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IBR 4/2022 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht nach BGB kann der Unternehmer bei der Berechnung von vereinbarten oder geschuldeten Abschlagszahlungen gem. § 650c Abs. 3 Satz 1 BGB 80% einer in einem (Nachtrags-)Angebot nach § 650b Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Mehrvergütung ansetzen, wenn sich die Parteien nicht über die Nachtragshöhe geeinigt haben und keine anderslautende gerichtliche Entscheidung ergeht, und diese Forderung im einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 650d BGB) geltend machen. Nach Ansicht des KG gilt das auch im VOB-Vertrag, weil Abschlagszahlungen gem. § 16 VOB/B vereinbarte Abschlagszahlungen i.S.v. § 650c Abs. 3 Satz 1 BGB seien. Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer der Abschlagsrechnung entsprechende vertragsgemäße Bauleistungen erbracht hat und die Abschlagsrechnung prüfbar ist. Der Auftragnehmer muss seinen Anspruch auf Mehrvergütung darlegen und glaubhaft machen, wozu bei einem Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus § 2 Abs. 6 VOB/B gehört, dass er den Anspruch vor der Ausführung angekündigt hat (Dokument öffnen S. 169).

Hervorzuheben ist zudem das Urteil des OLG Schleswig vom 16.11.2021. Das Gericht weist darin darauf hin, dass der Auftragnehmer – inzwischen wohl bekanntermaßen – aufgrund seiner werkvertraglichen Erfolgsverpflichtung die Herstellung einer funktionstauglichen und zweckentsprechenden Leistung schuldet. Andernfalls ist das Werk mangelhaft (Dokument öffnen S. 178). Das Risiko, dass ein Werk für die gewöhnliche Verwendung nicht taugt, trägt grundsätzlich der Auftragnehmer (Dokument öffnen S. 179). Wenn er bei einer funktionalen Bauausschreibung für das verwendete Material keine Haftung übernehmen will, muss er als Fachunternehmer entweder seine Gewährleistung entsprechend beschränken (siehe dazu meinen Praxishinweis zu OLG Schleswig, Dokument öffnen IBR 2021, 623) oder nach § 4 Abs. 3 VOB/B einen entsprechenden Bedenkenhinweis geben (Dokument öffnen S. 174). Im BGB-Bauvertrag verhält sich das genauso (siehe OLG Düsseldorf, Dokument öffnen S. 173).

Bedenken müssen allerdings auch „richtig“ angemeldet werden:
• Die Bedenkenanmeldung ist grundsätzlich an den Auftraggeber zu richten, nicht an dem mit der Planung und/oder Bauüberwachung beauftragten Architekten (OLG Schleswig, Dokument öffnen IBR 2020, 576). Steht der Bauüberwacher hingegen in einem Arbeitsverhältnis mit dem Auftraggeber, ist das dem OLG Köln zufolge anders (Dokument öffnen IBR 2022, 117).
• Der Bedenkenhinweis muss inhaltlich eindeutig sein. Der Auftragnehmer hat die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren konkret darzulegen, damit der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Tragweite einer Nichtbefolgung klar zu erkennen, und angenommen werden kann, dass er das Risiko von Mängeln bewusst übernimmt (OLG Saarbrücken, Dokument öffnen IBR 2018, 250). Der Hinweis, dass „Risse entstehen können, weil so viel Material draufkommt", genügt z. B. nicht (OLG München, Dokument öffnen IBR 2016, 136).
• Nach § 4 Abs. 3 VOB/B sind die Bedenken schriftlich anzumelden. Nach der Rechtsprechung reicht ein mündlicher Bedenkenhinweis aber aus, wenn er inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist (z. B. OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 2016, 271).
• Einen Lösungsvorschlag muss der Auftragnehmer nicht unterbreiten (OLG Schleswig, Dokument öffnen IBR 2018, 617). Unterbreitet er über die Bedenkenanmeldung hinaus Vorschläge zur Bauausführung, übernimmt er hierfür die Planungsverantwortung (OLG Celle, Dokument öffnen IBR 2000, 68).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf hinzuweisen. Das OLG führt aus, dass die Planung eines Architekten zwar dann mangelhaft ist, wenn das Bauwerk nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, betont aber gleichzeitig, dass durch die Bezugnahme auf Referenzpläne und -objekte allein keine bestimmte lichte Raumhöhe vereinbart wird (Dokument öffnen S. 190). Gleichwohl kann der Auftraggeber erwarten, dass das in Auftrag gegebene Vorhaben – wenn es erkennbar als Arbeitsstätte benutzt werden soll – auch im Hinblick auf die räumlichen Gegebenheiten den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung entspricht und deren Vorgaben an Raumhöhe und Luftvolumen je Arbeitsplatz eingehalten werden (Dokument öffnen S. 191).

Im Vergaberecht hat die Corona-Pandemie öffentliche Auftraggeber dazu veranlasst, bestimmte Leistungen nicht im offenen Verfahren, sondern direkt zu vergeben. Nach Ansicht des OLG Rostock hat der öffentliche Auftraggeber aber auch in den Fällen der sog. Notvergabe (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV) so viel Wettbewerb wie jeweils möglich sicherzustellen; er muss daher regelmäßig mehrere Angebote einholen und so mindestens „Wettbewerb light“ initiieren. Anderenfalls liegt ein Ermessensfehler vor. Ein ermessensfehlerhaft ohne jeden Wettbewerb dem einzig angesprochenen Bieter erteilter Direktauftrag ist unwirksam (Dokument öffnen S. 195). Durfte der Auftraggeber indessen einen Auftrag wegen äußerster Dringlichkeit in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben und hat er für einen ausreichenden Wettbewerb gesorgt, indem er (mindestens) drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert hat, führt die bloße fehlerhafte Auswahl der Bieter nicht zwingend zur Unwirksamkeit des Vertrags, so das BayObLG in seinem Beschluss vom 20.01.2022 (Dokument öffnen S. 196).

In der Rubrik Schiedswesen ist schließlich der den § 18 Abs. 4 VOB/B betreffende Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26.01.2022 von besonderer Bedeutung für die Baupraxis, weil damit gleich zwei umstrittene Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt worden sind: Zunächst steht eine Schiedsgutachtenabrede nach § 18 Abs. 4 VOB/B jedenfalls einer vorherigen oder parallelen Durchführung eines auf § 485 Abs. 2 ZPO gestützten selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich entgegen, soweit das Beweisthema des beabsichtigten Beweisverfahrens sich mit dem gegenständlichen Anwendungsbereich der Schiedsgutachtenabrede deckt (Dokument öffnen S. 214). Zudem handelt es sich bei dieser Schiedsgutachtenabrede um ein „vereinbartes Begutachtungsverfahren“ i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB, so dass durch die Einleitung des Verfahrens die Verjährung von Ansprüchen, die mit dem Prüfungsauftrag der Materialprüfungsstelle in Verbindung stehen bzw. zu deren Durchsetzung es auf die Begutachtung ankommt, gehemmt wird (Dokument öffnen S. 215).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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