Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
11053 Entscheidungen insgesamt
Online seit gestern
IBRRS 2025, 2817
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.06.2024 - 1 VK 2/24
1. Der öffentliche Auftraggeber kann auch dann in eine Preisprüfung eintreten, wenn zwar die sog. Aufgreifschwelle nicht erreicht ist, das Angebot aber aus anderen Gründen konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt.
2. Bei einem hinsichtlich des Gesamtpreises unauffälligen Angebot darf der Auftraggeber Aufklärung zu Einzelpreisen verlangen darf, wenn diese von den Preisen der Konkurrenten exorbitant abweichen und diese Abweichungen weder durch einen höheren Leistungsumfang noch durch Marktgegebenheiten oder -besonderheiten zu erklären sind.
3. Das Aufklärungsverlangen muss dem Bieter die Möglichkeit einräumen, die Zweifel des Auftraggebers zu widerlegen und darzulegen, dass er in der Lage ist, seine Leistungen auftragsgerecht zu erbringen.
4. Bei der Entscheidung über den Angebotsausschluss steht dem Auftraggeber ein Ermessen zu. Der Bieter hat einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessenausübung.
5. Ein unzureichend begründetes Informationsschreiben kann vor Vertragsschluss "geheilt" werden und löst für sich genommen die Unwirksamkeitsfolge des § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB nicht aus.
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Online seit 30. Oktober
IBRRS 2025, 2816
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.12.2024 - 3 VK 10/24
1. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber eine Gesamtvergabe (hier: von Architekten- und Ingenieurleistungen), hat er eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden wirtschaftlichen und technischen Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
2. Eine unzureichende Berücksichtigung mittelständischer Interessen kann nicht durch die Einschaltung von Subplanern ausgeglichen werden.
3. Eine für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrag hinreichende konkrete Wiederholungsgefahr besteht, wenn die Vergabestelle eine erneute Ausschreibung der gleichen Leistungen beabsichtigt und die gerügten Ausschreibungsbedingungen im Vergabenachprüfungsverfahren verteidigt hat.
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Online seit 29. Oktober
IBRRS 2025, 2787
Vergabe
VG Regensburg, Beschluss vom 29.07.2025 - 4 E 25.1699
1. Mit Art. 13 Abs. 4 BayRDG soll den für den Rettungsdienst verantwortlichen Personen eine Möglichkeit an die Hand gegeben werden, schnell ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens auf unwesentliche Änderungen reagieren zu können.
2. Wird mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag lediglich die Erbringung von Dienstleistungen vereinbart, sodass der Vertrag selbst keine belastenden Auswirkungen für einen Konkurrenten des ausgewählten Dienstleistungserbringers mit sich bringt und der Konkurrent nur durch eine Minderung seiner Erwerbschancen aufgrund des Abschlusses des mit dem Dienstleistungserbringer statt mit ihm abgeschlossenen Vertrags indirekt betroffen ist, ist § 58 Abs. 1 BayVwVfG auf solche Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzsituationen bei der Vergabe von Aufträgen nicht anwendbar.
3. Aus Art. 13 BayRDG kann kein subjektives Recht eines einzelnen abgeleitet werden, dass zwingend ein Auswahlverfahren für den Interimsbetrieb gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG durchgeführt werden muss.
4. Es obliegt dem Aufgabenträger für den öffentlichen Rettungsdienst, zu entscheiden, ob er seinem Sicherstellungsauftrag aus Art. 5 BayRDG durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt.
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Online seit 28. Oktober
IBRRS 2025, 2780
Vergabe
EuGH, Urteil vom 16.10.2025 - Rs. C-282/24
Art. 72 Abs. 2 Richtlinie 2014/24/EU ist dahingehend auszulegen, dass die Änderung der in einer Rahmenvereinbarung, die anhand des Zuschlagskriteriums des niedrigsten Preises vergeben wurde, vorgesehenen Vergütungsmethode, durch die das Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung geändert und zugleich die Preise so angepasst werden, dass sich der Gesamtauftragswert nur geringfügig ändert, nicht als Veränderung des Gesamtcharakters der Rahmenvereinbarung im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, es sei denn, die Änderung der Vergütungsmethode führt zu einer grundlegenden Verschiebung des Gleichgewichts der Rahmenvereinbarung.*)
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Online seit 27. Oktober
IBRRS 2025, 2752
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 11.09.2025 - VK 1-76/25
1. Eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber ausschreibt, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht.
2. Ein Angebotsausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen kommt nur in Betracht, wenn echte Änderungen vorliegen, die einen manipulativen Eingriff in die Vergabeunterlagen darstellen. Bloße Unklarheiten sind hingegen im Wege der Aufklärung zu beseitigen.
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Online seit 24. Oktober
IBRRS 2025, 2740
Vergabe
EuGH, Urteil vom 11.09.2025 - Rs. C-764/23
1. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07.03.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 geänderten Fassung ist im Licht von Art. 19 EUV sowie von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die zum einen die Wirkungen von Rechtsbehelfen, die von Wirtschaftsteilnehmern gegen Rechtsakte eingelegt werden, die die Zuteilung von Rechten zur Nutzung von Funkfrequenzen im Rahmen der Neukonfiguration des Frequenzbands 694-790 MHz betreffen, auf die Gewährung einer finanziellen Entschädigung beschränkt und zum anderen den Umfang des vorläufigen Rechtsschutzes, der bis zur Prüfung eines solchen Rechtsbehelfs gewährt werden kann, auf die Zahlung eines vorläufigen Betrags beschränkt, nicht entgegensteht, sofern die Modalitäten dieser finanziellen Entschädigung es ermöglichen, die den Wirtschaftsteilnehmern durch die Anwendung dieser Rechtsakte entstandenen Schäden vollständig auszugleichen.*)
2. ...
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IBRRS 2025, 2715
Öffentliches Baurecht
VG Berlin, Urteil vom 02.04.2025 - 19 K 351/23
1. Für die Annahme, dass ein Ausstattungszustand demjenigen einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB entspricht, ist nicht erforderlich, dass dieser einen bestimmten prozentualen Verbreitungsgrad erlangt. Vielmehr ist im Rahmen einer bundesweiten Betrachtung aller Wohnungen wertend auf einen „mittleren Ausstattungszustand“ abzustellen. Nicht mehr dem Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB zuzurechnen sind Änderungen einer baulichen Anlage, die sich als ungewöhnlich kostenaufwändige Maßnahmen darstellen.*)
2. Die jeweils geltenden bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen umschreiben den zeitgemäßen Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB nicht abschließend.*)
3. Der Genehmigungsanspruch des § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen erstmals der zeitgemäße Ausstattungszustand einer durchschnittlichen Wohnung hergestellt wird.*)
4. Der Einbau eines wandhängenden WCs in Standardausführung und der Einbau eines Handtuchheizkörpers in Standardausführung dienen der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung im Sinne von § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BauGB.*)
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Online seit 23. Oktober
IBRRS 2025, 2721
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 18.07.2025 - VK 1-44/25
1. Der öffentliche Auftraggeber überschreitet seinen Beurteilungsspielraum bei der materiellen Eignungsprüfung, wenn er ausdrücklich benannte Eignungskriterien unberücksichtigt lässt und Bieter, die die Eignungsanforderungen nicht erfüllen, nicht zwingend wegen fehlender Eignung ausschließt.
2. Eine Zurechnung der Referenzen eines anderen Unternehmens wird regelmäßig anerkannt, wenn das Referenzunternehmen von dem Bieterunternehmen im Wege der Verschmelzung, Fusion oder Einzelrechtsnachfolge übernommen worden ist und zudem die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen übergegangen sind (hier verneint).
3. Eine wegen Nicht-Abhilfe ausgelöste und abgelaufene 15-Tage-Frist kann nach einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens erneut zu laufen beginnen.
4. Das auf die Vorbereitung einer Schadensersatzforderung gestützte Feststellungsinteresse kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Bieter sich die Klageerhebung nur vorbehält.
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Online seit 22. Oktober
IBRRS 2025, 2682
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 17.06.2025 - VK 2-35/25
1. In der Durchführung des Vergabeverfahrens auf der Basis falscher Rechtsgrundlagen liegt ein Vergabefehler.
2. Aus § 12 Abs. 1 Satz 2 KonzVgV folgt nicht, dass das gesamte Verfahren zur Vergabe einer Konzession über die VgV abzuwickeln wäre oder abgewickelt werden dürfte.
3. Die Zuschlagskriterien müssen einen Bezug zum Konzessionsgegenstand haben. Daran fehlt es, wenn etwaig einzureichende Konzepte oder Musterspeisepläne zwar bewertet werden, aber nicht Vertragsinhalt werden.
4. Aus der Kenntnis, dass eine Konzessionsvergabe erfolgen soll, ist nicht zu schlussfolgern, dass ein durchschnittlicher Bieter auch den vergaberechtlichen Rahmen für die Konzessionsvergabe kennt.
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Online seit 21. Oktober
IBRRS 2025, 2685
Vergabe
BayObLG, Beschluss vom 12.09.2025 - Verg 5/25
1. Ein Anspruch auf Akteneinsicht setzt einen das Akteneinsichtsgesuch begründenden beachtlichen und potenziell entscheidungserheblichen Sachvortrag voraus. Er besteht u.a. dann nicht, wenn der Nachprüfungsantrag zweifelsfrei unzulässig ist.
2. Eine Rüge ins Blaue hinein liegt dann vor, wenn der Bieter keine tatsächlichen Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorträgt, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.
3. Die Zuschlagserteilung ist nicht schon bei einem Verstoß gegen Vergabevorschriften nichtig. Vielmehr bedarf es eines entsprechenden Bewusstseins beider Vertragspartner. Der Bieter hat hierzu substanziiert vorzutragen.
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Online seit 20. Oktober
IBRRS 2025, 2665
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 31.07.2025 - VK 2-55/25
1. Der Nachprüfungsantrag ist von dem Unternehmen zu stellen, das sich am Teilnahmewettbewerb bzw. am Vergabeverfahren beteiligt hat. Nur dieses Unternehmen ist als Interessent am Auftrag antragsbefugt.
2. Es reicht nicht aus, wenn irgendein Unternehmen aus dem Konzernverbund handelt. Das Handeln eines anderen Unternehmens kann nicht aufgrund bloßer Konzernverbundenheit zugerechnet werden, solange keine Vollmacht nachgewiesen wird.
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Online seit 17. Oktober
IBRRS 2025, 2660
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 18.08.2025 - VK 2-63/25
1. Gerüstbauarbeiten stellen ein eigenständiges Fachlos dar.
2. Die Gesamtvergabe von Fassaden- und Gerüstbauarbeiten ist weder technisch noch wirtschaftlich dadurch gerechtfertigt, dass bei Ausführung der Fassadenarbeiten mehrfache Anpassungen bzw. Umrüstungen am Gerüst erforderlich sind.
3. Ein unwirtschaftliches Splitterlos ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Leistung nur einen geringfügigen Anteil an der Gesamtauftragswertschätzung hat.
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Online seit 16. Oktober
IBRRS 2025, 2616
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 28.08.2025 - VK 1-56/25
1. Eine Wertungssystematik, nach der - transparent und diskriminierunsgsfrei - die ersten und zweiten Hauptangebote je Los direkt verglichen werden, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
2. Bei der Wertung von Kombinationsangeboten, also Angeboten auf mehrere Lose durch einen Bieter, darf die von dem Bieter individuell vorgenommene Reduzierung des Preises für den Fall der gemeinsamen Bezuschlagung bei der Wertung der Einzellose berücksichtigt werden.
3. Die Bewertungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers ist daraufhin überprüfbar, ob die jeweilige Bewertung im Vergleich ohne Benachteiligung anderer Bieter plausibel vergeben wurde. Die Wertungen müssen im Quervergleich mit den besser bewerteten Angeboten stimmig sein, insbesondere demjenigen des Zuschlagskandidaten.
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Online seit 15. Oktober
IBRRS 2025, 2637
Vergabe
OLG Dresden, Beschluss vom 28.08.2025 - Verg 1/25
1. Das objektive Fehlen von Wettbewerb aus technischen Gründen ist vom öffentlichen Auftraggeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
2. Vor einer Vergabe ohne Wettbewerb bedarf es einer belastbaren Prüfung des Auftraggebers, ob alternative wettbewerbliche Lösungen unter Einbeziehung bekannter Bewerber oder Bieter im Wege eines Mini-Wettbewerbs in Betracht kommen. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere Unternehmen für die Auftragsdurchführung in Frage kommen, muss ausgeschrieben werden.
3. Eine wirksame, freiwillige ex-ante-Transparenzbekanntmachung setzt unter anderem voraus, dass der öffentliche Auftraggeber bei seiner Bewertung, den Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung vergeben zu dürfen, sorgfältig gehandelt hat und ob er insofern der Ansicht sein durfte, dass die (in einer Ausnahmevorschrift) hierfür geltenden Voraussetzungen tatsächlich erfüllt waren (hier verneint).
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Online seit 14. Oktober
IBRRS 2025, 2638
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 07.08.2025 - VK 2-59/25
1. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB "zu mehr als 50% subventioniert" wird, ist der Zeitpunkt der Bewilligung der Subvention.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Vorgabe von Leitfabrikaten verpflichtet, die Gründe zu dokumentieren, welche die Gleichwertigkeit von Produkten mit dem vorgegebenen Leitfabrikat begründen.
3. Liegt diese Dokumentation nicht vor, muss aufgrund der negativen Beweiskraft des Vergabevermerks davon ausgegangen werden, dass eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht stattgefunden hat.
4. Die Nachholung einer Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag im Nachprüfungsverfahren ist vergaberechtlich nur insoweit zulässig, als fehlende Details einer bereits vorhandenen Dokumentation nachträglich präzisiert und ergänzt werden. Eine Nachholung ist indes nicht zulässig, wenn eine Dokumentation gänzlich fehlt.
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Online seit 13. Oktober
IBRRS 2025, 2612
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 23.04.2025 - VK 1-18/25
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf jedenfalls dann auf die Richtigkeit einer ihm vorgelegten offiziellen Bescheinigung einer Zertifizierungsstelle vertrauen, wenn keine objektive Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Zertifikats vorliegen (hier: Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001).
2. Beabsichtigt der Bieter, für die Auftragsausführung Ressourcen Dritter in Anspruch zu nehmen, muss er eine Verpflichtungserklärung des Dritten vorlegen, andernfalls die Eignung zu verneinen ist.
3. Referenzen eines anderen Unternehmens können einem Bieter grundsätzlich (nur) dann als Eigenreferenzen zugerechnet werden, wenn die Organisation des übernommenen Unternehmens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und wenn die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen mit übergegangen sind. Etwas anderes kann gelten, wenn und soweit die Betriebsmittel und die Betriebsstrukturen für die referenzierte Leistung ohne Bedeutung sind.
4. Auch wenn einem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung der Angebote ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht, muss dieser daher seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
5. Analog zum im allgemeinen Prozessrecht anerkannten Institut der gewillkürten Prozessstandschaft ist auch im Vergabenachprüfungsverfahren ein Antragsteller befugt, eine Verletzung fremder Bewerber- oder Bieterrechte im eigenen Namen geltend zu machen, sofern er dazu vom Berechtigten ermächtigt worden ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens im eigenen Namen hat.
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Online seit 10. Oktober
IBRRS 2025, 2610
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 19.02.2025 - VK 1-2/25
1. Jedenfalls bei einem Abstand von mehr als 20% zwischen dem Angebotspreis des Bestbieters zum nächsten Angebot ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, die Angebotspreise zu überprüfen.
2. Mitbieter haben einen Anspruch darauf, dass diese Prüfung vergaberechtskonform erfolgt.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss seine für die abschließende Wertungsentscheidung maßgeblichen Erwägungen so dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, wie die Überprüfung der Angebotspreise und deren Kalkulation vorgenommen wurde (hier verneint).
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Online seit 9. Oktober
IBRRS 2025, 2606
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 28.05.2025 - VK 1-38/25
1. Grundsätzlich ist der öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen einhalten werden.
2. Eine Überprüfungspflicht des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich nur dann, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen (hier verneint).
3. Der öffentliche Auftraggeber kann sich auch bei einer vorgesehenen Zuschlagslimitierung den Zuschlag auf mehrere Lose desselben Bieters vorbehalten, wenn die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 VgV kumulativ vorliegen.
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Online seit 8. Oktober
IBRRS 2025, 2597
Vergabe
VK Westfalen, Beschluss vom 09.04.2025 - VK 1-13/25
1. Ein Nachprüfungsantrag kann grundsätzlich unmittelbar nach einer Rüge gestellt werden. Einer weiteren Veranlassung durch den Auftraggeber bedarf es hierfür nicht.
2. Ein bereits während der Angebotsfrist gestellter Nachprüfungsantrag ist nicht vorzeitig eingereicht, wenn der Auftraggeber die Beantwortung der Rüge innerhalb einer bestimmten Frist in Aussicht stellt, die Frist dann aber fruchtlos verstreicht.
3. Durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens bzw. dessen Rückversetzung in den Stand vor Bekanntmachung - initiiert durch die Rüge eines Bieters - begibt sich der Auftraggeber in die Rolle der unterlegenen Partei, so dass er nach der Erledigung des Vergabenachprüfungsverfahrens die Kostenlast trägt.
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Online seit 7. Oktober
IBRRS 2025, 2575
Vergabe
VK Thüringen, Beschluss vom 10.12.2024 - 5090-250-4003/396
1. Der öffentliche Auftraggeber muss Referenzen nur bei begründeten Zweifeln überprüfen.
2. Die Erweiterung oder Reduzierung von in der Auftragsbekanntmachung genannten Eignungsnachweisen in den Vergabeunterlagen ist unzulässig.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss, wenn er keine Vorgaben zur Abgeschlossenheit der Leistungen macht, auch solche Referenzaufträge berücksichtigen, die nur zu einem untergeordneten Teil in den zugelassenen Zeitraum fallen oder noch nicht beendet sind.
4. Eine vergleichbare Referenz erfordert, dass die erbrachten Leistungen dem Auftragsgegenstand nach Art und Umfang - auch im finanziellen und personellen Umfang - ähneln und somit einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.
5. Die Eignung der Bieter wird in offenen Verfahren bezogen auf den Zeitpunkt der Wertung bzw. des Zuschlags geprüft.
6. Die Ablehnung des Zuschlags wegen ungewöhnlich niedrigen Preises ist grundsätzlich geboten, wenn der - insoweit darlegungs- und beweisbelastete - Bieter verbleibende Ungewissheiten nicht ausräumen kann.
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Online seit 6. Oktober
IBRRS 2025, 2573
Vergabe
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.06.2025 - 1 VK 31/25
Wird in den Vergabeunterlagen gefordert, dass die Lieferung bei einer Kostenstellenbelieferung "frei Verwendungsstelle" anzubieten ist, und bietet der Bieter die Lieferung "frei Haus" an, liegt eine Änderung oder Ergänzung an den Vergabeunterlagen vor, die zum Ausschluss des Angebots führt.
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Online seit 2. Oktober
IBRRS 2025, 2572
Vergabe
AG Rostock, Urteil vom 21.08.2025 - 50 C 160/25
1. Fehlende Unterlagen sind nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber innerhalb einer angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist, die sechs Kalendertage nicht überschreiten soll, vom Bieter vorzulegen.
2. Bei Eilbedürftigkeit kann auch eine sehr kurze Frist von rund acht Stunden angemessen sein.
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Online seit 1. Oktober
IBRRS 2025, 2535
Vergabe
VK Sachsen, Beschluss vom 01.08.2025 - 1/SVK/025-25
1. Der Zugang eines elektronischen Angebots ist nicht bereits dann bewirkt, wenn das Angebot auf der Vergabeplattform unter einer dafür nicht vorgesehenen Adresse eingereicht wird.
2. Hat der Auftraggeber für das konkrete Vergabeverfahren für die Abgabe der Angebote eine bestimmte Adresse vorgeschrieben und lädt der Bieter das Angebot auf der Vergabeplattform unter einer anderen Adresse hoch, ist mit der Kenntnisnahme des Auftraggebers unter normalen Umständen nicht zu rechnen. Eine verspätete Kenntnis des Auftraggebers geht zu Lasten des Bieters.
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Online seit 30. September
IBRRS 2025, 2509
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 07.02.2025 - VK 1-116/24
1. Ein Angebot, in dem aufforderungswidrig nicht alle für die Auftragsdurchführung vorgesehenen Personen namentlich benannt und für diese zudem nicht die geforderten "Profile" (u.a. mit Angaben zu Qualifikation und beruflicher Erfahrung) vorgelegt werden, ist unvollständig und deshalb auszuschließen. Der öffentliche Auftraggeber darf sich nicht darauf beschränken, das entsprechende Kriterien mit null Punkten zu bewerten und auf diese Weise auf den Angebotsausschluss verzichten.
2. Zudem kommt ein Ausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen in Betracht, wenn "das im Angebot benannte Personal (...) für die Auftragsausführung zwingend einzusetzen" ist und der Bieter dementgegen Personen benannt hat, die nicht bei ihm beschäftigt sind und bei denen mangels entsprechender Vorgespräche auch nicht feststeht, ob diese zumindest zukünftig bei beim Bieter arbeiten werden.
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Online seit 29. September
IBRRS 2025, 2494
Vergabe
VK Westfalen, Beschluss vom 05.06.2025 - VK 2-27/25
1. Der Bieter begibt sich bei Rücknahme des Nachprüfungsantrages grundsätzlich in die Rolle der unterlegenen Partei, so dass er regelmäßig die Verfahrensgebühr zu tragen hat.
2. Allerdings können Billigkeitserwägungen zu einem anderen Ergebnis führen, wenn der öffentliche Auftraggeber im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung die angerufene Vergabekammer als Nachprüfungsinstanz genannt und damit den Eindruck erweckt, dass der Auftragswert des streitgegenständlichen Ausschreibungsverfahrens oberhalb des maßgeblichen Schwellenwertes liegt und somit ein Nachprüfungsantrag statthafter Rechtsbehelf ist.
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Online seit 26. September
IBRRS 2025, 2493
Vergabe
VK Thüringen, Beschluss vom 24.04.2025 - 5090-250-4003-500
1. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert.
2. Es ist zwar eine grundsätzlich zulässige Ausgangsüberlegung, bei der Schätzung des Auftragswerts zunächst den bisherigen Auftrag heranzuziehen und diesen als Basis für die Beurteilung, welches Volumen der nunmehr konzipierte Auftrag erreichen könnte, zu nutzen. Jedoch dürfen Altverträge nicht der einzige Anhaltspunkt dafür sein, ob im aktuellen Fall der Schwellenwert erreicht bzw. nicht erreicht wird.
3. Interimsaufträge, die selbstständig neben dem Hauptvertrag stehen, sind im Hinblick auf das im Rahmen der Schätzung des Auftragswerts zu beachtende Umgehungsverbot zu addieren, soweit der einheitliche (Interims-)Beschaffungsbedarf in der Absicht, die Anwendung des Kartellvergaberechts zu umgehen, künstlich aufgespalten wird, sei es durch mehrere Interimsaufträge, sei es durch eine Kombination aus Vertragsverlängerungen und (neuen) Interimsaufträgen.
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Online seit 25. September
IBRRS 2025, 2492
Vergabe
VK Westfalen, Beschluss vom 11.06.2025 - VK 1-20/25
1. Ausgehend vom Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz muss die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann als Beleg dafür, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht, die Vorlage eines Gütezeichens verlangen. Verlangt der öffentliche Auftraggeber ein bestimmtes Gütezeichen (hier: VDI 4089), muss er den Nachweis über ein gleichwertiges Gütezeichen akzeptieren.
3. Damit Bieter erkennen können, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei dem Nachweis ankommt und damit dieser einen Prüfungsmaßstab für die Vergleichbarkeit hat, muss der Auftraggeber deutlich machen, welche Aspekte für ihn maßgeblich sind, und etwa durch Festlegung konkreter Vorgaben zu erkennen geben, welche Mindestanforderungen der Bieter belegen muss.
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Online seit 24. September
IBRRS 2025, 2465
Vergabe
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.09.2025 - 15 Verg 12/25
1. Legt der Bieter Erklärungen und Nachweise, deren Vorlage sich der öffentliche Auftraggeber vorbehalten hat, nicht innerhalb einer vom Auftraggeber gesetzten Frist vor, führt dies zum Ausschluss. Wird die Frist nicht eingehalten, besteht kein Anspruch auf nochmalige Nachforderung.
2. Ein Mittel zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters ist die Existenz einer Haftpflichtversicherung. Diese kann entweder durch einen Versicherungsschein bzw. einen aktuellen Nachtrag oder durch eine Bestätigung des Versicherungsunternehmens nachgewiesen werden, aus der sich ergibt, welche Risiken abgesichert und welche Deckungssummen vereinbart sind (hier: aufforderungswidrig unterbliebe Angabe der Deckungssumme für Umweltschäden).
Online seit 23. September
IBRRS 2025, 2356
Vergabe
VK Saarland, Beschluss vom 15.03.2023 - 2 VK 1/22
1. Maßgeblich für die äußerste Dringlichkeit ist, dass selbst bei Verkürzung der Fristen auf die gesetzlichen Mindestfristen ein reguläres Vergabeverfahren nicht mehr durchgeführt werden kann, ohne dass eine gravierende Beeinträchtigung für die Allgemeinheit und die staatliche Aufgabenerfüllung droht.
2. Die Gründe, die zur Dringlichkeit der Vergabe führten, dürfen nicht vorhersehbar gewesen sein. Regelmäßig fallen Beschaffungsbedarfe, die aufgrund von Leistungsstörungen wie Schlechtleistung und Kündigung entstehen, nicht unter den Begriff der Unvorhersehbarkeit.
3. Der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit kann hinter die Notwendigkeit der Kontinuität der Versorgungsleistung zurücktreten.
4. Beschränkungen des Wettbewerbs dürfen nur soweit und solange aufrechterhalten werden, wie es die Dringlichkeit des zu vergebenden Auftrags erfordert. Eine dauerhafte Vergabe für eine längere Regellaufzeit widerspricht diesen Grundsätzen.
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Online seit 22. September
IBRRS 2025, 2439
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 27.06.2025 - VK 1-48/25
1. Zweifel an der Neutralität des Auftragsnehmers bei der Ausführung des Auftrags und die damit einhergehende Verneinung der beruflichen Leistungsfähigkeit begründen einen fakultativen Ausschlusstatbestand auf der Eignungsebene.
2. Der Nachweis, dass kein Interessenkonflikt vorliegt, kann grundsätzlich durch eine Eigenerklärung geführt werden.
3. Bei der Feststellung widersprechender Interessen, die geeignet sind die spätere Auftragsausführung nachteilig zu beeinflussen, hat der Auftraggeber aufgrund ihrer prognostischen Natur einen nur eingeschränkt auf fehlerhafte Tatsachenwürdigung überprüfbaren Beurteilungsspielraum und hinsichtlich der Rechtsfolge Ermessen. Tatbestandlich genügt der Nachweis einer abstrakten Gefahr, die allerdings nicht nur rein theoretischer Natur sein darf.
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Online seit 19. September
IBRRS 2025, 2405
Vergabe
LG Osnabrück, Beschluss vom 11.09.2025 - 10 O 2216/25
1. Bereits die Bewerbung oder das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung ist unzulässig, weil dadurch die Gefahr begründet wird, dass sich die Adressaten mit ihren Rechtsangelegenheiten an den Werbenden oder den Anbieter wenden werden. Auch die Aufforderung, Angebote über die Erbringung unerlaubter Rechtsdienstleistungen abzugeben, ist unzulässig.
2. Die Ausarbeitung und Zurverfügungstellung von Vertragsklauseln und damit erst recht von ganzen Verträgen durch Architekten ist eine unerlaubte Rechtsdienstleistung, da die Zurverfügungstellung von Vertragsklauseln zur Verwendung in Verträgen mit bauausführenden Unternehmen einer Prüfung im Einzelfall bedarf, ob die Regelung der Interessenlage der Beteiligten entspricht.
Online seit 18. September
IBRRS 2025, 2383
Vergabe
KG, Beschluss vom 04.06.2025 - Verg 6/24
1. Die an einem Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der öffentliche Auftraggeber seinen Beschaffungsbedarf in einer Weise bestimmt, dass die am Markt tätigen Unternehmen in gleicher Weise ihre Produkte und Dienstleistungen absetzen könnten.
2. Der öffentliche Auftraggeber unterliegt bei der Bestimmung seines Beschaffungsbedarfs nicht der Bindung an einen Beurteilungsspielraum, auf dessen Einhaltung Unternehmen Anspruch hätten, die sich am Vergabeverfahren beteiligen wollen und dessen Einhaltung von den Nachprüfungsinstanzen zu überprüfen wäre.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss seine Erwägungen zur Bestimmung des Beschaffungsbedarfs nicht in der Vergabeakte dokumentieren.
4. Bei der Gewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien zueinander, aber auch der für die Wertung maßgeblichen Umstände bei den einzelnen Zuschlagskriterien kommt dem öffentlichen Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn die Gewichtung nicht mehr geeignet ist, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bestimmen.
5. Es existiert kein Anspruch auf Ausschluss von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten. Der EuGH (IBR 2025, 299 = VPR 2025, 41) hat nicht entschieden, dass solche Unternehmen nicht an Vergabeverfahren beteiligt werden könnten, sondern nur, dass sie in diesen Verfahren keine Rechte nach den unionsrechtlichen Vergaberichtlinien haben, also gegebenenfalls schlechter gestellt werden dürfen und jedenfalls nicht besser stehen dürfen als Unternehmen mit Sitz in EU-Staaten.
Online seit 17. September
IBRRS 2025, 2358
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 13.08.2025 - VK 2-53/25
1. Ein Ausschluss wegen Änderung oder Ergänzung der Vergabeunterlagen kommt nur in Betracht, wenn das Angebot vom Vertragsinhalt abweicht. Abweichungen von sonstigen, eher formellen Vorgaben zur Abwicklung des Vergabeverfahrens genügen nicht.
2. Es gibt keinen normierten Ausschlussgrund für eine Angebotsänderung nach Ablauf der Angebotsfrist.
3. Gibt der Bieter im Angebot zunächst an, dass er keine Nachunternehmer einsetzt, und legt er erst auf ein Aufklärungsverlangen hin einen beabsichtigten Nachunternehmereinsatz offen, liegt darin keine Angebotsänderung, wenn der Nachunternehmereinsatz tatsächlich von Anfang an geplant war und der Bieter den Nachunternehmerbegriff bei Angebotsabgabe lediglich rechtlich unzutreffend eingeordnet hat.
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Online seit 16. September
IBRRS 2025, 2386
Vergabe
OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.07.2025 - 11 Verg 1/25
1. Eine 50.000 Euro übersteigende Gebühr für das Verfahren vor der Vergabekammer kann nicht allein mit einem Verweis auf die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes begründet werden. Aus dieser Tabelle ergibt sich nur eine erste Orientierung für die Verortung des Einzelfalls im regelmäßigen Gebührenrahmen des § 182 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1, Satz 2 Hs. 1 GWB.*)
2. Bei der Prüfung, ob und in welcher Höhe eine 50.000 Euro überschreitende Gebühr festzusetzen ist, ist eine einheitliche Ermessensentscheidung zu treffen.*)
3. Hat sich der Nachprüfungsantrag vor der Entscheidung der Vergabekammer erledigt, ist zunächst die bereits mit Antragseinreichung entstandene Gebührenschuld unter Berücksichtigung der im Laufe des Verfahrens erkennbar gewordenen Umstände zu bestimmen. Diese ist dann wegen der Erledigung zu halbieren.*)
4. Richtet sich die sofortige Beschwerde ausschließlich gegen die Höhe der von der Vergabekammer festgesetzten Gebühr, ist eine Anschlussbeschwerde unstatthaft, weil sie kein entgegengesetztes Rechtschutzziel verfolgt.*)
5. Die sofortige Beschwerde nur gegen die Gebührenhöhe ist analog §§ 68 Abs. 3, 66 Abs. 8 GKG gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.*)
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Online seit 15. September
IBRRS 2025, 2381
Vergabe
VK Nordbayern, Beschluss vom 28.07.2025 - RMF-SG21-3194-10-28
1. Erscheint aufgrund des Preisabstands zu den Konkurrenzangeboten, der Kostenschätzung oder den Erfahrungswerten des öffentlichen Auftraggebers ein Angebot ungewöhnlich niedrig, muss der Auftraggeber in eine Aufklärung über den Preis eintreten.
2. Eine Pflicht zur Preisaufklärung besteht nicht, wenn der Auftraggeber bei der - unterhalb der Aufgreifschwellen gebotenen - Prüfung seiner Kostenschätzung zum Ergebnis kommt, dass sie zu hoch angesetzt ist und die Angebote der ersten drei Bieter deshalb marktgerecht und auskömmlich sind.
3. Es obliegt dem Auftraggeber, durch gezielte positions- bzw. titelbezogene Anfragen dem Bieter die Gelegenheit zur Aufklärung dieser Positionen zu geben.
4. Eine lediglich pauschale Aufforderung, die Auskömmlichkeit der Kalkulation zu bestätigen, genügt nicht den Erfordernissen einer sachgerechten Aufklärung und rechtfertigt keinen Ausschluss vom Vergabeverfahren, wenn der Bieter eine solche Erklärung nicht abgibt.
Online seit 12. September
IBRRS 2025, 2380
Vergabe
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-45
1. Für die rechtliche Wirksamkeit der Entscheidung über die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens (hier: Änderung des Leistungsverzeichnisses wegen produktspezifischer Vorgaben) ist es grundsätzlich unerheblich, ob diese Entscheidung sich auf einen Aufhebungsgrund stützen kann und deshalb rechtmäßig erfolgt ist.
2. Unwirksam mit der Folge einer Pflicht zur Verfahrensfortsetzung ist eine Aufhebung bzw. Zurückversetzung nur dann, wenn für diese Entscheidung kein sachlicher Grund besteht, die Entscheidung damit diskriminierend oder willkürlich ist bzw. bloß zum Schein erfolgt.
3. Über den Wortlaut der normierten Aufhebungsgründe hinaus ist es erforderlich, dass Aufhebungsgründe nicht auf den Auftraggeber zurückzuführen sind.
Online seit 11. September
IBRRS 2025, 2397
Vergabe
BayObLG, Beschluss vom 10.09.2025 - Verg 6/25
1. Hat ein öffentlicher Auftrag sowohl Bau- als auch Liefer- und Dienstleistungen zum Gegenstand, ist der Hauptgegenstand des Auftrags anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtumstände zu ermitteln. Die Wertanteile haben dabei nur eine Orientierungs- und Kontrollfunktion.
2. Ein Vorrang zu Gunsten einer Einordnung als öffentlicher Bauauftrag ergibt sich auch dann nicht, wenn der Wert der Bauleistungen über 40% des Auftragsvolumens ausmacht. Trotz eines hohen Anteils der Bauleistungen am Gesamtauftrag kann der Hauptgegenstand des Vertrags angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls dennoch auf den Liefer- und Dienstleistungen liegen.
3. Ist eine Fachlosbildung möglich, weil für die Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der Auftraggeber hat sich, wenn ihm eine Ausnahme vom Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
4. Der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei der Gewährleistung kann eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen.
5. Der Umstand, dass die Losaufteilung zu einer Verzögerung von mehreren Monaten führt, vermag eine Gesamtvergabe allein nicht zu begründen. Gleiches gilt für das mit einer die Losaufteilung verbundene Kostenrisiko.
6. Die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, sind im Vergabevermerk (umfassend) zu dokumentieren.
Online seit 10. September
IBRRS 2025, 2321
Vergabe
VK Saarland, Beschluss vom 30.01.2025 - 3 VK 5/24
1. Versieht der Bieter in seinem Teilnahmeantrag die anzugebende Referenzbausumme, die sich auf die Kostengruppen 200 bis 600 der DIN 276 zu erstrecken hat, mit dem Zusatz "nur TGA", handelt es sich um eine Änderung der Vergabeunterlagen, die zum Ausschluss des Teilnahmeantrags führt.
2. Referenzen zu einem Teilnahmeantrag, bei dem nicht lediglich unternehmensbezogen die Eignung geprüft wird, sondern die mit einer Bepunktung in die Wertung mit einfließen, indem anhand der Relation der referenzierten Aufträge im Vergleich zu den Gesamtbaukosten eine Auswahl der geeigneten Bieter erfolgen soll, sind wie auftragsbezogene Unterlagen zu bewerten. Demnach scheidet eine Nachforderung aus.
3. Eine Aufklärung, die grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers liegt, setzt voraus, dass Zweifel am Inhalt des Angebots bzw. des Teilnahmeantrags bestehen, die sich durch Auslegung nicht ausräumen lassen (hier verneint).
Online seit 9. September
IBRRS 2025, 2357
Vergabe
VK Saarland, Beschluss vom 05.02.2024 - 2 VK 2/23
1. Zur Konkretisierung der Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung können auch mit einem Internetlink in der Auftragsbekanntmachung unmittelbar in Bezug genommene Unterlagen herangezogen werden. Ein nur pauschaler Verweis auf die Vergabeunterlagen genügt nicht.
2. Angebote, die nicht die (nach-)geforderten Unterlagen enthalten, werden von der Wertung ausgeschlossen, wenn die Unterlagen wirksam gefordert wurden und die Nachforderung zulässigerweise ausgeschlossen war. Dies muss sich eindeutig aus der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen ergeben.
3. Der Rügepräklusion steht nicht entgegen, dass eine explizite Belehrung zum verspäteten Vorbringen für aus den Vergabeunterlagen erkennbare Verstöße in der Auftragsbekanntmachung unterblieben ist.
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Online seit 8. September
IBRRS 2025, 2319
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 25.04.2025 - VK 1-26/25
1. Allgemeine Fragen und Hinweise, Kritik oder Unverständnis stellen genauso wenig eine ausreichende Rüge dar, wie die Ankündigung, man werde etwas "nicht hinnehmen". Vielmehr muss deutlich werden, dass der Bieter nicht nur eine Anregung zur Optimierung des Vergabeverfahrens geben will, sondern ein vom Bieter konkret zu bezeichnender und vom Auftraggeber zu beseitigender Rechtsfehler geltend gemacht wird.
2. Die Gebührenregelungen der Verordnung über bautechnische Prüfungen (BauprüfVO) stellen keine verbindlich zu beachtenden Vorschriften zur Preisgestaltung dar, wenn ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet ist (hier: keine öffentliche Leistung im hoheitlichen Bereich).
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Online seit 5. September
IBRRS 2025, 2306
Allgemeines Zivilrecht
OLG Celle, Urteil vom 13.08.2025 - 14 U 140/23
1. Die Annahme unverhältnismäßiger, d. h. nicht mehr als "erforderlich" i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehender Schadensbeseitigungskosten kommt im Fall der Auftragsvergabe im Wege der öffentlichen Ausschreibung vor allem dann in Betracht, wenn entweder die Behörde im Rahmen ihrer Ausschreibung - vor allem durch die Erstellung des Leistungsverzeichnisses und die dort festgelegten Mengenangaben - bereits keine wirtschaftlich nachvollziehbare Ausgangslage für die Preisgestaltung getroffen hat, oder wenn sie bei der Prüfung der Angebote Anhaltspunkte für eine überhöhte oder taktische Preisgestaltung des Bieters hatte oder haben musste und diese daher nicht mehr für wirtschaftlich angemessen halten durfte.*)
2. Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ist grundsätzlich der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen.*)
3. Die jeweiligen Endpreise dürfen bei der Beurteilung, ob insgesamt eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügende Auftragsvergabe erfolgt ist, nicht völlig außer Betracht bleiben. Die ausschreibende Behörde kann nur durch eine eingehende Prüfung der Einzelpreise feststellen, ob ein Bieter eine unzulässige Mischkalkulation vorgenommen hat.*)
4. Objektiv drastisch überhöhte Einzelpreise können im schadensrechtlichen Sinn nicht mehr als zur Schadensbeseitigung erforderlicher Geldbetrag angesehen werden.*)
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IBRRS 2025, 2276
Vergabe
VK Saarland, Beschluss vom 17.01.2025 - 1 VK 1/24
1. Vorbefasstheit setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein mit diesem in Verbindung stehendes Unternehmen den öffentlichen Auftraggeber bei der Vorbereitung des konkreten Vergabeverfahrens beraten oder auf andere Weise an der Vorbereitung beteiligt war. Die Projektantenstellung kann unmittelbar und mittelbar verwirklicht werden. Dabei ist aber ein konkreter Bezug zum gegenständlichen Vergabeverfahren erforderlich.
2. Auch ein Wissensvorsprung, der aus einem andern Auftrag herrührt, kann einen wettbewerbsverzerrenden Vorteil und damit einen Verstoß gegen das Gebot eines fairen Wettbewerbs darstellen.
3. Es genügt nicht jede noch so entfernte gesellschaftsrechtliche Verbindung, um eine Wettbewerbsverzerrung durch die Beteiligung eines konzernverbundenen, mittelbaren Projektanten annehmen zu können.
4. Ein Unternehmen kann wegen Vorbefasstheit ausgeschlossen werden, wenn eine Wettbewerbsverzerrung wegen Vorbefasstheit vorliegt und eine Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere weniger einschneidende Maßnahmen ausgeschlossen werden kann. Dabei liegt es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, welche Maßnahmen er zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift.
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Online seit 4. September
IBRRS 2025, 2307
Vergabe
LG Aachen, Urteil vom 22.04.2025 - 12 O 348/24
1. Die bloße Offenlegung eines Kalkulationsirrtums durch den Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber rechtfertigt keinen Ausschluss des Angebots wegen Fehlens der geforderten Preise.
2. Wenn die vom Kalkulationsirrtum betroffene Position wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung ist, sind Zweifel an der Leistungsfähigkeit des Bieters nicht veranlasst.
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Online seit 3. September
IBRRS 2025, 2290
Vergabe
VK Bund, Beschluss vom 23.04.2025 - VK 2-23/25
Notwendige Preisangaben fehlen, wenn der Bieter bei anzugebenden Soziallöhnen "0,00 %" einträgt, obwohl aufgrund gesetzlicher oder tarifvertraglicher Vorgaben für die zu bepreisenden Leistungen Soziallöhne anfallen.
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Online seit 2. September
IBRRS 2025, 2262
Vergabe
VK Sachsen, Beschluss vom 30.07.2025 - 1/SVK/19-25
1. Der Begriff des öffentlichen Auftrags setzt einen entgeltlichen Vertrag voraus, durch den eine einklagbare Erfüllungsverpflichtung des Auftragnehmers begründet wird (hier verneint in Ermangelung einer Betriebsverpflichtung). Gleiches gilt für Konzessionen.
2. Bei der Bestimmung des Konzessionswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtumsatz auszugehen. Dabei erfolgt grundsätzlich keine Addition des Auftrags- bzw. Konzessionswertes der Interimsvergabe mit demjenigen der Hauptvergabe.
Online seit 1. September
IBRRS 2025, 2260
Vergabe
VK Saarland, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 VK 2/25
1. Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Vergabe eines Bauauftrags nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll.
2. Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, dass ein Bewertungsverfahren zum Zuschlagskriterium der Qualität (hier: die Bewertung der vorzulegenden Erläuterungen zum Bauablauf und der Vorgehensweise) angewendet wird, bei dem die Prüfer anhand von Bewertungsbögen die Angebote der Bieter bewerten und die Punktzahl zur Qualität der Angebote aus dem arithmetischen Mittel der Benotungen gebildet und dies nicht konkret vorab in den Vergabeunterlagen beschrieben wird.
3. Die Begründungsanforderungen an eine fehlerfreie Bewertung setzen voraus, dass sich das Bewertungsgremium einheitlich und diskriminierungsfrei mit den Konzepten der Bieter auseinandergesetzt hat, die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind.
4. Eine Rügepräklusion ist nur bei offensichtlichen Verstößen möglich, die einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung des Angebots bzw. der Bewertung auffallen müssen (hier bejaht hinsichtlich des Fehlens bezifferter Anteile der Unterkriterien an der Gesamtbewertung und der fehlenden Vergleichbarkeit von Einheitspreis- und Pauschalpreisangeboten).
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Online seit 29. August
IBRRS 2025, 2244
Vergabe
LG Erfurt, Urteil vom 25.07.2025 - 8 O 1381/24
1. Die Gebührenforderung des Rechtsanwalts, die durch den vom Bieter erteilten Auftrag zur Prüfung der Vergabeunterlagen und der Rüge ihrer Vergaberechtswidrigkeit gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber ausgelöst worden ist, ist nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm als Schaden erstattungsfähig.
2. Bei einer Anwaltstätigkeit in einem Vergabenachprüfungsverfahren mit mündlicher Verhandlung ist eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Tätigkeit anzuerkennen, die regelmäßig eine Geschäftsgebühr von 2,0 rechtfertigt.
3. Liegt der vom Anwalt bestimmte Gebührensatz (hier: 2,4) noch innerhalb des anwaltlichen Ermessensspielraums von 20%, ist er bindend.
4. Die Unbilligkeit der Gebühr muss vom öffentlichen Auftraggeber substantiiert dargelegt und bewiesen werden.
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Online seit 28. August
IBRRS 2025, 2243
Vergabe
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2025 - 15 Verg 9/25
1. Ein Angebot, das abweichende Angaben zu der in den Vergabeunterlagen verlangten Belieferung "frei Verwendungsstelle" enthält (hier: Lieferung "bis nach der ersten Tür"), ändert die Vergabeunterlagen unzulässig und ist deshalb von der Wertung auszuschließen.
2. Ein Angebot ist so auszulegen, wie es ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
3. Eine unzulässige nachträgliche Abänderung des Angebots ist anzunehmen, wenn sich (erstmals) im Zuge der Angebotsaufklärung herausstellt, dass das vom Bieter abgegebene Angebot nicht mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen übereinstimmt.
4. Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen führen nicht zum Angebotsausschluss.
5. Bei Rahmenverträgen über Massenwaren, die jederzeit in beliebiger Menge produziert oder beschafft werden können, in großem Umfang auch anderweitig absetzbar sind und langfristig kostengünstig gelagert werden können, bedarf es nicht der Angabe einer Mindestabnahmemenge.
6. Im Falle der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sind in der entsprechenden (Auftrags-)Bekanntmachung und/oder in den Vergabeunterlagen sowohl die Schätzmenge als auch eine Höchstmenge der zu liefernden Waren anzugeben, und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge erreicht wird.
7. Die Angaben zur Höchstmenge werden nicht dadurch vergaberechtswidrig relativiert, dass sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen vorbehält, einzelne Positionen zu erhöhen bzw. zu reduzieren.
8. Führt die Bekanntmachung die Eignungskriterien nicht im Einzelnen auf, genügt die Angabe eines weiterführenden Links in den Bekanntmachung nur dann, wenn es sich um eine Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument handelt, aus dem sich konkret die Eignungsanforderungen ergeben und ein weiterer Rechercheaufwand - um sich Kenntnis von den Eignungsanforderungen zu verschaffen - nicht entsteht.
Online seit 27. August
IBRRS 2025, 2242
Vergabe
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2023 - Verg 9/23
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei.
2. Im Interesse einer Öffnung des Beschaffungsmarkts der öffentlichen Hand für den Wettbewerb unterliegt die Bestimmungsfreiheit jedoch vergaberechtlichen Grenzen. Diese sind eingehalten, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
3. Steht positiv fest, dass ein Verfahrensfehler auf die Aussicht des Bieters, den Auftrag zu erlangen, keinen Einfluss gehabt hat und hindern auch etwaige Mängel nicht die Zuschlagserteilung auf ein verbleibendes Angebot, bleibt der Nachprüfungsantrag erfolglos.
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Online seit 25. August
IBRRS 2025, 2224
Vergabe
BayObLG, Beschluss vom 11.06.2025 - Verg 9/24
1. Der Abzug von bis zu 200 - bei insgesamt 1.000 möglichen - Wertungspunkten für einen unter Umständen auch nur geringfügigen Honorarzuschlag verstößt gegen die vergaberechtlichen Vorgaben zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots.
2. Die in einer Wertungsmatrix zum Kriterium "Präsentationstermin" vorgesehene Bewertung (auch) von Kriterien, die nicht den Inhalt, sondern die Art der Präsentation betreffen (z.B. "Auftreten des Teams", "Souveränität im Vortrag") weisen einen hinreichenden Auftragsbezug auf und sind insoweit vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
3. Die Angebotskalkulation ist unzumutbar, wenn die Vergabebedingungen es den Bietern aufgrund (hier) vergaberechtswidriger Bestimmungen zur Wertung von Honorarzu- und -abschlägen effektiv verwehren, über das gesetzliche Leitbild hinausgehenden vertraglichen Pflichten und Risiken durch Einreichung eines Angebots mit Honorarzuschlag zu begegnen (hier bejaht u.a. im Hinblick auf eine unbeschränkte Teilnahme an "sämtlichen von der Auftraggeberin gewünschten" Besprechungen, die Verpflichtung zur honorarneutralen Erbringung von detailliert beschriebenen Besonderen Leistungen und den Entfall der Vergütungspflicht bei "Leistungsminderungen").
4. Elektronische Mittel, die vom öffentlichen Auftraggeber u.a. für den Empfang von Angeboten verwendet werden, müssen gewährleisten, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist (hier verneint für die Verwendung eines digitalen Projektraums und die Kommunikation via E-Mail).
5. Von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter sind vertiefte Rechtskenntnisse, die es erlauben, die Vergaberechtskonformität eines Bewertungssystems zu beurteilen, nicht zu erwarten.
6. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts ändert grundsätzlich nichts am Prüfungsmaßstab für die Erkennbarkeit von Vergabeverstößen.




