenvorschuss gem. § 637 Abs. 3 BGB zugesprochen worden war, vorgenommen hat.*)
2. Der Vorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB ist zweckgebunden und vom Kunden zur Mängelbeseitigung zu verwenden. Der Kunde muss seine Aufwendungen für die Mängelbeseitigung nachweisen, über den erhaltenen Kostenvorschuss Abrechnung erteilen und den für die Mängelbeseitigung nicht in Anspruch genommenen Betrag zurückerstatten. Es entsteht ein Rückzahlungsanspruch des Werkunternehmers in Höhe des nicht zweckentsprechend verbrauchten Vorschusses.*)
3. Dieser Anspruch ist kein Bereicherungsanspruch, sondern ein aus Treu und Glauben entwickelter Anspruch aus dem Vertragsverhältnis. Hat der Kunde die Mängelbeseitigung durchgeführt, so muss er den Vorschuss abrechnen. Ergibt die Abrechnung einen Überschuss für den Werkunternehmer, ist dieser an ihn zurückzuzahlen.*)
4. Der Auskunftsanspruch des Werkunternehmers ist nur dann durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB, wenn der Kunde ‒ um eine Prüfung durch den Werkunternehmer zu ermöglichen ‒ analog § 666 BGB die dortigen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Auskunftserteilung erfüllt hat.*)
5. Dazu muss der Kunde den Werkunternehmer über die Einzelheiten der Auftragsausführung in verkehrsüblicher Weise informieren und ihm die Übersicht über das Besorgte verschaffen in einer Weise, die dem Werkunternehmer die Überprüfung der Besorgung gestattet. Es gilt § 259 BGB, so dass erforderlichenfalls genauere Information durch Vorlage einer geordneten Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben geschuldet ist. Die Beweislast für die Richtigkeit der Abrechnung trägt dabei der Kunde, insbesondere für den Verbleib der Einnahmen und dafür, dass er über nicht mehr vorhandene Vermögenswerte gemäß dem Auftrag, nach Weisungen oder im Interesse des Werkunternehmers verfügt hat. Ergänzt mit der Kommentierung zu § 259 BGB erfordert die Rechenschaftslegung eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben. Die Ausgaben müssen so detailliert und verständlich dargestellt sein, dass der Werkunternehmer ohne fremde Hilfe in der Lage ist, seine Ansprüche und die gegen ihn gerichteten Ansprüche nach Grund und Höhe zu überprüfen. Bei Unvollständigkeit der Rechnung besteht ein Anspruch auf Ergänzung.*)
6. Ist Vortrag des Klägers zum Nachweis der Aktivlegitimation erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden und ist der entsprechende Vortrag gem. § 296a ZPO zurück- und die Klage daraufhin abgewiesen worden, hindern die Verspätungsvorschriften des § 531 ZPO - hier § 531 Abs. 2 ZPO - in der Berufungsinstanz die Berücksichtigung nicht, wenn der Vortrag des Klägers nunmehr unstreitig ist.*)
7. Ohne Antrag auf Zurückverweisung, damit das Landgericht nach weiterem Vortrag der Beklagten die Erfüllung des Auskunftsanspruchs sowie einen möglicherweise daraus resultierenden Rückzahlungsanspruch prüfen kann, kann eine Zurückverweisung analog § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO nach der Rechtsprechung des II. und VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, nicht erfolgen (BGH, Beschluss vom 22.09.2008 - II ZR 257/07, IBRRS 2008, 3249; BGH, Urteil vom 03.05.2006 - VIII ZR 168/05, IBRRS 2006, 1651; a.A. BGH, Urteil vom 21.01.2011 - V ZR 243/09, IBRRS 2011, 0823).*)

IBRRS 2024, 3022

OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2021 - 21 U 50/20
1. Haben die Parteien im Zusammenhang mit der Vereinbarung einer 10-jährigen Gewährleistungsfrist geregelt, dass "hierzu [...] eine jährliche Wartung der Flachdächer erforderlich" sei, ist dies nicht dahin auszulegen, dass die vereinbarte Verjährungsfrist an die Beauftragung des Auftragnehmers mit der jährlichen Wartung geknüpft werden sollte.
2. Die Ausweisung einer vom Vertrag abweichenden Verjährungsfrist im Abnahmeprotokoll kann eine einvernehmliche Vertragsänderung beinhalten (hier verneint).

IBRRS 2024, 2974

OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.04.2023 - 15 U 101/22
1. Für die Frage, ob eine außerordentliche Kündigung eines Bauvertrags auch als freie Kündigung verstanden werden kann, kommt es maßgeblich darauf an, ob sich aus der Kündigungserklärung ergibt, dass der Bauvertrag unabhängig davon beendet sein soll, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt.
2. Wird die Kündigung "ausschließlich aus wichtigem Grund" erklärt, gibt der Auftraggeber unmissverständlich zu verstehen, dass die Kündigung nur für den Fall gilt, dass ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung besteht.
3. Der Auftraggeber kann einen Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Auftragnehmer die Vertragserfüllung unberechtigt und endgültig verweigert und es dem Auftraggeber deshalb nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.
4. Die unberechtigte Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags und die Weigerung, die Leistung binnen einer angemessen gesetzten Frist wieder aufzunehmen, kann eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht und damit einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen (hier bejaht).

IBRRS 2024, 2973

KG, Urteil vom 03.03.2023 - 21 U 102/21
1. Der Rahmen der vertraglich übernommenen Verpflichtungen steckt bei einem Werkvertrag zugleich den Umfang der Obhuts- und Beratungspflichten ab.
2. Schuldet der mit der Verlegung von Außenwasserleitungen beauftragte Unternehmer nur den Anschluss an einen Übergabepunkt im Außenbereich, hat er nicht für die Mängelfreiheit der Wasserleitungen im Gebäude und via Vorstreckung bis zu diesem Übergabepunkt einzustehen. Ihn trifft keine Vorprüfungspflicht für das Vorgewerk Sanitär im Gebäude und das in den Außenbereich vorgestreckte Rohr (hier: Einholung von Druckprüfungsprotokollen).
3. Dem Architekten obliegt es in der Leistungsphase 8, die an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten zu koordinieren. Dieser Ausschnitt der allgemeinen Koordinierungspflicht des umfassend beauftragten Architekten erfasst alle von der Bauausführung betroffenen Leistungsbereiche, auch derjenigen, für die besondere Fachbauleiter eingesetzt sind.
4. Der Architekt haftet nicht für Bereiche, die dem Sonderfachmann in Auftrag gegeben wurden und wenn die konkrete fachspezifische Frage nicht zum Wissensbereich des Architekten gehört. Denn der Umfang und die Intensität der Überwachungstätigkeit hängen von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab.
5. Der Architekt genügt seiner Koordinierungspflicht, wenn er unter Einbeziehung des eingeschalteten Außenanlagenplaners die Übergabepunkte am vorgestreckten Rohr im Außenbereich festlegt.
IBRRS 2024, 2972

KG, Urteil vom 18.01.2022 - 21 U 1005/20
1. Mit einer hinreichend genauen Bezeichnung der "Mangelerscheinungen" (der "Symptome" des Mangels) kann der Mangel selbst bezeichnet und damit Gegenstand der jeweiligen Vertragserklärungen werden, während der Auftraggeber den Mangel selbst, also die wirklichen Ursachen der Symptome, nicht zu bezeichnen braucht.
2. Es ist unschädlich, wenn der Auftraggeber zusätzlich solche Mangelursachen bezeichnet. Das gilt auch, wenn er insoweit Gutachten übermittelt, in denen bestimmte Aussagen über die Ursachen gemacht werden. Damit werden Rechtswirkungen oder das weitere Vorgehen nicht auf die bezeichneten oder vermuteten Ursachen beschränkt. Vielmehr sind auch dann immer alle Ursachen für die bezeichneten Symptome von seinen jeweiligen Erklärungen erfasst. Das gilt auch dann, wenn die angegebenen Symptome des Mangels nur an einigen Stellen aufgetreten sind, während ihre Ursache und damit der Mangel des Werkes in Wahrheit das ganze Gebäude erfasst.
3. Zur Herbeiführung einer Verjährungshemmung muss der Mangel nur hinreichend bezeichnet worden sein; inwieweit er bereits durch Privatgutachten etc. über das erforderliche Mindestmaß des Vortrags weiter substantiiert bzw. bereits "anbewiesen" ist, ist unerheblich.
4. Eine Anrechnung "neu für alt" kommt jedenfalls dann nicht in Betracht kommt, wenn die Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste.
5. Der Lauf der Verjährungsfrist für einen Anspruch auf Bürgschaftsherausgabe beginnt nicht vor Ende des Jahres, in dem der von der Bürgschaft gesicherte Gewährleistungsanspruch entstanden ist. Das ist anzunehmen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des auf Geld gerichteten Gewährleistungsanspruchs vom Auftraggeber geschaffen wurden.
6. Bei der Verjährung kann eine vertragliche Vereinbarung zu berücksichtigen sein, nach der die Dauer der Bürgschaftshingabe insoweit an die Dauer der Gewährleistungsfrist der Käufer gekoppelt sein sollte, als die Dauer der Hingabe einen Monat nach Ablauf der Gewährleistungsfrist überschreiten sollte ("Gleichlaufabrede").
IBRRS 2024, 2957

OLG Brandenburg, Urteil vom 05.09.2024 - 12 U 3/22
1. Wird eine bestimmte Leistung bereits nach dem Ursprungsvertrag geschuldet und bezahlt, kann der Auftragnehmer dieselbe Leistung in der Regel nicht ein zweites Mal aufgrund einer Nachtragsvereinbarung bezahlt verlangen. Dafür wäre erforderlich, dass sich der Auftraggeber in vertragsändernder Weise oder durch Anerkenntnis oder Vergleich eindeutig damit einverstanden erklärt, eine zusätzliche Vergütung ohne Rücksicht auf die schon bestehenden Leistungspflichten des Auftragnehmers zu zahlen.
2. Erklärt der Auftraggeber in einem Abnahmeprotokoll die Abnahme "beschränkt [...] auf folgende Teilleistungen", liegt darin keine Teilabnahme, sondern eine Gesamtabnahme unter Vorbehalt der Rechte bezüglich der benannten Mängel.
3. Gewährleistungsansprüche sind ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber sich die Ansprüche bezüglich des konkreten Mangels nicht bei der Abnahme vorbehält.
4. Der Umstand, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach Ablauf der Nachbesserungsfrist die Nachbesserung untersagt hat, berührt die Gewährleistungsansprüche nicht. Nach Fristablauf ist der Auftragnehmer gehindert, ohne Zustimmung des Auftraggebers nachzubessern.
5. Der Auftragnehmer kann sich gegenüber einem nicht fachkundigen Auftraggeber später nicht darauf berufen, die ihm gesetzte Frist sei zu kurz gewesen, wenn er dies nicht unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat und eine solche Rüge zu erwarten war, weil der Auftraggeber der vertretbaren Auffassung sein durfte, die Frist sei angemessen.
6. Der Auftraggeber darf bei der Ersatzvornahme darauf vertrauen, dass der Drittunternehmer die Mängelbeseitigung zu angemessenen Preisen durchführen wird. Bei der Würdigung, welche Maßnahme zu welchen Preisen möglich und zumutbar war, ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber nicht gehalten ist, im Interesse des säumigen und nachbesserungsunwilligen Unternehmers besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den preisgünstigsten Drittunternehmer zu finden.
IBRRS 2024, 2948

LG Münster, Urteil vom 23.05.2024 - 12 O 204/23
1. Die Baustelleneinrichtung umfasst z. B. die Lagerung von Geräten und Maschinen, das Aufstellen von Containern zur Unterbringung von Arbeitskräften, witterungsempfindlichen Bau- und Bauhilfsstoffen, Ersatzteilen und Ähnlichem sowie Lager- und Verkehrsflächen.
2. Nicht zur Baustelleneinrichtung gehören die Bauarbeiten als solche, das heißt auch nicht die Erstellung von Brunnen, Bohrungen oder Leitungsverlegung zur Wasserhaltung.

IBRRS 2024, 2932

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.01.2024 - 2-31 O 6/23
1. Macht der Auftraggeber widerklagend eine Überzahlung geltend, führt das Anerkenntnis dieses Anspruchs durch den Auftragnehmer nicht schon deshalb zu einer Abweisung der Restvergütungsklage des Auftragnehmers, weil die Überzahlung denklogisch ausschließe, dass der Auftragnehmer weitere Zahlungen an sich verlangen könne.
2. Ein prozessuales Anerkenntnis gegenüber einer (verspäteten) Widerklage mit dem Ziel, die Präklusion der Klageerwiderung zu bewirken, ist möglich. Eine Partei, die bewusst in die Widerklage "flieht", um die Präklusion zu umgehen, ist nicht schutzwürdig.

IBRRS 2024, 2928

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.2024 - 5 U 38/23
1. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung liegt beim Einbau einer Küche für den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines neu errichteten Wohnhauses ein Bauvertrag vor.
2. Eine formularmäßige Skontoklausel, nach der der gesamte Zahlbetrag "fällig bis zum Tage der Lieferung und Rechnungsstellung" sein soll, ist wegen unzulässiger Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts des Kunden unwirksam.
3. Erklärt eine Skontoklausel die Rechnungsstellung als maßgeblich für die Fälligkeit, benachteiligt dies den Kunden ebenfalls unangemessen.
4. Die zeitliche Einschränkung der Zahlung "am Tage der Lieferung und Rechnungsstellung" benachteiligt den Kunden unangemessen, da hierdurch die Notwendigkeit einer Mahnung entfällt. Dies gilt unabhängig davon, dass eine Bar- oder Sofortzahlung dem Kunden auch nicht zumutbar ist, wobei sich die faktische Einschränkung der Zahlungsmethode sowohl als eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB darstellt als auch - selbst bei Individualabreden - nach § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
5. Die Vereinbarung der Zahlung eines "Skontobetrags", der mehr als 20% des "Küchengesamtpreises" ausmacht, ist als Vertragsstrafe zu werten und aufgrund dieses Umfangs unwirksam.

IBRRS 2024, 2911

LG Kempten, Urteil vom 27.09.2024 - 11 O 1705/23 Bau
1. Anordnungen zur Bauzeit sind keine Änderungen des Bauentwurfs i.S.v. § 1 Abs. 3 VOB/B. Denn der Bauentwurf beschreibt die erfolgsorientierte Komponente des Werkvertrags. Die Bauzeit gehört nicht dazu.
2. Anordnungen zur Bauzeit sind auch keine "anderen Anordnungen" i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B (entgegen KG, IBR 2024, 504). Derartige andere Anordnungen setzen eine gesonderte Vereinbarung voraus.
3. Der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Sie beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch aus § 642 BGB entsteht grundsätzlich mit Abschluss des Jahres, in dem die jeweiligen Kosten angefallen sind.

IBRRS 2024, 2886

BGH, Urteil vom 22.08.2024 - VII ZR 68/22
Die Minderung des Vergütungsanspruchs nach § 634 Nr. 3 Fall 2, § 638 BGB schließt einen Kostenvorschussanspruch nach § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB wegen des Mangels, auf den die Minderung gestützt wird, nicht aus.*)
