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IBR 7/2011 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

zum Zustandekommen eines Bauvertrags gehören Angebot und Annahme, die bis ins letzte Detail übereinstimmen müssen. Das gilt auch im öffentlichen Vergabeverfahren, so dass durch ein abänderndes Zuschlagsschreiben kein Vertrag zu Stande kommt. Vielmehr ist darin ein neues Angebot des Auftraggebers zu sehen, das seinerseits erst durch den Bieter bzw. Auftragnehmer angenommen werden muss. An diesem Grundsatz ändert auch die Rechtsprechung des BGH zum Sonderfall der verzögerten Vergabe nichts, wonach bei Nichteinhaltbarkeit der ausgeschriebenen Fristen und Termine trotz Erwähnung neuer Termine im Zuschlagsschreiben der Vertrag gleichwohl mit den ausgeschriebenen Fristen und Terminen zu Stande kommt (BGH, Dokument öffnen IBR 2010, 550; Dokument öffnen IBR 2010, 65). Ein Zuschlagsschreiben, das vom angebotenen Leistungsinhalt abweicht, kann ohne Einverständnis des Bieters nicht zum Vertragsschluss führen (KG, Dokument öffnen S. 392). Die Bieter wissen inzwischen, dass ein Angebotsbegleitschreiben zur Abänderung der Verdingungsunterlagen und damit zum Ausschluss ihres Angebots führen kann. Auch Auftraggeber müssen sich des Risikos bewusst sein, durch ungeschickte Formulierung im Zuschlagsschreiben ein Vergabeverfahren zum Scheitern zu bringen.

Wie nach einer verzögerten Vergabe ein etwaiger Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers nach Kosten- bzw. Preissteigerungen zu berechnen ist, dazu gibt es viele unterschiedliche Meinungen. Das OLG Celle hat nunmehr entschieden, dass Materialpreissteigerungen, die infolge der verschobenen Bauzeit eintreten, nicht etwa nach einem abstrakten Preissteigerungsindex, sondern nach den konkreten Mehrkosten im Einkauf berechnet werden. Der Auftragnehmer kann auf diese Mehrkosten nach den Grundlagen seiner Preisermittlung auch die kalkulierten Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten aufschlagen (OLG Celle, Dokument öffnen S. 393).

Das zum 01.01.2009 in Kraft getretene Forderungssicherungsgesetz hat eine wichtige Ergänzung des § 649 BGB gebracht. Bei der Abrechnung nach freier Kündigung wird nämlich vermutet, dass dem Unternehmer 5 v. H. der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Praktiker kritisieren, dass die einheitliche Größe von 5% den heterogenen Fallgestaltungen nicht gerecht wird und haben mit Sorge die Frage gestellt, ob die Gerichte daraus etwa sogar ein Leitbild des Gesetzes ableiten. Das hätte zur Folge gehabt, dass Pauschalierungsabreden - beispielsweise in gekündigten Hausbauverträgen - über die Größe von 5% hinaus nicht mehr möglich wären. Diese Sorge ist unbegründet, denn der BGH hat klargestellt, dass diese Vermutungsregelung kein Leitbild für AGB-Klauseln darstellt (Dokument öffnen S. 397). Er weist darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Vermutungsregelung gemäß § 649 Satz 3 BGB dem Unternehmer die Abrechnung erleichtern, nicht der Höhe nach beschränken wollte.

Im Mängelrecht stellt sich immer wieder die Frage, wem ein vorhandener Mangel zuzurechnen ist. Wird beispielsweise im Leistungsverzeichnis ein bestimmtes Fabrikat vorgegeben, welches sich in der praktischen Anwendung jedoch als mangelhaft erweist, wird regelmäßig darüber gestritten, ob das das Risiko des Auftraggebers oder das des Auftragnehmers ist. Das OLG Jena (Dokument öffnen S. 402) greift die ständige Rechtsprechung auf, wonach die Ausschreibung eines bestimmten Fabrikats, das mit einem generellen Konstruktionsmangel behaftet ist, grundsätzlich in den Risikobereich des Auftraggebers fällt, wobei selbstverständlich die sog. Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers unberührt bleibt. Liegt der Mangelhaftigkeit jedoch ein "Ausreißer" in der Fabrikation zu Grunde, bleibt dieses Risiko beim Auftragnehmer, der grundsätzlich auch ohne Verschulden auf den Erfolg haftet.

Die Gestaltung von Sicherungsabreden in einem Bauvertrag - meist AGB! - ist immer noch höchst vielfältig. Beliebt ist - auch bei öffentlichen Auftraggebern - die Kombination von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungssicherheit dergestalt, dass nicht etwa die erste gegen die zweite ausgetauscht wird, sondern beide parallel bestehen bleiben, jedenfalls bis zur endgültigen Klärung der Schlusszahlung. Das hätte zur Folge, dass für einen bestimmten, vom Auftragnehmer nicht zu beeinflussenden Zeitraum beide Sicherheiten bestehen. Eine solche Kombination, soweit sie die Höhe von 10% der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme erreicht, hat der Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt (Dokument öffnen S. 409).

Im Vergaberecht zeigt ein interessante Entscheidung der VK Sachsen (Dokument öffnen S. 424), wie weit das Gebot der produktneutralen Ausschreibung reicht. Danach ist es einem Auftraggeber untersagt, nur solche Produkte zum Wettbewerb zuzulassen, für die die Einsatzfreigabe - es handelt sich um die Erstellung von Schutz- und Leitplanken an einer Autobahn - durch Aufnahme in die Einsatzfreigabeliste eines ganz konkreten, nationalen Prüfinstituts (hier: Bundesanstalt für Straßenwesen) bestätigt wurde.

Die VK Baden-Württemberg (Dokument öffnen S. 425) weist darauf hin, dass die Pflicht zur Fachlosaufteilung zwar mittelstandsschützende Funktion hat. Allerdings wird jeder Bieter geschützt, mag er auch nicht zum Mittelstand gehören. Folglich kann sich auch ein Großkonzern auf die fehlende Fachlosvergabe berufen.

Im Öffentlichen Baurecht ist auf ein Urteil zu verweisen, das auch von politischer Bedeutung ist. Der EuGH hat die Klagerechte von Umweltverbänden gestärkt. Die langen Vorlaufzeiten bei der Realisierung von Infrastrukturvorhaben werden bereits vielfach beklagt. Man denke nur an den künftigen Bau der Kabeltrassen für den Stromtransport von Nord nach Süd. Nach der EuGH-Entscheidung (Dokument öffnen S. 429) können sich Umweltschutzverbände auch auf die Verletzung von die Allgemeinheit schützenden Vorschriften berufen. Das wird dazu führen, dass nicht nur die Erfolgsaussichten von umweltrechtlichen Klagen, sondern auch ihre Anzahl erheblich steigen, und natürlich auch die Vorlaufzeiten bis zur Realisierung solcher Vorhaben.

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Herausgeber

PS. Unmittelbar vor Drucklegung erreicht uns die Entscheidung des EuGH vom 16.06.2011, die Weyer auf Dokument öffnen S. 400 und 401 bespricht. Danach haftet der Verkäufer mangelhafter Baumaterialien grundsätzlich auch für Aus- und Einbaukosten, jedenfalls im Anwendungsbereich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Das hatte der BGH (Dokument öffnen IBR 2008, 505, 506; Dokument öffnen IBR 2009, 1207 - nur online) bislang anders gesehen!

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