Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 2/2005 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
§ 648a BGB, wonach der Unternehmer eines Bauwerks eine Sicherheit für seinen Werklohn fordern kann, ist eine relativ junge gesetzliche Vorschrift mit noch vielen offenen Streitfragen, die immer wieder Überraschungen bietet. Längst ist geklärt, dass § 648a BGB auch nach Abnahme anwendbar ist. Der BGH hat dies in kurzer Zeit nunmehr zum dritten Mal entschieden ( S. 85). Dass der Partner einer Dach-ARGE, der gleichzeitig als Nachunternehmer dieser Dach-ARGE tätig wird, von eben dieser auch eine Werklohnsicherheit nach § 648a BGB verlangen kann, ist dagegen jetzt erstmals entschieden ( S. 89). Im Januar-Heft ( IBR 2005, 28) haben wir Ihnen bereits eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vorgestellt, wonach den planenden Architekten und Ingenieuren ebenfalls uneingeschränkt eine Zahlungssicherheit gemäß § 648a BGB zusteht.
Für Bauträger ist die BGH-Entscheidung auf Seite 90 von Bedeutung. Der BGH gibt dem von der Bundesnotarkammer gewählten Muster für ein Freigabeversprechen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MaBV eine überraschende Auslegung. Er versteht dieses als eine Wahlschuld, nicht als eine Ersetzungsbefugnis der Bank. Im Falle des Steckenbleibens des Baus hat der Erwerber die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten. Damit wird die Freistellungsverpflichtung gegenstandslos. Der BGH versteht dies als Fall der Unmöglichkeit einer im Rahmen einer Wahlschuld geschuldeten Leistung. Damit bleibt nur noch übrig, dass der Erwerber die Rückzahlung geleisteter Zahlungen verlangen kann. Im Ergebnis hat daher nicht die Bank das Wahlrecht, sondern der Erwerber. Die BGH-Entscheidung könnte die Kreditwirtschaft also sehr viel Geld kosten.
Architekten und Ingenieure müssen immer häufiger feststellen, dass sich die HOAI in der Defensive befindet. Wegen der Aktualität um die Diskussion über die HOAI haben wir dieses Mal auch eine Entscheidung der EU-Kommission ( S. 93) aufgenommen. Darin wird die belgische Architektenkammer zu einer Geldbuße von 100.000 Euro herangezogen, weil sie ihren Mitgliedern durch eine Honorarordnung vorgeschrieben hat, mit ihren Honorarforderungen bestimmte Mindestsätze nicht zu unterschreiten. Die EU-Kommission sieht in dieser standesrechtlichen Regelung eine Einschränkung des Wettbewerbs. Zwar ist die HOAI eine staatliche Gebührenordnung. Aber die EU-Kommission hat eindeutig diagnostiziert, dass der Wettbewerb durch das Verbot, festgelegte Mindestsätze zu unterschreiten, eingeschränkt ist. Herr Schabel äußert in seiner Besprechung die Meinung, dass das Verbot der Mindestunterschreitung zumindest im grenzüberschreitenden Verkehr gegen das Prinzip der Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Gemeinschaft verstößt ( S. 93). Aber auch die Entscheidungen des BGH kann man nicht gerade als HOAI-freundlich einstufen. So sieht der Wettbewerbssenat des BGH ( S. 92) einen Auftraggeber nicht verpflichtet, HOAI-gerecht auszuschreiben. Der Bausenat setzt seine Rechtsprechung fort, wonach das HOAI-Honorar für nicht erbrachte Grundleistungen gemindert werden kann. Das gilt auch für Kostenermittlungen, die erst nach Abschluss einer bestimmten Leistungsphase erbracht werden ( S. 96).
Im Vergaberecht hat der EuGH mit Urteil vom 11.01.1995 den Anwendungsbereich der vergaberechtsfreien In-House-Geschäfte erheblich eingeschränkt ( S. 103). Danach unterliegt die Beauftragung gemischtwirtschaftlicher Unternehmen - gleichgültig in welcher Höhe eine private Beteiligung vorliegt - dem Vergaberecht.
Im Verfahrensrecht ist eine Entscheidung des OLG Düsseldorf zum Prozessvergleich hervorzuheben ( S. 123). Danach kann der Schuldner die Verbindlichkeit aus einem Prozessvergleich nicht mit einer Gegenforderung aufrechnen, die ihm bei Abschluss des Prozessvergleiches bekannt gewesen ist und deren Aufrechnung er sich nicht vorbehalten hat. Noch besser ist es natürlich, wenn man im Vergleichstext die Aufrechnung und etwaige Zurückbehaltungsrechte ausschließt.
Auch alle anderen Beiträge kann ich Ihnen zur Lektüre empfehlen. Dass Sie alle Volltexte in der Datenbank ibr-online abrufen können, wissen Sie.
Mit freundlichen Grüßen
RA Dr. A. Schulze-Hagen
Herausgeber