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IBR 2/2012 - Vorwort

Liebe Leserin,
lieber Leser,

im Bauvertragsrecht gab es in den vergangenen Jahren einige viel beachtete Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu der Frage, welche Rolle die VOB/C (ATV DIN 18299 ff) bei der Auslegung von Bauverträgen spielt. In der – äußerst kontrovers diskutierten – Konsoltraggerüst-Entscheidung vom 28.02.2002 hatte der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass es im Rahmen der Auslegung vorrangig auf die konkreten Verhältnisse des jeweiligen Bauwerks und nicht auf die Unterscheidung in den DIN-Normen zwischen Nebenleistungen und Besonderen Leistungen ankommt (Dokument öffnen IBR 2002, 231). Im Urteil vom 27.06.2006 stellte der Bundesgerichtshof dann allerdings klar, dass für die Abgrenzung zwischen von der vertraglich vereinbarten Vergütung erfassten und zusätzlich zu vergütenden Leistungen beim VOB-Vertrag auch die Regelungen der VOB/C heranzuziehen sind (Dokument öffnen IBR 2006, 605). In seiner aktuellen Entscheidung vom 22.12.2011 hat der Bundesgerichtshof nunmehr ausgeführt, dass ein öffentlicher Auftraggeber zwar grundsätzlich gehalten ist, die ihm möglichen und zumutbaren Angaben zur Kontamination eines zum Aushub vorgesehenen Bodens zu machen. Fehlt eine derartige Angabe, kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass eine Bodenkontamination nicht vorliegt. Vielmehr ist ein ausdrücklicher Hinweis auf die Kontaminierung nicht notwendig, wenn sich diese aus den Umständen klar und eindeutig ergibt. Begründet hat der Bundesgerichtshof dies unter anderem damit, dass nach DIN 18299 Abschnitt 0.1.20 und DIN 18300 Abschnitt 0.2.3 die Schadstoffbelastung „nur nach den Erfordernissen des Einzelfalls“ anzugeben ist (Dokument öffnen S. 65).

Der Preisanpassungsanspruch wegen Mengenänderungen aus § 2 Abs. 3 VOB/B ist möglichst zügig geltend zu machen und kann verwirkt werden. Nach Ansicht des OLG Brandenburg kann von einer solchen Verwirkung ohne das Vorliegen besonderer Umstände selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn das Preisanpassungsverlangen erst dreieinhalb Jahre nach Stellung der Schlussrechnung geltend gemacht wird (Dokument öffnen S. 71). Das OLG Dresden steht demgegenüber in durchaus vergleichbarem Zusammenhang auf dem Standpunkt, dass Nachträge wegen geänderter und zusätzlicher Leistungen spätestens bis zur Abnahme zu stellen sind. Andernfalls soll der Auftragnehmer durch sein Verhalten zu erkennen geben, dass er die betreffende Leistung als bereits zum vertraglichen Leistungsumfang gehörend ansieht (Dokument öffnen S. 70).

Die Beantwortung der Frage, wie der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB wegen einer Bauzeitverzögerung darzulegen und zu berechnen ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Auch deshalb ist umstritten, ob der Auftragnehmer den Zeitraum des Annahmeverzugs abstrakt berechnen darf oder konkret darlegen muss. Das KG hat entschieden, dass eine Entschädigung aus § 642 BGB eine nachvollziehbare Darlegung des Annahmeverzugs und der damit verbundenen Auswirkungen auf den Bauablauf voraussetzt. Ein baubetriebliches Gutachten, das sich auf einzelne Aspekte des Baugeschehens und eine arbeitswissenschaftliche Schätzung stützt, ist hierzu nicht ausreichend (Dokument öffnen S. 75).

Erfordert die Ausführung der Leistung einen Eingriff in die vorhandene Bausubstanz, hat der Auftragnehmer – sofern die Parteien hierzu keine besondere Vereinbarung getroffen haben – eine möglichst schonende Ausführungsart zu wählen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und verursacht einen Schaden am Bauwerk, stellt sich die Frage, ob sich dieses Verhalten als Verletzung einer Schutz- oder einer Leistungspflichtpflicht darstellt. Im Fall einer Leistungspflichtverletzung setzt ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers grundsätzlich eine Fristsetzung zur Nacherfüllung voraus. In seinem Urteil vom 08.12.2011 hat der Bundesgerichtshof diese Frage offengelassen, da die Pflichtverletzung bereits in der Wahl der schädigenden Ausführungsvariante besteht und diese nachträglich nicht ungeschehen gemacht werden kann. Eine Fristsetzung ist deshalb in solchen Fällen entbehrlich (Dokument öffnen S. 81).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.10.2011 hervorzuheben. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Ausnahmefall in Form enger wirtschaftlicher Beziehung nicht allein daraus hergeleitet werden kann, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter den Mindestsätzen der HOAI liegenden Pauschalhonorar ausgeführt hat (Dokument öffnen S. 88). Dessen ungeachtet kann es dem Ingenieur jedoch in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben untersagt sein, nach den Mindestsätzen abzurechnen, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers dahingehend erweckt hat, er werde sich an die unter dem Mindestsatz liegende Pauschalvereinbarung halten (Dokument öffnen S. 89).

Im Vergaberecht hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 02.11.2011 die Frage, ob Nebenangebote zulässig sind, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist, dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung vorgelegt (Dokument öffnen S. 99). Diese Divergenzvorlage war aus Sicht des Gerichts notwendig, weil das OLG Düsseldorf Nebenangebote in einer derartigen Konstellation als unzulässig ansieht (Dokument öffnen IBR 2010, 585), während das OLG Schleswig (Dokument öffnen IBR 2011, 351) hierzu den gegenteiligen Standpunkt vertritt.

Das Thema „Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte“ ist nach wie vor von hoher Aktualität. Wenngleich sich in der Rechtsprechung noch keine einheitliche Linie herausgebildet hat, neigen zahlreiche Gerichte dazu, bei Vergabeverstößen unterhalb der Schwellenwerte Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Verfügung zu gewähren (siehe z. B. OLG Düsseldorf, Dokument öffnen IBR 2010, 229). Das LG Berlin hat mit Beschluss vom 05.12.2011 entschieden, dass auch bei Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte vor der Beantragung gerichtlichen Rechtsschutzes eine Rüge gegenüber der Vergabestelle notwendig ist (Dokument öffnen S. 98). Es ist davon auszugehen, dass sich auch andere Gerichte dieser Sichtweise anschließen werden. Betroffenen Bietern ist deshalb dazu zu raten, erkannte Vergabeverstöße im Unterschwellenbereich rechtzeitig zu rügen.

Auch alle weiteren Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Herausgeber

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