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IBR 6/2011 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine der wichtigsten Entscheidungen des BGH-Bausenats aus den letzten Monaten ist nicht ein Urteil, sondern ein Beschluss mit Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde (Dokument öffnen S. 315). Es geht wieder einmal um den spekulativ überhöhten Einheitspreis in einem Bauvertrag in Kombination mit einer erheblichen Mengenmehrung. Man denkt unweigerlich an das sog. Sittenwidrigkeitsurteil des BGH vom 18.12.2008 (Dokument öffnen IBR 2009, 127) mit dem geradezu grotesken Einheitspreis von ca. 1.000 Euro pro Kilogramm Bewehrungsstahl. Ähnlich in diesem Fall: Der Unternehmer bot einen Einheitspreis von ca. 2.500 Euro pro Tonne Abfallbeseitigung, während sein Nachunternehmer lediglich 60 Euro verlangte. Es kam, wie es kommen musste: Aus der ausgeschriebenen Menge von fünf Tonnen wurden 610 Tonnen, für die der Unternehmer den vollen Einheitspreis abzüglich der zu vernachlässigenden Gemeinkostenüberdeckung gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B verlangte. Das OLG Schleswig, das bei Urteilserlass am 10.10.2008 das sog. Sittenwidrigkeitsurteil des BGH (Dokument öffnen IBR 2009, 127) noch nicht kennen konnte, ging trotz der vorhandenen "Mehrmengen-Vergütungsvorschrift" des § 2 Nr. 3 VOB/B von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage aus. Das hat der BGH bestätigt. Obwohl also § 2 Nr. 3 VOB/B (jetzt: § 2 Abs. 3 VOB/B) eine abschließende Regelung für die Überschreitung der Mengensätze über 10% hinaus bietet, können die Parteien gleichwohl abweichend von dieser Regelung eine bestimmte Menge zur Geschäftsgrundlage des Vertrags erheben. Das wird insbesondere bei einer außergewöhnlichen Preisbildung - wie hier - der Fall sein. Das ist deshalb interessant, weil es - wie noch im Sittenwidrigkeitsurteil - auf das subjektive Moment eines "sittlich verwerflichen Gewinnstrebens" des Unternehmers bei der Rechtsfigur "Wegfall der Geschäftsgrundlage" nicht ankommt. Von Bedeutung ist auch, dass das OLG Schleswig und der BGH bei der Prüfung der Geschäftsgrundlage auf die Einzelposition, nicht auf eine Gesamtbetrachtung des Vertrags abstellen. Und schließlich fällt auf, dass sich das Modell des "sittenwidrigen Spekulationspreises" im Ergebnis wohl nur zu Lasten des Unternehmers auswirkt, während die Rechtsfigur "Wegfall der Geschäftsgrundlage" sowohl bei überhöhten als auch bei untersetzten Einheitspreisen anwendbar ist. Möglicherweise bietet dieser kurze BGH-Beschluss eine praxistauglichere Anspruchsgrundlage als das Sittenwidrigkeitsurteil vom 18.12.2008. Fest steht aber auch: Starre Grenzen - wie etwa die 10%-Toleranz in § 2 Nr. 3 VOB/B - gibt es weder nach dem Modell "Sittenwidrigkeit" noch nach dem der "Geschäftsgrundlage". Die zentrale Figur zur Lösung dieser Fälle ist der Tatrichter.

Im Recht der Architekten und Ingenieure beschäftigt sich der BGH mit der sog. Aufrechnungsklausel, die sich in einer Vielzahl von Standardverträgen - von Architekten gestellt - findet (Dokument öffnen S. 340). Danach soll eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig sein. Das haben die Gerichte mitunter so ausgelegt, dass sich der Bauherr mit streitigen Schadensersatzansprüchen aus Planungsfehlern gegen den Honoraranspruch des Architekten nicht verteidigen konnte (vgl. OLG Bamberg, Dokument öffnen IBR 2002, 495; OLG Hamm, Dokument öffnen IBR 2004, 520). Dieser Praxis hat der BGH ein Ende gesetzt. Zwar sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, die Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zuzulassen (vgl. § 11 Nr. 3 AGB-Gesetz, jetzt: § 309 Nr. 3 BGB), das gelte jedoch nicht im Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung eines Vertrags. Andernfalls könnte der Bauherr gezwungen sein, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustünden. Dadurch würde in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung unzumutbar eingegriffen. Diese Entscheidung ist zwar zu einem Architektenvertrag ergangen, gilt aber für sämtliche (Bau-)Werkverträge. Frühere gegenläufige OLG-Rechtsprechung ist damit obsolet.

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen


RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Herausgeber

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