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IBR 3/2016 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht haben sich viele Baubeteiligte daran gewöhnt, dass die Leistung vom Auftraggeber bzw. von dessen Architekten durch eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und den dazugehörigen Plänen detailliert beschrieben wird. Für öffentliche Bauvorhaben ist das in § 7 Abs. 9 VOB/A 2012 ausdrücklich so vorgesehen. Dabei darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass das, was in der "Baubranche" als Regelfall angesehen wird, eigentlich eine absolute Ausnahme ist. In nahezu allen anderen Bereichen des Werkvertragsrechts ist es nämlich üblich, die Leistung (nur) funktional zu beschreiben. So käme beispielsweise niemand auf die Idee, einem Uhrmacher vorzuschreiben, wie er ein defektes Uhrwerk in Stand zu setzen hat. Er erhält lediglich einen Reparaturauftrag und es ist ihm überlassen, wie er die Uhr wieder zum Laufen bringt. Nicht anders sieht es bei einer Kfz-Reparatur aus. Diese Beispiele ließen sich endlos fortsetzen und zeigen - ohne dabei von einem gesetzlichen Leitbild sprechen zu wollen - eins: Die funktionale Leistungsbeschreibung ist der werkvertragliche Regelfall, die detaillierte Leistungsbeschreibung die Ausnahme.

Wird die Leistung lediglich funktional beschrieben, hat sie zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sach- und Rechtsmängeln zu sein und den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen (§ 633 Abs. 1 BGB bzw. § 13 Abs. 1 VOB/B). Zudem muss sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art des Werks erwarten darf (§ 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB bzw. § 13 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 VOB/B). Anders ausgedrückt: Das Werk muss die ihm üblicherweise zukommende Funktion erfüllen, es hat zu funktionieren. Darin besteht die werkvertragliche Erfolgshaftung. Dass der Auftraggeber kein funktionierendes Werk (mehr) will, nur weil er dem Auftragnehmer die Planung "weggenommen" und damit einen Architekten betraut hat, sollte vor diesem Hintergrund nachvollziehbar sein. Deshalb schuldet der Auftragnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Bauwerk, wenn sich die Funktionstauglichkeit mit der vereinbarten Ausführungsart oder den vereinbarten Materialien nicht erreichen lässt (BGH, Dokument öffnen IBR 2000, 65). Das bloße Abarbeiten des Leistungsverzeichnisses genügt also nicht, wenn damit der werkvertraglich geschuldete Erfolg nicht erreicht werden kann. Darauf weist das OLG Brandenburg hin (Dokument öffnen S. 143).

Der Auftragnehmer haftet allerdings dann nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit, wenn er den Auftraggeber auf Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (die Planung) hingewiesen hat. Die Bedenkenhinweispflicht bestimmt sich nach dem funktionalen Mangelbegriff (OLG Celle, Dokument öffnen IBR 2015, 351). Sie besteht sowohl im VOB- als auch im BGB-Vertrag (OLG Naumburg, Dokument öffnen IBR 2014, 609). Der Auftragnehmer genügt ihr aber nur dann, wenn er dem Auftraggeber die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret dargelegt und ihn in die Lage versetzt hat, die Tragweite der Nichtbefolgung klar zu erkennen. Der Bedenkenhinweis kann auch mündlich erfolgen (siehe OLG Hamm, Dokument öffnen IBR 2013, 603). Er muss aber inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sein, insbesondere muss er die Gefahren aufzeigen, die im Hinblick auf die Erreichung des angestrebten Werkerfolgs bestehen. Die Erklärung des mit der Ausführung von Putzarbeiten beauftragten Auftragnehmers, "dass Risse entstehen könnten, (...) weil zu viel Material draufkommt", wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Das hat das OLG München entschieden (Dokument öffnen S. 136).

Im Bauträgerrecht stellt sich - insbesondere in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum - die Frage, ob und wenn ja wann die Erwerber die Leistung des Bauträgers abgenommen haben. Vermeintliche Rechtssicherheit scheint die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme zu versprechen. Von einer förmlichen Abnahme kann aber durch schlüssiges Verhalten nachträglich wieder Abstand genommen werden. So hat das OLG Bamberg am 09.12.2015 entschieden, dass die Leistung des Bauträgers insgesamt - also einschließlich der Teile der Leistung, die in das gemeinschaftliche Eigentum der Wohnungseigentümer übergehen sollen - konkludent abgenommen wird, wenn die Erwerber in ihre Eigentumswohnungen einziehen und sie den Kaufpreis vollständig bezahlen, ohne auf der in den Erwerberverträgen vereinbarten förmlichen Abnahme zu bestehen (Dokument öffnen S. 151).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.01.2016 hinzuweisen, in der die Rechtsfigur der sog. Drittschadensliquidation - einer Hilfskonstruktion zur Lösung von Schadensfällen in Drei-Personen-Verhältnissen - eine Rolle spielt. Dem Rechtsstreit liegt die nicht ganz so ungewöhnliche Konstellation zu Grunde, dass der Auftraggeber des Architekten Eigentümer eines Gebäudes ist, dieses an einen Dritten vermietet oder verpachtet und im Miet-/Pachtvertrag vereinbart wird, dass der Mieter/Pächter "alle während der Vertragslaufzeit erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen auszuführen und zu zahlen hat." Tritt dann ein planungsbedingter Baumangel auf und lässt der Mieter/Pächter diesen auf eigene Kosten beseitigen, steht ihm gegen den Architekten kein Schadensersatzanspruch zu, weil zwischen beiden kein Vertragsverhältnis besteht. Der Eigentümer wiederum hätte zwar aufgrund des Architektenvertrags einen Anspruch gegen den Architekten, ihm ist aber durch den (Planungs-)Mangel kein Schaden entstanden, weil der Mieter/Pächter die Sanierung bezahlt hat. In einem solchen Fall soll der Schädiger (hier: der Architekt) keinen Vorteil daraus ziehen, wenn der Schaden, der eigentlich beim Vertragspartner (hier: dem Auftraggeber) eintreten müsste, zufällig aufgrund eines zum Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert ist (Dokument öffnen S. 152).

Im Vergaberecht ist eine Entscheidung der VK Schleswig-Holstein zu einem sog. Unterkostenangebot bereits deshalb hervorzuheben, weil sie von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Dokument öffnen IBR 2011, 603) abweicht. Während das OLG Düsseldorf die Auffassung vertritt, dass ein Konkurrenzschutz auch durch den bloßen Umstand gegeben sein kann, dass sich der Bieter durch sein Unterkostenangebot in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, steht die VK Schleswig-Holstein auf dem Standpunkt, das in § 19 EG Abs. 6 Satz 1 VOL/A 2009 geregelte Verbot, Unterkostenangebote zu bezuschlagen, begründe keine subjektiven Rechte konkurrierender Bieter, sondern diene allein dem Schutz des Auftraggebers (Dokument öffnen S. 176).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

RA Stephan Bolz
Schriftleiter

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