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IBR 08/2019 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht gehört die Beantwortung der Frage, ob die Ausführung einer bestimmten Leistung bereits von der vereinbarten Vergütung abgegolten ist oder ob hierfür vom Auftragnehmer eine zusätzliche Vergütung beansprucht werden kann, sicherlich zu den schwierigsten Aufgaben eines mit einer Baustreitigkeit befassten Gerichts. Denn sie macht eine Auslegung der Leistungsbeschreibung im weiteren Sinn, also des Vertrags (siehe § 1 Abs. 1 Satz 1 VOB/B), erforderlich. Bauverträge sind aber genauso Unikate wie die Bauwerke, die auf ihrer Grundlage errichtet werden. Deshalb muss die Auslegung die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und hat nicht schematisch, sondern methodisch nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zu erfolgen. Eine besondere Rolle kommt im VOB-Vertrag dabei den Regelungen der VOB/C zu. Die VOB/C unterscheidet in den jeweiligen Abschnitten 4 der ATV DIN 18299 ff. zwischen Nebenleistungen und Besonderen Leistungen. Während Nebenleistungen mit der vereinbarten Vergütung abgegolten sind, steht dem Auftragnehmer für die Ausführung einer Besonderen Leistung gem. § 2 Abs. 6 VOB/B ein Anspruch auf besondere Vergütung zu. Allerdings kann die Auslegung des Vertrags durchaus ergeben, dass eine Besondere Leistung bereits zur vertraglichen Leistung gehört und deshalb gem. § 2 Abs. 1 VOB/B durch die vereinbarten Preise abgegolten ist (siehe z. B. BGH, Dokument öffnen IBR 2014, 328). Das KG hat in diesem Zusammenhang am 05.04.2019 entschieden, dass ein Auftragnehmer für das Auf- und Abbauen von Traggerüsten über 3,5 m – auch wenn es sich um Besondere Leistungen im Sinne der VOB/C handelt – keine Mehrvergütung verlangen kann, wenn in einer detaillierten Leistungsbeschreibung ein bestimmter Endzustand beschrieben ist und dieser ohne die Ausführung der Besonderen Leistung nicht erreicht werden kann, sie also (erkennbar) technisch zwingend notwendig ist (Dokument öffnen S. 413).

Diese Begründung erinnert ein wenig an das Konsoltraggerüst-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.02.2002 (Dokument öffnen IBR 2002, 231). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass ein Traggerüst auch ohne besondere Erwähnung zu dem mit der vereinbarten Vergütung abgegoltenen Leistungsumfang gehört, wenn das Leistungsverzeichnis ein überhängendes Betonteil enthält, aber eine nach der VOB/C gebotene Leistungsposition für das notwendige Traggerüst fehlt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung später in der – hier – sog. Handelsspeicher-Entscheidung vom 27.07.2006 dahingehend konkretisiert, dass bei der Auslegung eines VOB-Bauvertrags auch der einschlägige Abschnitt 4 der VOB/C zu berücksichtigen ist (Dokument öffnen IBR 2006, 605). Allein mit dem Argument der technischen Notwendigkeit wird man eine Nachtragsforderung für die Erbringung einer notwendigen Besonderen Leistung deshalb nicht zurückweisen können.

Im Recht der Architekten und Ingenieure hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 04.07.2019 für einen Paukenschlag gesorgt. Der EuGH hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/123/EG verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat (Dokument öffnen S. 436). Damit hat der EuGH aber nicht die gesamte HOAI „beerdigt", sondern lediglich das verbindliche Preisrahmenrecht in § 7 Abs. 1 HOAI 2013 „kassiert". Da die Durchführung eines EuGH-Urteils nicht nur der am Verfahren beteiligten Regierung, sondern allen staatlichen Organen und somit auch den nationalen Gerichten obliegt, dürften „Aufstockungsklagen" bei Pauschalhonorarvereinbarungen unterhalb der HOAI-Mindestsätze (siehe z. B. OLG Frankfurt, Dokument öffnen IBR 2019, 143) ab sofort wohl keinen Erfolg mehr haben. Ansonsten bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber auf die Entscheidung aus Luxemburg reagiert.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge kommt es immer wieder vor, dass einzelne Bieter Angebote abgeben, die im Vergleich zu denen anderer Bieter oder zur Kostenschätzung ungewöhnlich niedrig erscheinen. Solche Angebote muss der öffentliche Auftraggeber aufklären (z. B. gem. § 44 UVgO). Dabei hat er nach Ansicht der VK Thüringen dem betroffenen Bieter durch explizite positions- bzw. titelbezogene Anfragen Gelegenheit zu einer Aufklärung der auffälligen Positionen oder Titel zu geben. Ohne konkrete Anfragen bleibt der Bieter nämlich im Unklaren darüber, in welchen Positionen oder Titeln der Auftraggeber entsprechende Auffälligkeiten festgestellt hat, die nach seiner Meinung einer Aufklärung bedürfen, denn ein Bieter geht naturgemäß von der Richtigkeit seiner Kalkulation aus. Er kann daher nur dann die Angemessenheit seines Angebotspreises nachvollziehbar begründen, wenn er weiß, worauf die Zweifel des Auftraggebers an seinem Angebotspreis beruhen (Dokument öffnen S. 455).

In der Rubrik Prozessuales ist der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.09.2019 hervorzuheben, der sich mit einer eingescannten und per E-Mail versendeten Rechtsmittelbegründungsschrift befasst. Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist ein derart versendeter Schriftsatz kein elektronisches Dokument i.S.v. § 130a ZPO, so dass er nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Speicherung im E-Mail-Postfach bei Gericht eingegangen ist, sondern erst zum Zeitpunkt des vollständigen Ausdrucks der PDF-Datei (Dokument öffnen S. 469). Erfolgt dieser erst nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist, ist das Rechtsmittel folglich verfristet.

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen

Ihr

Dr. Stephan Bolz Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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