Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 4/2013 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
die Baubeteiligten vereinbaren gelegentlich, dass die Leistung „schwarz“ erbracht werden soll, damit sich der Auftraggeber die Zahlung der Mehrwertsteuer „spart“. Aus bauvertraglicher Sicht waren diese „Ohne Rechnung-Abreden“ für den Auftraggeber bislang weitgehend unschädlich, weil sich der Auftragnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Mängeln nicht auf die Unwirksamkeit des Vertrags berufen konnte (BGH, IBR 2008, 431). Dieses BGH-Urteil betraf allerdings einen Sachverhalt vor Inkrafttreten des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes. Abweichend von dieser Rechtsprechung hat das OLG Schleswig jetzt entschieden, dass eine Schwarzgeldabrede zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führt und dies zur Folge hat, dass dem Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche aufgrund von Mängeln gegen den Auftragnehmer zustehen ( S. 210).
Von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weicht auch das KG mit seinem Urteil vom 26.10.2012 ( S. 205) ab. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs führt bereits das Vorliegen von Mängeln dazu, dass der Auftraggeber nicht in Zahlungsverzug gerät. Das gilt selbst dann, wenn der Auftraggeber die Mängel überhaupt nicht geltend macht (BGH, IBR 1993, 365). Anders nunmehr das KG: So soll es zu den Kooperationspflichten des Auftraggebers gehören, den Grund für eine nicht geleistete Zahlung zu benennen, um dem Auftragnehmer die Möglichkeit einzuräumen, diesen Grund zu beseitigen. Allein durch Mängelrügen beruft sich der Auftraggeber nicht hinreichend auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln, wenn er sein Zurückbehaltungsrecht ausdrücklich auf andere Ansprüche stützt.
Im Recht der Architekten & Ingenieure ist ein anderes Urteil des KG hervorzuheben, das die (besondere) Vergütung von Planungsänderungen und -ergänzungen zum Gegenstand hat. Danach lösen geänderte und zusätzliche Leistungen im Allgemeinen jedenfalls dann keinen zusätzlichen Honoraranspruch des Architekten aus, wenn sie unwesentlich sind und die bisherige Planung nicht grundlegend tangieren. Etwas anderes gilt allerdings in den Fällen, in denen die nachträglich geforderten Leistungen nicht Gegenstand des ursprünglichen Auftrags waren ( S. 221).
Im Vergaberecht ist zunächst auf zwei Entscheidungen zu den Möglichkeiten und Grenzen des Sozialrechtsschutzes im Rahmen öffentlicher Auftragsvergaben hinzuweisen. So hatte das OLG Düsseldorf darüber zu entscheiden, ob der Einsatz von Personal nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) oder von nicht sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern im Vertrag mit dem zukünftigen Auftragnehmer ausgeschlossen werden kann. Derartige zusätzliche Anforderungen sind nach Meinung des Gerichts unzulässig, wenn sie – wie im Baugewerbe und im Reinigungsbereich – in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. Da die arbeits- und sozialrechtlichen Belange von geringfügig und zeitlich begrenzt beschäftigten Arbeitnehmern durch einschlägige Rechtsvorschriften ausreichend geschützt sind, dürfen arbeitsrechtlich erlaubte Gestaltungsmöglichkeiten nicht aufgrund der allgemeinen Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Wahrung des Allgemeinwohls verboten werden ( S. 232). Demgegenüber soll der Einsatz von Leiharbeitnehmern der VK Rheinland-Pfalz zufolge ausgeschlossen werden können, wenn der öffentliche Auftraggeber von dem ihm insoweit zustehenden weiten Ermessensspielraum Gebrauch macht und das Verbot nachvollziehbar begründet wird ( S. 233).
Ob Soll-Vorgaben des Auftraggebers verbindlich sind oder die im Leistungsverzeichnis genannte Anzahl von Baukränen unterschritten werden darf, ist Gegenstand eines weiteren Beschlusses des OLG Düsseldorf. Durch Verwendung einer Soll-Angabe erfolgt schon dem Wortlaut der Ausschreibung nach keine eindeutige Festlegung auf eine bestimmte Mindestanzahl. Vielmehr handelt es sich um ein funktionales Leistungsmerkmal, so dass den Bietern insoweit ein Gestaltungsspielraum eröffnet wird ( S. 229).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
RA Stephan Bolz
Chefredakteur