Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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IBRRS 2024, 2720KG, Urteil vom 27.08.2024 - 21 U 128/23
1. Ordnet der Besteller eines VOB-Vertrags gegenüber dem Unternehmer an, seine Leistung vollständig oder in Teilen nicht zur vertraglich vorgesehenen Zeit, sondern später zu erbringen, und ist dem Besteller dabei erkennbar, dass dem Unternehmer dadurch Mehrkosten entstehen können, so liegt hierin eine "andere Anordnung" im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B, die eine Mehrvergütung zugunsten des Unternehmers auslösen kann.*)
2. Dies kann grundsätzlich auch dann gelten, wenn sich die Anordnung der Zeitverschiebung nicht auf den Zeitpunkt der Leistung selbst, sondern auf Vorbereitungshandlungen bezieht.*)
3. Grundlage des Mehrvergütungsanspruchs aus § 2 Abs. 5 VOB/B sind die Mehr- oder Minderkosten M, die dem Unternehmer durch die Anordnung des Bestellers tatsächlich entstanden sind.*)
4. Im Fall der zeitlichen Verschiebung der Ausführungszeit durch Anordnung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B ergibt sich M als die Differenz zwischen den Kosten, die die Klägerin aufgrund der Verschiebung tatsächlich aufwenden musste (Kosten neu = Kosten N) und denjenigen, die ihr ohne die Verschiebung entstanden wären (Kosten alt = Kosten A).*)
5. Hingegen kann die Mehrvergütung nicht unter Außerachtlassung der Kosten A allein auf Grundlage der tatsächlichen Kosten N zuzüglich eines angemessenen Zuschlags ermittelt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 2733
VK Bund, Beschluss vom 25.07.2024 - VK 1-58/24
1. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Unternehmen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn es versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen.
2. Als Versuch der unzulässigen Einflussnahme ist jede Kontaktaufnahme anzusehen, die nicht die in dem konkreten Vergabeverfahren vorgesehenen Wege und Mittel der Kommunikation einhält und in der ein Unternehmen versucht, Einfluss auf den Auftraggeber oder mit ihm zusammenhängende Stellen oder Personen in Bezug auf das Ergebnis des Vergabeverfahrens zu nehmen.
3. Nimmt ein Unternehmen zu einem potentiellen Wettbewerber im Vorfeld einer möglichen Ausschreibung Kontakt auf, um diesen unter Hinweis auf ein bestehendes Vertragsverhältnis unter der Androhung von Nachteilen (Schadensersatz) von der der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung abzuhalten, liegt kein Versuch der unzulässigen Einflussnahme vor.
4. Eine kartellrechtswidrige Nachteilsandrohung kann eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung - die Verabredung einer Nichtbeteiligung eines Wettbewerbers an der Ausschreibung - darstellen.
5. ...
VolltextIBRRS 2024, 2728
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.04.2024 - 10 B 205/24
Bei der Bewertung, ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden, kann auch der Zuschnitt der betroffenen Grundstücke Berücksichtigung finden.*)
VolltextIBRRS 2024, 2724
LG Berlin II, Urteil vom 30.05.2024 - 65 S 189/23
1. Auf Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, und zwar auch dann, wenn der Vertrag tatsächlich länger als 30 Jahre läuft, ist § 544 BGB (unmittelbar) nicht anwendbar. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, kann deshalb auch nach mehr als 30 Jahren nicht gem. § 544 BGB gekündigt werden.*)
2. In der Instanzenrechtsprechung und der Literatur wird allgemein angenommen, dass bei einem dauerhaften Ausschluss der ordentlichen Kündigung im Wege einer individualvertraglichen Vereinbarung nach Ablauf von 30 Jahren in (entsprechender) Anwendung des § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist möglich sein soll. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher nicht entschieden.*)
3. Bei der Kündigung nach § 544 Satz 1 BGB handelt es sich - dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nach - um eine Kündigung i.S.d. § 573d BGB.*)
VolltextIBRRS 2024, 2612
AG Dortmund, Urteil vom 02.04.2024 - 514 C 112/23
1. Beeinträchtigungen des Sondereigentums kann jede Eigentümerin selbst abwehren. Diese Ansprüche können auch nicht vergemeinschaftet werden.
2. Wird ein Strandkorb auf dem Gemeinschaftseigentum abgestellt oder eine Wäschespinne dort aufgestellt und sind beide Objekte vom Sondereigentum Dritter aus sichtbar, stellt dies eine Beeinträchtigung dar.
VolltextIBRRS 2024, 2737
LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 14 O 308/22
1. Ein Vertragsschluss nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt voraus, dass die Parteien in geschäftlichem Kontakt stehen, eine Partei einen vorangegangenen Vertragsschluss bestätigen will oder eine mündliche Vereinbarung erst durch das Bestätigungsschreiben Gültigkeit haben soll und das Bestätigungsschreiben in engem zeitlichen Zusammenhang zu dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen abgesandt wird.
2. Ein Zeitraum von fast zwei Monaten zwischen dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen und dem Bestätigungsschreiben fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang. Bei einem solchen Zeitintervall kann dem Schweigen des (möglichen) Vertragspartners kein Erklärungswert beigemessen werden. Ein Angebot nach einer entsprechend langen Zeit erfordert vielmehr eine ausdrückliche oder konkludente Annahme durch den Vertragspartner.
VolltextIBRRS 2024, 2017
LG Magdeburg, Urteil vom 24.05.2024 - 2 O 157/24
Die Schenkung und Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Grundstück aus dem Schuldnervermögen ist eine anfechtbare Rechtshandlung gem. § 1Abs. 1AnfG, wenn dadurch die Befriedigungshandlung beeinträchtigt und der Gläubiger objektiv benachteiligt ist.
VolltextIBRRS 2024, 2736
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2024 - 16 UF 42/24
1. Der elektronische Versand zwischen den Gerichten von beim falschen Gericht durch einen Rechtsanwalt elektronisch eingereichten Schriftsätzen an das zuständige Gericht gehört (noch immer) nicht zum gewöhnlichen, ordentlichen Geschäftsgang.*)
2. Die lediglich in Papierform erfolgte Weiterleitung des den Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Schriftsatzes an das Beschwerdegericht kann keinen wirksamen Wiedereinsetzungsantrag begründen. Dieser Formmangel ist für das Amtsgericht nicht ohne weiteres erkennbar; der gerichtlichen Fürsorgepflicht sind insoweit im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz Grenzen gesetzt.*)
VolltextIBRRS 2024, 2718
OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2024 - 18 W 32/23
Wird im Laufe eines Verfahrens der Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt, ist der auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallende Kostenwert nach der sog. Mehrkostenmethode zu ermitteln. Es ist eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzrechnung anzustellen.
VolltextOnline seit gestern
IBRRS 2024, 2692OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2021 - 23 U 81/21
1. Wer Auftraggeber und damit Vertragspartner des Architekten geworden ist (hier: Projektentwicklungsgesellschaft oder deren Tochtergesellschaft), bedarf einer Auslegung aller Umstände des Einzelfalls, wenn weder ein schriftlicher Vertrag existiert noch ein mündlicher Vertragsschluss behauptet wird. Der potenzielle Auftraggeber des Architekten hat, wenn die Unklarheiten in Bezug auf die Person des Auftraggebers aus seiner Sphäre stammen, eindeutige Verhältnisse zu schaffen.
2. Eine Beauftragung mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 kann darin zu sehen sein, dass der Auftraggeber diese Leistungen entgegennimmt und den Beginn der Leistungsphase 5 freigibt.
3. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Anderenfalls ist das Architektenwerk mangelhaft. Die Mangelhaftigkeit erfasst das gesamte Architektenwerk, das heißt auch die Leistungsphasen, die der Genehmigungsplanung vorausgehen.
4. Der Architekt hat zwar ein Recht zur Nachbesserung der nicht genehmigungsfähigen Planung. Eine Nachbesserung kommt aber nur in Betracht, wenn die Planung in der beantragten Form dauerhaft genehmigungsfähig hergestellt werden kann. Auf grundlegende Änderungen der Planung zwecks Herstellung der Genehmigungsfähigkeit muss der Auftraggeber sich nachträglich nicht einlassen.
5. Die Schlussrechnung eines Architekten muss zur Prüfbarkeit alle Angaben enthalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI für eine Überprüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit des Honorars unverzichtbar sind. Die Anforderungen richten sich nach dem Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, der in die Lage versetzt werden muss, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen. Hierzu gehören jedenfalls Angaben zu den anrechenbaren Kosten, zum Leistungsbild, zur Honorarzone, zur dazugehörigen Honorartafel und zu den erbrachten Leistungen einschließlich ihrer Bewertung.
VolltextIBRRS 2024, 2711
VK Südbayern, Beschluss vom 11.10.2023 - 3194.Z3-3_01-23-16
1. Bieter müssen sich bei der Erstellung ihres Angebots mit den bekannt gemachten Wertungsmethoden auseinandersetzen. Ein sorgfältig handelnder Bieter wird verschiedene Angebotsstrategien durchdenken, um deren Erfolgsaussichten abzuschätzen. Damit sind bei konkreter Benennung aller relevanten Details zur Preis- und Qualitätswertung, die Auswirkung von verschiedenen Angebotsstrategien bei Preis und Qualität für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter erkennbar. Von einem Bieter kann insbesondere erwartet werden, dass er einfache mathematische Überlegungen anstellt.*)
2. Allein aus der Einstellung eines Strafverfahrens gegen Geldauflage gem. § 153a Abs. 2 StPO kann nicht geschlossen werden, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte i.S.d. § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB vorliegen. Liegen dem öffentlichen Auftraggeber konkrete Hinweise auf Vereinbarungen oder Verhaltensweisen vor, welche zur Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs führen können, dann ist er verpflichtet, diese Erkenntnisse bei seiner Ermessensentscheidung auch zu berücksichtigen und kann sich nicht allein auf die Einstellung des Strafverfahrens berufen.*)
3. Wurden Straf- oder Kartellverwaltungsverfahren auf eine Art und Weise eingestellt, dass keine Entscheidung darüber getroffen wurde, ob die vorgeworfene oder untersuchte Tat begangen wurde oder ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften vorliegt, so ist für den Zeitraum des § 126 Nr. 2 GWB auf die konkrete Handlung selbst und nicht auf das Datum der Einstellung abzustellen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2717
OVG Niedersachsen, Urteil vom 07.08.2024 - 1 LB 47/23
1. Durch eine Festsetzung nach § 12 Abs. 3a BauGB kann das durch die Baugebietsfestsetzung eröffnete Nutzungsspektrum lediglich eingeengt, nicht aber erweitert werden.*)
2. Eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren ist in einem Gewerbegebiet nicht gebietsverträglich.*)
VolltextIBRRS 2024, 2608
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.04.2024 - 33067 C 42/23
1. Ist vertraglich geregelt, dass die Kaution in drei monatlichen Teilzahlungen zu zahlen ist und die erste Teilzahlung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist, bedarf es keiner Mahnung, um Zahlungsverzug herbeizuführen.
2. Ist im Mietvertrag eine Einzugsermächtigung für die Miete vereinbart, aber weiter geregelt, dass die Kaution direkt auf ein Kautionskonto zu zahlen ist, kommt der Mieter bei Nichtzahlung in Verzug. Er kann sich nicht darauf berufen, der Vermieter hätte die Kaution selbst einziehen müssen.
VolltextIBRRS 2024, 2603
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 07.08.2024 - 23 C 15/24
1. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen.
2. Dementsprechend hat der Vermieter in einer Mieterhöhungsklage zu den wohnwerterhöhenden Merkmalen konkret vorzutragen. Eine als Anlage beigefügte Tabelle der Spanneinordnung mit vereinzelt gesetzten Kreuzen ist nicht ausreichend.
VolltextIBRRS 2024, 2611
VG Freiburg, Urteil vom 11.07.2024 - 4 K 1957/23
1. Sieht eine städtische Abfallwirtschaftssatzung die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Abfallgebührenschuldner - hier u. a. Mieter als Wohnungsnutzer und Vermieter als Wohnungseigentümer - sowie die vorrangige Heranziehung eines Gesamtschuldners - hier des tatsächlichen Wohnungsnutzers - vor, erfordert dies nicht das Ergreifen von Vollstreckungsmaßnahmen gegen den vorrangig heranzuziehenden Gebührenschuldner.*)
2. Gebührengläubiger haben bei einer Gesamtschuldnerschaft für Kommunalabgaben grundsätzlich alle Möglichkeiten zur Durchsetzung des Abgabenanspruches zu nutzen und dürfen von der Inanspruchnahme eines - weiteren - Gesamtschuldners nicht allein schon deswegen absehen, weil für diesen Gesamtschuldner Schwierigkeiten bei der Realisierung seines Ausgleichsanspruchs im Innenverhältnis zu befürchten stehen.*)
3. Bittet ein Gesamtschuldner um die eigene vorrangige Heranziehung, um die Gebühren sodann im Innenverhältnis selbst zeitnah mit anderen Gesamtschuldnern abzurechnen - zum Beispiel in einem Mietverhältnis über die Nebenkostenabrechnung -, muss die Gebührenschuldnerin in ordnungsgemäßer Ermessensausübung regelmäßig eben diese Person vorrangig heranziehen.*)
4. Alle Gebührenschuldner haben aus dem allgemeinen Rechtssatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Gebührenschuldverhältnis einen Auskunftsanspruch über das Bestehen und die Höhe der Gebührenschuld.*)
VolltextIBRRS 2024, 2721
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.09.2024 - 2 L 89/24
1. Die Mitwirkung des Ehegatten eines Rechtsmittelrichters an der angefochtenen Entscheidung allein stellt grundsätzlich noch keinen Ablehnungsgrund im Hinblick auf dessen Beteiligung an der Entscheidung im Rechtsmittelverfahren dar (Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.10.2003 - II ZB 31/02, IBRRS 2003, 3020 = IMRRS 2003, 1335).
2. Gleichwohl kann es den Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit begründen, wenn der Richter der Vorinstanz nicht lediglich als Mitglied eines Kollegialgerichts an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt, sondern diese als Einzelrichter allein verantwortet hat (BGH, IBR 2020, 276). Gleiches gilt, wenn der Ehegatte an einem Beschluss mitgewirkt hat, der nach der gesetzlichen Regelung nur einstimmig gefasst werden kann (BGH, Beschluss vom 09.02.2023 - I ZR 142/22, IBRRS 2023, 0746 = IMRRS 2023, 0343).
3. In einem Verfahren auf Zulassung der Berufung, in dem es in erster Linie auf die Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten durch den Zulassungsantragsteller ankommt und noch keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erfolgt, bestehen jedenfalls dann an der Unvoreingenommenheit eines Rechtsmittelrichters keine Zweifel, wenn – über die familiäre Verbindung hinaus - keine weiteren Umstände erkennbar sind, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit als Rechtsmittelrichter zu rechtfertigen.
VolltextOnline seit 9. September
IBRRS 2024, 2702BGH, Urteil vom 11.07.2024 - VII ZR 127/23
1. Fordert der Besteller eine Werklohnvorauszahlung zurück, nachdem der Unternehmer Leistungen erbracht hat, muss der Besteller schlüssig die Voraussetzungen eines Saldoüberschusses aus einer Schlussabrechnung vortragen. Ausreichend ist eine Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Besteller Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht. Der Besteller kann sich auf den Vortrag beschränken, der bei zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen seinem Kenntnisstand entspricht. Hat der Besteller nach diesen Grundsätzen ausreichend vorgetragen, muss der Unternehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (Bestätigung von BGH, Urteil vom 11.02.1999 - VII ZR 399/97, IBRRS 2024, 2702; Urteil vom 24.01.2002 - VII ZR 196/00, IBR 2002, 235; Urteil vom 22.11.2007 - VII ZR 130/06, IBR 2008, 98).*)
2. Welcher Vortrag vom Besteller im Fall der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags ohne Detailpreisverzeichnis unter zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen verlangt werden kann, um eine Werklohnvorauszahlung zurückzufordern, richtet sich nach den Gesamtumständen, insbesondere nach dem Inhalt des Vertrags und vorvertraglicher Absprachen. Kennt der Besteller die Kalkulation des Unternehmers nicht und kann er nicht aufgrund anderer Umstände das vertragliche Preisniveau darstellen, obliegt dem Unternehmer insoweit die Darlegungslast.*)
3. Diese Darlegungslastverteilung gilt in einem Rechtsstreit zwischen dem Besteller und einem Bürgen, der sich verpflichtet hat, für einen Anspruch auf Rückzahlung der Werklohnvorauszahlung einzustehen, entsprechend. Der Bürge kann den Besteller nicht darauf verweisen, entsprechende Informationen beim Unternehmer einzufordern.*)
VolltextIBRRS 2024, 2710
VK Südbayern, Beschluss vom 04.04.2024 - 3194.Z3-3_01-23-68
1. Im Streitfall über die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB muss die Vergabestelle den Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrunds führen, nämlich dass eine erhebliche oder fortdauernde Schlechtleistung zur Kündigung oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. Es genügt nicht, dass der Auftraggeber gekündigt hat, es muss vielmehr mit hinreichender Sicherheit feststehen, dass dies auch zu Recht erfolgt ist.*)
2. Im Nachprüfungsverfahren gilt der insbesondere in § 167 GWB verankerte Beschleunigungsgrundsatz. Die Vergabekammer bzw. der -senat ist daher nicht gehalten, die Rechtmäßigkeit der streitigen Kündigung selbst im Wege einer vollumfänglichen Inzidentprüfung mit unter Umständen langwieriger Beweisaufnahme wie in einem Bauprozess zu klären. Vielmehr hat die Vergabekammer anhand des Vorbringens der Beteiligten und der eingereichten Unterlagen zu prüfen, ob der öffentliche Auftraggeber den Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrunds auch mit hinreichender Sicherheit führen kann.*)
3. Einem Unternehmen kann sein Verhalten bei Erfüllung eines öffentlichen Auftrags als Mitglied einer Bietergemeinschaft, an die ein Auftrag vergeben wurde, im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB zugerechnet werden, wenn ihm ein individueller Beitrag zu den während der Vertragsausführung auftretenden Mängeln zugerechnet werden kann und dieses individuelle Verhalten fehlerhaft oder fahrlässig war.*)
4. Hat ein Auftragnehmer mit rechtlichen Schritten gedroht oder solche unternommen, die er zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer noch ungeklärten Rechtslage für zulässig halten konnte, so ist bei der Prognoseentscheidung im Rahmen einer Ausschlussentscheidung vom öffentlichen Auftraggeber zu Gunsten des Auftragnehmers zu prüfen und zu berücksichtigen, ob dieser einer vertretbaren Rechtsauffassung folgte.*)
VolltextIBRRS 2024, 2715
OVG Niedersachsen, Urteil vom 07.08.2024 - 1 KN 161/21
1. Auch im Anwendungsbereich des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB sind die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen.*)
2. Auch mit Bebauungsplänen, die im Normalverfahren aufgestellt werden, kann ein Zusammenhang mit der Folge bestehen, dass die zulässigen Grundflächen zu addieren sind und das beschleunigte Verfahren nicht anwendbar ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 2469
AG Norden, Urteil vom 10.01.2024 - 5 C 2018/23
1. Ein Beschluss über den Rückbau einer vermeintlich nicht genehmigten baulichen Veränderung genügt möglicherweise dem Bestimmtheitsgebot nicht.
2. Dieses Risiko besteht insbesondere dann, wenn nicht jedem objektiven Dritten unmissverständlich einleuchtet, welche konkreten Maßnahmen vom einzelnen Eigentümer erwartet werden.
VolltextIBRRS 2024, 2712
OLG Celle, Urteil vom 31.07.2024 - 14 U 104/23
1. Nach dem Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO soll der entscheidungsrelevante Sach- und Streitstoff bereits in erster Instanz vollständig unterbreitet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, das Bestreiten einer in erster Instanz noch unstreitig gestellten Tatsache in der Berufungsinstanz zuzulassen, nachdem die gegnerische Partei ihrerseits das neue Vorbringen bestritten hat (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).*)
2. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der im Vorprozess Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend. Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil u. a. für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG.*)
3. Für die Eigenschaft einer mit Wischarbeiten in einem Hotel beschäftigten Reinigungskraft als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienstvertrags (§ 278 Satz 1 Alt. 2, § 611 BGB) des mit der Säuberung der Hotelräumlichkeiten beauftragten Reinigungsunternehmens kommt es nicht entscheidend auf das Bestehen etwaiger (arbeits-)vertraglicher Beziehungen zwischen ihnen beiden an. Denn die Art der zwischen dem Schuldner und dem Erfüllungsgehilfen bestehenden rechtlichen Beziehung ist gleichgültig.*)
4. Maßgeblich ist allein, dass der Erfüllungsgehilfe als Hilfsperson nach den tatsächlichen Verhältnissen objektiv für den Schuldner tätig geworden ist, dass also der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 2716
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.09.2024 - 14 LA 73/24
Die Nichtberücksichtigung persönlicher Ausführungen einer anwaltlich vertretenen Klägerin im Berufungszulassungsverfahren begründet keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. des Art. 103 Abs. 1 GG, wenn dieser den Anforderungen des Darlegungsgebots nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und dem Verbot der Umgehung des Vertretungszwangs nach § 67 Abs. 4 Satz 1, 2 VwGO entgegenstehen.*)
VolltextOnline seit 6. September
IBRRS 2024, 2697OLG Hamm, Urteil vom 19.04.2024 - 12 U 9/23
1. Bei einem Gebäudereinigungsvertrag handelt es sich regelmäßig um einen Werkvertrag und nicht um einen Dienstvertrag, denn der Unternehmer schuldet die Sauberkeit von Räumen mit von ihm auszusuchendem Personal, ohne dabei den Weisungen des Auftraggebers zu unterliegen. Zu den vertragsgemäßen Hauptleistungspflichten gehört typischerweise die Herstellung des Reinigungserfolgs, nicht hingegen die Erbringung einer vertraglich vereinbarten Stundenzahl.
2. Sieht der Vertrag die Vorlage bestimmter Arbeits- und Leistungsnachweise als Fälligkeitsvoraussetzung für einen Vergütungsanspruch vor, wird diese Regelung von den Parteien stillschweigend abbedungen, wenn die Zahlungen vom Auftraggeber nach der gelebten Praxis geleistet werden, ohne dass sich dieser auf die Nichtvorlage der Nachweise beruft.
3. Sieht der Vertrag vor, dass der Unternehmer den Erfolg der Reinigungsarbeiten in Eigenkontrolle zu prüfen hat, ist das Erfordernis einer Abnahme abbedungen.
4. Unabhängig davon, ob die Reinigungsleistung nach ihrer Eigenart ein "flüchtiges Gewerk" darstellt, ist dem Auftraggeber eine Mängelbeseitigungsaufforderung grundsätzlich möglich und angesichts der heutigen Kommunikationstechnologie auch zumutbar. Ob der Unternehmer genügend "Springer" zur Durchführung der Nachbesserung im Einsatz hat, ist irrelevant, da die Nichtdurchführung auf Grund unzureichender Personaldecke allein zur Fruchtlosigkeit der Mängelbeseitigungsaufforderung führen würde, was wiederum das Minderungsrecht der Beklagten eröffnen würde.
VolltextIBRRS 2024, 2701
VK Bund, Beschluss vom 29.07.2024 - VK 2-59/24
1. Eine dienststellenähnliche Kontrolle über eine juristische Person setzt voraus, dass sich deren beschlussfassende Organe ausschließlich aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen.
2. Eine institutionelle staatliche Förderung ist weder "Umsatz" noch ein "anderer tätigkeitsgestützter Wert". Denn eine institutionelle Förderung stellt keine Art von Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit dar.
VolltextIBRRS 2024, 2700
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.08.2024 - 1 LA 92/22
Die grundsteuerrechtliche Bewertung des Vorhabengrundstücks ist für die Frage der Zugehörigkeit zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB nicht maßgeblich ist.
VolltextIBRRS 2024, 2517
OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.2022 - 22 U 191/21
1. Der Verpächter kann nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Dauer der Vorenthalten die zuletzt vereinbarte Pacht stets ungeachtet des Verhältnisses, in dem die gezogenen oder ziehbaren Nutzungen zu denen des Gesamtjahres stehen, als Mindestentschädigung nach § 584b Satz 1 BGB verlangen.*)
2. Eine Anpassung der seitens des Pächters nach § 584b Satz 1 BGB zu leistenden Nutzungsentschädigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt jedenfalls dann von vorneherein nicht in Betracht, wenn sich die zur Grundlage des Vertrags gewordenen Umstände erst nach der Beendigung des Pachtvertrags schwer wiegend verändert haben.*)
VolltextIBRRS 2024, 2654
BGH, Urteil vom 23.07.2024 - VI ZR 427/23
1. Zur teilweisen (einseitigen) Erledigungserklärung der Revision.*)
2. Lässt ein Berufungsgericht die Revision zu, müssen sich aus dem Berufungsurteil die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung, der Sach- und Streitstand und die von den Parteien im Berufungsverfahren gestellten Anträge erschließen. Fehlen im Berufungsurteil die entsprechenden Darstellungen, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.*)
3. Eine Anschlussrevision kann bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht. Unzulässig ist sie nur dann, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht.*)
VolltextIBRRS 2024, 2652
BGH, Beschluss vom 02.07.2024 - VI ZR 240/23
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben.
2. Der Tatrichter darf, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen.
3. Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einem Arzthaftungsprozess.*)
VolltextOnline seit 5. September
IBRRS 2024, 2684OLG Schleswig, Urteil vom 17.07.2024 - 12 U 149/20
1. Die volle Vergütung für eine Leistungsphase kann auch dann geschuldet sein, wenn nicht alle Teilleistungen der jeweiligen Leistungsphase erbracht wurden. Denn ein funktionstaugliches, zweckentsprechendes Werk setzt nicht zwingend die Erbringung aller Teilleistungen voraus.
2. Eine Honorarminderung kommt nur in Betracht, wenn ein selbständiger Arbeitserfolg nicht erbracht wird und der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist.
3. Eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten aufgrund von allgemeinen Baupreissteigerungen oder Ausschreibungsergebnissen ist grundsätzlich nicht möglich. Bei der Berechnung der anrechenbaren Kosten ist auf denjenigen Planungsstand abzustellen, welcher der jeweils maßgebenden Kostenermittlung zugrunde zu legen ist.
4. Wird nach dem Abschluss der Entwurfsplanung und Vorliegen der Kostenberechnung vom Auftraggeber eine Kostenreduzierung gefordert oder ändert er seine Anforderungen an Qualität, Quantität oder Zeit und damit die Leistungsziele, kann dies nach § 10 HOAI zu einer Honoraranpassung führen.
5. In welchem Umfang der Architekt zu "optimieren" hat, also wie oft er Planungsleistungen nach unterschiedlichen Anforderungen im Sinne von Varianten/Alternativen vergütungsneutral erbringen muss, ist eine Frage des Einzelfalls und der Zumutbarkeitsgrenze. Als vergütungsfähige Änderungsleistungen sind insofern Planungsleistungen zu verstehen, die vom Architekten auf Veranlassung des Auftraggebers und nach vollständigem oder teilweisem Abschluss der Planung erbracht werden, ohne dass der Architekt dies zu vertreten hat.
6. Ein wichtiger Kündigungsgrund kann in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen, die eine Fortsetzung des Vertrages für den Auftraggeber unzumutbar macht. Ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers reicht regelmäßig noch nicht aus.
7. Allgemeine Geschäftskosten eines Architekturbüros stellen keine ersparten Aufwendungen dar, weil sie auch nach Kündigung eines Projektes weiter zu entrichten sind. Dazu gehören Gehälter der ständigen Mitarbeiter, Miete, Versicherungen, allgemeine Sachkosten des Bürobetriebs etc.
8. Ein anderweitiger Erwerb liegt nur dann vor, wenn der Architekt infolge der Kündigung einen Füllauftrag annehmen konnte.
VolltextIBRRS 2024, 2682
OLG Celle, Beschluss vom 27.08.2024 - 13 Verg 3/24
Wenn eine gemeinnützige GmbH, die ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie betreibt, Erlöse aus Krankenhausleistungen, Wahlleistungen und ambulanten Leistungen erzielt, handelt es sich nicht um eine öffentliche Finanzierung im Sinne des § 99 Nr. 2 a GWB, sondern um Entgelte für spezifische Gegenleistungen für die Behandlung von Patienten.*)
VolltextIBRRS 2024, 2683
VGH Bayern, Beschluss vom 22.08.2024 - 9 ZB 23.842
1. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben sowie gegen eine "schleichende Umwandlung" bzw. gegen ein "Umkippen" des Gebietscharakters zur Wehr zu setzen.
2. Die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von wohn- und gewerblicher Nutzung schließt es nicht aus, dass in Teilen des Mischgebiets das Gewerbe und in anderen Teilen das Wohnen stärker vertreten sein kann.
VolltextIBRRS 2024, 2677
OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2024 - 12 U 75/23
1. Bebauungsvorschriften, die nachbarschützenden Charakter besitzen, stellen gleichzeitig Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar.*)
2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO-SA zur Standsicherheit hat nachbarschützende Wirkung.*)
3. Sie gilt nicht nur für die Errichtung, sondern auch für den Abriss einer baulichen Anlage.*)
VolltextIBRRS 2024, 2494
VG Bremen, Beschluss vom 23.01.2024 - 1 V 2730/23
1. Ist der Mietvertrag einer Monteurs-Unterkunft nicht mit den Monteuren selbst geschlossen, sondern deren Arbeitgeber, spricht dies gegen eine Wohnnutzung.*)
2. Verfügen die Monteure zudem nicht über einen Außentürschlüssel für die Monteurs-Unterkunft, spricht dies ebenfalls gegen eine Wohnnutzung.*)
VolltextIBRRS 2024, 2641
BGH, Urteil vom 11.07.2024 - III ZR 176/22
1. Zur Feststellung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Beihilfe zu einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung; hier: Tragfähigkeit von Indizien.*)
2. Zur Tatsachenfeststellung in der Berufungsinstanz.*)
VolltextIBRRS 2024, 2648
OVG Sachsen, Beschluss vom 11.06.2024 - 1 E 73/23
Für eine auf § 40 DVOSächsBO i.V.m. § 66 Abs. 3 SächsBO gestützte Klage eines anerkannten Prüfingenieurs gegen den Bauherrn auf Vergütung für die bauaufsichtliche Prüfung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (Abgrenzung zu BGH, IBR 2016, 350, zur Hessischen Bauordnung 2002).*)
VolltextOnline seit 4. September
IBRRS 2024, 2680BGH, Urteil vom 25.07.2024 - VII ZR 84/21
Die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.08.2013 (IBR 2014, 49) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird nicht dadurch beeinflusst, dass es - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen wird und der Bauunternehmer daher keine Umsatzsteuer mehr an den Fiskus abführen muss.*)
VolltextIBRRS 2024, 2400
OLG Köln, Beschluss vom 14.03.2022 - 11 U 28/21
1. Ein Bauvertrag ist (wegen Wuchers) nichtig, wenn ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht und subjektive Umstände wie die vorwerfbare Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche des Benachteiligten hinzutreten.
2. Die Vollkaufmann-Eigenschaft des Benachteiligten begründet die widerlegliche Vermutung, dass der Begünstigte nicht in verwerflicher Weise eine persönliche oder geschäftliche Unterlegenheit des Benachteiligten ausgenutzt hat.
3. Die Abnahme des Werks kann auch durch einen Dritten erfolgen, wenn der Besteller diese gegen sich gelten lassen will.
VolltextIBRRS 2024, 2676
OLG Rostock, Beschluss vom 18.07.2024 - 17 Verg 1/24
1. Das Absehen von der Losaufteilung kommt nur dann in Betracht, wenn sich der Auftraggeber im Einzelnen mit dem grundsätzlichen Gebot der Fachlosvergabe einerseits und den im konkreten Fall dagegen sprechenden Gründen auseinandersetzt und sodann eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange trifft, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe überwiegen müssen. Objektiv zwingender Gründe für die zusammenfassende Vergabe bedarf es demgegenüber nicht.*)
2. Bei der Prognose der Vor- und Nachteile der Losvergabe, deren Gewichtung und der Abwägung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu.*)
3. Bei der Abwägung der für und gegen die Losaufteilung sprechenden Gründe sind die typischen Vor- und Nachteile mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Gewichtung zu berücksichtigen und um die im Einzelfall bestehenden Besonderheiten zu ergänzen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2674
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.08.2024 - 1 MN 39/24
1. Weder die Anforderungen an die Bekanntgabe noch das Bestimmtheitsgebot gebieten, im Beschluss über die Verlängerung einer Veränderungssperre Beschlussdatum oder Fundort der ursprünglichen Veränderungssperre anzugeben.*)
2. Die Befugnis des Rats, sich eine Entscheidung, für die originär der Verwaltungsausschuss zuständig wäre, im Einzelfall nach § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG vorzubehalten kann auch konkludent durch Entscheidung in der Sache ausgeübt werden (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil vom 15.03.2001 - 1 K 2440/00 -, NVwZ-RR 2002, 417).*)
VolltextIBRRS 2024, 2446
LG Lübeck, Beschluss vom 26.06.2024 - 14 S 38/24
1. Die Angabe der Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses sind Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Zweck des Begründungserfordernisses ist es, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn so in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.
2. Bei der Frage, ob ein Vermieter durch die Fortsetzung eines Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wird, darf nicht allein darauf abgestellt werden, ob eine bewohnte Wohnung der Durchführung der angestrebten Verwertung entgegensteht. Vielmehr muss auch geklärt werden, ob es den Parteien möglich und zumutbar gewesen wäre, den Mieter vorübergehend in einer alternativen Unterkunft unterzubringen.
3. Die Umgestaltung einer Wohnung kann dem Wegfall einer Wohnung nur dann gleichgestellt werden mit der Folge, dass ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Betracht zu ziehen ist, wenn die Wohnung durch die Umgestaltung in ihrem grundlegenden Charakter wesentlich verändert wird. Dies bedarf einer grundsätzlichen Veränderung des Wohnungszuschnitts und der Wohnqualität, die über eine reine Modernisierung hinausgeht. Nicht ausreichend dürften daher - auch in der Gesamtschau - geringfügige Grundrissänderungen und Änderungen von (Balkon-)Türen, Erneuerungen von Bädern bzw. Küche oder die Förderung der Barrierefreiheit sein.
VolltextIBRRS 2024, 2451
LG Köln, Urteil vom 18.07.2024 - 6 S 99/23
1. Ein Dauerkleingarten kann nie nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG gekündigt werden, denn aufgrund der Festsetzung im Bebauungsplan als Nutzung für Kleingarten ist eine andere Nutzung gerade planungsrechtlich nicht zulässig.
2. Fiktive Dauerkleingärten werden wie Verträge über Dauerkleingärten behandelt. Dementsprechend muss für diese auch die Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG ausgeschlossen sein.
3. Vor Inkrafttreten des BKleingG geschlossene Pachtverträge über Kleingärten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes keine Dauerkleingärten sind, sind wie Verträge über Dauerkleingärten zu behandeln, wenn die Gemeinde Eigentümerin der Grundstücke ist.
VolltextIBRRS 2024, 2678
OLG Zweibrücken, Urteil vom 20.08.2024 - 8 U 47/24
Der Entschädigungsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasst bei lediglich fiktiver Abrechnung keine Umsatzsteuer, da keine Gründe dafür ersichtlich sind, in Fällen der Kompensation nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung über die insoweit für Schadensersatzansprüche geltenden Regeln hinaus eine (noch) gar nicht eingetretene Vermögenseinbuße in Gestalt der erst bei tatsächlicher Beseitigung der Beeinträchtigung anfallenden Umsatzsteuer auszugleichen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2646
OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.06.2024 - 8 U 107/23
1. Der Erlass eines Grundurteils setzt voraus, dass Grund und Höhe des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs streitig sind. Weitere Voraussetzung ist, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Grundes zur Entscheidung reif ist, nicht aber hinsichtlich des Betrags.
2. Bevor ein Grundurteil ergehen kann, müssen alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt und alle vom Beklagten dagegen vorgetragenen Einwendungen und Einreden ausgeschlossen werden. Die Klärung einzelner zum Grund des Anspruchs gehörender Fragen wie des Mitverschuldenseinwands kann zwar im Grundverfahren offengelassen und dem Betragsverfahren vorbehalten werden, wenn bereits feststeht, dass ein Mitverschulden nicht zu einer Beseitigung des Anspruchs führt.
3. Der Erlass eines Grundurteils ist aber stets unzulässig, wenn dies nicht zu einer echten Vorabentscheidung des Prozesses, sondern zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Prozesses führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe des Anspruchs annähernd dieselben sind oder in einem so engen Zusammenhang stehen, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig wäre.
VolltextIBRRS 2024, 2533
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.04.2024 - 2-13 T 11/24
Setzt das Gericht ein Verfahren gem. § 148 Abs. 3 ZPO in der seit dem 13.10.2023 geltenden Fassung aus, ist, solange die Entscheidung nicht willkürlich ist, im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, ob die Beweiserhebung für den Ausgang des Verfahrens erforderlich ist.*)
VolltextOnline seit 3. September
IBRRS 2024, 2668LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.12.2023 - L 3 U 142/21
1. Voraussetzung einer "Wie-Beschäftigung" ist, dass eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen.
2. Eine "Wie-Beschäftigung" setzt nicht voraus, dass alle Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sind. Insbesondere braucht keine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen vorzuliegen, ebenso wenig ist eine Eingliederung in das unterstützte Unternehmen zwingend erforderlich.
3. Die "Wie-Beschäftigung" ist von der unternehmerähnlichen Tätigkeit und von der Sonderbeziehung abzugrenzen.
4. ...
VolltextIBRRS 2024, 2667
OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.08.2024 - 11 Verg 3/24
Ist ein Nachprüfungsantrag nach summarischer Prüfung aufgrund fehlender Antragsbefugnis unzulässig und liegt ein besonderes Beschleunigungsinteresse des öffentlichen Auftraggebers (Sicherstellung der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung) vor, scheidet eine Wiederherstellung des Zuschlagsverbots nach § 169 Abs. 2 Satz 6 GWB aus.*)
VolltextIBRRS 2024, 2666
BVerwG, Beschluss vom 06.08.2024 - 4 BN 2.24
1. Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die mit der Befugnis zur Planung einhergehende Gestaltungsfreiheit wird durch das Gebot begrenzt, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
2. Zu den im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Belangen gehören auch die des Verkehrs. Diese umfassen insbesondere eine ordnungsgemäße Erschließung des Plangebiets durch die Festsetzung ausreichender Zufahrtsmöglichkeiten und den Anschluss an die Verkehrsflächen.
3. Der Verzicht auf eine Wendeanlage bei der Herstellung einer befahrbaren Sackgasse ist nicht von der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gedeckt und kann einen Mangel im Abwägungsergebnis begründen, wenn die Straße eine nicht völlig unbedeutende Anzahl von Grundstücken erschließt und der regelmäßig von diesen Grundstücken ausgehende Kraftwagenverkehr faktisch gezwungen ist, entweder rückwärts in die Sackgasse ein- oder rückwärts aus ihr auszufahren.
VolltextIBRRS 2024, 2532
OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2024 - 4 U 1582/23
1. Die Auseinandersetzung einer faktisch beendeten Miteigentümergemeinschaft (hier: an einem mit einem Mehrfamilienmietshaus bebauten Grundstück) nach Bruchteilen hat mittels einer Auseinandersetzungsklage zu erfolgen, bei der die einzelnen Ansprüche, die von beiden Parteien gegeneinander erhoben werden als unselbständige Rechnungsposten einer Schlussrechnung aufgeführt werden.*)
2. Einzelne Forderungen aus dieser Schlussrechnung unterliegen hingegen einer Durchsetzungssperre; eine hierauf gerichtete Klage ist als derzeit unbegründet abzuweisen.*)
3. Die Durchsetzungssperre erfasst auch Ansprüche auf Feststellung von in die Schlussrechnung aufzunehmenden Einzelposten.*)
VolltextIBRRS 2024, 2444
VG Köln, Beschluss vom 13.06.2024 - 16 L 665/24
1. Eine Zwangsmittelandrohung erledigt sich noch nicht mit der Erfüllung des Grundverwaltungsaktes, sondern erst, wenn die Behörde erklärt oder jedenfalls zu erkennen gibt, dass sie die erfolgte Androhung des Zwangsmittels nicht mehr als Grundlage der weiteren Vollstreckung ansieht.*)
2. Die Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 WohnStG NRW erlaubt den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung auch nach Ablauf der Höchstgeltungsdauer einer zuvor erlassenen Satzung. Entscheidend ist, dass der zum Satzungserlass berechtigende Wohnraummangel nach Ablauf der Geltungsdauer trotz der gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 WohnStG NRW ergriffenen Maßnahmen fortbesteht.*)
3. Wohnzweck i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 WohnStG NRW meint die Nutzung von Wohnraum als Heimstätte im Alltag. Hiervon sind als andere Nutzungszwecke sämtliche Erscheinungsformen des vorübergehenden, übergangsweisen oder provisorischen, nur einem bestimmten Zweck dienenden Unterkommens abzugrenzen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Mieter zeitweise die Räumlichkeiten zu seinem Lebensmittelpunkt bestimmt. Maßgeblich ist das Nutzungskonzept des Vermieters im Zeitpunkt des Erlasses des Wohnnutzungsgebots.*)
4. Zur Abgrenzung einer Wohnnutzung von anderen Nutzungszwecken können auch die zivilrechtlichen Kriterien zur Abgrenzung von Mietverhältnissen über Wohnraum und Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch gem. § 549 Abs. 1 Nr. 2 BGB herangezogen werden.*)
5. Die Regelfrist für die Wiederzuführung von 2 Monaten gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 WohnStG NRW beginnt erst mit Bekanntgabe des Wohnnutzungsgebots.*)
VolltextIBRRS 2024, 2653
BGH, Beschluss vom 23.07.2024 - VI ZR 41/22
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Verzicht auf die Ergänzung oder Einholung eines Sachverständigengutachtens bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage unter Anmaßung eigener Sachkunde.*)
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