Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 5/2007 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
mit seiner medienwirksamen Klage auf Feststellung, dass die VOB/B in Verbraucherverträgen nicht wirksam einbezogen werden könne, war der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) bereits Ende 2005 vor dem LG Berlin gescheitert ( IBR 2006, 77). Das Landgericht war immerhin dem VZBV damals noch in der Frage der Auswahl eines geeigneten Klagegegners entgegengekommen und hatte den beim Bundesbauministerium angesiedelten Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) als Empfehler der VOB/B angesehen, obwohl der Ausschuss nach seinem eigenen Verständnis nach außen nicht in Erscheinung tritt. Mit dem jetzt veröffentlichten Berufungsurteil des Kammergerichts vom 15.02.2007 – 23 U 12/06, ibr-online, wird die Klageabweisung bestätigt, da die Klage schon nicht gegen den DVA gerichtet werden könne. Darüber hinaus sei, wie bereits das Landgericht geurteilt hatte, die sog. Privilegierung der als Ganzes vereinbarten VOB/B auch in Verbraucherverträgen weiterhin zu bejahen. Das Kammergericht hat die Revision zugelassen, so dass der BGH nunmehr Gelegenheit erhält, das Verhältnis der VOB/B zum AGB-Recht weiter zu klären. Das Urteil des KG können Sie im Volltext in unserer Datenbank ibr-online abrufen. Eine Besprechung folgt in Kürze.
Medienwirksam war auch die Verkündung des Urteils des LG Berlin zum Urheberrechtsstreit um den Hauptbahnhof Berlin („Kathedrale der Mobilität“). Die gesamte Tagespresse berichtete, dass die in den Untergeschossen des Hauptbahnhofs anstelle der geplanten Gewölbedecke eingebaute Flachdecke wegen Verletzung des Urheberrechts des Architekten wieder beseitigt werden müsse. Die gegenseitigen Beschimpfungen des Stararchitekten von Gerkan und des Deutschen Bahn-Chefs Mehdorn hatten in der Branche nicht nur hohen Unterhaltungswert, sondern trugen auch zu einer Aufwertung des Architektenurheberrechts bei. Das mutige Gericht hatte seine Entscheidung am 28.11.2006 schnell verkündet. Die Begründung ist ihm aber offensichtlich nicht leicht gefallen, denn dafür benötigte es immerhin vier Monate. Werner, der das Urteil für die IBR auf Seite 253 bespricht, setzt auch einige deutliche Fragezeichen. Das letzte Wort ist hier noch lange nicht gesprochen, zunächst ist die nächste Runde beim Kammergericht eingeläutet.
Im Vergaberecht beschäftigt sich das OLG Naumburg ( S. 267) mit der sog. Zweitvergabe. Darunter versteht man die zweite Vergabe eines Auftrags, nachdem der nach der Erstvergabe erteilte Auftrag – z. B. wegen Kündigung oder Insolvenz – vorzeitig beendet wurde. Das OLG weist darauf hin, dass auch bei einer solchen Zweitvergabe eine Informationspflicht gegenüber den zuvor beteiligten Bietern besteht, andernfalls der zweitvergebene Vertrag gemäß § 13 Satz 6 VgV nichtig ist.
Von zunehmender Bedeutung sind Entscheidungen zum Schiedswesen. In einer wichtigen Entscheidung hat der BGH ( S. 284) entschieden, dass auch dann noch eine Schiedsvereinbarung vorliegt, wenn die Parteien eine Art Rechtsmittelmöglichkeit vereinbart haben und bei Nichtanerkennung des Schiedsspruches durch eine Partei die Fortsetzung vor dem staatlichen Gericht möglich sein soll. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch, liegt doch ein Grundgedanke des gesamten Schiedsrechts darin, dass man die Entscheidung eines Rechtsstreits den staatlichen Gerichten entzieht. Im Rahmen der Vertragsfreiheit muss es jedoch selbstverständlich möglich sein, auch andere Modelle zu vereinbaren, etwa ein Schiedsgericht gleichsam als Vorinstanz. Dieses Urteil wird dazu beitragen, die Pluralität der verschiedenen Konfliktlösungsmethoden zu erhöhen, etwa um die Möglichkeit schneller, jedoch vorläufiger außergerichtlicher Streiterledigungen.
Von Bedeutung ist auch die Entscheidung des BGH ( S. 285), wonach innerhalb eines Bauträgervertrags mit einem Verbraucher eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen werden kann. Thode, der dieses Urteil für die IBR bespricht, hält dieses für ein Fehlurteil. In der Tat sind erhebliche Zweifel angebracht, hat doch der BGH Schiedsgutachtenklauseln in einem Fertighausvertrag – das dürfte für alle Wohnbauverträge mit Verbrauchern gelten – für unwirksam erklärt, weil sie dem Erwerber Rechtsschutzmöglichkeiten abschneiden (BGH, IBR 1992, 88). Eine „vorläufige“ Schiedsgerichtsklausel in Bauträger- und sonstigen Wohnbauverträgen mit Verbrauchern wäre dagegen wohl unbedenklich.
Auch alle anderen Entscheidungen empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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