Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 3/2005 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
geschuldete Vertragsleistung oder Zusatzleistung mit Anspruch auf Zusatzvergütung? Die Diskussion findet kein Ende, zu der auch diese Ausgabe wiederum einige Beiträge anbietet. Für eines der größten Bauprojekte in Deutschland, den Lehrter Bahnhof in Berlin, hat das Kammergericht entschieden ( S. 130), dass ein Rohbauunternehmer, der gleichzeitig die Tragwerksgenehmigungs- und -ausführungsplanung erstellt, auch die Fortführung und Anpassung dieser Planung an Änderungen aus den Fachwerkplanungen schuldet. Dies soll jedenfalls im Rahmen eines Pauschalvertrages ohne detaillierte Regelung des Planungsinhaltes gelten. Dieses - bislang nicht rechtskräftige - Urteil des Kammergerichts erinnert an das Kammerschleusenurteil des BGH ( IBR 1996, 487) mit dem bemerkenswerten Leitsatz, wonach es für die Wirksamkeit eines Vertragsschlusses nicht von Bedeutung ist, dass die übernommenen Verpflichtungen für den Unternehmer kalkulierbar sind.
Bemerkenswert ist allerdings auch eine unscheinbare, durch Rücknahme der Berufung rechtskräftig gewordene Entscheidung des LG Rostock ( S. 136). Die beiden oben zitierten Entscheidungen könnten den unzutreffenden Eindruck vermitteln, dass Risiken hinsichtlich des Leistungsumfangs tendenziell vom Auftragnehmer zu tragen sind. In diesem Zusammenhang macht immer wieder der Begriff des "frivolen Angebots" die Runde. Die Richter in dem Rostocker Fall haben völlig zu Recht mit deutlichen Worten darauf aufmerksam gemacht, dass es auch so etwas wie eine "frivole Ausschreibung" gibt.
Im Architekten- und Ingenieurrecht wird weiter am Denkmal HOAI gerüttelt. In einem obiter dictum hat der BGH die sog. Steinfort-Tabelle und ähnliche Tabellen zur Bewertung von Grundleistungen innerhalb einer Leistungsphase aufgewertet ( S. 159).
Auch für Bauträger wollen die schlechten Nachrichten aus Karlsruhe nicht aufhören. Bei der Veräußerung sanierter Altbauten muss der Bauträger nunmehr auch mit Gewährleistungsrisiken hinsichtlich der unsanierten Bausubstanz und Grundstücksanlagen rechnen ( S. 153). Für die sog. Vorauszahlungsmodelle hat der Bauträger keine Rechtssicherheit ( S. 156).
Übrigens: Im März vor 15 Jahren erschien die erste Ausgabe der IBR. Allen Leserinnen und Lesern, die uns über viele Jahre die Treue gehalten haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. In den letzten 15 Jahren hat sich die IBR aus der Mandantenzeitschrift eines Berufsanfängers (Erstauflage: 10 Hefte!) zu einer etablierten Fachzeitschrift entwickelt. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir mit ibr-online das ursprüngliche IBR-Konzept erfolgreich weiterentwickelt haben. Wir verzeichnen heute täglich bis zu 30.000 Zugriffe auf unsere Datenbank, deren Entwicklungsmöglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind. Ich freue mich, dass ich mit Herrn RA Stefan Wiemuth einen kompetenten Fachmann gewonnen habe, der unser ibr-online-Team ab sofort verstärkt. Mein besonderer Dank gilt anlässlich dieser Jubiläumsausgabe meiner phantastischen Mitarbeiterin Claudia Ritter, die von der ersten bis zu dieser Ausgabe Redaktion und Textbearbeitung mit Perfektion und erstaunlicher Stressresistenz erledigt hat.
Auch alle anderen Beiträge dieser Ausgabe sowie der ibr-online-Werkstatt seien Ihrer Lektüre empfohlen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Dr. A. Schulze-Hagen
Herausgeber/Geschäftsführer