Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IMR 11/2006 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
mit Urteil vom 18.10.2006 – VIII ZR 52/06 (bislang nur als Presseerklärung vorliegend) hat der BGH im Wohnraummietrecht seine Rechtsprechung zu den „starren“ Fristen bei Schönheitsreparaturen fortgesetzt und nunmehr auch formularvertragliche Abgeltungsklauseln, die sich an „starren“ Fristen und Prozentsätzen ausrichten, für unwirksam erklärt. Dabei knüpfte er an seine eigene Rechtsprechung zu Formularbestimmungen, die dem Mieter die Ausführung von Schönheitsreparaturen während des laufenden Mietverhältnisses nach einem „starren“ Fristenplan auferlegen, an (vgl. BGH, IBR 2004, 1146 – nur online; IMR 2006, 5). Durch solche Regelungen kann der Mieter mit Renovierungsverpflichtungen belastet werden, obwohl unter Umständen tatsächlich noch kein Renovierungsbedarf besteht, weil der Mieter die Wohnung beispielsweise nur unterdurchschnittlich genutzt hat. Diese Erwägungen überträgt der BGH auf Abgeltungsklauseln, die auf einer „starren“ Berechnungsgrundlage beruhen. Sie erlauben keine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustandes der Wohnung. Das führt zu ihrer Unwirksamkeit. „Weiche“ Fristenregelungen dürften dagegen zulässig sein, wenn sie also den „Charakter einer Richtlinie“ haben, z. B. durch Zusätze wie „in der Regel“ (BGH, IBR 2006, 1110 – nur online).
Von großer Bedeutung ist auch die Entscheidung des BGH (vgl. S. 165) zur Geltendmachung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegenüber dem Bauträger. Dieses Grenzgebiet zwischen Wohnungseigentumsrecht sowie Kauf- und Werkvertragsrecht ist immer noch nicht abschließend erschlossen. Im Kern geht es darum, ob und in welchem Umfange die Mängelansprüche des einzelnen Käufers gegenüber dem Bauträger durch die Gemeinschaftsbezogenheit eingeschränkt sind. Der BGH hat mit Urteil vom 27.07.2006 (vgl. IMR 2006, 126; IMR 2006, 127) für die Rückabwicklungsansprüche des Käufers (also: Großer Schadensersatz und Wandelung bzw. Rücktritt) entschieden, dass diese die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums grundsätzlich nicht berühren. Das hat zur Konsequenz, dass der einzelne Erwerber in der Ausübung dieser Rechte von der Gemeinschaft nicht eingeschränkt werden kann. Im konkreten Falle hinderte daher ein Vergleich zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Bauträger den einzelnen Erwerber nicht, gleichwohl die Rückabwicklung des Vertrages wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum zu verlangen. Vogel ( S. 165) bespricht dieses wichtige Urteil aus der Sicht des Wohnungseigentumsrechts und stellt fest, dass noch viele Fragen offen geblieben sind. Das Bauträgerrecht wird ein schwieriges und spannendes Rechtsgebiet bleiben, was nicht zuletzt auf die Mischung von Elementen aus vielen verschiedenen Rechtsgebieten (Zivil- und Gewerberecht, WEG- und Vertragsrecht, Kauf-, Werk- und Geschäftsbesorgungsvertrag sowie Recht der Sicherheiten) zurückzuführen ist.
Auch alle anderen Beiträge seien Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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