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IBR 7/2015 - Vorwort

Liebe Leserin,
lieber Leser,

im Bauvertragsrecht hatte sich das OLG München erneut mit dem Thema "Baugrundrisiko" zu beschäftigen (siehe hierzu bereits OLG München, Dokument öffnen IBR 2015, 114). Nach vor allem unter Baupraktikern weit verbreiteter Auffassung soll dieses Risiko immer der Auftraggeber tragen. Dieser Sichtweise hat das OLG München eine sehr deutliche Absage erteilt (Dokument öffnen S. 345). Dazu heißt es in der Urteilsbegründung:

"Die Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit der Auftraggeber stets einzustehen habe und woran auch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen und die funktionale Ausrichtung eines Werkvertrags nichts ändern könnten, kann nicht nur keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen, sondern ist vielmehr unzutreffend. Auch wenn es um Bauverträge geht, deren Durchführung und Erfüllung von gegebenen, möglicherweise ungeklärten Bodenverhältnissen abhängen, sind die Hauptpflichten aus dem werkvertraglichen Verpflichtungsvertrag entscheidend und somit vorrangig zu bestimmen. Ein spezifisches Baugrundrisiko, welches bedeuten würde, dass der Auftraggeber für dessen wie auch immer geartete Verwirklichung stets einzustehen hätte, ist nicht existent."

Das gibt Anlass, kurz auf die "Rechtsfigur" des sog. Baugrundrisikos einzugehen. Nach DIN 4020:2010-12 (Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke - Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-2:2010-10), Abschnitt A 1.5.3.17 (früher Abschnitt 3.5 der DIN 4020) ist das Baugrundrisiko "ein in der Natur der Sache liegendes, unvermeidbares Restrisiko, das bei Inanspruchnahme des Baugrunds zu unvorherseh­baren Wirkungen bzw. Erschwernissen, zum Beispiel Bauschäden oder Bauverzögerungen, führen kann, obwohl der­jenige, der den Baugrund zur Verfügung stellt, seiner Verpflichtung zur Untersuchung und Beschreibung der Baugrund- und Grundwasserverhältnisse nach den Regeln der Technik zuvor vollständig nachgekommen ist und obwohl der Bauausführende seiner eigenen Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen ist". In der Baupraxis wird aber unter dem Begriff "Baugrundrisiko" in erster Linie etwas anderes verstanden, nämlich die Frage, ­welche Vertragspartei die Mehrkosten für Änderungs- oder Zusatzleistungen zu tragen hat, die aufgrund einer Abweichung zwischen den beschriebenen und den tatsächlichen Baugrundverhältnissen erforderlich werden. Sie lässt sich nicht abstrakt beantworten. Denn der der Errichtung eines Bauwerks zu Grunde liegende Vertrag ist - zumindest was die Leistungsbeschreibung betrifft - ebenso ein Unikat wie das Bauvorhaben. Es gibt "das" Baugrundrisiko folglich nicht. Baugrundfälle sind deshalb nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu lösen. Hierzu gehört es, dass es dem Auftragnehmer unbenommen ist, auch unbekannte und nicht kalkulierbare ­Risiken vertraglich zu übernehmen (siehe zum Beispiel OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 2003, 345 - Peek & Cloppenburg). Nur wenn die Bauvertragsparteien zur Problematik des "Baugrundrisikos" keine Regelung getroffen haben, wird man davon ausgehen dürfen, dass der Auftraggeber für die finanziellen und zeitlichen Folgen ab­weichender Baugrundverhältnisse einzustehen hat. Das ist aber keine Besonderheit des Baugrunds. Dieses Problem besteht vielmehr immer, wenn sich die (planerischen) Vorgaben des Auftraggebers als unzutreffend herausstellen. "Die" (eine) Lösung hierauf existiert nicht.

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.04.2015 besonders hervorzuheben. In dem dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Sachverhalt wurde ein Architekt unter Verweis auf alle Leistungsphasen nach § 15 Abs. 2 HOAI (2002) mit Leistungen in Bezug auf die Erweiterung, den Umbau, die Modernisierung und die Instandsetzung/Instandhaltung von vier Altbaumietshäusern beauftragt, ohne dass geklärt war, ob und für welche der Gebäude welche Arbeiten durchgeführt werden sollten. Weil die Finanzierung nicht gesichert war, bat der Auftraggeber den Architekten darum, seine Planungs­bemühungen einzustellen. Der Architekt rechnete daraufhin sein Honorar unter Abzug der ersparten Aufwendungen ab und erhob - weil der Auftraggeber nicht zahlte - mit Erfolg Klage. Auf die Berufung des Auftraggebers hin hob das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts jedoch mit der Begründung auf, ­zwischen den Parteien sei kein wirksamer Architektenvertrag zu Stande gekommen. Die wesentlichen Vertragsbestandteile seien nicht bezeichnet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, welche Tätigkeiten von dem Architekten genau auszuführen seien. Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die Leistung im Zeitpunkt des Vertrags­schlusses weder bestimmt noch objektiv bestimmbar. Das führt jedoch dann nicht zur Unwirk­samkeit des Vertrags, wenn die Vertragsparteien eine (stillschweigende) Vereinbarung getroffen haben, nach der dem Auftraggeber ein Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich des Inhalts der Leistungspflichten des Architekten zusteht (Dokument öffnen S. 367).

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist nicht immer der "billigste" Bieter erfolgreich. Denn der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend (siehe zum Beispiel VOB/A 2012 § 16 Abs. 6 Nr. 3 Satz 3). Um die Angebote werten und das wirtschaftlichste Angebot ermitteln zu können, werden von den öffentlichen Auftrag­gebern vielfach Wertungssysteme aufgestellt. Mit deren Hilfe sollen die Zuschlagskriterien gewichtet werden. Ist der Preis nicht alleiniges Zuschlagskriterium, müssen auch die voneinander abweichenden Preise der Bieter entsprechend unterschiedlich gewertet werden. Dabei ist aber darauf zu achten, dass das Wertungssystem proportional ist. So ist es vergaberechtlich unzulässig, den niedrigsten Angebotspreis mit zehn Punkten und das teuerste Angebot mit drei Punkten zu werten. Denn eine solche Vorgehensweise führt dazu, dass der letztplatzierte Bieter nur 30% der möglichen Punkte erhält, selbst wenn sein Angebot nur unwesentlich teurer als das des Bestbieters ist. Ein Preiswertungssystem "zehn oder drei Punkte" ist deshalb wettbewerbs­verzerrend und unzulässig. Das hat das OLG Düsseldorf am 29.04.2015 entschieden (Dokument öffnen S. 376).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
RA Stephan Bolz
Chefredakteur

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