Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
10940 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2010
IBRRS 2010, 2716
OLG Celle, Beschluss vom 15.07.2010 - 13 Verg 9/10
1. Will ein Auftraggeber statt einer ausgeschriebenen Leistung eine andere Leistung in einem neuen Vergabeverfahren beschaffen, kann er nicht verpflichtet werden, das ursprüngliche Verfahren fortzusetzen und das neue Verfahren zu beenden, wenn es sich um unterschiedliche Leistungsgegenstände handelt.*)
2. Für Architektenplanungen muss dabei entscheidend sein, ob die ausgeschriebenen Leistungen sich in solchen Elementen unterscheiden, die wesentlichen Einfluss auf das Charakteristische einer planerischen Lösung haben können. Wenn es nicht mehr damit getan ist, einen planerischen Entwurf an eine veränderte Situation anzupassen, sondern eine völlig neue planerische Konzeption im Raum steht, handelt es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand.*)

IBRRS 2010, 2693

VK Nordbayern, Beschluss vom 21.07.2008 - 21.VK-3194-27/08
1. Sinn der Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) ist es, dem Auftraggeber die Möglichkeit zu geben, Vergaberechtsfehler im frühest möglichen Stadium zu korrigieren, so dass unnötige Nachprüfungsverfahren vermieden werden können. Dabei ist zum Ausdruck zu bringen, welcher Sachverhalt konkret zugrunde gelegt und woraus im einzelnen ein Vergabeverstoß abgeleitet wird. Wird ein Verstoß gegen die Produktneutralität der Ausschreibung gerügt, ist zumindest das Leitfabrikat zu nennen, welches der Ausschreib*)
2. Es gebieten die mit dem Fehlen von Erklärungen verbundenen schwerwiegenden Folgen, dass die ausschreibende Stelle eindeutig bestimmt, welche Erklärungen sie für die Angebotswertung fordert. Wie die Leistung selbst eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist (vgl. § 9 Nr.1 VOB/A), erfordert es das Prinzip der Gleichbehandlung (§ 2 Nr. 2 VOB/A) auch, eine objektive Mehrdeutigkeit der Ausschreibungsunterlagen in den geforderten Erklärungen nicht zum Nachteil eines Bieters ausschlagen zu lassen.*)
3. Der Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium ist trotz § 97 Abs. 5 GWB und § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A, wonach der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt wird und der niedrigste Angebotspreis allein nicht entscheidend ist, zulässig. Denn dem Auftraggeber obliegt es, diejenigen Zuschlagskriterien zu benennen, deren Verwendung er für die Wertung der Angebote vorsieht ( §§ 25a Nr. 1, 10a Buchst. a VOB/A ). In diesem Rahmen kann er auch nur auf den Preis, dem in der Regel ohnehin ein erhebliches Gewicht zukommen muss, als für die Wertung allein entscheidendes Kriterium abstellen.*)
4. Nach § 9 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/A ist die vom Bieter auszuführende Leistung so erschöpfend und eindeutig zu beschreiben, dass dem Bieter ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermittelt und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglicht wird ( § 9 Nr. 6 Abs. 2 VOB/A ). Nach § 9 Nr. 10 Satz 1 VOB/A ist die Leistung produktneutral zu beschreiben. Eine Verpflichtung zur Abfrage des Fabrikates bestehtdarüber hinaus nicht. Die VSt kann sich auch darauf beschränken, nach Öffnung der Angebote nur vom mindestnehmenden Bieter die Fabrikate/Typen der angebotenen Geräte zu erfragen. Solche Verhandlungen sind nach § 24 VOB/A statthaft.*)

IBRRS 2010, 2665

OLG München, Beschluss vom 05.11.2009 - Verg 15/09
1. Zum notwendigen Bestandteil einer Rüge gehört weder, dass der Bieter das Wort "Rüge" benutzt, noch, dass er die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens androht.*)
2. Enthält ein ausgeschriebener Auftrag sowohl Elemente eines Bauauftrages als auch eines Lieferauftrages, richtet sich der Charakter der ausgeschriebenen Leistung grundsätzlich nach dem Schwerpunkt der ausgeschriebenen Leistung.*)
3. Ein Bieter kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn er selbst konkret durch die fehlende europaweite Ausschreibung in seinen Rechten verletzt worden ist.*)
4. Auch bei einem Verstoß des Auftraggebers gegen die Pflicht zur produktneutralen Ausschreibung ist ein Angebot eines Bieters zwingend auszuschließen, wenn das Angebot aus anderen Gründen als der fehlenden Übereinstimmung mit dem vorgegebenen Produkt nicht den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entspricht.*)

IBRRS 2010, 2654

EuGH, Urteil vom 15.07.2010 - Rs. C-74/09
1. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die einen Unternehmer, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verpflichtet, für die Erteilung eines öffentlichen Auftrags im Mitgliedstaat des öffentlichen Auftraggebers im letztgenannten Mitgliedstaat Inhaber einer Registrierung in Bezug auf das Nichtvorliegen der in Art. 24 Abs. 1 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG aufgeführten Ausschlussgründe zu sein, sofern eine solche Verpflichtung die Beteiligung des Unternehmers an dem betreffenden Vergabeverfahren weder erschwert noch verzögert und keine übermäßigen Verwaltungskosten verursacht und sie ferner allein der Überprüfung der beruflichen Eignung des Betroffenen im Sinne dieser Bestimmung dient.*)
2. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach mit der Überprüfung der Bescheinigungen, die einem Unternehmer aus einem anderen Mitgliedstaat von den Steuer- und Sozialbehörden dieses Mitgliedstaats ausgestellt worden sind, eine andere Stelle als der öffentliche Auftraggeber betraut ist, wenn
- sich diese Stelle mehrheitlich aus Personen zusammensetzt, die von den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerorganisationen des Baugewerbes der Provinz benannt sind, in der das betreffende öffentliche Vergabeverfahren abläuft, und
- sich diese Befugnis auf eine inhaltliche Kontrolle der Gültigkeit dieser Bescheinigungen erstreckt.*)

IBRRS 2010, 2653

EuGH, Urteil vom 15.07.2010 - Rs. C-271/08
Rahmenverträge über die betriebliche Altersvorsorge von Beschäftigten in Kommunen und kommunalen Betrieben müssen europaweit ausgeschrieben werden, wenn das Entgeltumwandlungsvolumen über vier Jahre den Schwellenwert in Höhe von 193.000 Euro übersteigt.

IBRRS 2010, 2647

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2009 - 15 Verg 5/09
1. Der Begriff der Bekanntmachung nach § 107 Abs. 3 GWB bestimmt sich unabhängig von der üblichen Form europaweiter Ausschreibungen nach § 17 VOL/A.
2. Für die Antragsbefugnis bedarf es der Darstellung eines Schadens oder einer konkreten Chancenbeeinträchtigung, wenn beanstandet wird, dass eine nationale Ausschreibung erfolgt ist, anstelle einer europaweiten Ausschreibung.
3. Zu Anforderungen an die Schätzung des Werts des Auftrags.

IBRRS 2010, 2608

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2010 - Verg 9/10
1. Der öffentliche Auftraggeber muss ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der zu beschaffenden Bauleistung haben.
2. Die Ausübung städtebaulicher Regelzuständigkeiten stellt kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse dar.
3. Der Verkauf eines Grundstücks unter Wert kann zur Annahme einer finanziellen Beteiligung des öffentlichen Auftraggebers und damit zu einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse an der Bauleistung führen.
4. Parkplätze müssen der Allgemeinheit oder dem öffentlichen Auftraggeber selbst dienen, um ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse auszulösen.

IBRRS 2010, 2593

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2010 - Verg 5/10
Angebote müssen, um wertbar zu sein, inhaltlich in sich schlüssig und widerspruchsfrei sein.

IBRRS 2010, 2523

VK Berlin, Beschluss vom 20.05.2010 - VK-B2-3/10
1. Bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags trägt der Antragssteller die Kosten, wenn der Auftraggeber nicht unnötigerweise die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens veranlasst hat.
2. Eine vom Grundsatz der Kostentragungspflicht des Antragstellers abweichende Entscheidung kann bei groben vergaberechtlichen Verstößen des Auftraggebers, die nicht allein auf einer rechtlichen Fehleinschätzung beruhen, in Betracht kommen.

IBRRS 2010, 2520

VK Nordbayern, Beschluss vom 18.06.2010 - 21.VK-3194-18/10
1. Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist der Bieter verpflichtet, aufgrund der Bekanntmachung erkennbare Verstöße gegen Vergabevorschriften bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung zu rügen. Erkennbar sind Regelverstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlichen Unternehmen erkannt werden.
2. Für eine laienhafte rechtliche Bewertung der Intransparenz von Wertungskriterien bedarf es keiner rechtlichen Beratung. Es geht allein um die Einschätzung des fachkundigen Bieters, ob er sich aufgrund der ihm erteilten Informationen im Stande sieht, einen wettbewerbsfähigen Teilnahmeantrag zu erstellen, d.h. ob er hinreichend erkennen kann, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber für seine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern ankommt.
3. Bei der Auswahlentscheidung, welcher Bewerber zum Wettbewerb eingeladen wird, steht dem Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der jedoch durch die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts, insbesondere den Gleichheitsgrundsatz und den Wettbewerbsgrundsatz begrenzt wird. Der Beurteilungsspielraum ist dort überschritten, wo der Auftraggeber willkürliche und damit vergabefremde Zwecke durchsetzen will.
4. Grundsätzlich liegen die Auswahlkriterien und die Tiefe bei der Entscheidungsfindung im Ermessen der VSt.

IBRRS 2010, 2514

VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2010 - 21.VK-3194-11/10
1. Die Erklärung eines Bieters zu seinem Angebot, die gegebenenfalls eine Änderung bedeutet, ist so auszulegen, wie sie von einem verständigen Empfänger in der Lage des Auftraggebers objektiv aufzufassen war. Es kommt also nicht darauf an, wie der Auftraggeber sie im vorliegenden Einzelfall tatsächlich verstanden haben kann.
2. Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten, können nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a) VOL/A ausgeschlossen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erklärung klar und unmissverständlich gefordert war. Zudem muss sich aus der Bekanntmachung bzw. den Ausschreibungsbedingungen ergeben, zu welchem Zeitpunkt die geforderten Unterlagen vorzulegen sind.
3. Die VOL/A enthält keine Vorgaben dazu, zu welchem Zeitpunkt Eignungsnachweise vorzulegen sind. Eine zwingende Vorlagepflicht mit Angebotsabgabe ist nicht normiert. Demnach ist ein Nachreichen von Unterlagen im Grundsatz nicht ausgeschlossen.
4. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a) VOL/A sind Angebote zwingend auszuschließen, für deren Wertung wesentliche Preisangaben fehlen. Bei den Angaben zur jeweiligen Gewichtung der Preisgleitklausel handelt es sich um preisrelevante Angaben, da die jeweilige Gewichtung des einzelnen Index in zukünftige Preiserhöhungen einwirkt.

IBRRS 2010, 2513

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2010 - Verg 3/10
Angebotsauslegung und Rechtsfolgen bei unvollständiger Ausfüllung der Vergabeformulare (hier: Formblatt 371-B: Lohngleitklausel für Bauleistungen).

IBRRS 2010, 2502

OLG Koblenz, Beschluss vom 10.06.2010 - 1 Verg 3/10
1. Die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB setzt keine vorherige Rechtsbehelfsbelehrung voraus, da keine Rechtsmitteleinlegungsfrist im Sinne des Anhangs VII A - Bekanntmachung Nr. 24 zur VKR bestimmt wird.
2. Hat der Auftraggeber von der Bekanntmachung geforderter Eignungsnachweise und damit auch von der indirekten Bekanntgabe eines Mindestanforderungsprofils für die Eignung im Sinne des § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB abgesehen, darf er die Eignung eines Bieters nicht allein nicht mit der Begründung verneinen, dieser habe noch keine Erfahrungen mit Leistungen der ausgeschriebenen Art.
3. Bei der TL-Transportable Schutzeinrichtungen 97 handelt es sich um eine nationale technische Spezifikation im Sinne des § 9 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e) VOB/A 2006.
4. Die Forderung eines Auftraggebers, die Einsatztauglichkeit einer passiven Schutzeinrichtung für Autobahnbaustellen mit einem "kompletten BAST-Prüfbericht" nachzuweisen, entspricht nicht mehr der Prüfpraxis der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).
5. Ein Antragsteller, der die Einsatztauglichkeit der von ihm angebotenen passiven Schutzeinrichtung (noch) nicht auf andere Weise belegen kann, ist nicht antragsbefugt, weil ihm durch die fehlerhafte Forderung der Vergabestelle kein Schaden entstehen kann.

IBRRS 2010, 2501

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.04.2010 - L 21 KR 69/09 SFB
Hilfsmittelverträge müssen nicht öffentlich ausgeschrieben werden, wenn die Krankenkasse mit jedem geeigneten Unternehmen, das Interesse an der Leistungserbringung hat, einen Rahmenvertrag abschließt (Open-House-Verfahren).

IBRRS 2010, 2500

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2010 - Verg 60/09
Weder die Wartung einer Brandmeldeanlage noch die Auswechselung einzelner Meldegeräte unterfallen dem Begriff von Bauleistungen (oder -arbeiten). Es handelt sich um eine Dienstleistung.

IBRRS 2010, 2475

OLG München, Beschluss vom 08.06.2010 - Verg 8/10
Eine ausdrückliche oder faktische Beschränkung auf deutsche Referenzobjekte verstößt gegen das Gleichbehandlungsgebot. Werden die zentralen Anforderungen einer DIN-Norm erfüllt, sind geringe landesspezifische Abweichungen der ausländischen Referenzobjekte für die Eignungsprüfung unbeachtlich.

IBRRS 2010, 2388

OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2010 - 13 Verg 4/10
Zur Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags im Beschwerdeverfahren (§ 128 Abs. 4 GWB n. F.)*)

IBRRS 2010, 2367

VK Sachsen, Beschluss vom 19.05.2010 - 1/SVK/015-10
1. Leitet der Auftraggeber nach Aufhebung des offenen Verfahrens ein nichtoffenes Verfahren ein und teilt er den Bietern mit, es seien schriftliche Angebote einzureichen und Basis des Nichtoffenen Verfahrens seien die Verdingungsunterlagen des vorangegangenen Verfahrens, so sind die dort genannten Formvorschriften und Mindestbedingungen einzuhalten. Fordert der Auftraggeber, dass Formblätter und Erklärungen unterschrieben sein müssen, (..) und das Angebot vom Bieter rechtsverbindlich an den genannten Stellen zu unterschreiben ist, so ist es nicht ausreichend, das alte Angebot kopiert und nicht unterzeichnet abzugeben oder lediglich ein geändertes neues Preisblatt einzureichen. Derartige Angebote sind zwingend auszuschließen, denn es liegt keine Willenserklärung des Bieters vor, die das Angebot in seiner Gesamtheit umfasst.*)
2. Setzt der Auftraggeber für die Unterbringung von Asylbewerbern Mindestwohnbereichsgrößen pro Person fest, so ist die Mindestraumgröße zwingend. Die im Mietrecht angewandte Toleranzgrenze von 10 % zur Bestimmung eines Mietmangels ist vorliegend nicht anzuwenden. Toleranzgrenzen sind dem Vergaberecht fremd. Auch kleinste Abweichungen führen hier zum Ausschluss, sofern der Auftraggeber diese nicht explizit zugelassen hat. Messungenauigkeiten im Vorfeld gehen zu Lasten des Bieters.*)

IBRRS 2010, 2366

VK Sachsen, Beschluss vom 11.05.2010 - 1/SVK/011-10
1. § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A, der Eignungsnachweise mittels Eintragung in das PQ-Verzeichnis zulässt, sieht nach seinem Wortlaut vor, dass alle öffentlichen Auftraggeber, die zur Anwendung der VOB/A verpflichtet sind, den Eintrag in die Liste der Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen (PQ-Verzeichnis) als Eignungsnachweise verbindlich anerkennen. Daher setzt der Hinweis des Bewerbers auf seine durch PQ nachgewiesene Eignung keineswegs das Einverständnis des Auftraggebers voraus.*)
2. Das Präqualifizierungsverfahren dient der Entbürokratisierung und Vereinfachung des Vergabeverfahrens und soll dem Bieter die zeit- und kostenaufwändige Mühe ersparen, für jede neue Ausschreibung um die er sich bewirbt erneut die geforderten Eignungsunterlagen zusammenzustellen. Dieses dem Grunde nach begrüßenswerte System der Präqualifikation würde ad absurdum geführt, wenn Nachweislücken, die sich lediglich aufgrund der noch nicht durch die Präqualifizierungsstelle erfolgten jährlichen Aktualisierungen ergeben, zu Lasten eines Bieters gingen. Denn dann wäre dieser wiederum vor jeder neuen Ausschreibung gehalten, zu überprüfen, ob die hinterlegten Dokumente noch dem aktuellen Anforderungsniveau entsprechen.*)
3. Etwas anderes gilt generell für den Fall, dass der Auftraggeber gesonderte, auftragsbezogene Eignungsnachweise fordert, die nicht in dem PQ-System hinterlegt sind. Hier ist und bleibt es Sache des Bieters darauf zu achten, dass er diese zusätzlichen Nachweise fristgerecht und anforderungsgemäß erbringt, da anderenfalls das Angebot vom Ausschluss bedroht ist.*)

IBRRS 2010, 2364

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.02.2010 - VgK-01/2010
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IBRRS 2010, 2363

VK Lüneburg, Beschluss vom 19.03.2010 - VgK-09/2010
1. Ein Bieter ist gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB mit seiner Beschwerde dann präkludiert, soweit er einen Verstoß erkennt, aber nicht sofort rügt, sondern die Wertung abwartet.
2. Werden geforderte Unterlagen nicht vorgelegt, führt dies zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs.1 b, § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A.
3. Zur Frage der Zulässigkeit der Forderung nach einer bauaufsichtlichen Zulassung.

IBRRS 2010, 2356

VK Sachsen, Beschluss vom 20.04.2010 - 1/SVK/008-10
1. Ist eine "Soll-Vorgabe" Bestandteil des Leistungsverzeichnisses, so ist diese als zwingend zu verstehen, wenn keine Abweichung von diesem Regelfall zugelassen wird. Eine Soll-Vorgabe führt nicht dazu, dass es in das Belieben des Bieters gestellt wird, ob er diese erfüllt oder nicht.*)
2. Ist in den Verdingungsunterlagen die Zertifizierung eines komplexen Systems mit verschiedenen Komponenten gefordert, so hat der Auftraggeber im Sinne der Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung nach § 9 Nr. 1 VOB/A zu bezeichnen, welche Komponenten nach welchen Prüfnormen zu zertifizieren sind.*)

IBRRS 2010, 2355

VK Sachsen, Beschluss vom 01.04.2010 - 1/SVK/007-10
1. Hat der Auftraggeber einen Dritten ("Projektsteuerer") mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragt und ist dieser während des Vergabeverfahrens wiederholt gegenüber den Bietern als Ansprechpartner »an Stelle« des Auftraggebers aufgetreten, kann es zur Wahrung der Rügefrist genügen, wenn die Rüge bei dem beauftragten Dritten erhoben wird.*)
2. Die Kalkulation eines Angebote berührt den Kernbereich unternehmerischen Handelns im Wettbewerb und ist zunächst Sache der Bieter. Allein dann, wenn die Abgabe eines Unterkostenangebotes zugleich eine wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweise darstellt, kann ein Mitbieter aus § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch auf Einhaltung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A haben. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn ein Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird, einen Mitbewerber vom Markt zu verdrängen. Hierfür müssen Anhaltspunkte vorliegen. Der bloße Hinweis des Antragstellers, dass man selbst bereits an der Grenze der Auskömmlichkeit kalkuliert habe, rechtfertigt keinesfalls den Schluss, dass das günstigere Angebot der Beigeladenen damit automatisch ein marktverdrängendes Unterkostenangebot sein muss.*)
IBRRS 2010, 2352

VK Sachsen, Beschluss vom 16.03.2010 - 1/SVK/003-10
Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens ein grundsätzlich weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu, der durch die Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt kontrollierbar ist. Dies gilt auch für die Wahl der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung, die grundsätzlich nur gewährleisten müssen, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhält.*)

IBRRS 2010, 2349

VK Sachsen, Beschluss vom 12.02.2010 - 1/SVK/002-10
1. § 106 a Abs. 2 Satz 1 GWB begründet eine ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder, wenn ein Vergabeverfahren von einem Land für den Bund im Rahmen der Auftragsverwaltung durchgeführt wird.
2. Wenn im Rahmen der Auftragsverwaltung länderübergreifend Gebietslose gebildet werden, ohne, dass die Gebietslose derart verknüpft werden, dass sie einen einheitlichen Beschaffungsvorgang bilden, so kann eine Vergabekammer nur dann zuständig im Sinne des § 106 Abs. 3 GWB sein, wenn der Sitz eines im jeweiligen Gebietslos belegenen öffentlichen Auftraggebers die Zuständigkeit dieser Vergabekammer begründet.
3. Die Federführung eines mit der Auftragsverwaltung betrauten öffentlichen Auftragsgebers eines Landes für die Vergabe eines nicht von seiner eigenen Zuständigkeit betroffenen Gebietsloses, das einen eigenen Beschaffungsvorgang darstellt, begründet keine eigene Zuständigkeit im Rahmen der Auftragsverwaltung. Die federführende Körperschaft handelt nur als Vertreter der im Rahmen der Auftragsverwaltung zuständigen Länder.

IBRRS 2010, 2346

VK Sachsen, Beschluss vom 10.03.2010 - 1/SVK/001-10
1. Kommt ein Bieter dem Verlangen des Auftraggebers nach Vorlage von EFB-Preisblättern zuvor, in dem er bereits mit Angebotsabgabe das entsprechende Formblatt vollständig ausgefüllt vorlegt, muss er sich an dieser vollständigen Erklärung auch festhalten lassen. Ergeben sich aus diesem Formblatt Widersprüche zu den übrigen Aussagen im Angebot, geht dies zu Lasten des Bieters. Ein Ausschluss des Angebotes wegen Unklarheit der darin enthaltenen Erklärungen ist vor diesem Hintergrund gerechtfertigt.*)
2. Sehen die Bewerbungsbedingungen folgende Formulierung vor: "Das Angebot muss die Preise und die in den Vergabeunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten. Unvollständige Angebote werden ausgeschlossen. Dasselbe gilt, wenn die von der Vergabestelle gesondert verlangten Unterlagen nicht zu dem von der Vergabestelle bestimmten Zeitpunkt vorgelegt werden." so sind bei gesondert verlangten Unterlagen mit fruchtlosem Ablauf der Vorlagefrist Angebote auszuschließen.*)

IBRRS 2010, 2342

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.11.2009 - 1 VK LVwA 19/09
Ausweislich § 100 Abs. 2 h) GWB ist der Vierte Teil des GWB für Aufträge über den Erwerb oder Mietverhältnisse über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichen Vermögen ungeachtet ihrer Finanzierung nicht anzuwenden. Gegenstand des Nachprüfungsantrages ist hier ein bereits geschlossener Vertrag, der als Pachtvertrag einzustufen ist.*)

IBRRS 2010, 2341

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.07.2009 - 1 VK LVwA 16/09
Dem Bieter wird nach dem Erkennen des Vergabefehlers ein gewisser Zeitraum - je nach Lage des Einzelfalls bis zu fünf Tage, in sehr schwierigen Fällen maximal zwei Wochen - zugebilligt, innerhalb dessen er Gelegenheit hat, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen und zu entscheiden, ob und ggfs. mit welchen konkreten Formulierungen eine Rüge erhoben werden soll.*)

IBRRS 2010, 2340

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.06.2009 - 1 VK LVwA 13/09
Wenn es dem Antragsgegner mangels Bieter- bzw. "Quasibieterposition" der Antragstellerin an einer Verpflichtung zur Information gemäß § 13 VgV in direkter bzw. analoger Anwendung fehlt, kann die Nichtinformation der Antragstellerin gemäß § 13 Satz 6 VgV auch nicht zur Unwirksamkeit der vertraglichen Bindungen zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen führen. Wenn keine anderen Gründe für eine eventuelle Unwirksamkeit erkennbar sind, muss von der Wirksamkeit der Verträge ausgegangen werden.*)

IBRRS 2010, 2339

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.05.2009 - 1 VK LVwA 11/09
1. Zur Rügeerfordernis im Hinblick auf de-facto-Vergabe bzw. Verhandlungsverfahren ohne Vergabebekanntmachung
2. Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens ohne Vergabebekanntmachung

IBRRS 2010, 2338

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.04.2010 - 1 VK LVwA 65/09
1. Zu den Anforderungen an die formelle Vollständigkeit der einzureichenden Unterlagen einer Bewerbung.
2. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist dann gegeben, wenn sämtliche abgegebenen Teilnahmeanträge an einem gleichwertigen Mangel leiden. Bei Zweifeln an der Korrektheit der inhaltlichen Auswertung eines Teilnahmeantrages, ist kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz anzunehmen, wenn der Teilnahmeantrag der Antragstellerseite bereits formell unvollständig ist, die inhaltliche Bewertung konkurrierender Teilnahmeanträge bleibt dann unbeachtlich.

IBRRS 2010, 2325

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2010 - Verg 55/09
1. Nach § 5 VgV ist auf freiberufliche Dienstleistungen die VOF nur anzuwenden, wenn ihr Gegenstand eine Aufgabe ist, deren Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann. Umgekehrt hat auch für freiberufliche Tätigkeiten die VOL/A zu gelten, sofern die Lösung der Aufgabe eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist.
2. Hat bei der Ausführung der Leistung der Auftragnehmer beträchtliche Kognitions-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume, die sich auf das Erkennen von Problemstellungen, die Entwicklung von Lösungswegen und die Beratungsergebnisse erstrecken, so lässt sich der auftragsinhalt vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschreiben, so das entsprechend die VOF anzuwenden ist.

IBRRS 2010, 4853

VK Saarland, Beschluss vom 08.03.2010 - 1 VK 3/2010
1. Nach der Rechtssprechung des EuGH vom 28.01.2010 zum Merkmal der "Unverzüglichkeit" (Rs. C-406/08 und C-456/08) ist ein Nachprüfungsantrag zukünftig in der Regel nicht schon deshalb als unzulässig einzustufen, weil der geltend gemachte Vergaberechtsverstoß nicht "unverzüglich" im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt wurde. Dies gilt bis zu einer eventuellen Klarstellung durch den Gesetzgeber oder einer einschlägigen anderslautenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.*)
2. Die Präklusionstatbestände des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bis 4 GWB bleiben von dieser Rechtssprechung des EuGH unberührt.*)
3. Ein Vergabeverstoß hinsichtlich der sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Mängel ist immer dann erkennbar, wenn einem Bieter die Tatsachen, die einen möglichen Vergabeverstoß begründen, aus den ihm zugänglichen Unterlagen bewusst werden können. Dies löst eine Rügepflicht nach Maßgabe von § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zur Angebotsabgabefrist aus, zumindest jedoch eine Pflicht zur Thematisierung der Problematik gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber im Rahmen einer Bieteranfrage.*)
4. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren verlangt, dass dem öffentlichen Auftraggeber alle zur Kennzeichnung der angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen. Ob einem Umstand Relevanz für die Vergabeentscheidung zukommt, entscheidet einzig und allein der Auftraggeber. Alle Erklärungen, die der Auftraggeber dadurch, dass er sie gefordert hat, als Umstände ausgewiesen hat, deren Vorlage für die Entscheidung relevant sein sollen, haben vorzuliegen, da ansonsten keine in jeder Beziehung vergleichbaren Angebote vorliegen.*)
5. Die Wettbewerbsrelevanz ist irrelevant, da es hierauf weder ankommt, noch Sache des Bieters ist, zu entscheiden, was der Auftraggeber für wettbewerbsrelevant hält. Angebote, bei denen geforderte Erklärungen und Nachweise fehlen, sind auszuschließen, unabhängig davon, ob es sich um wettbewerbserhebliche Erklärungen oder Nachweise handelt oder um solche, deren Fehlen keinen Einfluss auf den Preis, den Wettbewerb oder die Eindeutigkeit des Angebotes haben. Der Grundsatz der Transparenz und Gleichbehandlung verlangt, dass die Angebote in jeder Hinsicht vergleichbar sind.*)
6. Nur dann, wenn der Auftraggeber nach § 24 VOB/A mit dem Bieter verhandeln darf, fehlt regelmäßig ein zwingender Grund für den Ausschluss.*)

IBRRS 2010, 2312

VK Saarland, Beschluss vom 08.03.2010 - 1 VK 03/2010
1. Nach der Rechtssprechung des EuGH vom 28.01.2010 zum Merkmal der "Unverzüglichkeit" (Rs. C-406/08 und C-456/08) ist ein Nachprüfungsantrag zukünftig in der Regel nicht schon deshalb als unzulässig einzustufen, weil der geltend gemachte Vergaberechtsverstoß nicht "unverzüglich" im Sinne von § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt wurde. Dies gilt bis zu einer eventuellen Klarstellung durch den Gesetzgeber oder einer einschlägigen anderslautenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.*)
2. Die Präklusionstatbestände des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bis 4 GWB bleiben von dieser Rechtssprechung des EuGH unberührt.*)
3. Ein Vergabeverstoß hinsichtlich der sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Mängel ist immer dann erkennbar, wenn einem Bieter die Tatsachen, die einen möglichen Vergabeverstoß begründen, aus den ihm zugänglichen Unterlagen bewusst werden können. Dies löst eine Rügepflicht nach Maßgabe von § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB bis zur Angebotsabgabefrist aus, zumindest jedoch eine Pflicht zur Thematisierung der Problematik gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber im Rahmen einer Bieteranfrage.*)
4. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren verlangt, dass dem öffentlichen Auftraggeber alle zur Kennzeichnung der angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet, aber ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen. Ob einem Umstand Relevanz für die Vergabeentscheidung zukommt, entscheidet einzig und allein der Auftraggeber. Alle Erklärungen, die der Auftraggeber dadurch, dass er sie gefordert hat, als Umstände ausgewiesen hat, deren Vorlage für die Entscheidung relevant sein sollen, haben vorzuliegen, da ansonsten keine in jeder Beziehung vergleichbaren Angebote vorliegen.*)
5. Die Wettbewerbsrelevanz ist irrelevant, da es hierauf weder ankommt, noch Sache des Bieters ist, zu entscheiden, was der Auftraggeber für wettbewerbsrelevant hält. Angebote, bei denen geforderte Erklärungen und Nachweise fehlen, sind auszuschließen, unabhängig davon, ob es sich um wettbewerbserhebliche Erklärungen oder Nachweise handelt oder um solche, deren Fehlen keinen Einfluss auf den Preis, den Wettbewerb oder die Eindeutigkeit des Angebotes haben. Der Grundsatz der Transparenz und Gleichbehandlung verlangt, dass die Angebote in jeder Hinsicht vergleichbar sind.*)
6. Nur dann, wenn der Auftraggeber nach § 24 VOB/A mit dem Bieter verhandeln darf, fehlt regelmäßig ein zwingender Grund für den Ausschluss.*)
IBRRS 2010, 2311

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.06.2010 - 11 ME 583/09
Zum Anspruch eines mit Rettungsdienstleistungen Beauftragten auf Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen die Einleitung eines vergaberechtlichen Ausschreibungsverfahrens (hier verneint).*)

IBRRS 2010, 2243

VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 54/09
1. Angebote, die die in den Verdingungsunterlagen aufgestellten Mindestanforderungen von vornherein nicht einhalten, sind auszuschließen. Auch das geringen formalen Anforderungen unterworfene Verhandlungsverfahren lässt insoweit keine Ausnahme zu.
2. Im Falle der Nichteinhaltung von Mindestbedingungen ist ein zwingender Ausschluss bereits aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz heraus geboten.
3. Nachverhandlungen dürfen auch im Verhandlungsverfahren nicht dazu führen, dass einem im Sinne der Leistungsbeschreibung unzureichenden Angebot durch nachträgliche Änderungen zur Annahmefähigkeit verholfen wird.
4. Der Auftraggeber ist nicht gehindert, auch noch in einem späteren Verfahrensstadium auf den zwingenden Ausschlussgrund zurückzugreifen.

IBRRS 2010, 2236

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.02.2010 - 1 VK 4/10
1. Angebote aber, bei denen geforderte Erklärungen und Nachweise fehlen, sind zwingend auszuschließen. Die Gleichbehandlung aller Bieter ist nur gewährleistet, wenn alle Angebote die geforderten Erklärungen enthalten. Der Grundsatz der Transparenz und Gleichbehandlung verlangt, dass die Angebote in jeder Hinsicht vergleichbar sind. Alle Erklärungen, die der Auftraggeber dadurch, dass er sie gefordert hat, als Umstände ausgewiesen hat, deren Vorlage für die Entscheidung relevant sein sollen, haben vorzuliegen, da ansonsten keine in jeder Beziehung vergleichbare Angebote vorliegen.
2. Eine gesonderte Rüge ist entbehrlich, wenn ein Nachprüfungsverfahren bereits anhängig ist und ein Antragsteller erst im Verlaufe der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens von weiteren Vergabeverstößen Kenntnis erlangt, die bisher nicht Gegenstand des Verfahrens sind.
3. Bei gleichbleibender Sachlage ist ein Auftraggeber grundsätzlich an seine einmal getroffene Beurteilung der Eignung gebunden.

IBRRS 2010, 2235

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.12.2009 - 1 VK 63/09
Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags folgt nicht daraus, dass durch die Vergabestelle eine europaweite Ausschreibung erfolgt ist. Maßgebend für die Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB ist ausschließlich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens vorliegen. Eine Selbstbindung der Vergabestelle kann lediglich dazu führen, dass sich diese im Verlaufe des Vergabeverfahrens an die Verfahrensbestimmungen zu halten hat. Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass damit ein Nachprüfungsverfahren eröffnet wird.

IBRRS 2010, 2187

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2010 - 1 VK 75/09
1. Die fehlende finanzielle Sicherung eines Projekts kann nicht Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein.
2. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A bzw. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A dient grundsätzlich nur dem Schutz der Vergabestelle. Die Regelungen sollen dazu dienen, spätere Schäden der Vergabestelle zu verhindern, weil der Auftragnehmer, der einen unangemessen niedrigen Preis anbietet, den Auftrag möglicherweise nicht oder nicht ordnungsgemäß ausführt. Diese Vorschriften bezwecken nicht, den Konkurrenten zu schützen, so dass dieser sich nicht auf deren Verletzung berufen kann.

IBRRS 2010, 2186

OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 - Verg 2/10
1. Hat die Vergabekammer auf Nachprüfungsantrag eines Bieters eine Wiederholung des Vergabeverfahrens für mehrere Lose einer Ausschreibung angeordnet und legt nur ein Beigeladener sofortige Beschwerde ein, wird die Entscheidung der Vergabekammer bezüglich der Lose bestandskräftig, für die der beigeladene Beschwerdeführer kein Angebot abgegeben hat. Der Antragsteller kann nicht im Wege einer unselbständigen Anschlussbeschwerde den Ausschluss anderer Beigeladener erreichen.*)
2. Der Beschwerdebefugnis eines Beigeladenen steht nicht entgegen, dass der Antragsteller Gründe für den Ausschluss des Beigeladenen vorbringt, über die die Vergabekammer nicht entschieden hat.*)
3. Im Verhandlungsverfahren genügt es nicht, dem Bieter unmittelbar zu Beginn einer für die Wertung maßgeblichen Befragung zu eröffnen, welche Unterkriterien für den Auftraggeber maßgeblich sind.*)
4. Vor einer Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren nur insoweit zu wiederholen, als sich ein Vergabefehler ausgewirkt haben kann. Steht fest, dass der Bieter auch bei Vermeidung des Vergabefehlers keine Aussicht auf den Zuschlag hat, ist sein Nachprüfungsantrag unbegründet.*)
5. Der öffentliche Auftraggeber hat einen Ermessensspielraum bei der Prüfung der Eignung eines Bieters.*)
6. Der Zuschlag darf auch auf ein Angebot mit einem niedrigen Preis erteilt werden, sofern der Auftraggeber eine sachlich fundierte, vertretbare Prognose trifft, dass der Bieter die Leistung zuverlässig und vertragsgerecht erbringen wird und konkrete Belege für ein wettbewerbsbeschränkendes oder unlauteres Unterangebot fehlen.*)
IBRRS 2010, 2183

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.12.2009 - 1 VK 61/09
Die IHK ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB. Die IHK erfüllt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art, steht in enger Abhängigkeit zum Staat und wird überwiegend vom Staat finanziert. Die mittelbare staatliche Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge reicht dabei aus.

IBRRS 2010, 2182

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.01.2010 - 1 VK 67/09
1. Ein Bieter hat keinen allgemeinen Überprüfungsanspruch hinsichtlich des staatlichen Verhaltens.
2. Liegt das Angebot eines Bieters auf einem wirtschaftlich aussichtslosen Rang, lässt dies die Antragsbefugnis grundsätzlich entfallen, da auf einem abgeschlagenen Platz in der Bieterreihenfolge liegende Antragsteller (auch bei Wegfall der für den Zuschlag vorgesehenen Bieter)keine realistische Aussicht auf eine Zuschlagserteilung haben.

IBRRS 2010, 2181

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.04.2010 - 1 VK 13/10
1.Tatsachenvortrag und Beweismittel können keine Berücksichtigung finden, wenn sie so spät vor der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, dass den übrigen Beteiligten keine Möglichkeit mehr verbleibt, sich auf diese sachgerecht zu äußern.
2. § 107 Abs. 3 GWB, der die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Nachprüfungsantrags normiert, sieht zwar nicht explizit vor, dass zwischen der gegenüber der Vergabestelle auszusprechenden Rüge und der Stellung des Antrags bei der zuständigen Vergabekammer eine Frist liegen muss. Das Gesetz legt aber als selbstverständliche Annahme zugrunde, dass die Rüge im Regelfall vor der Antragstellung zu erfolgen hat.
3. Eine Rüge ist auch dann nicht entbehrlich, wenn die Vergabestelle später zu erkennen gibt, dass sie ihr Verhalten ohnehin nicht korrigiert hätte.
4. Liegt ein Ausnahmefall vor, der eine Rüge entbehrlich erscheinen lässt, ist dies in der Begründung [des Nachprüfungsantrags] darzustellen.
5. Die Tatsache, wenn sie denn überhaupt zuträfe, dass ein freier Händler nicht in der Lage sei, einen Hersteller preislich zu unterbieten, stellt keinen Sachverhalt dar, der schlüssig zum Inhalt hat, dass eine fehlerhafte Wertung des Preises vorliegt, wenn die Vergabestelle bei ihrer Wertung dennoch für einen Händler einen günstigeren Preis feststellt.

IBRRS 2010, 2180

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.04.2010 - 1 VK 19/10
1. Nach § 108 Abs. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag schriftlich einzureichen. Er ist unverzüglich zu begründen. Der Sachverhalt mit den hieraus sich ergebenden Rechtsverletzungen ist darzulegen. Dabei sind zwar keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, die Sachverhaltsdarstellung hat aber doch so konkret zu sein, dass sich hieraus substantiiert die Verletzung von Vergabevorschriften ergibt. Durch die Bestimmung soll der Auftraggeber davor geschützt werden, mit Anträgen ins "Blaue hinein" konfrontiert zu werden.
2. Der Antragsteller hat nicht nur darzulegen, dass eine Rüge überhaupt erfolgt ist, sondern auch, dass das rechtzeitig geschehen ist. Fehlen diesbezügliche Angaben, ist die Begründung unvollständig, der Antrag somit unzulässig.
3. Liegt ein Ausnahmefall vor, der eine Rüge entbehrlich erscheinen lässt, ist dies ebenfalls in der Begründung darzustellen.

IBRRS 2010, 2179

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2010 - 1 VK 11/10
1. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, wonach auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden darf, ist grundsätzlich nicht mitbieterschützend. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des öffentlichen Auftraggebers. Dieser soll vor den Gefahren geschützt werden, die daraus erwachsen, dass der Preis und die zu erbringende Leistung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, nämlich vor der Gefahr, dass die Leistung vom Bieter nicht ordnungsgemäß erbracht werden kann. Der Auftraggeber ist grundsätzlich aber nicht daran gehindert, auch einem niedrigen, möglicherweise nicht kostendeckenden Angebot den Zuschlag zu erteilen, denn es ist nicht seine Sache, dafür zu sorgen, dass der Auftragnehmer auskömmliche, d.h. in jeder Hinsicht kostendeckende Aufträge erhält.
2. Allein im Zusammenspiel mit dem Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A), gewährt die Norm dem Mitbieter Schutz. Das bedeutet, dass der Mitbieter allein dann, wenn die Abgabe eines Unterkostenangebotes zugleich eine wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweise darstellt, aus § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch auf Einhaltung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A hat. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn ein Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird, einen Mitbewerber vom Markt zu verdrängen.
3. Eine Rüge muss erkennen lassen, dass ein Vergaberechtsverstoß behauptet und seine Beseitigung ernsthaft gefordert wird. Darin unterscheidet sich die Rüge von der bloßen Anfrage oder Anregung.
4. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Rügepflicht bedarf es nicht.
5. Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit unzulässig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung, sowie unter Beachtung des Gesichtspunkts der Branchenüblichkeit zu klären.

IBRRS 2010, 2178

OLG Celle, Beschluss vom 10.06.2010 - 13 Verg 18/09
1. Die Entscheidung darüber, ob ein Vergabeverfahren aufgehoben wird, steht nach dem Wortlaut des § 26 Nr. 1 VOB/A im Ermessen der Vergabestelle.*)
2. Ist ein Eilantrag aus Gründen erfolglos geblieben, die allein dem Beschwerdeführer zuzurechnen sind (unzulässiger Antrag), ist es billig, die Kosten hierfür allein ihm aufzuerlegen, auch wenn seine Beschwerde zum Teil Erfolg hat.*)

IBRRS 2010, 2176

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2010 - 1 VK 70/09
Wenn von einem erfahrenen und fachkundigen Bieter ein Produkt angeboten wird, muss sich der Auftraggeber zumindest auch an diesen wenden, wenn seine eigene Marktrecherche zu Zweifeln führt. Er kann seine möglicherweise unzutreffenden Rückschlüsse nicht ohne Weiteres gegen den Bieter verwenden, sondern sollte diesen im Rahmen eines gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A zulässigen Aufklärungsgesprächs zu seinem Angebot befragen. Tut er dies nicht, läuft er Gefahr, dass sich der Ausschluss eines Bieters hinterher als rechtwidrig erweist.

IBRRS 2010, 2175

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.01.2010 - 1 VK 71/09
1. Wenn von einem erfahrenen und fachkundigen Bieter ein Produkt angeboten wird, muss sich der Auftraggeber zumindest auch an diesen wenden, wenn seine eigene Marktrecherche zu Zweifeln führt. Er kann seine möglicherweise unzutreffenden Rückschlüsse nicht ohne weiteres gegen den Bieter verwenden, sondern sollte diesen im Rahmen eines gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A zulässigen Aufklärungsgesprächs zu seinem Angebot befragen. Tut er dies nicht, läuft er Gefahr, dass sich der Ausschluss eines Bieters im Nachhinein als rechtwidrig erweist.
2. Auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Der öffentliche Auftraggeber hat sorgfältig zu prüfen und zu erwägen, ob ein niedriges Unterkostenangebot berücksichtigt und ggf. bezuschlagt werden kann oder nicht. Hierzu ist festzustellen, ob ein überprüfungspflichtiges niedriges Angebot vorliegt. Im weiteren hat er das Angebot auf seine wirtschaftliche Auskömmlichkeit zu überprüfen, wobei der Bieter zu hören ist. Schließlich ist unter Berücksichtigung der Stellungnahme und der Erläuterungen des Bieters zu werten, ob trotz des niedrigen Angebots eine ordnungsgemäße Leistungserbringung zu erwarten ist oder nicht.

IBRRS 2010, 2126

OLG Naumburg, Beschluss vom 29.04.2010 - 1 Verg 2/10
1. Wird ein Auftrag nach durchgeführtem Vergabeverfahren an eine Gesellschaft erteilt, deren Gesellschaftsanteile zum Teil von der öffentlichen Hand und zum Teil privat gehalten werden (gemischtwirtschaftliche Gesellschaft), so bewirkt die Veräußerung der Gesellschaftsanteile der öffentlichen Hand an einen Privaten keine erneute Ausschreibungspflicht. Dies gilt auch dann, wenn dadurch nun alle Gesellschaftsanteile in einer Hand sind.*)
2. Würde der Gesichtspunkt einer Umgehung der vergaberechtlichen Schutzbestimmungen eingreifen, könnte dies anders zu beurteilen sein (Tatbestand im konkreten Fall verneint).*)

IBRRS 2010, 2125

OLG Naumburg, Beschluss vom 22.04.2010 - 1 Verg 11/09
§ 240 ZPO in analoger Anwendung findet - sofern seine sonstigen Voraussetzungen gegeben sind - auch Anwendung im Vergabenachprüfungsverfahren wenn die Vergabestelle insolvent wird. Darin liegt kein Widerspruch zur Entscheidung des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 24. 08.2009 - L 6 B 186/09 -, welches seine Anwendung für den Fall der Insolvenz eines Bieters abgelehnt hat. Die für diesen Fall maßgeblichen Erwägungen können auf den Fall der Insolvenz der Vergabestelle nicht übertragen werden.*)
