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IBR 12/2011 - Vorwort

Liebe Leserin,
lieber Leser,

im Bauvertragsrecht besteht oftmals das praktische Bedürfnis, die vertraglich getroffene Vereinbarung dem tatsächlichen Baugeschehen anzupassen. Allerdings sind Verträge grundsätzlich mit dem Inhalt zu erfüllen, mit dem sie geschlossen werden. Weil das gesetzliche Werkvertragsrecht keine einseitigen Leistungsänderungsrechte des Auftraggebers kennt, ist in dessen Vertragsbedingungen häufig festgelegt, dass der Auftraggeber zu einer Änderung des vereinbarten Leistungssolls berechtigt ist. Die VOB/B enthält in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 derartige Leistungsbestimmungsrechte. Aufgrund der Abweichung solcher Regelungen vom gesetzlichen Leitbild sind solche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur wirksam, wenn sie einer gesetzlichen Inhaltskontrolle standhalten. Für § 1 Abs. 4 VOB/B hat der Bundesgerichtshof das bereits im Jahr 1996 festgestellt (Dokument öffnen IBR 1996, 184). Das OLG Hamburg hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass sich der Auftraggeber durchaus das Recht zur Leistungsänderung vorbehalten kann, sofern dies nicht zu Änderungen in Preis, Lieferzeit und/oder wesentlichen Eigenschaften der Leistung führt. Unwirksam wäre hingegen eine Regelung, die dem Auftragnehmer ohne jede Einschränkung die Übernahme weiterer Bauleistungen auferlegen würde (Dokument öffnen S. 685).
Kommt es - etwa aufgrund von Leistungsänderungen - zu Streitigkeiten über Nachträge, darf der Auftragnehmer nicht ohne Weiteres die Arbeiten zur Durchsetzung einer Nachtragsforderung einstellen. Ist die ­geltend gemachte Nachtragsforderung unberechtigt, stellt ein solches Verhalten eine Verletzung der
Kooperationspflicht
dar und berechtigt den Auftraggeber zur Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund. Das geht aus dem Urteil des OLG Frankfurt vom 21.09.2011 hervor (Dokument öffnen S. 690).
Der Auftragnehmer schuldet aufgrund des geschlossenen Werkvertrags die Herstellung eines funktionstauglichen und zweckentsprechenden Werks. Darauf weist der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 29.09.2011 erneut hin (Dokument öffnen S. 694). Deshalb muss auch das Dach einer preisgünstigen Lager- und Produktionshalle regendicht sein (BGH, Dokument öffnen IBR 2000, 65). Dass sich dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt auf sämtliche Bauvorhaben übertragen lässt, zeigt die Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 13.10.2011. So kann eine Reithalle bereits dann zweckentsprechend genutzt werden, wenn ihre Eindeckung zwar nicht regendicht, aber doch regensicher ist (Dokument öffnen S. 695). In Streitfällen muss also erforderlichenfalls durch Auslegung ermittelt werden, welche Funktion die Leistung zu erfüllen hat.
Im Recht der Architekten und Ingenieure ist insbesondere auf das Urteil des OLG Köln vom 17.08.2011 hinzuweisen. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt ging es um die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Architekt und Statiker. Nach Ansicht des Gerichts darf sich ein Architekt zwar grundsätzlich auf die Berechnungen des Statikers verlassen. Dessen ungeachtet muss der Architekt prüfen, ob diese Berechnungen den maßgebenden Stand der Architektenplanung berücksichtigen und keine Fehler und Unvollständigkeiten enthalten, die auch für einen Architekten ohne besondere Spezialkenntnisse erkennbar sind (Dokument öffnen S. 704).
Im Vergaberecht ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.08.2011 hervorzuheben. Der Bundesgerichtshof hatte die Fragen zu beantworten, wann bei einem Auftrag unterhalb der Schwellenwerte ein grenzüberschreitendes Interesse anzunehmen ist und welche Anforderungen an Nebenangebote bestehen. Die erste Frage hat der Bundesgerichtshof dahingehend beantwortet, dass für ein grenzüberschreitendes Interesse nicht der Auftragswert maßgeblich ist, sondern eine Prognose darüber getroffen werden muss, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen auch für ausländische Bieter interessant sein könnte. Das macht eine Bewertung im Einzelfall erforderlich. Ist ein grenzüberschreitendes Interesse anzunehmen, hat der öffentliche Auftraggeber zusätzlich zu den einschlägigen nationalen Vorschriften die grundlegenden Vorgaben des Europarechts zu beachten. Hierzu gehören unter anderem der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot (Dokument öffnen S. 708). Hinsichtlich der Anforderungen an die Zulassung von Nebenangeboten hat das Gericht entschieden, dass es ausreichend ist, wenn ein Nebenangebot eindeutig und erschöpfend beschrieben wird, alle Leistungen für eine vollständige Ausführung enthalten und Abweichungen von den Vergabeunterlagen gekennzeichnet sind (Dokument öffnen S. 709).
Im Recht der Sachverständigen kommt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.10.2011 besondere Bedeutung zu. Während das Bundesverwaltungsgericht erst kürzlich entschieden hatte, dass eine Altersbegrenzung für die Bestellung zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen rechtlich nicht zu beanstanden ist (Dokument öffnen IBR 2011, 306), hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass eine solche Altersgrenze möglicherweise gegen die Vorgaben des Europarechts verstößt und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Dokument öffnen S. 732). Dieses muss nun entscheiden, ob es die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorlegt oder die Altersgrenze für unzulässig erklärt.
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
RA Dr. Alfons Schulze-Hagen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Herausgeber

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