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IBR 10/2015 - Vorwort

Liebe Leserin,
lieber Leser,

der Auftraggeber eines Bauvertrags kann diesen bekanntermaßen jederzeit und ohne Angabe von Gründen ("frei") kündigen. Das gilt sowohl im BGB- (BGB § 649 Satz 1) als auch im VOB-Vertrag (VOB/B § 8 Abs. 1). Als "Preis" für dieses Privileg muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer allerdings die vereinbarte Vergütung zahlen. Der Auftragnehmer muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (BGB § 649 Satz 2 bzw. VOB/B § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2). Von der vereinbarten Vergütung für die aufgrund der Kündigung nicht erbrachten Leistungen sind also zunächst die ersparten Aufwendungen für Material und Lohn in Abzug zu bringen. Das ist in der Regel unproblematisch. Kann der Auftragnehmer keinen "Füllauftrag" akquirieren, sind die in die Vergütung des gekündigten Auftrags einkalkulierten Allgemeinen Geschäftskosten nicht erspart, schließlich soll der Auftragnehmer durch die Kündigung nicht schlechter gestellt werden, als er bei Erfüllung des Vertrags stehen würde. Auch der Gewinn ist (unstreitig) nicht erspart. Umstritten ist indes, ob das sog. Wagnis als ersparte Aufwendung anzusehen ist. Das Wagnis ist ein Zuschlag für solche Risiken, deren Eintritt zwar nicht sicher ist, mit deren Auftreten aber erfahrungsgemäß gerechnet werden muss, wie etwa die mit einer Mängelbeseitigung verbundenen Kosten. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1997 muss sich der Auftragnehmer den einkalkulierten und gesondert auszuweisenden Wagniszuschlag als erspart anrechnen lassen, soweit das Risiko sich nicht verwirklicht hat (BGH, Dokument öffnen IBR 1998, 50). Diese Entscheidung ist in Rechtsprechung und Literatur mit der Begründung auf Kritik gestoßen, dass das allgemeine unternehmerische Wagnis kein echter Kostenfaktor ist, sondern ein Teil des Unternehmensrisikos (siehe z. B. Kapellmann, in: ders./Messerschmidt, VOB, 4. Aufl., § 2 Rz. 139). Das OLG Düsseldorf hat sich dieser Sichtweise angeschlossen und am 23.07.2015 entschieden, dass ein etwaiger Wagniszuschlag bei freier Kündigung nicht erspart ist, weil es sich zum einen nicht um Kosten im baubetrieblichen Sinne handelt, sondern das (nicht realisierte) Wagnis als Gewinn angesehen werden muss (Dokument öffnen S. 538).

Die vom Auftraggeber zur Ausführung vorgesehene Leistung wird (leider) oftmals anders als vereinbart erbracht. Das hat vielfältige Gründe. Bisweilen "optimieren" Auftragnehmer die Planung des Auftraggebers, weil sie sie für unwirtschaftlich halten. Andere Gründe können Lieferengpässe in Bezug auf das ausgeschriebene Material oder schlichtweg Nachlässigkeit bei der Abarbeitung des Leistungsverzeichnisses sein. In all

diesen Fällen ist die Leistung des Auftragnehmers mangelhaft. Darauf weist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.07.2015 hin (Dokument öffnen S. 539). Dabei ist es unerheblich, ob die Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit führt oder nicht. Wirkt sich die Abweichung nicht oder nur in geringem Maße nachteilig aus, kann dies zwar die Prüfung veranlassen, ob Mängelansprüchen des Auftraggebers der Einwand entgegensteht, der Mängelbeseitigungsaufwand sei unverhältnismäßig. Am Vorliegen eines Mangels ändert das aber nichts.

Im Recht der Architekten und Ingenieure kommt es immer wieder zu Streitigkeiten über die Beantwortung der Frage, ob die Honorarschlussrechnung des Planers prüfbar (nicht: prüffähig) ist. Sie lässt sich nicht abstrakt beantworten. Denn Anforderungen an die Prüfbarkeit hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Wesentlich ist, dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu prüfen (BGH, Dokument öffnen IBR 1999, 485). Als unverzichtbarer Bestandteil einer prüfbaren Rechnung wird dabei eine nachvollziehbare Darstellung der anrechenbaren Kosten angesehen. Das macht es nicht zwingend erforderlich, die Kosten nach DIN 276 aufzugliedern. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Sollvorgabe. Stehen dem Auftraggeber die für die Prüfung erforderlichen Informationen in anderer Weise zur Verfügung, kommt es nicht entscheidend auf die Einhaltung der DIN 276 an und die Rechnung kann nicht pauschal als "nicht prüfbar" zurückgewiesen werden. Das hat das OLG Celle am 10.06.2015 entschieden (Dokument öffnen S. 553). In diesem Zusammenhang erlaube ich mir (ausnahmsweise), auf das IBR-Seminar "Die prüfbare Honorarrechnung" hinzuweisen, das unter der Leitung von Werner Seifert am 25.11.2015 in Mannheim stattfindet.

Verlangt der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe freiberuflicher Leistungen außerhalb eines Planungswettbewerbs Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe, so sind die Lösungsvorschläge der Bieter gemäß § 20 Abs. 3 VOF nach den (zwingenden) Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten. Die Mindestsätze der HOAI sollen also in einem Vergabeverfahren nicht unterschritten werden dürfen. Was aber kann ein Bieter tun, wenn der Auftraggeber für die Ausarbeitung eines planerischen Lösungsvorschlags lediglich eine Entschädigung festsetzt, deren Höhe deutlich unterhalb der HOAI-Mindestsätze liegt? Das OLG München (Dokument öffnen IBR 2013, 304) und das OLG Koblenz (Dokument öffnen IBR 2012, 602) haben entschieden, dass § 20 Abs. 3 VOF auch eine verfahrensrechtliche Vorgabe für die Durchführung des Vergabeverfahrens beinhaltet, deren Einhaltung zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden kann. Anders sieht dies das OLG Frankfurt. Es hat entschieden, dass ein Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist, wenn ein Bieter im VOF-Verfahren geltend macht, der Auftraggeber müsse eine höhere als die von ihm in Aussicht gestellte Vergütung zahlen. Der Streit über die Höhe der vom Auftraggeber geschuldeten Vergütung muss vielmehr in einem Verfahren vor den Zivilgerichten ausgetragen werden (Dokument öffnen S. 569). Das letzte Wort ist in dieser Sache aber noch nicht gesprochen. Denn die gegen die Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.04.2015 (X ZR 77/14, IBRRS 2015, 0262) zugelassen.

Viele große Unternehmen sind in Unternehmenseinheiten (z. B. in Niederlassungen oder in Untergesellschaften) aufgeteilt, die wie eigenständige Firmen am Markt agieren. Das kann bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dazu führen, dass an einer Ausschreibung zwei oder mehr Bieter teilnehmen, die gesellschaftsrechtlich miteinander verflochten sind. In einem solchen Fall stellen sich die Fragen, wie die für einen effektiven Wettbewerb zwingend erforderliche Geheimhaltung gewährleistet wird und ob die Bieter auf ihr "Verwandtschaftsverhältnis" hinweisen müssen. Nach Ansicht der VK Westfalen reicht es in diesem Zusammenhang nicht aus, wenn konzernverbundene Unternehmen bei Angebotseinreichung lediglich offenlegen, dass sie sich mehrfach am Wettbewerb beteiligen. Vielmehr müssen sie darlegen, welche Vorkehrungen konzernintern getroffen wurden, um die Abgabe mehrerer Angebote zu rechtfertigen (Dokument öffnen S. 563). Eine Maßnahme ist dabei die Einrichtung einer sog. "Chinese Wall".

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
RA Stephan Bolz
Chefredakteur

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