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IBR 8/2016 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertrag nach VOB berechtigen Streitigkeiten Auftragnehmer nicht dazu, die Arbeiten einzustellen. Das gilt allerdings nicht in solchen Fällen, in denen es die VOB/B dem Auftragnehmer ausdrücklich gestattet, seine Leistung (vorübergehend) zu verweigern. So darf der Auftragnehmer gem. § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B seine Arbeiten bei Zahlungsverzug bis zur Zahlung einstellen, sofern eine dem Auftraggeber zuvor gesetzte Nachfrist fruchtlos verstrichen ist. Darauf weist das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 07.06.2016 hin (Dokument öffnen S. 444). Von dieser Möglichkeit sollte ein Auftragnehmer aber nur in sehr eingeschränktem Maß Gebrauch machen. Voraussetzung hierfür ist nämlich nicht nur, dass der Auftraggeber eine fällige (Nachtrags-)Forderung nicht bezahlt und die vom Auftragnehmer gesetzte Nachfrist fruchtlos verstrichen ist. Hinzu kommen muss, dass der Auftragnehmer prüfbar - unter Vorlage der Urkalkulation (siehe OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 2015, 119) - abgerechnet hat, die Forderung auch der Höhe nach berechtigt ist und dem Auftraggeber kein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln zusteht. Nicht entscheidend ist, ob der Auftraggeber ein solches Recht geltend macht oder die Mängel zuvor gerügt wurden (BGH, Dokument öffnen IBR 1993, 365).

"Mängel an Dach-Photovoltaik-Anlage verjähren in fünf Jahren!" So lautet die Überschrift über dem Beitrag zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 02.06.2016 (Dokument öffnen S. 447). Wie kann das sein, mag der aufmerksame IBR-Leser sich fragen. Hat nicht der BGH erst vor wenigen Jahren entschieden (Dokument öffnen IBR 2014, 110), dass Mängel an einer Dach-Photovoltaik-Anlage in zwei Jahren verjähren? Die Antwort ist ebenso einfach wie für den Juristen typisch: Es kommt darauf an. In Fall des unter anderem für das Kaufvertragsrecht zuständigen VIII. Zivilsenats im Jahr 2013 wurde die Anlage lediglich auf das Dach einer Scheune montiert. In dem der Entscheidung des für das (Bau-)Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenats zu Grunde liegenden Sachverhalt musste die Anlage aufgrund ihres Gewichts mit einer auf dem Dach fest verbundenen Unterkonstruktion angebracht werden. Zudem waren erhebliche Eingriffe in die Substanz des Gebäudes im Zusammenhang mit der Leitungsführung erforderlich. Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen der Anwendung von Kauf- und Werkvertragsrecht und somit entscheidend für die Länge der Gewährleistungsfrist ist also die Art und Weise der Verbindung zwischen der Photovoltaikanlage und dem Trägergebäude. Wer sich vertieft mit dieser Problematik beschäftigen möchte, dem sei die Lektüre des Blog-Beitrags von VorsRiOLG a. D. Dr. Friedhelm Weyer vom 15.07.2016 auf ibr-online empfohlen.

Im Recht der Architekten und Ingenieure zeigt eine Entscheidung des OLG Celle, dass der Erhalt eines Vollarchitekturauftrags für den Architekten nicht unbedingt von Vorteil ist. Denn in einem solchen Fall gehört die Objektbetreuung entsprechend der Leistungsphase 9 HOAI (gleichgültig in welcher Fassung), also unter anderem die Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen für Mängelansprüche gegenüber den ausführenden Unternehmen, zum vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das führt dazu, dass das gesamte Architektenwerk erst abnahmereif ist, wenn die (fünfjährige) Gewährleistung für die ausführenden Gewerke abgelaufen ist (Dokument öffnen S. 468). Erst dann beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängel des Architektenwerks (vgl. auch OLG München, Dokument öffnen IBR 2012, 590), so dass der Architekt unter Umständen auch noch mehr als 10 Jahre nach Fertigstellung des Bauwerks wegen Planungs- und/oder Überwachungsfehlern in Anspruch genommen werden kann. Abhilfe kann hier die Vereinbarung einer "echten" Teilabnahme nach Abschluss der Objektüberwachung entsprechend der Leistungsphase 8 HOAI schaffen.

Im "alten" Vergaberecht konnten Erklärungen und Nachweise, die auf Aufforderung des Auftraggebers bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt wurden, gem. § 19 EG Abs. 2 VOL/A 2009 nachgefordert werden. Diese Nachforderungsmöglichkeit bezog sich aber nur auf körperlich fehlende, nicht aber auf fehlerhafte, also inhaltlich unzutreffende Nachweise (siehe hierzu den Beitrag zu einer Entscheidung des OLG Düsseldorf auf Dokument öffnen S. 477). Durch die Vergaberechtsmodernisierung hat sich die Rechtslage insoweit geändert. Nach § 56 Abs. 1 VgV 2016 kann der Auftraggeber jetzt auch fehlerhafte Nachweise im Wege der Nachforderung korrigieren lassen. Dieses Nachforderungsrecht steht nach wie vor im Ermessen des Auftraggebers.

Nach der bekannten "Pressetext"-Entscheidung des EuGH vom 19.06.2008 (Rs. C-454/06, IBRRS 2008, 1720) stellt die nachträgliche Änderung eines geschlossenen Vertrags eine (ausschreibungspflichtige) Neuvergabe dar, sofern die Änderung als wesentlich anzusehen ist. Nach Ansicht der VK Sachsen ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn Bedingungen eingeführt werden, die möglicherweise die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Unternehmen oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären (Dokument öffnen S. 473). Das neue GWB enthält zum Thema "Vertragsänderung" eine eigene Vorschrift. Nach § 132 Abs. 1 Satz 3 GWB 2016 liegt eine wesentliche Änderung insbesondere vor, wenn (Nr. 1) mit ihr Bedingungen eingeführt werden, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten, die Zulassung anderer Bewerber oder Bieter ermöglicht hätten (a), die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten (b) oder das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten (c), (Nr. 2) mit der Änderung das wirtschaftliche Gleichgewicht des öffentlichen Auftrags zu Gunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben wird, die im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen war, (Nr. 3) mit der Änderung der Umfang des öffentlichen Auftrags erheblich ausgeweitet wird oder (Nr. 4) ein neuer Auftragnehmer den alten Auftragnehmer in anderen als den in Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 vorgesehenen Fällen ersetzt. Es bleibt abzuwarten, wann und inwieweit die Vergabekammern und -senate angesichts des hier erkennbar bestehenden Auslegungs- und Interpretationsbedarfs erste Konkretisierungen vornehmen werden.

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
RA Stephan Bolz
Schriftleiter

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