Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 10/2004 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
in der Rubrik Bauvertrag ist das Urteil des OLG München auf Seite 566 hervorzuheben. Es geht um die viel diskutierte Frage, ob eine Höchstbetragsbürgschaft, die auf einen Bauvertrag mit einem bestimmten Vertrags- bzw. Pauschalpreis Bezug nimmt, auch spätere Nachtragsforderungen aus der Erbringung zusätzlicher oder geänderter Leistungen sichert. Von dieser Frage hängt ab, ob der Auftragnehmer bei der Anordnung von Nachtragsleistungen auch für eine weitere Absicherung seiner Vergütungsansprüche gemäß § 648a BGB sorgen muss. Dagegen spricht, dass der Auftraggeber mit der Anordnung von Nachtragsleistungen von seinem vertraglichen Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 1 Nr. 3, 4 VOB/B Gebrauch macht. Aus der Sicht des Bürgen handelt es sich aber wohl um ein nachträgliches Rechtsgeschäft. Dieses kann nur in den Sicherungsumfang der Bürgschaft einbezogen werden, wenn der Bürge zustimmt. Bis der BGH hier das letzte Wort spricht, müssen die Auftragnehmer darauf achten, auch für Nachtragsforderungen gemäß § 2 Nr. 5, 6 VOB/B eine zusätzliche Sicherheit gemäß § 648a Abs. 1 Satz 2 BGB zu verlangen, um am Ende nicht mit leeren Händen dazustehen.
Für Architekten und Ingenieure ist eine Entscheidung des OLG Celle ( S. 574) von großer Bedeutung. Das Gericht konkretisiert den Aufgabenkatalog des bauaufsichtsführenden Architekten und verlangt von ihm im Rahmen seiner Koordinationstätigkeit auch das Aufstellen und Fortschreiben eines Terminplans. Preussner weist in seiner Besprechung unter Hinweis auf die neue BGH-Rechtsprechung ( IBR 2004, 512; IBR 2004, 513) darauf hin, dass es sich bei dieser Terminplanung um einen Teilerfolg der gesamten Architektenleistung handeln kann. Das hätte zur Folge, dass die Nichterbringung dieser Leistung Gewährleistungsansprüche - z.B. Honorarminderung - auslösen kann.
Im Vergaberecht haben Bundesverfassungsgericht ( S. 590) und BGH ( S. 591) deutlich gemacht, dass an die Antragsbefugnis eines Bieters im Nachprüfungsverfahren keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, und haben damit die Rechtsposition des Bieters gestärkt. Im Bauvergaberecht beherrscht die Entscheidung des BGH über das Verbot der Mischkalkulation (BGH, IBR 2004, 448) immer noch die Diskussion. Hervorzuheben ist, dass der BGH nicht verboten hat, Einheitspreise von 0,01 Euro auf diverse Einzelpositionen anzubieten. Unzulässig ist lediglich, dass der Bieter die für einzelne Leistungspositionen anfallenden Preise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt. Dazu erreicht uns soeben eine Entscheidung des OLG Rostock vom 15.09.2004 - 17 Verg 4/04, die im Kern darauf hinweist, dass die bloße Angabe von Einheitspreisen in Höhe von 0,01 Euro auf diverse Einzelpositionen noch nicht automatisch zum Angebotsausschluss führt. Dieser Beschluss ist schon jetzt in unserer Datenbank www.ibr-online.de abrufbar. Eine Besprechung erfolgt durch Rechtsanwältin Ebert, Berlin, im nächsten Heft. In der ibr-online Werkstatt können Sie den Beitrag schon jetzt lesen.
Im Übrigen freue ich mich, dass die IBR-Schriftenreihe um zwei weitere Titel erweitert wurde. Soeben sind erschienen: Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 1.862 Seiten, 89 Euro sowie Ulrich, Selbständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen, 202 Seiten, 29 Euro, beide im Werner Verlag. Das Besondere an ihnen ist, dass sie mit dem gesamten Inhalt auch in der Datenbank www.ibr-online.de enthalten sind und die zitierten Normen und Gerichtsentscheidungen zum größten Teil per Link abrufbar sind. Darüber hinaus werden diese beiden Werke laufend online aktualisiert. Nicht nur in dem sich stetig weiterentwickelnden Vergaberecht, sondern auch für die boomenden selbständigen Beweisverfahren ist dies von großer Bedeutung.
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
RA Dr. A. Schulze-Hagen
Herausgeber/Geschäftsführer