Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK

IBR 7/2023 - Vorwort



Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht kann der Auftraggeber jederzeit und ohne dass ihm ein wichtiger Grund hierfür zur Seite steht, die Kündigung des geschlossenen Vertrags erklären (§ 648 Satz 1 BGB bzw. § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B). Kündigt der Auftraggeber „frei“, ist der Auftragnehmer gem. § 648 Satz 2 BGB bzw. § 8 Abs. 2 VOB/B berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Für seinen Vergütungsanspruch ist der Auftragnehmer (voll) darlegungs- und beweispflichtig. Das umfasst die Darlegung der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen und ihre preisliche Bewertung. Zudem muss der Auftragnehmer zu den ersparten Aufwendungen und dem anderweitigen Erwerb vortragen (s. BGH, Dokument öffnen IBR 1999, 148). Es ist jedoch Sache des Auftraggebers, darzulegen und zu beweisen, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurden als der Auftragnehmer sich anrechnen lässt (BGH, Dokument öffnen IBR 1996, 181). Da der Auftraggeber die zur Beurteilung notwendigen Tatsachen nicht oder nicht zuverlässig kennen kann, weil es sich um Betriebsinterna des Auftragnehmers handelt, die in der Regel nur der Auftragnehmer zu beziffern und zu beschreiben in der Lage ist, ergibt sich eine gesteigerte Darlegungslast des Auftragnehmers. Er muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung jedenfalls so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb darlegungs- und beweisbelasteten Auftraggeber eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, Dokument öffnen IBR 1999, 148).

Was vom Auftragnehmer bezüglich des anderweitigen Erwerbs im Einzelfall darzulegen ist, kann nicht schematisch festgelegt werden. Es ist vielmehr darauf abzustellen, inwieweit für den konkreten Streitfall Darlegungen erforderlich sind, um dem Auftraggeber eine sachgerechte Rechtswahrung zu ermöglichen. Es kommt beim anderweitigen Erwerb zunächst darauf an, inwieweit ein Füllauftrag erlangt worden ist oder ob es der Auftragnehmer böswillig unterlassen hat, einen solchen zu erlangen. Es reicht deshalb grundsätzlich aus, wenn sich der Auftragnehmer dazu wahrheitsgemäß, nachvollziehbar und ohne Widerspruch zu den Vertragsumständen ausdrücklich oder auch konkludent erklärt. Je wahrscheinlicher ein anderweitiger Erwerb ist, umso ausführlicher müssen die Angaben sein. Der Auftraggeber kann jedoch grundsätzlich nicht verlangen, dass der Auftragnehmer von vorneherein seine gesamte Geschäftsstruktur offenlegt, um ihm die Beurteilung zu ermöglichen, welche Aufträge auch ohne die Kündigung akquiriert worden wären. Aus den Vertragsumständen kann sich eine erhöhte Darlegungslast des Auftragnehmers ergeben, wenn es z. B. nach Art und Dauer des gekündigten Teils naheliegt, dass das Personal anderweitig beschäftigt worden ist. Darauf weist der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 15.03.2023 hin (Dokument öffnen S. 335).

Im Recht der Architekten und Ingenieure hat der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt oder Ingenieur dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht und zur Vollendung kommt. Er ist verpflichtet, die Ausführungen und Arbeiten der Unternehmen in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen und sich durch Kontrollen zu vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Zwar muss der bauüberwachende Architekt/Ingenieur sich nicht ständig auf der Baustelle aufhalten. Bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein höheres Mängelrisiko aufweisen, ist er aber zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Zu den überwachungsintensiven Bauabschnitten gehören aufgrund ihrer Schadensträchtigkeit und der gesteigerten Anforderungen an Baumaterial und -ausführung insbesondere Abdichtungs- und Isolierarbeiten sowie die Verlegung einer Drainage, so das OLG Frankfurt (Dokument öffnen S. 356).

Im Vergaberecht ist zunächst eine Entscheidung des OLG Koblenz hervorzuheben. Danach sind bei der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung in der (Auftrags-)Bekanntmachung und/oder in den Vergabeunterlagen sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der zu erbringenden Dienstleistungen bzw. der zu liefernden Waren anzugeben. Wird in den Vergabeunterlagen zwar eine Höchstgrenze genannt, ergibt die Auslegung der Ausschreibung jedoch eindeutig, dass eine Überschreitung des Höchstwerts der zu erbringenden Leistungen gerade nicht ohne Weiteres zu einem Erlöschen der Leistungspflicht des Auftragnehmers führt, ist das vergaberechtswidrig (Dokument öffnen S. 360).

Besonders hinzuweisen ist zudem auf den Beschluss des OLG Hamburg vom 20.03.2023. Das Ge-richt betont, dass ein Planer auch ungewöhnliche Wagnisse tragen muss. Denn bei der Vergabe von Planungsleistungen besteht, anders als bei Bauleistungen (s. § 7 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2019), kein Verbot, dem Auftragnehmer vertraglich (selbst erhebliche) Wagnisse aufzuerlegen. Daher ist es – bis an die Grenze der Unzumutbarkeit – zulässig, dem Auftragnehmer auch solche Risiken aufzubürden, die nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich den Auftraggeber treffen (Dokument öffnen S. 364).

In der Rubrik Prozessuales ist schließlich der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.03.2023 von besonderer Bedeutung für forensisch tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der Bundesgerichtshof nimmt darin Stellung zu den Substanziierungsanforderungen an einen aus der Urkalkulation herzuleitenden Mehrvergütungsanspruch und weist (erneut – s. u. a. BGH, Dokument öffnen IBR 2023, 272) darauf hin, dass das Gericht sich in seiner Entscheidung mit den Argumenten der Parteien auseinandersetzen muss. Soweit es baubetrieblichen Vortrag als unsubstanziiert ansieht, darf es auf die angebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn es entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag, und muss darlegen, dass es für diese Beurteilung sachkundig ist (Dokument öffnen S. 380).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

Zum Inhaltsverzeichnis