Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
7684 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2022, 2381
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.08.2021 - 4 U 130/20
1. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt neu zu laufen, wenn der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt.
2. Ein Anerkenntnis liegt bereits dann vor, wenn das tatsächliche Verhalten des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig zu erkennen gibt. Erklärt der Auftragnehmer, er werde der Aufforderung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung nachkommen, erkennt er seine Verpflichtung zur Nachbesserung an.
3. Eine Nachbesserung bzw. Mängelbeseitigung schuldet der Auftragnehmer nur, soweit es Mängel seiner eigenen Leistung betrifft. Führen die Mängel seiner Leistung zu Schäden am sonstigen Eigentum des Auftraggebers oder an anderen Gewerken, besteht (lediglich) eine Verpflichtung zum Schadensersatz.
4. An den Inhalt der Mangelrüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass der Auftragnehmer erkennen kann, was ihm vorgeworfen wird und wogegen er Abhilfe zu schaffen hat. Der Auftraggeber muss die Mangelursache nicht benennen, es genügt, wenn die Mangelerscheinung hinreichend genau bezeichnet ist (Symptomtheorie).
5. Der Architekt ist Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers in seinem Verhältnis zum Auftragnehmer, so dass der Auftraggeber für das Verschulden des Architekten einstehen muss, wenn sich der Auftraggeber für die Planungsaufgaben zur Durchführung eines Bauvorhabens eines Architekten bedient.
6. Fehler des planenden Architekten, die zu einer fehlerhaften Leistung des Auftragnehmers führen, muss sich der Auftraggeber anspruchskürzend zurechnen lassen, weil er grundsätzlich verpflichtet ist, dem Auftragnehmer eine ordnungsgemäße Planung zur Verfügung zu stellen, wenn dieser nicht selbst die Planung schuldet.

IBRRS 2022, 2475

OLG Nürnberg, Urteil vom 10.12.2020 - 13 U 2087/18
1. Der Bauvertrag bedarf in besonderem Maße einer Kooperation und Abstimmung der beiden Vertragspartner. Dazu gehören je nach Gegebenheiten des Falls Informations-, Mitwirkungs- und Rügeobliegenheiten und -pflichten und die Bemühung um eine einvernehmliche Lösung.
2. Ein fachkundiges Spezialunternehmen muss den nicht sachkundigen Auftraggeber aktiv aufklären und instruieren, wenn dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten die Unterlagen vorlegt, die er erklärtermaßen für ausreichend hält, um seinerseits den eigenen Mitwirkungspflichten zu genügen, die sich aber aus Sicht des Auftragnehmers als unzureichend erweisen.
3. Verletzt der Auftragnehmer seine bauvertragliche Kooperationspflicht erheblich, kann der Auftraggeber vom Bauvertrag zurücktreten.

IBRRS 2022, 2476

OLG Schleswig, Urteil vom 08.07.2022 - 1 U 97/21
Führen Mängel eines Vorgewerks dazu, dass die Leistung eines nachfolgenden Unternehmers mangelhaft ist, haftet der Bauherr nicht mit. Der Vorunternehmer ist nicht als sein Erfüllungsgehilfe anzusehen.*)

IBRRS 2022, 2359

OLG München, Beschluss vom 04.02.2020 - 28 U 3831/19 Bau
1. Der Auftragnehmer hat nur dann einen Anspruch auf Abnahme, wenn die Leistung abnahmereif hergestellt ist.
2. Die Leistung ist abnahmereif, wenn das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt ist, der Herstellungsprozess also abgeschlossen ist. Unwesentliche (Rest-)Mängel stehen der Abnahme nicht entgegen.
3. Werden seitens des Auftragnehmers in erheblichem Umfang noch Mängelbeseitigungsarbeiten vorgenommen oder für Mängel ein Abschlag angeboten, wird gegenüber dem Auftraggeber nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeiten abgeschlossen sind.
4. Auch eine fiktive Abnahme setzt voraus, dass der Herstellungsprozess abgeschlossen ist. Anderenfalls ist die gesetzte Frist unwirksam.

IBRRS 2022, 2354

OLG München, Beschluss vom 17.09.2019 - 28 U 3831/19 Bau
1. Der Auftragnehmer hat nur dann einen Anspruch auf Abnahme, wenn die Leistung abnahmereif hergestellt ist.
2. Die Leistung ist abnahmereif, wenn das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt ist, der Herstellungsprozess also abgeschlossen ist. Unwesentliche (Rest-)Mängel stehen der Abnahme nicht entgegen.
3. Werden seitens des Auftragnehmers in erheblichem Umfang noch Mängelbeseitigungsarbeiten vorgenommen oder für Mängel ein Abschlag angeboten, wird gegenüber dem Auftraggeber nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Arbeiten abgeschlossen sind.
4. Auch eine fiktive Abnahme setzt voraus, dass der Herstellungsprozess abgeschlossen ist. Anderenfalls ist die gesetzte Frist unwirksam.

IBRRS 2022, 2403

OLG Dresden, Urteil vom 29.06.2022 - 22 U 1689/20
1. Der Auftraggeber eines VOB-Vertrags kann dem Auftragnehmer den Auftrag entziehen, wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert oder mit der Vollendung in Verzug gerät und eine gesetzte angemessene Nachfrist zur Vertragserfüllung fruchtlos abgelaufen ist.
2. Der Auftragnehmer gerät nicht in Verzug, wenn er einer Weisung des Auftraggebers nicht folgt, die seine geltend gemachten Bedenken treuwidrig nicht berücksichtigt.
3. Treuwidrig ist eine Anweisung des Auftraggebers, wenn danach die Werkleistungen auf eine gegen den Bauvertrag und gegen die Regeln der Technik verstoßende Weise erbracht werden soll, ohne dass eine Freistellung von der Gewährleistung erfolgt. Der Auftragnehmer ist nicht verpflichtet, sich einen seiner begründeten Meinung nach ernstlich drohenden Gewährleistungsfall nicht absehbaren Ausmaßes aufzwingen zu lassen.
4. ...
IBRRS 2022, 2025

OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2019 - 29 U 134/16
1. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Unternehmer in einem BGB-Bauvertrag verpflichtet, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten.
2. Anerkannte Regeln der Technik sind diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind.
3. Die jeweils maßgeblichen anerkannten Regeln der Technik sind für jeden Einzelfall zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die anerkannten Regeln der Technik zwar in der Regel durch die technischen Regelwerke konkretisiert werden. Dabei handelt es sich aber nicht um Rechtsnormen, sondern nur um technische Regelungen mit Empfehlungscharakter.
4. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist bei der Ausführung eines Tiefgaragenbodens ein Oberflächenschutzsystem aufzubringen. Anderenfalls ist die Leistung mangelhaft, auch wenn keine DIN-Norm direkt einschlägig ist.

IBRRS 2022, 2323

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2021 - 4 U 199/20
1. Zu der Planungstätigkeit eines Architekten gehört auch die Auswahl der für die zu planende Maßnahme geeigneten Materialien.
2. Auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf der Architekt sich grundsätzlich verlassen. Er ist nicht dazu verpflichtet, sämtliche Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben überprüfen zu lassen.
3. Die Kosten für die Beseitigung eines Baumangels sind unverhältnismäßig, wenn der damit zur Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.
4. Bei rein optischen Mängeln ist darauf abzustellen, ob der Besteller ein nachvollziehbares, nicht nur unbedeutendes Interesse an der auch optisch einwandfreien Herstellung des Werks hat.
5. Bei nur geringfügigen Schönheitsfehlern, die nur leicht das ästhetische Empfinden des Bestellers berühren, ohne dass in objektivierbarer Form die Wertschätzung gegenüber dem Werk beeinträchtigt wird, kann bei erheblichen Mängelbeseitigungsaufwendungen von Unverhältnismäßigkeit ausgegangen werden.
IBRRS 2022, 1909

OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2021 - 29 U 178/20
1. Die Klausel in einem Bauvertrag über die Errichtung eines Fertighauses, wonach dem Auftragnehmer im Fall des unberechtigten Rücktritts des Auftraggebers ein pauschalierter Schadensersatzanspruch in Höhe von 8 % der vereinbarten Vergütung zusteht, benachteiligt den Auftraggeber nicht unangemessen und ist wirksam (vgl. BGH, IBR 2006, 382).
2. Die Vorlage eines Sendeberichts mit OK-Vermerk begründet keinen Anscheinsbeweis für den Zugang des Telefaxes. Durch den Vermerk wird nur festgestellt, dass eine Verbindung zwischen dem Sende- und dem Empfangsgerät zu Stande gekommen ist. Der Sendebericht sagt aber nichts darüber aus, ob die Daten tatsächlich übermittelt wurden.
IBRRS 2022, 1534

OLG Stuttgart, Urteil vom 30.12.2020 - 10 U 202/20
1. Ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten eines Drittunternehmers für die Fertigstellung des Bauvorhabens setzt voraus, dass der Auftraggeber entweder schriftlich die Kündigung erklärt oder zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Vertrag beenden will. Auch die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers macht eine Kündigungserklärung nicht entbehrlich (Anschluss an BGH, IBR 2018, 68).
2. Der Auftraggeber kann den Vertrag auch vor Eintritt der Fälligkeit/des Verzugs kündigen, wenn feststeht, dass der Auftragnehmer seine Leistung bis zum vereinbarten Termin nicht fertig stellen wird bzw. kann.
3. Eine Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung ist entbehrlich, wenn der Auftragnehmer das Erbringen seiner Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.

IBRRS 2022, 2300

OLG Köln, Urteil vom 29.06.2022 - 11 U 33/20
Stellt sich im Zuge der Vorbereitung der Sanierung heraus, dass der aufgrund eines Urteils gezahlte Vorschuss nicht auskömmlich ist, kann grundsätzlich schon vor der Sanierung ein weiterer Vorschuss geltend gemacht werden. Etwas anders gilt nur dann, wenn die Vorschussklage teilweise abgewiesen wurde und dies den Grund der Nachforderung erfasst.*)

IBRRS 2022, 1974

OLG München, Beschluss vom 27.07.2021 - 28 U 1923/21 Bau
1. Die Werkleistung ist mangelhaft, wenn die erbrachte Werkleistung (Ist-Beschaffenheit) nicht der vereinbarten Beschaffenheit (Soll-Beschaffenheit) entspricht.
2. Die Beschaffenheitsvereinbarung ergibt sind aus dem Vertrag oder den vorvertraglichen Unterlagen, wie etwa einem Verkaufsprospekt oder einer Leistungsbeschreibungen mit der zum Ausdruck kommenden Qualität und Standard.
3. Stellt der Auftragnehmer dem Auftraggeber vor Vertragsschluss ein Informationsblatt zur Verfügung, in dem genaue und spezifische Angaben (hier: zum Wärmeverlust einer Fernwärmeversorgungsanlage) gemacht werden, sind diese Angaben Teil der vereinbarten Beschaffenheit.

IBRRS 2022, 1973

OLG München, Gerichtlicher Hinweis vom 23.06.2021 - 28 U 1923/21 Bau
1. Die Werkleistung ist mangelhaft, wenn die erbrachte Werkleistung (Ist-Beschaffenheit) nicht der vereinbarten Beschaffenheit (Soll-Beschaffenheit) entspricht.
2. Die Beschaffenheitsvereinbarung ergibt sind aus dem Vertrag oder den vorvertraglichen Unterlagen, wie etwa einem Verkaufsprospekt oder einer Leistungsbeschreibungen mit der zum Ausdruck kommenden Qualität und Standard.
3. Stellt der Auftragnehmer dem Auftraggeber vor Vertragsschluss ein Informationsblatt zur Verfügung, in dem genaue und spezifische Angaben (hier: zum Wärmeverlust einer Fernwärmeversorgungsanlage) gemacht werden, sind diese Angaben Teil der vereinbarten Beschaffenheit.

IBRRS 2022, 1908

OLG Dresden, Urteil vom 16.06.2020 - 6 U 327/20
1. Geht aus der Baubeschreibung hinreichend deutlich hervor, dass der rückzubauende Beton kontaminiert ist, sind die mit der Entsorgung verbundenen Kosten durch die vereinbarten (Einheits-)Preise abgegolten.
2. Der Grundsatz, dass für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B) die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind (BGH, IBR 2019, 536), findet auch bei der Ermittlung des neuen Einheitspreises von geänderten Leistungen (§ 2 Abs. 5 VOB/B) Anwendung (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2020, 334).
3. Ein auf die Angebotspreise gewährter Nachlass gilt in der Regel nicht für Nachtragsvergütungen.
IBRRS 2022, 2048

OLG Köln, Beschluss vom 04.12.2020 - 16 U 62/20
1. Auf die Richtigkeit eines von einem - in allen Bereichen des Bauwesens erfahrenen - Generalunternehmers erstellten Leistungsverzeichnisses kann sich ein Nachunternehmer grundsätzlich verlassen.
2. Der Nachunternehmer hat die in dem Leistungsverzeichnis enthaltenen Vorgaben nur auf offenkundige, im Rahmen seiner eigenen Sachkunde ohne Weiteres "ins Auge springende" Mängel zu überprüfen; sind solche nicht erkennbar, ist er von der Verpflichtung zu eigener Prüfung und Mitteilung etwaiger Bedenken frei.
3. Hat sich der Generalunternehmer gegenüber dem Bauherrn zum Einbau von VGS-Glas verpflichtet und nimmt er diese Qualität in dem für sein Verhältnis zum Nachunternehmer maßgeblichen Leistungsverzeichnis heraus, sind die Anforderungen an die Prüfungs- und Hinweispflichten des Nachunternehmers auf offenkundige Mängel beschränkt. Denn durch die Absenkung der Qualitätsanforderungen begibt sich der Generalunternehmer in die Rolle eines besonders fachkundigen Auftraggebers.

IBRRS 2022, 1841

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.04.2019 - 11 U 61/13
1. Die Leistung ist abnahmereif, wenn das Werk vertragsgemäß hergestellt ist. Unwesentliche Mängel stehen der Abnahme nicht entgegen.
2. Einzelne noch ausstehende Restarbeiten hindern die Abnahme ebenso wenig wie der Umstand, dass der Auftraggeber Bedenken gegen einen Teil der Leistung angemeldet hat. Ausreichend ist, dass die Gesamtleistung des Auftragnehmers als im Wesentlichen vertragsgemäß ist.
3. Eine Heizungsanlage mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe ist nicht deshalb mangelhaft, weil die Heizleistung mit sinkender Außentemperatur abnimmt, deshalb ein elektrischer Heizstab zugeschaltet werden muss und dadurch das gesamte System unwirtschaftlich wird.

IBRRS 2022, 2214

KG, Beschluss vom 01.07.2022 - 21 U 13/22
1. Stellt der Leistungserbringer eines Vertrags - etwa eines Werkvertrags - seine Leistungen unberechtigt endgültig ein, so steht der Gegenseite ein Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen von § 281 Abs. 1 BGB zu.*)
2. § 323 Abs. 4 BGB ist auf den Schadensersatzanspruch aus § 281 Abs. 1 BGB analog anwendbar.*)

IBRRS 2022, 2176

BGH, Urteil vom 19.05.2022 - VII ZR 149/21
1. Der Anspruch auf Ersatz des infolge Verzugs eingetretenen Schadens gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB unterliegt der regelmäßigen Verjährung (Bestätigung von BGH, IBR 2015, 198).*)
2. Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB erfasst auch nachträglich eintretende Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren.*)

IBRRS 2022, 1912

OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2021 - 10 U 308/20
1. Behauptet der Auftragnehmer eines sog. Detail-Pauschalvertrags, der ursprünglich vereinbarte Pauschalpreis sei nachträglich erhöht worden, hat er diese Vertragsänderung darzulegen und zu beweisen.
2. Ein verdeckter Kalkulationsirrtum berechtigt den Auftragnehmer nicht zur Anfechtung der Preisvereinbarung.
3. Erbringt der Auftragnehmer einen Teil der Leistung nicht und lässt der Auftraggeber diese Leistungen anderweitig ausführen, ohne dem Auftragnehmer zuvor den Auftrag zu entziehen, liegt eine sog. freie Kündigung vor und der Auftragnehmer hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen.

IBRRS 2022, 1910

OLG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2020 - 10 U 310/19
1. Die Abnahme ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die zu ihrer Wirksamkeit einer Zustimmung oder Annahme durch den Auftragnehmer nicht bedarf.
2. Eine ausdrückliche und unmissverständliche Abnahmeerklärung beinhaltet gleichzeitig den konkludent miterklärten Verzicht auf die Durchführung der vertraglich vorgesehenen förmlichen Abnahme.
3. Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit als Fälligkeitsvoraussetzung für die Schlussrechnung ist fristgebunden. Mit nicht fristgerecht vorgebrachten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit ist der Auftraggeber im Hinblick auf die Fälligkeit der Werklohnforderung ausgeschlossen. Die entsprechenden Einwände bleiben dann allein für die Schlüssigkeit und Begründetheit der Klageforderung relevant.
4. Eine pauschal gehaltene Rüge, die Rechnung sei nicht prüffähig oder nicht nachvollziehbar, genügt nicht. Vielmehr müssen die Einwendungen den Auftragnehmer in die Lage versetzen, die fehlenden Anforderungen nachzuholen. Deshalb muss der Auftraggeber in seiner Rüge substantiiert vortragen, inwieweit ihm an welchen Stellen und zu welchen Punkten Informationen aus der Rechnung fehlen.
5. Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Auftraggeber wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen überhaupt einzusteigen.
6. Hat der Auftragnehmer zur Bildung des Angebotspreises vor Vertragsabschluss oder Angebotseinreichung keine bzw. nur eine unzureichende oder überschlägige Urkalkulation angefertigt, muss er, um den Anforderungen der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung bei der Bildung der Nachtragspreise genügen zu können, im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Vertragspreisniveaus zu bewerten sind.
7. Eine ursprünglich nicht vorhandene oder gegebenenfalls nur skizzenhaft angefertigte Urkalkulation muss der Auftragnehmer nachträglich anfertigen bzw. ausbauen und ergänzen.
8. In die Schlussrechnung ist die gesamte Vergütung einschließlich der vergütungsgleichen Ansprüche einzustellen. Die Abrechnung hat alle mit der Bauleistung im Zusammenhang stehende Ansprüche des Auftragnehmers zu enthalten, die ihre Grundlage im Vertrag haben, wie z. B. insbesondere Ansprüche wegen Behinderung und Unterbrechung der Ausführung.
9. Macht der Auftragnehmer Schadensersatzansprüche wegen Behinderungen des Bauablaufs geltend, hat er darzulegen wie der ursprüngliche Bauablaufplan aussah, durch welche - gegebenenfalls mehrere - Ereignisse es wann zu welcher konkreten Störung, Behinderung oder Verzögerung kam und weshalb diese nicht in den Verantwortungsbereich des Auftragnehmers fielen, außerdem wie sich die Störung auf den weiteren zeitlichen Ablauf der Vertragsdurchführung ausgewirkt hat, wann eine diesbezügliche Störungsanzeige an die Auftraggeberseite erfolgte, wie hierauf reagiert wurde und weshalb die eingetretene Störung bzw. Verzögerung im weiteren Bauablauf auftragnehmerseitig nicht mehr kompensierbar war. Erforderlich ist eine möglichst konkrete Darstellung des Behinderungstatbestandes und seiner behindernden Wirkung.
10. Die Schwierigkeit, jeden einzelnen Behinderungstatbestand als solchen und eine von diesem kausal verursachte Bauverzögerung darzustellen und im Streitfall zu beweisen, rechtfertigt weder Beweiserleichterungen noch eine Reduzierung der Vortragslast zugunsten des Auftragnehmers.

IBRRS 2022, 1532

OLG Rostock, Urteil vom 02.07.2021 - 7 U 75/21
1. Abgenommen ist ein Werk, wenn es durch den Besteller entgegengenommen wird und er ausdrücklich oder schlüssig erklärt, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt.
2. Eine schlüssige Abnahme liegt vor, wenn dem Besteller das geschuldete Werk übergeben wird und er dies für sich und seine Zwecke vorbehaltlos verwertet.
3. Im Rahmen eines vor dem 01.01.2018 geschlossenen und nach BGB zu beurteilenden Bauvertrags ist die Erstellung einer prüfbaren Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung.
4. Der Besteller ist nach Treu und Glauben mit solchen Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen, die er nicht spätestens innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Rechnung vorgebracht hat (Anschluss an BGH, IBR 2004, 79).

IBRRS 2022, 1786

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2021 - 5 U 177/20
1. Der Auftragnehmer haftet nach dem funktionalen Mangelbegriff nicht nur für die vereinbarte Beschaffenheit, sondern ist auch verpflichtet, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes, funktionstaugliches Werk zu erbringen.
2. Er haftet auch (verschuldensunabhängig) - vorbehaltlich einer etwaigen Enthaftung nach § 4 Abs. 3, § 13 Abs. 3 VOB/B - für Mängel der gelieferten Baustoffe im Rahmen seiner vertraglichen Herstellungspflicht, wenn diese dazu führen, dass das Werk nicht den genannten Anforderungen genügt.
3. Der Auftragnehmer kann sich nicht hinsichtlich solcher Fehler enthaften, die einem Nachunternehmer seines Baustofflieferanten bei der Herstellung eines vom Auftraggeber vorgeschriebenen, generell geeigneten Baustoffs unterlaufen sind.

IBRRS 2022, 2093

OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.06.2022 - 22 U 192/21
1. Auch wenn der mit einem privaten Auftraggeber geschlossene Bauvertrag auf die VOB/B Bezug nimmt, wird sie nicht Vertragsbestandteil, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber vor oder bei Vertragsschluss die VOB/B nicht übergeben hat.
2. Der Auftraggeber kann die Abnahme auch verfrüht erklären. Eine vorzeitige konkludente Abnahme kommt aber nicht in Betracht, wenn die Leistung noch nicht vollständig erbracht ist.
3. Gerät der Auftragnehmer mit der Herstellung in Verzug, steht dem Auftraggeber auch vor Abnahme ein Anspruch auf Erstattung der Kosten Ersatzvornahme für die Fertigstellung der Leistung zu.
4. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftragnehmers, wonach "die Fertigstellung im Sinne des Zahlungsplans bedeutet, dass die Arbeiten im Wesentlichen fertig gestellt sind und Rest- oder Nachbesserungsarbeiten nicht zur Zurückhaltung der gesamten Rate berechtigen", benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist unwirksam.

IBRRS 2022, 2082

OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.06.2022 - 9 U 163/20
1. Die Instandsetzung von beschädigten Abwasserleitungen im sog. Inlinerverfahren ist heute eine jedem Fachmann bekannte Standardmethode bei der Sanierung und Reparatur von Abwasserleitungen.*)
2. Schlägt ein Unternehmer für Haustechnik einem Grundstückseigentümer vor, eine beschädigte Abwasserleitung durch die Verlegung einer neuen Leitung auf dem Grundstück zu ersetzen, muss er den Auftraggeber gegebenenfalls darauf hinweisen, dass eine Sanierung der alten Leitung im Inlinerverfahren möglicherweise wesentlich kostengünstiger wäre. Wenn Inlinersanierungen nicht zum eigenen Leistungsspektrum des Unternehmers gehören, ändert dies nichts.*)
3. Wenn der Grundstückseigentümer bei zutreffender Aufklärung ein anderes Unternehmen mit einer Sanierung der Abwasserleitung im Inlinerverfahren beauftragt hätte, kommt ein Schadensersatzanspruch gegen den Haustechnikunternehmer wegen der durch die Neuverlegung entstandenen Mehrkosten in Betracht.*)
4. Für die Feststellung eines Schadens des Grundstückseigentümers kommt es darauf an, ob eine Inlinersanierung erfolgreich gewesen wäre. Dabei ist gem. § 287 Abs. 1 ZPO eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Die Wahrscheinlichkeit kann im Rechtsstreit durch das Gutachten eines Sachverständigen abgeschätzt werden, der einerseits die von ihm festgestellten örtlichen Verhältnisse berücksichtigt und andererseits die in Fachkreisen bekannten Erfahrungen mit Inlinersanierungen.*)

IBRRS 2022, 2063

OLG Hamm, Beschluss vom 19.05.2022 - 21 U 18/21
1. Eine Klausel in einem vom Auftraggeber vorformulierten Bauvertrag, wonach die Vorlage von (Unbedenklichkeits-)Bescheinigungen Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung ist, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und unwirksam. Das gilt jedenfalls dann, wenn schon das Fehlen einer einzigen Bescheinigung dazu führt, dass die Forderung insgesamt nicht fällig wird.
2. Der Arbeitnehmer eines Nachunternehmers ist nicht verpflichtet und kann durch eine vorformulierte Klausel auch nicht dazu verpflichtet werden, den Generalunternehmer von der Nichtzahlung des Mindestlohns in Kenntnis zu setzen.

IBRRS 2022, 0584

OLG Koblenz, Beschluss vom 05.01.2022 - 2 W 427/21
Der Bauunternehmer, dem im Rahmen einer abstrakten Klauselkontrolle verboten worden ist, sich die Darlehensauszahlungsansprüche des Bauherrn abtreten zu lassen, handelt diesem Verbot auch dadurch zuwider, dass er zunächst Bauverträge mit anderen Sicherungsregeln abschließt, im Zuge der Vertragsabwicklung dann aber erneut mit Hilfe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen alternativ eine derartige Abtretung anbietet.

IBRRS 2022, 1535

OLG Frankfurt, Urteil vom 19.12.2019 - 5 U 171/18
1. Abschlagszahlungen haben nur vorläufigen Charakter. Mit der Bezahlung von Abschlagszahlungen ist deshalb grundsätzlich kein (Teil-)Anerkenntnis des Auftraggebers verbunden.
2. Ein Auftragnehmer, der dem Auftraggeber ein Nachtragsangebot unterbreitet, macht damit ein abschließendes Angebot, das auch bauzeitbedingt entstandenen Mehrbedarf umfasst.

IBRRS 2022, 1763

OLG Bamberg, Beschluss vom 09.10.2019 - 4 U 185/18
1. Wird der Baugrund in der Leistungsbeschreibung nicht näher beschrieben und werden insbesondere keine Einschränkungen bezüglich der Bodenklassen gemacht, ist der Aushub des jeweils vorgefundenen Bodens geschuldet und von der vereinbarten (Pauschal-)Vergütung umfasst. Das gilt auch dann, wenn dem Auftragnehmer keine konkreten Erkenntnisse über die Baugrundverhältnisse vorliegen.
2. Schließen die Parteien eines Bauvertrags eine Pauschalpreisvereinbarung, trägt der Auftragnehmer das sog. Mehrmengenrisiko und hat bei Mehrmengen, die nicht auf einen "Eingriff" des Auftraggebers zurückzuführen sind, keinen Anspruch auf Mehrvergütung.
IBRRS 2022, 1762

OLG Bamberg, Gerichtlicher Hinweis vom 29.07.2019 - 4 U 185/18
1. Wird der Baugrund in der Leistungsbeschreibung nicht näher beschrieben und insbesondere keine Einschränkungen bezüglich der Bodenklassen gemacht, ist der Aushub des jeweils vorgefundenen Bodens geschuldet und von der vereinbarten (Pauschal-)Vergütung umfasst. Das gilt auch dann, wenn dem Auftragnehmer keine konkreten Erkenntnisse über die Baugrundverhältnisse vorliegen.
2. Schließen die Parteien eines Bauvertrags eine Pauschalpreisvereinbarung, trägt der Auftragnehmer das sog. Mehrmengenrisiko und hat bei Mehrmengen, die nicht auf einen "Eingriff" des Auftraggebers zurückzuführen sind, keinen Anspruch auf Mehrvergütung.

IBRRS 2022, 1760

OLG Stuttgart, Urteil vom 18.02.2020 - 10 U 2/17
1. Der Auftragnehmer muss auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen, wenn Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile so unzureichend sind, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können.
2. Die besondere Abhilfepflicht des Auftragnehmers - und der korrespondierende Abhilfeanspruch des Auftraggebers - greift nicht bereits dann ein, wenn Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile unzureichend sind, sondern setzt zusätzlich voraus, dass wegen des Defizits an Arbeitskräften oder Material "die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können".
3. Ist eine Vertragsfrist aber aufgrund von Verzögerungen im Bauablauf gegenstandslos geworden, droht keine Nichteinhaltung dieser Frist mehr.
4. Liegen die Voraussetzungen für eine Auftragsentziehung wegen einer unzureichenden Ausstattung der Baustelle nicht vor, ist eine Kündigungserklärung als "freie" Kündigung anzusehen.

IBRRS 2022, 1913

OLG München, Beschluss vom 19.07.2021 - 28 U 1262/21 Bau
1. Der Unternehmer kann die Mängelbeseitigung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
2. Für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie beispielsweise ein mögliches Verschulden des Unternehmers, der wirtschaftliche Vorteil der Mängelbeseitigung für den Besteller und das Interesse des Bestellers an der Mängelbeseitigung.
3. Verzögert der Unternehmer die Mängelbeseitigung über einen längeren Zeitraum (hier: 12 Jahre) dem Grunde nach unberechtigt, kann er sich nicht auf eine erst durch den Zeitablauf vermeintlich neu entstandene Unverhältnismäßigkeit berufen.

IBRRS 2022, 1983

BGH, Urteil vom 05.05.2022 - VII ZR 176/20
Zur Auslegung des Begriffs "Abrechnungssumme" in einer vom Besteller gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung, mit der eine Vertragsstrafe vereinbart wird.*)

IBRRS 2022, 1975

OLG Hamm, Urteil vom 10.05.2022 - 21 U 2/21
1. Haben die Parteien einen Werklohn inklusive Umsatzsteuer vereinbart und im Vertrag die Anpassung des Umsatzsteueranteils bei Änderungen des Umsatzsteuersatzes vorgesehen, ist der Umsatzsteueraufwand als selbständiger Teil des zu zahlenden Entgelts zu qualifizieren und von einer Nettopreisvereinbarung auszugehen, denn aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergibt sich diesbezüglich ein übereinstimmender Wille der Parteien, dass genau der Umsatzsteuerbetrag gezahlt werden soll, der tatsächlich anfällt, und die Vergütungshöhe insofern variabel ist (Anschluss an OLG Frankfurt, IBR 2021, 454).*)
2. Sieht die Preisvereinbarung der Parteien vor, dass der Auftragnehmer in seine angebotenen Einheitspreise die kalkulierten Verwertungserlöse für seinerseits ersetzte, in sein Eigentum übergegangene Bauteile derart einzurechnen hat, dass sie die Höhe der Einheitspreise verringern, ohne dass sich die Parteien bei Vertragsschluss Gedanken über auf die Verwertungserlöse als tauschähnliche Umsätze anfallende Umsatzsteuer gemacht und dazu eine Regelung getroffen hätten, liegt eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließende planwidrige Regelungslücke vor.*)
3. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist das Vertragswerk im Zusammenhang unter besonderer Beachtung des Grundsatzes der beiderseits interessengerechten Auslegung zu betrachten. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass redliche Parteien eine geeignete Regelung getroffen hätten, um eine unvorhergesehene und ungewollte Schmälerung des Erlöses auf Seiten des Leistungserbringers zu verhindern (Anschluss an BGH, IBR 2022, 3).*)
4. Dafür kann insbesondere auch der Umstand sprechen, dass der Auftraggeber bei späteren Ausschreibungen vergleichbarer Leistungen in Zusammenhang mit der Vorgabe, Verwertungserlöse in die Einheitspreise einzurechnen, auf deren Besteuerung hinweist und gleichzeitig ihre separate Ausweisung in den zu stellenden Rechnungen fordert.*)

IBRRS 2022, 1873

OLG Brandenburg, Urteil vom 12.05.2022 - 12 U 141/21
1. Lässt der Auftraggeber in Kenntnis eines Nachtragsangebots eine Position zu dem ihm angebotenen Einheitspreis widerspruchslos ausführen, kommt konkludent eine vertragliche Vereinbarung auch über die Höhe des Einheitspreises zustande.
2. Aus der zwischen den Parteien eines VOB/B-Vertrags bestehenden Kooperationspflicht folgt die Pflicht des Auftraggebers zu einem alsbaldigen Widerspruch, wenn er die einem Nachtragsangebot zu Grunde liegenden Preise nicht gegen sich gelten lassen will.
3. Wird eine Rückvergütung für unbelastetes Fräsgut vom Auftragnehmer in die Preisgestaltung miteinkalkuliert und ist das zu entsorgende Material belastet und damit nicht wiederverwertbar, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer den entfallenen Vorteil zu ersetzen (Anschluss an Senat, IBR 2020, 394).
IBRRS 2022, 1673

OLG Celle, Urteil vom 17.06.2021 - 6 U 8/21
1. Verlangt der Auftraggeber die Ausführung weiterer Leistungen (hier: den Abriss eines Nebengelasses) und nimmt er das Nachtragsangebot des Auftragnehmers nicht an, weil er diese Leistungen als vom "Bausoll" umfasst ansieht, steht dem Auftragnehmer für die Erbringung der entsprechenden Arbeiten ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu, wenn sich herausstellt, dass die Leistungen nicht zum "Bausoll" gehören.
2. Erbringt der Auftragnehmer die Leistungen im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit, steht ihm für den Arbeitsaufwand die hierfür übliche Vergütung zu.

IBRRS 2022, 1625

OLG Hamburg, Urteil vom 28.09.2021 - 4 U 89/20
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2022, 1876

OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2021 - 2 U 29/20
1. a) Werden bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems mit einem dreiteiligen Aufbau (Dämmstoffplatten aus Mineralwolle, mit Textilglas-Gittergewebe bewehrter Unterputz und Oberputz) für den Unterputz und für den Oberputz jeweils die nach der bauaufsichtsrechtlichen Zulassung vorgegebenen Mindeststärken nicht eingehalten, so liegt ein Mangel in der Ausführung der Bauarbeiten vor, für welchen der Bauunternehmer einzustehen hat.*)
b) Ist wegen der flächendeckenden Verteilung der mangelhaften Putzstärken einerseits und wegen des - auch aufgrund der Prozessdauer - entstandenen erheblichen zeitlichen Abstands der Mängelbeseitigungsarbeiten zur Fertigstellung der ursprünglichen Leistungen eine komplette Neuherstellung des Wärmedämmverbundsystems erforderlich, so ist bereits im Rahmen der Berechnung des Mangelbeseitigungskostenvorschusses und später bei dessen Abrechnung jeweils ein Abzug "neu für alt" zu berücksichtigen.*)
2. Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt ist verpflichtet, bei der Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems darauf zu achten, dass das nach der allgemeinen bauaufsichtsrechtlichen Zulassung einzuhaltende Vorgehen strikt eingehalten wird. Das erfordert eine jedenfalls stichprobenhafte Kontrolle der Ausführung der Arbeiten bezüglich des eingesetzten Materials, der ausreichenden Materialmengen, des Einsatzes geschulten Personals und der sachgerechten Verwendung des richtigen Werkzeugs.*)
3. Im Rahmen der Objektplanung für das Gebäude ist ein Architekt grundsätzlich verpflichtet, einen hinreichenden Schutz der Fassade vor Spritzwasser im erdberührten Bereich vorzusehen. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er nicht mit den Planungen der Außenanlagen nicht beauftragt worden sei, weil ein Gebäude nicht von seiner Umgebung zu trennen ist; insoweit obliegen ihm zumindest Hinweispflichten gegenüber dem Bauherrn auf einen (bislang) fehlenden Spritzwasserschutz.*)
IBRRS 2022, 1868

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.04.2022 - 29 U 155/21
Die Haftung eines Bauunternehmers für einen Baumangel ist nicht wegen fehlender Planung zum betreffenden Bauteil als Mitverschulden gemindert, wenn der Unternehmer die Bauleistung von vorneherein ohne die ihm zur Verfügung zu stellende Planung übernommen hat, d. h. selbst die Planungsverantwortung trägt.*)

IBRRS 2022, 1090

OLG Köln, Beschluss vom 23.10.2020 - 19 U 78/20
1. Der Auftraggeber kann bis zur Vollendung der Leistung jederzeit den Vertrag kündigen.
2. Dem Auftragnehmer steht die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
3. Der Anspruch des Auftragnehmers entsteht von vornherein nur in Höhe der Differenz zwischen vereinbarter Vergütung einerseits und ersparter Aufwendungen sowie anderweitigem Erwerb andererseits.

IBRRS 2022, 1832

OLG München, Beschluss vom 22.03.2021 - 28 U 269/21 Bau
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2022, 1830

OLG München, Gerichtlicher Hinweis vom 11.02.2021 - 28 U 269/21 Bau
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2022, 1772

OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2020 - 7 U 21/18
1. Gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B besteht ein Anspruch auf Mehrvergütung, wenn "durch eine Änderung des Bauentwurfs oder eine Anordnung des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden". Wenn sich die Qualität von Nassbaggerarbeiten aufgrund einer Nachtragsanordnung ändert (hier: statt punktueller Eintreibungsbaggerung mit einem Stelzenbagger nunmehr Flächenbaggerung mit einem Eimerkettenbagger), handelt es sich um eine solche Nachtragsanordnung.*)
2. Zur Abgrenzung von § 2 Abs. 5 und § 2 Abs. 6 VOB/B ("zusätzliche Leistung"): § 2 Abs. 6 VOB/B betrifft den Fall, dass eine neue, vom bisherigen Vertrag noch gar nicht umfasste Leistung verlangt wird. § 2 Abs. 5 VOB/B betrifft hingegen den Fall, dass eine vom Vertrag vorgesehene Leistung nur anders ausgeführt werden soll.*)
3. Die Frage, wie eine die Vergütungsanpassung bei nachträglichen Anordnungen des Auftraggebers gem. § 2 Abs. 5 VOB/B vorzunehmen ist, ist in der VOB/B nicht geregelt. Wenn die Parteien sich nicht auf die Elemente der Preisbildung geeinigt haben, enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Zu fragen ist, welchen Maßstab die Parteien zur Bestimmung des neuen Einheitspreises vertraglich zu Grunde gelegt hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten.*)
4. Ob die Rechtsprechung des BGH (IBR 2019, 536) zu Mengenmehrungen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (die vorkalkulatorische Preisfortschreibung soll insoweit nicht maßgeblich sein, vielmehr könne der neue Einheitspreis auch selbstständig und losgelöst davon nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bestimmt werden) auch für den Fall einer Mehrvergütung aufgrund nachträglicher Änderungsanordnungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B gilt, ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden.*)
5. Im Rahmen der Vergütungsanpassung nach § 2 Abs. 5 VOB/B kommt den vorkalkulatorischen Kostenansätzen des Auftragnehmers insoweit indizielle Bedeutung zu, als sich hieraus Anhaltspunkte für die vom Gericht vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung ableiten lassen. Wenn die Parteien in ihrem Vertragswerk für eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen Preise vereinbart haben, spricht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie sich an diesen Preisabreden orientiert hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall von vorneherein bedacht hätten. Maßgeblich ist dabei, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten. Die kalkulierten Kosten sind ein Hilfsmittel für die Ermittlung des "neuen Preises".*)
6. Die gemeinsame Einigung über eine neue Vergütung, also die Vereinbarung eines neuen Preises, ist gegenüber der Preiskorrektur/-anpassung für eine Neuberechnung vorrangig.*)
7. Der Baubevollmächtigte nimmt die Rechte des Auftraggebers aus dem Bauvertrag gegenüber dem Unternehmen wahr. Bei einer Außenvollmacht ist unerheblich, ob gemäß den internen Vergabebedingungen des Auftraggebers eine Volumenbegrenzung für Nachtragsaufträge vorliegt.*)
8. Es würde die gesetzlichen Anforderungen an die Fälligkeit und Prüfbarkeit einer Schlussrechnung überspannen, wenn man zusammen mit der Rechnung zeitgleich stets auch eine entsprechende Nachtragskalkulation präsentieren müsst. Die Beifügung von Unterlagen ist außerdem regelmäßig dann nicht erforderlich, wenn der Auftraggeber die Bauleitung selbst übernommen bzw. einem Ingenieur übertragen hat.*)
9. Für die Zulässigkeit einer Berufung ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsklägers rechtlich schlüssig sind.*)
IBRRS 2022, 1435

OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2020 - 16 U 34/20
1. Die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ist nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden als sie im Vordersatz Eingang gefunden haben. Dementsprechend ist § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B nicht anwendbar, wenn sich die Mengen durch Anordnungen des Auftraggebers ändern oder dieser einen Teil der Leistung kündigt.
2. Verzichtet der Auftraggeber vollständig auf die Ausführung bestimmter Positionen des Leistungsverzeichnisses, handelt es sich nicht um eine "Mengenreduzierung auf Null", sondern um eine freie Teilkündigung.
3. Ein entgangener Vergabegewinn ist keine ersparte Aufwendung.

IBRRS 2022, 1434

OLG Celle, Beschluss vom 27.08.2020 - 16 U 34/20
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2022, 1433

OLG Celle, Gerichtlicher Hinweis vom 21.08.2020 - 16 U 34/20
1. Die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ist nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden als sie im Vordersatz Eingang gefunden haben. Dementsprechend ist § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B nicht anwendbar, wenn sich die Mengen durch Anordnungen des Auftraggebers ändern oder dieser einen Teil der Leistung kündigt.
2. Verzichtet der Auftraggeber vollständig auf die Ausführung bestimmter Positionen des Leistungsverzeichnisses, handelt es sich nicht um eine "Mengenreduzierung auf Null", sondern um eine freie Teilkündigung.
3. Ein entgangener Vergabegewinn ist keine ersparte Aufwendung.

IBRRS 2022, 1764

OLG Celle, Urteil vom 18.05.2022 - 14 U 180/21
1. Die Mangelfreiheit eines Werks folgt nicht allein daraus, dass einschlägige DIN eingehalten werden. Ein Mangel liegt nicht nur dann vor, wenn das Werk nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern auch, wenn es sich nicht zum vertragsgemäßen Zweck eignet, unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (BGH, Urteil vom 20.04.1989 - VII ZR 80/88, IBRRS 1989, 0696).*)
2. Dass der Umfang der Bindungswirkung eines Grundurteils durch Auslegung zu ermitteln ist, ändert nichts an dem Grundsatz, dass Fragen der Schadenshöhe nicht in Bindungswirkung erwachsen (BGH, Urteil vom 20.12.2005 - XI ZR 66/05, IBRRS 2006, 0254).*)
3. Feststellungen zur Anspruchshöhe sind in einem Grundurteil unzulässig und binden für das Betragsverfahren auch dann nicht, wenn das Gericht eine Bindungswirkung herbeiführen wollte.*)

IBRRS 2022, 1758

OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.03.2022 - 5 U 52/21
Ein Verbraucherbauvertrag liegt auch bei gewerkeweiser Vergabe vor, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen (Anschluss an OLG Hamm, IBR 2021, 351; entgegen KG, IBR 2022, 128).

IBRRS 2022, 1672

OLG Schleswig, Urteil vom 30.04.2019 - 7 U 152/18
1. Der Auftraggeber, der einen Mangel nicht beseitigen lässt, kann seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen (BGH, IBR 2018, 196).
2. Hat der Auftraggeber die Ersatzvornahme durch einen Drittunternehmer "schwarz" ausführen lassen, kann er die dafür geleistete Vergütung nicht vom Auftragnehmer ersetzt verlangen.
3. Lässt der Auftraggeber den Mangel nicht (ordnungsgemäß) beseitigen, besteht gleichwohl ein Anspruch auf Minderung der Vergütung (BGH, IBR 2018, 197). Der mangelbedingte Minderwert des Werks ist ausgehend von der vereinbarten Vergütung als Maximalwert unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu schätzen.

IBRRS 2022, 1669

OLG Oldenburg, Beschluss vom 05.07.2021 - 2 U 85/21
1. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass der Werklohn (teilweise) bar gezahlt und hierfür keine ordnungsgemäße Quittung ausgestellt wird, spricht dies für eine Schwarzgeldabrede.
2. Eine Schwarzgeldabrede führt zur vollständigen Nichtigkeit des geschlossenen Bauvertrags.
3. Aus einer ordnungsgemäßen Quittung müssen das Vertragsverhältnis, der Leistungsgegenstand sowie der Ort und die Zeit der Leistung und gegebenenfalls auch die Parteien hervorgehen.

IBRRS 2022, 1668

OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.07.2021 - 2 U 85/21
1. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags, dass der Werklohn (teilweise) bar gezahlt und hierfür keine ordnungsgemäße Quittung ausgestellt wird, spricht dies für eine Schwarzgeldabrede.
2. Eine Schwarzgeldabrede führt zur vollständigen Nichtigkeit des geschlossenen Bauvertrags.
3. Aus einer ordnungsgemäßen Quittung müssen das Vertragsverhältnis, der Leistungsgegenstand sowie der Ort und die Zeit der Leistung und gegebenenfalls auch die Parteien hervorgehen.
