Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IMR 10/2014 - Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der Sommer, der keiner war, ist zu Ende. Der vom Urlaub hinterlassene Arbeitsberg ist auf ein erträgliches Maß geschrumpft. Somit können Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder der neuesten Rechtsprechung widmen.
Der im WEG seit Sommer 2007 sehr aktive BGH hat uns im vergangenen Monat nur mit zwei, allerdings nicht unwichtigen Entscheidungen beglückt.
Das Verwalterwissen ist den Wohnungseigentümern nur in Fällen zuzurechnen, in denen eine geborene Gemeinschaftsbezogenheit besteht, oder, im Falle der gekorenen Gemeinschaftsbezogenheit, wenn ein Beschluss gefasst wurde, mit dem die Gemeinschaft die Rechtsverfolgung an sich gezogen hat ( S. 427). ¬Spätestens jetzt freuen sich die "Mietrechtler" unter uns, dass sie sich damit nicht herumschlagen müssen. Was ist das: "gekorene" - "geborene" Gemeinschaftsbezogenheit? § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG hilft dabei auch nicht weiter. Die Rechtsprechung hat sich hierzu auch noch nicht positioniert. Das Streiten kann also weiter gehen.
Die zweite Entscheidung sorgt dafür eindeutig für mehr Rechtsklarheit für die wichtige Frage der Berufungszuständigkeit in Streitigkeiten, die sich nicht nur gegen Wohnungseigentümer, sondern gleichzeitig etwa auch gegen deren Mieter richten ( S. 445). Gerade den Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht vornehmlich mit dem Wohnungseigentum befassen, sei die Lektüre dieser Entscheidung empfohlen. Hier verbirgt sich ein nicht unerhebliches Haftungspotential. Die Berufungseinlegung beim falschen Gericht führt zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Heilung ist nur durch rechtzeitige (!) Verweisung an das zuständige Gericht möglich. Das gilt selbst dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung des Erstgerichts falsch war, was bei Gerichten an kleineren Gerichtsorten durchaus vorkommen kann.
Auf eine noch kurz vor Redaktionsschluss bekannt gewordene, für den "Wohnungseigentumsrechtler" erfreuliche Entscheidung des OLG München möchte ich noch Ihr besonderes Augenmerk richten. Der Streitwert der Veräußerungszustimmung bemisst sich nach dem vollen Verkehrswert der Wohnung ( S. 446)!
Somit verbleibt uns nur, auf einen "goldenen Oktober" zu hoffen.
Ich verabschiede mich mit den besten Grüßen
Beate Müller
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht