Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK

IBR 9/2023 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht spielt der Verbraucherschutz eine immer größere Rolle. Die zunehmende Anzahl in diesem Zusammenhang veröffentlichter Entscheidungen zeigt, dass viele Bauunternehmen dieses Thema offensichtlich noch nicht „auf dem Schirm“ haben.

Wird ein Vertrag über die Ausführungen von Bauleistungen mit einem privaten Auftraggeber (Verbraucher) außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen, steht dem Verbraucher nach § 312g BGB ein Widerrufsrecht zu (siehe z. B. BGH, Dokument öffnen IBR 2022, 18; KG, Dokument öffnen IBR 2022, 129), über das der Verbraucher zu belehren ist. Unterbleibt die Belehrung und übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, nachdem die Leistung ausgeführt wurde, hat der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Vergütung (siehe EuGH, Dokument öffnen IBR 2023, 346). Nach Ansicht des OLG Karlsruhe besteht die Belehrungspflicht nicht nur bei Abschluss des „Hauptvertrags“, sondern auch im Zusammenhang mit der Beauftragung zusätzlicher Leistungen, und zwar selbst dann, wenn diese Nachträge zu einem bestehenden Vertrag sind und mit diesem zusammenhängen (Dokument öffnen S. 447).

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.06.2023 von besonderer praktischer Bedeutung. Das Gericht weist darauf hin, dass die Widerrufsbelehrung den Namen, die ladungsfähige Anschrift und die Telefonnummer desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, enthalten muss. Die geforderten Angaben müssen in einer einheitlichen Belehrung zusammengefasst sein. Wird der Verbraucher vom Auftragnehmer nicht ordnungsgemäß über dessen Widerrufsrecht belehrt, beginnt die Widerrufsfrist nicht. Das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (Dokument öffnen S. 459).

Im Recht der Architekten und Ingenieure hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 25.05.2023 entschieden, dass ein Tragwerksplaner, der zur Vorbereitung der geplanten Aufstockung eines Gebäudes vertraglich die Untersuchung einer Bestandsdecke übernimmt, auch zu untersuchen hat, inwieweit die mögliche Traglast durch den Bestandsbau bereits verbraucht ist (Dokument öffnen S. 469).

Im Vergaberecht betont die VK Sachsen in ihrem Beschluss vom 14.04.2023, dass der öffentliche Auftraggeber sich im Wege einer Selbstbindung daran festhalten lassen muss, wenn mit den Bewerbungsbedingungen klargestellt worden ist, dass im Vergabeverfahren die Kommunikation mit den am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ausschließlich über eine Vergabeplattform erfolgen soll. Eine nachträgliche, stillschweigende Änderung dieser Selbstbindung, beispielsweise durch Versendung eines fristgebundenen Nachforderungsschreibens per E-Mail, ist in einem solchen Fall ausgeschlossen (Dokument öffnen S. 473).

Die HOAI 2021 enthält anders als ihre Vorgängerversionen bekanntermaßen kein bindendes Preisrecht mehr. Architekten und Ingenieure können ihre Leistungen daher – zumindest im Grundsatz – sogar „für umsonst“ offerieren. Bietet ein Architekturbüro eine nach den Vergabeunterlagen zu erbringende Leistungsphase mit einem Honoraranteil von 0% an, lässt sich daraus nach Ansicht der VK Südbayern noch nicht schließen, dass das Angebot die Erbringung der jeweiligen Leistungsphase nicht enthält. Es kann auch dahingehend verstanden werden, dass die Leistungsphase unentgeltlich erbracht werden soll. Erklärt der Architekt dann allerdings im Rahmen der Preisaufklärung, die geforderte Leistungsphase nicht erbringen zu wollen, ist das Angebot wegen Änderung der Vergabeunterlagen bzw. als nicht zugelassenes Nebenangebot zwingend auszuschließen (Dokument öffnen S. 477).

In der Rubrik Prozessuales ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.06.2023 besonders hervorzuheben, weil das Gericht mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zu der Frage, wann ein selbständiges Beweisverfahren endet, wenn es mehrere voneinander unabhängige Mängel zum Gegenstand hat und mehrere Sachverständigengutachten eingeholt werden, ausdrücklich aufgegeben hat. Im Jahr 1992 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Unterbrechung (heute: Hemmung) der Verjährung mit Zugang des Gutachtens bzw. am Tag der mündlichen Erläuterung endet, und zwar jeweils hinsichtlich der Mängel, die Gegenstand des Gutachtens/der mündlichen Erläuterung sind (Dokument öffnen IBR 1993, 142). Wurden in einem selbständigen Beweisverfahren also unterschiedliche Mängel geltend gemacht, endete die Hemmung für jeden Mangel unter Umständen gesondert (siehe z. B. OLG Brandenburg, Dokument öffnen IBR 2021, 224; OLG Oldenburg, Dokument öffnen IBR 2020, 386). Nunmehr gilt: Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung eines selbständigen Beweisverfahrens ist grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer – auch voneinander unabhängiger – Mängel stattfindet, und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Dokument öffnen S. 492).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

Zum Inhaltsverzeichnis