Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 10/2005 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
funktionale Leistungsbeschreibungen beschäftigen die Gerichte immer wieder. Funktional ist eine Leistungsbeschreibung, wenn in ihr lediglich das Ziel bzw. der Erfolg angegeben ist, den der Unternehmer herbeizuführen hat, nicht jedoch die einzelnen Schritte bzw. Teilleistungen, die zu diesem Erfolg führen. Es ist also Sache des Unternehmers, die einzelnen Teilleistungen selbst zu ermitteln, die zur Herbeiführung des Erfolgs erforderlich sind. Insoweit trägt der Unternehmer das Leistungsermittlungsrisiko. In dieser lupenreinen Form gibt es die funktionale Leistungsbeschreibung jedoch selten. Häufig finden sich in ihr auch Details, Pläne und Empfehlungen. Entscheidend ist jedoch, dass die Leistung vorrangig nach der Funktion - z. B. statischen Erfordernissen- zu erbringen ist (s. OLG Celle, S. 520 und KG, S. 521). Solche Formulierungen sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass es bei dem vereinbarten Ziel als Vertragsgegenstand bleiben soll und der Unternehmer unabhängig von etwaigen Detailangaben das Leistungsermittlungsrisiko trägt. Ähnlich ist es auch bei einem pauschalierten Einheitspreisvertrag, bei dem der Unternehmer sich auch nicht mehr auf etwaige Mengenangaben verlassen darf, sondern das Mengenermittlungsrisiko trägt. Die Vielzahl der Gerichtsentscheidungen zu den funktionalen Leistungsbeschreibungen zeigt, dass Unternehmer immer wieder die Dimension des auf sie übergegangenen Leistungsermittlungsrisikos unterschätzen.
Im Bauträgerrecht geht es wieder einmal darum, welche Ansprüche der einzelne Erwerber wegen Mängel am Gemeinschaftseigentum (BGH, S. 543) hat. Von besonderem Interesse ist auch eine Entscheidung des OLG Brandenburg: Bauträger lassen sich mitunter ein Kaufangebot des Erwerbers erteilen. In den vom Bauträger vorformulierten Angebotsbedingungen finden sich allerdings häufig überlange und damit unwirksame Annahmefristen. Mit den Auswirkungen auf den Bestand des Bauträgervertrages beschäftigt sich der Beitrag auf S. 544.
Für die Architekten und Ingenieure stellt der BGH ( S. 549) klar, dass auf deren Planungs- und Bauaufsichtsleistungen keine Bauabzugssteuer in Abzug zu bringen ist. Den bürokratischen Aufwand zur Beibringung von Freistellungsbescheinigungen können sich diese Berufsgruppen sparen.
Das beherrschende Thema im Bauvergaberecht ist derzeit die Behandlung von Mischkalkulationen in der Angebotswertung ( S. 565 - S. 567). Auch zum Vergaberechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte findet sich eine Entscheidung. Das VG Leipzig ( S. 561) ist anderer Meinung als das OVG Rheinland-Pfalz ( IBR 2005, 386) und hält den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten für nicht gegeben.
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer aufmerksamen Lektüre. Ferner erlaube ich mir den Hinweis, dass die 60 Beiträge dieses Heftes nur ein Bruchteil der Daten sind, die wir im vergangenen Monat in die Datenbank ibr-online eingestellt haben. Dazu gehören nicht nur weitere ca. 60 IBR-Beiträge, sondern auch sämtliche dazugehörigen Volltexturteile, die Aktualisierungen des Bauvertragskommentars von Prof. Dr. Rolf Kniffka, Richter am BGH, sowie des Vergaberechtskommentars von Ministerialrat Rudolf Weyand. Ferner finden Sie bei ibr-online jetzt auch das Vergabehandbuch Bund, die Aktualisierung der Reihe-Texte Bausicherheiten und Bauinsolvenz von RA Dr. Claus Schmitz sowie des Reihe-Textes "Selbständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen" von Vorsitzendem Richter am Landgericht Jürgen Ulrich und vieles andere mehr. Ein Besuch bei ibr-online lohnt sich!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. A. Schulze-Hagen
RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Herausgeber