Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 04/2017 - Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit April 2016 gelten die ersten Verpflichtungen zur Einführung der eVergabe. „Zentrale Beschaffungsstellen“ müssen seit Frühjahr dieses Jahres vollständige eVergabe-Verfahren durchführen. Spätestens ab Oktober gilt die Pflicht zur eVergabe auch für die letzten Vergabestellen. Zu den neuen Pflichten der Bieter gehört es, dass Angebote elektronisch einzureichen sind. Das ist für die Bieter nicht frei von Risiken. So hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass bei elektronischen Angeboten die Vertraulichkeit durch Verschlüsselung des Angebots sicherzustellen ist. Eine ausdrückliche diesbezügliche Vorgabe des Auftraggebers ist dafür nicht erforderlich. Reicht der Bieter ein unverschlüsseltes elektronisches Angebot ein, ist dieses zwingend auszuschließen, wobei es auf die Frage eines etwaigen Verschuldens oder Vertretenmüssens nicht ankommt. Der Mangel der fehlenden Verschlüsselung kann nach Ansicht des Gerichts auch nicht durch die nochmalige verschlüsselte Übermittlung des Angebots geheilt werden ( S. 125).
Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 31.01.2017 mit der Höhe der Entschädigung für eine Angebotsbearbeitung befasst. Wer als Bieter an einer öffentlichen Ausschreibung teilnimmt, erhält die mit der Angebotserstellung verbundenen Kosten in der Regel zwar nicht ersetzt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Auftraggeber – wie bei einer funktionalen Ausschreibung – verlangt, dass die Bieter Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Mengenberechnungen oder andere Unterlagen auszuarbeiten haben. Dann hat er beispielsweise nach § 8b Abs. 2 Nr. 1 VOB/A 2016 einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine Entschädigung festzusetzen. Wird deren Höhe erst später festgelegt, ist ein Betrag in Höhe von einem bis zu zwei Dritteln der durchschnittlichen Kosten angemessen ( S. 136).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR