Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 03/2017 - Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Thema Wertung nach Schulnoten ist nach wie vor ein „Dauerbrenner“. Die Diskussion begann mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.06.2016 (Verg 49/15, VPRRS 2016, 0372). Das Gericht entschied, dass die Verwendung von Schulnoten ohne Angabe konkreter Kriterien, anhand derer die Noten vergeben werden, intransparent sei. Nach Ansicht des OLG Dresden verlange der vergaberechtliche Transparenzgrundsatz dagegen keine konkrete Zuordnung bestimmter Erfüllungsgrade der Angebote zu einzelnen Notenstufen, sondern nur, dass der Auftraggeber für die jeweiligen Zuschlagskriterien seine Erwartungen hinreichend deutlich formuliert. Aufgrund dieser vom OLG Düsseldorf abweichenden Auffassung hat der Dresdener Vergabesenat die Schulnotenproblematik dem Bundesgerichtshof vorgelegt ( S. 81). Dieser entschied am 04.04.2017, dass es für eine transparente und wettbewerbskonforme Auftragsvergabe genüge, wenn der Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne in den Vergabeunterlagen anzugeben, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen soll (X ZB 3/17, VPRRS 2017, 0149). Die amtlichen Leitsätze der BGH-Entscheidung finden Sie in den Streiflichtern, den dazugehörigen Beitrag in der nächsten VPR-Ausgabe.
Bei der Schätzung des Auftragswerts ist vom voraussichtlichen Gesamtwert der geplanten Leistung auszugehen (§ 3 Abs. 1 VgV). Werden für die Errichtung eines Bauvorhabens verschiedene Planungsleistungen vergeben, ist der Gesamtwert anhand aller Lose mit gleichartigen Leistungen zu schätzen. Fraglich ist, wann Leistungen gleichartig sind. Objektplanung, Tragwerksplanung und die Planung der technischen Gebäudeausrüstung für ein einheitliches Bauvorhaben sind nach Ansicht des OLG München jedenfalls dann als gleichartige Leistungen anzusehen und für die Schwellenwertberechnung zu addieren, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung ausführt, dass die Planungsleistungen als Einheit zu betrachten und zu bewerten sind ( S. 100).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR