Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 10/2003 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
1 BvR 1160/03: So lautet das Aktenzeichen einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, die vergaberechtlich von größter Bedeutung ist. Es geht um die Frage, ob die Versagung des Vergaberechtsschutzes unterhalb der Schwellenwerte verfassungsgemäß ist. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des OLG Saarbrücken ( S. 558). Bekanntlich hat der österreichische Verfassungsgerichtshof die Schwellenwertregelung für verfassungswidrig erklärt ( IBR 2001, 135). Nicht nur auf Justizebene, auch auf Gesetzgebungsebene wird der Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte derzeit heiß diskutiert. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit soll ein Entwurf für ein Vergabegesetz in Vorbereitung sein, der den bislang bekannten Rechtsschutz oberhalb der Schwellenwerte eins zu eins auch auf Vergaben unterhalb der Schwellenwerte – abgesehen von bestimmten Bagatellgrenzen – überträgt. Die Entwicklung des Vergaberechts ist noch lange nicht abgeschlossen, es bleibt spannend.
Spannend ist auch die Entwicklung des Bauvertragsrechts beim BGH. Ob der Unternehmer auch noch nach Abnahme einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlungssicherheit gemäß § 648a BGB hat, ist derzeit die wichtigste Frage des Bauvertragsrechts. Enttäuschend ist allerdings, dass der BGH den auf den 25.09.2003 angesetzten Verhandlungstermin wegen Richtererkrankung wieder abgesetzt hat. Ein neuer Termin ist noch nicht bekannt. Auch in diesem Heft finden Sie wieder zwei OLG-Entscheidungen zu dieser Frage, bei denen die Revision zugelassen ist und die somit nicht rechtskräftig werden. Die Frage wird seit Jahren von den Oberlandesgerichten kontrovers entschieden. Es muss inzwischen einen Stau von Revisionsverfahren zu dieser Frage geben, die endlich einmal entschieden werden muss. Das würde der Akzeptanz des BGH-Bausenats bei seinen Schutzbefohlenen – allen Baubeteiligten in Deutschland – sicherlich gut tun.
Inzwischen steht bei uns der Entwurf des neuen Forderungssicherungsgesetzes im Netz (www.ibr-online.de/IBRMaterialien). Hier ist übrigens die Anwendbarkeit des § 648a BGB nach Abnahme ausdrücklich geregelt. Mehr Informationen zu diesem neuen Gesetzesentwurf bieten wir Ihnen in der nächsten IBR-Ausgabe. Ankündigen dürfen wir auch eine konzeptionelle Erweiterung der IBR. Haben wir bislang nur über laufende Rechtsprechung berichtet, werden wir künftig auch im Rahmen einer Zeitschriftenschau über ausgewählte Fachaufsätze berichten, selbstverständlich in der gewohnten Kürze und Prägnanz.
Zunächst seien Ihnen aber alle 68 Rechtsprechungsbeiträge in diesem Heft zur aufmerksamen Lektüre empfohlen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Schulze-Hagen
Herausgeber