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IBR 6/2012 - Vorwort

Liebe Leserin,
lieber Leser,

die Verschiebung des Eröffnungstermins des Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt zeigt einmal mehr, welch hohe wirtschaftliche Risiken die Realisierung eines Großbauvorhabens für sämtliche Projektbeteiligten birgt. Auch wenn noch nicht feststeht, wann mit der Eröffnung gerechnet werden kann – einige Skeptiker bezweifeln sogar, dass sie noch in diesem Jahr stattfindet –, und die Höhe der verursachten Schäden noch nicht beziffert werden kann, ist eines sicher: Auf den Flughafenbetreiber werden Forderungen in mehrstelliger Millionenhöhe zukommen. Dieser wird sich bei dem für die Mehrkosten letztlich Verantwortlichen schadlos halten wollen. Das kann für die betroffenen Baufirmen und Planungsbüros existenzbedrohend, wenn nicht existenzvernichtend sein. Vor diesem Hintergrund ist es in (internationalen) Anlagenbauverträgen üblich, die Haftung des Unternehmers vertraglich zu begrenzen. In der Bauwirtschaft ist das eher die Ausnahme. Gleichwohl wird immer wieder versucht, die Haftung für Mängel und Verzugsschäden durch entsprechende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszuschließen oder zumindest einzuschränken. Das OLG München hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass nicht nur die mangelfreie, sondern auch die termingerechte Herstellung des Bauwerks zu den wesentlichen Vertragspflichten des Unternehmers gehört. Die Haftung für Verzugsschäden lässt sich deshalb in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken (Dokument öffnen S. 330). Wenngleich dieses Urteil einen Bauträgerfall betrifft, dürften sich die vom Gericht aufgestellten Grundsätze auch auf das „normale“ Bauvertragsrecht übertragen lassen. Möglicherweise bietet die Abwahl des deutschen AGB-Rechts im Rahmen einer Schiedsgerichtsvereinbarung hier einen Ausweg (Dokument öffnen S. 312).

Die verschiedenen Bestandteile eines Bauvertrags sind nicht immer frei von Widersprüchen. Weil die Sprache des Ingenieurs die Zeichnung ist, herrscht in der Baupraxis bisweilen die Vorstellung, die Pläne seien gegenüber den textlichen Vertragsbestandteilen vorrangig. Da sämtliche Bestandteile der Leistungsbeschreibung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als gleichrangig anzusehen sind (Dokument öffnen IBR 1999, 300), existiert ein solcher Auslegungsgrundsatz nicht. Die Bestimmung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs ist vielmehr durch eine Auslegung des Vertrags zu ermitteln, wobei die detailliertere Darstellung maßgeblich ist. Das hat das OLG Bremen entschieden (Dokument öffnen S. 314).

Nach Ansicht des Landgerichts Köln darf der Bieter grundsätzlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Leistungsbeschreibung vertrauen. Diese Vollständigkeitsvermutung führt dazu, dass solche Leistungen, die nicht in der Leistungsbeschreibung erwähnt sind, auch nicht mit der vereinbarten Vergütung abgegolten sind (Dokument öffnen S. 319). Anders ausgedrückt: „Was nicht beschrieben ist, ist auch nicht geschuldet“ (Kapellmann). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird man allerdings dort machen müssen, wo sich aus den Umständen klar und eindeutig ergibt, dass zwangsläufig mit bestimmten Erschwernissen gerechnet werden muss (vgl. BGH, Dokument öffnen IBR 2012, 65).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist insbesondere auf eine Entscheidung des OLG Koblenz hinzuweisen. Nach Ansicht des Gerichts kann ein Architekt jedenfalls dann von planerischen Detailvorgaben absehen, wenn er darauf vertrauen darf, dass die bauausführenden Firmen ohne Weiteres in der Lage sind, ihre Leistungen fachgerecht auszuführen. In einem solchen Fall schuldet der Architekt jedoch eine intensivere Bauüberwachung (Dokument öffnen S. 339).

Im Vergaberecht hat die Rechtsprechung den Begriff der „Unverzüglichkeit“ eng ausgelegt. Manche Gerichte gehen von einer Regelrügefrist von nur ein bis drei Tagen aus (z. B. OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2003, 695). Weil der Europäische Gerichtshof klare Fristen für die Gewährung des Primärrechtsschutzes fordert, ist dem OLG München zufolge eine großzügigere Handhabung bei der Auslegung des Begriffs „unverzüglich“ in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB angezeigt. Ein erkannter Vergabeverstoß kann auch noch nach sieben bzw. acht Kalendertagen erfolgreich gerügt werden (Dokument öffnen S. 340).

Im Recht des selbständigen Beweisverfahrens hat das OLG Stuttgart erst kürzlich entschieden, dass der Beitritt eines Streithelfers nicht dem Anwaltszwang unterliegt (Dokument öffnen IBR 2012, 240). Das OLG Koblenz vertritt in seinem Beschluss vom 09.01.2012 den gegenteiligen Standpunkt und hat aufgrund der abweichenden Auffassung des OLG Stuttgart die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen (Dokument öffnen S. 366). Das Rechtsmittel wurde eingelegt (Az.: VII ZB 9/12). Der Bundesgerichtshof erhält somit Gelegenheit, diese Streitfrage endgültig zu klären.

Auch alle weiteren Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
RA Stephan Bolz
Chefredakteur

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