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IBR 6/2020 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, in denen der vom Auftraggeber mit der Planung und Bauüberwachung beauftragte Architekt im Fokus steht. Dabei spielen weniger die Fälle, in denen auf Veranlassung des Architekten eine technisch besonders anspruchsvolle Leistung ausgeführt werden soll, die sich nach der Auffassung des bauausführenden Unternehmens aber nicht realisieren lässt, eine Rolle. Vielmehr geht es oftmals um die Beantwortung der Frage, ob der Auftraggeber eine von „seinem“ Architekten in Auftrag gegebene Änderungs- oder Zusatzleistung bezahlen muss oder er sich in sonstiger Weise eine vom Architekten abgegebene Erklärung – wie etwa die Abnahme des Werks – zurechnen lassen muss. Ausgangspunkt ist dabei der Grundsatz, dass dem Architekten mit dem zwischen ihm und dem Auftraggeber geschlossenen Architektenvertrag grundsätzlich keine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Vertretung des Auftraggebers erteilt wird. Es gibt keine „originäre“ Architektenvollmacht. Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt ist somit „nur“ der Bauleiter des Auftraggebers und seine „Vollmacht“ endet spätestens dort, wo der Geldbeutel des Auftraggebers anfängt. Aufgrund dessen ist der Architekt nicht dazu berechtigt, kostenverursachende Änderungs- oder Zusatzaufträge zu erteilen oder Leistung nach ihrer Fertigstellung im Namen des Auftraggebers abzunehmen. Das muss jedem Bauunternehmer bekannt sein (OLG Celle, Dokument öffnen IBR 1996, 458). Das schließt es allerdings nicht aus, dass sich der Auftraggeber das Handeln „seines“ Architekten über die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht zurechnen lassen muss. Hat der Auftraggeber etwa Kenntnis davon, dass der Architekt als sein Vertreter auftritt, und geht er nicht dagegen vor, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er wirksam Vollmacht erteilt (Duldungsvollmacht). Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber zwar keine Kenntnis von dem Handeln des Architekten hat, er dies aber bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können (Anscheinsvollmacht). Dem OLG Zweibrücken zufolge muss sich der Auftraggeber dementsprechend die von seinem bauüberwachenden Architekten erklärte Abnahme zurechnen lassen, wenn er diesen zum Abnahmetermin geschickt hat, nachdem er zuvor vom Auftragnehmer zur Abnahme aufgefordert wurde (Dokument öffnen S. 288).

Im Recht der Architekten und Ingenieure hat das KG am 12.05.2020 entschieden, dass ein Tragwerksplaner keine eigenen Kostenermittlungen zu erstellen hat. Zur Berechnung seines Honorars muss ihm der Auftraggeber vielmehr die Kostenberechnung des Objektplaners vorlegen. Geschieht das nicht, kann der Tragwerksplaner selbst eine Kostenberechnung erstellen, die seiner Honorarberechnung zu Grunde zu legen ist, soweit der Auftraggeber sie nicht konkret bestreitet (Dokument öffnen S. 297).

Im Vergaberecht kann es – vor allem im Lieferbereich – vorkommen, dass mehrere Angebote abgegeben werden, die sich nicht oder kaum voneinander unterscheiden. In einem solchen (Ausnahme-)Fall bleibt dem öffentlichen Auftraggeber nur die Möglichkeit des Losentscheids. Dem stehen nach Ansicht des OLG Hamburg keine zwingenden vergaberechtlichen Vorschriften entgegen. Allerdings kommt ein Losentscheid nur in Betracht, wenn mehrere Angebote die Voraussetzungen des wirtschaftlichsten Angebots erfüllen, weil sie völlig gleichwertig sind. Außerdem ist das Losverfahren so zu gestalten, dass ein nicht beeinflusstes Zufallsergebnis herbeigeführt wird, für alle Teilnehmer am Losentscheid also die gleichen Chancen bestehen, und ein hinreichender und den Umständen nach angemessener Schutz vor Manipulationen besteht (Dokument öffnen S. 303).

In der Rubrik Immobilien ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.02.2020 hervorzuheben. In dieser kaufrechtlichen Entscheidung weist der Bundesgerichtshof – mit amtlichen Leitsatz – darauf hin, dass schon das Bestehen und nicht erst die Erhebung der Einrede des nichterfüllten Vertrags die Durchsetzbarkeit der im Gegenseitigkeitsverhältnis zur nicht erfüllten Gegenforderung stehenden Forderung und damit einen Rücktritt ausschließt. Das gilt auch bei der Mängeleinrede (Dokument öffnen S. 318). Vereinfacht ausgedrückt schließt bereits das Vorhandensein von Mängeln den Rücktritt des Verkäufers vom Vertrag wegen einer nicht geleisteten Zahlung aus. Nicht erforderlich ist, dass der Käufer die Mängel erkannt und/oder gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat. Die Entscheidung ist von besonderer Bedeutung, weil sie sich 1:1 auf das Bauvertragsrecht übertragen lässt. Stellt der Auftragnehmer etwa eine (Abschlags-)Rechnung, wird sein Zahlungsanspruch nicht fällig, wenn seine (Bau-)Leistung Mängel aufweist und dem Auftraggeber deshalb ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (BGH, Dokument öffnen IBR 1999, 299). Daher ist es für den Auftragnehmer riskant, die Arbeiten z. B. nach § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B einzustellen, wenn der Auftraggeber keine Zahlung leistet. Denn eine unberechtigte Arbeitseinstellung berechtigt den Auftraggeber seinerseits dazu, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen (siehe z. B. OLG Stuttgart, Dokument öffnen IBR 2016, 272).

In (Bau- und Architektenrechts-)Prozessen stellt die Einholung eines Privatgutachtens eine der wenigen Möglichkeiten dar, die von einer Partei für unzutreffend gehaltenen Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu widerlegen (siehe z. B. OLG Frankfurt, Dokument öffnen IBR 2018, 603). Einem Privatgutachten kommt folglich besondere Bedeutung zu und Widersprüche zwischen Gerichts- und Privatgutachten sind aufzuklären (BGH, Dokument öffnen IBR 2020, 105). Legt eine Partei ein Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, darf das Gericht den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass es ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Vielmehr sind die Einwendungen, die sich aus dem Privatgutachten ergeben, vom Gericht ernst zu nehmen und der Sachverhalt weiter aufzuklären. Das kann entweder durch Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen – gegebenenfalls unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter – oder durch schriftliche Gutachtenergänzung erfolgen. Sind die Einwendungen auch dadurch nicht auszuräumen, ist das Gericht gehalten, ein weiteres Gutachten einzuholen. Andernfalls wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das betont der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 26.02.2020 (Dokument öffnen S. 326).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt

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