Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 2/2003 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
für die gesetzliche Regelung der so genannten Fertigstellungsbescheinigung gemäß § 641a BGB hat der Gesetzgeber viel Schelte bekommen. Dabei ist richtig, dass die Regelung in ihrer jetzigen Fassung eine Fülle konzeptioneller und handwerklicher Mängel aufweist mit der Folge, dass die Fertigstellungsbescheinigung in der Praxis keine Rolle spielt (vgl. hierzu ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, § 641a). Ziel der Regelung war nicht nur die Bekämpfung der schlechten Zahlungsmoral, sondern auch eine Entlastung der Justiz. Es lohnt sich, einen Blick nach England zu werfen. Dort ist seit 1996 ein so genanntes "Adjudication" (Schlichtungsverfahren) für sämtliche Bauvorhaben vorgeschrieben. Dem Adjudicator kommt eine relativ starke Position zu, weil er nicht nur an die guten Absichten der Parteien appellieren, sondern verbindliche Entscheidungen treffen kann. Zum Bauprozess kommt es erst dadurch, dass eine der Parteien die Entscheidung nicht akzeptiert und die Anfechtung erklärt. Bis zur gerichtlichen Aufhebung ist aber die Entscheidung verbindlich und zu befolgen. Auch im internationalen Bereich erfreut sich dieses Modell zunehmender Akzeptanz. In den F.I.D.I.C.-Bedingungen 2000 hat es als Dispute Adjudication Board (DAB) Eingang gefunden. Bevor unser Gesetzgeber die Fertigstellungsbescheinigung "verschlimmbessert", sollte er sich vielleicht einmal mit dem Adjudication-Modell in England auseinandersetzen. Sie finden dazu in diesem Heft ein Interview mit Herrn Hans Baur, James R. Knowles, England (S. 113).
Die Februar-Ausgabe bietet im Übrigen wieder viele interessante Beiträge. Hervorzuheben ist eine Entscheidung des OLG Nürnberg ( S. 55), womit eine alte Streitfrage geklärt wird: Der Zuschlag für AGK gilt im Rahmen eines VOB-Einheitspreisvertrages auch für Mengenmehrungen von mehr als 10%. Im Architektenrecht prüft der BGH, ob die Staatsbibliothek in Berlin neben Prof. Dr. Scharoun einen weiteren Architekten als Miturheber hat und wie dies nachzuweisen ist ( S. 83).
Für das so genannte Baucontrolling als eine Form baubegleitender Qualität stellt das Landgericht Berlin fest, dass derartige Leistungen der HOAI unterliegen ( S. 89). Mehrere Entscheidungen im Vergaberecht beschäftigen sich mit der Frage, welche Rolle die Angaben zum Nachunternehmereinsatz bei der Wertung spielen.
Die Factory-Outlet-Center beschäftigen inzwischen auch das Bundesverwaltungsgericht. Auf Seite 101 geht es um die Frage, welche Abwehrrechte die Nachbargemeinden haben.
Insgesamt bietet Ihnen dieses Heft neben dem Interview 58 Beiträge, die alle Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen seien. Das März-Heft ist bereits in der Vorbereitung. ibr-online-Abonnenten können das Entstehen der nächsten Ausgabe in der Rubrik "Neueste Beiträge" unter "Zeitschrift" verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Schulze-Hagen
Herausgeber