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IBR 10/2023 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht scheint es sich unter Verbraucher-Auftraggebern von Bauleistungen herumgesprochen zu haben, dass eine unterlassene oder fehlerhafte Widerrufsbelehrung den Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistung befreit, wenn er sein Widerrufsrecht ausübt, nachdem der Auftragnehmer den Vertrag (vollständig) erfüllt hat (siehe z. B. EuGH, Dokument öffnen IBR 2023, 346, und OLG München, Dokument öffnen IBR 2023, 500 – in diesem Heft). Selbsternannte „Verbraucherschützer“ haben daraufhin das „Geschäftsmodell Handwerker-Widerruf“ entwickelt. Dem hat der Bundesgerichtshof nunmehr einen ersten Riegel vorgeschoben. Er hat mit Urteil vom 06.07.2023 entschieden, dass ein Vertragsschluss bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien außerhalb von Geschäftsräumen i.S.d. § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB nicht vorliegt, wenn der Verbraucher ein vom Auftragnehmer am Vortag unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen lediglich annimmt (Dokument öffnen S. 499).

Kommt es während der Bauausführungen zu Störungen des Bauablaufs wegen fehlender oder verspätet vorgenommener Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers, kann der Auftragnehmer – wenn es sich hierbei um eine „echte“ Vertragspflicht handelt – Schadensersatz verlangen. Vor Gericht scheitert die Geltendmachung eines derartigen Anspruchs aber regelmäßig daran, dass es an einer sog. konkreten bauablaufbezogenen Darstellung fehlt (BGH, Dokument öffnen IBR 2002, 354). Einer solchen Darstellung bedarf es für die Geltendmachung einer Entschädigung aus § 642 BGB grundsätzlich nicht (BGH, Dokument öffnen IBR 2017, 665). Die lange umstrittene Frage, wie die Höhe dieses Entschädigungsanspruchs zu berechnen ist, hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30.01.2023 geklärt. Danach erfordert § 642 BGB eine Abwägungsentscheidung des Tatrichters auf der Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien. Dabei ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für Allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren. Der Tatrichter hat festzustellen, inwieweit während des Annahmeverzugs Produktionsmittel unproduktiv bereitgehalten wurden, und die hierauf entfallenden Anteile aus der vereinbarten Gesamtvergütung zu berücksichtigen, wobei er zur Schätzung (§ 287 ZPO) berechtigt ist (BGH, Dokument öffnen IBR 2020, 229). Vor diesem Hintergrund ist ein baubetriebliches Privatgutachten, in dem die geplanten Erlöse (Plan-Erlöse) den tatsächlichen Erlösen (Ist-Erlösen) gegenübergestellt werden, nach Ansicht des OLG Düsseldorf keine geeignete Schätzgrundlage für einen Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB (Dokument öffnen S. 503).

In der Rubrik Werkvertragsrecht ist auf eine Entscheidung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hinzuweisen, die sich mit der Berechnung der Höhe der ersparten Aufwendungen nach einer sog. freien Kündigung des Bestellers befasst. Erspart i.S.v. § 648 Satz 2 BGB sind danach diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die er infolge der Kündigung nicht mehr tätigen muss (Bestätigung von BGH, Dokument öffnen IBR 2016, 332). Das gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer die in Rede stehenden Aufwendungen in seine Preiskalkulation einbezogen und ob er die Kalkulation gegenüber dem Besteller offengelegt hat (Dokument öffnen S. 516).

Im Recht der Architekten und Ingenieure ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 03.08.2023 besonders hervorzuheben. Darin betont er, dass in den Fällen, in denen sich eine Abrechnung nach den Mindestsätzen der HOAI ausnahmsweise als treuwidrig erweist, weil das Vertrauen des Auftraggebers auf das vereinbarte niedrigere Honorar schutzwürdig ist, nicht zugleich die Voraussetzungen vorliegen, unter denen der Architekt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert ist, sich auf das Fehlen einer schriftlichen und damit formwirksamen Vereinbarung bei Auftragserteilung (§ 7 Abs. 1 HOAI 2009/2013) zu berufen. Hierzu bedarf es Feststellungen dazu, dass dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde und es daher gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich ist, sich auf die Formunwirksamkeit zu berufen (Dokument öffnen S. 518).

Im Vergaberecht werden öffentliche Aufträge an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben (§ 122 Abs. 1 GWB). Als Beleg der Leistungsfähigkeit des Bieters kann der öffentliche Auftraggeber die Vorlage geeigneter Referenzen über früher ausgeführte Aufträge in Form einer Liste der in den letzten höchstens drei Jahren erbrachten wesentlichen Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers verlangen (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV). Die Einholung von Nachweisen durch geeignete Referenzen aus früher ausgeführten Aufträgen ist auch im Bereich der Rechtsberatung ein brauchbarer Nachweis für die sachgerechte Überprüfung der Eignung der Bieter. Die Notwendigkeit, dass Rechtsanwaltskanzleien aus berufs- oder datenschutzrechtlichen Gründen bei den Auftraggebern ihrer Referenzprojekte um die Einwilligung in die Weitergabe von Kontaktdaten nachsuchen müssen, macht die Anforderung in einem Vergabeverfahren nach Ansicht der VK Bund nicht generell unzulässig (Dokument öffnen S. 533).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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