Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Immobilienrecht
Online seit 9. Juni
IBRRS 2023, 1591
BGH, Urteil vom 19.04.2023 - VIII ZR 280/21
Zur Frage der "fiktiven" Schadensbemessung im Mietrecht (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26.04.2022 - VIII ZR 364/20, Rz. 8 ff., IMRRS 2022, 1692 = NJW-RR 2022, 1307; vom 10.05.2022 - VIII ZR 277/20, Rz. 14 ff., IMRRS 2022, 1693 = NJW-RR 2022, 1460; IMR 2021, 239).*)

Online seit 7. Juni
IBRRS 2023, 1556
LG Berlin, Beschluss vom 14.03.2023 - 67 S 10/23
Der Eigenbedarf des Vermieters macht die Kündigung des Mietverhältnisses nicht "notwendig" im Sinne einer gesetzesverstärkenden Bestandsschutzklausel, wenn es dem Vermieter möglich ist, den von ihm behaupteten Wohnbedarf in der Gemeinde durch den Erwerb oder die Anmietung von Alternativwohnraum zu decken.*)

IBRRS 2023, 1577

BVerwG, Beschluss vom 03.05.2023 - 6 B 30.22
Nur eine im Verkehr übliche Hofbezeichnung, die im örtlichen Umfeld etabliert ist und dort zur Identifizierung des Anwesens und damit auch der Familie des Eigentümers ausreicht, kann im Sinne einer notwendigen Voraussetzung Grundlage eines legitimen Interesses für eine Namensänderung durch Angleichung des Familiennamens an den Hofnamen sein.*)

IBRRS 2023, 1543

KG, Beschluss vom 17.04.2023 - 5 W 44/23
Zur Haftung des Grundstücksverkäufers gem. § 22 Abs. 1 GNotKG für die Gerichtskosten einer zu Gunsten des Käufers eingetragenen Eigentumsverschaffungsvormerkung.*)

Online seit 6. Juni
IBRRS 2022, 3761
LG München I, Beschluss vom 03.07.2022 - 14 T 7020/22
1. Eine Straftat kann hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis haben, wenn sie innerhalb des Mietobjekts begangen wird, was insbesondere bei der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu bejahen ist.
2. Ein hinreichender Bezug zum Mietverhältnis kann nicht nur dann bestehen, wenn eine der Mietvertragsparteien der Straftäter ist. Vielmehr kann das Mietverhältnis ebenso betroffen sein, wenn die Straftat von einem Familienangehörigen, (engen) Freund, Untermieter oder Hausbewohner verwirklicht wird.
3. Demnach kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Sohn des Mieters aus der Wohnung heraus in erheblichem Maße Handel mit Marihuana betreibt.
4. Allein für die Stellung eines Antrags auf Gewährung einer Räumungsfrist nach § 721 Abs. 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.

IBRRS 2023, 1503

OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.11.2022 - 20 W 68/22
1. Eine im Bestandsverzeichnis der Wohnungsgrundbücher eingetragene "Nutzungsregelung" kann im Einzelfall als Sondernutzungsrecht ausgelegt werden.*)
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen es in Ansehung des § 5 Abs. 4 Satz 3 WEG a.F. der Zustimmung dinglich Berechtigter zur Aufhebung und Neubegründung von Sondernutzungsrechten bedarf.*)

IBRRS 2023, 1520

LG Dortmund, Urteil vom 28.03.2023 - 1 S 52/21
Beschlüsse auf einer quasi sehenden Auges von einem anerkannt unbefugten Wohnungseigentümer einberufenen Eigentümerversammlung sind sogar nichtig.

IBRRS 2023, 1431

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2023 - 2 S 2005/22
Eine mit den Grundzügen der Planung nicht mehr zu vereinbarende Abweichung, die der Rechtmäßigkeit der Herstellung einer Erschließungsanlage nach § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB entgegensteht, ist in der Regel anzunehmen, wenn die der Planung zugrundeliegende Zweckbestimmung einer Erschließungsanlage geändert und etwa statt einer durchgehenden Straße eine Stichstraße angelegt wird.*)

Online seit 5. Juni
IBRRS 2023, 1447
AG Delbrück, Urteil vom 01.02.2022 - 2 C 200/21
Der Vermieter muss seine Besichtigungsabsicht rechtzeitig - im Regelfall ca. 14 Tage vorher - anzeigen. Der Besichtigungszweck ist so anzugeben, dass der Mieter über den räumlichen und zeitlichen Umfang der Besichtigung informiert wird. Der Vermieter muss sein Informationsinteresse "bündeln", so dass der Mieter nicht mehr als nach den Umständen unvermeidlich beeinträchtigt wird. Auf mehrere aufeinander folgende Besichtigungstermine muss sich der Mieter grds. nicht einlassen.

IBRRS 2023, 1542

OLG Hamm, Beschluss vom 22.02.2023 - 18 U 6/23
1. Der Makler ist nicht verpflichtet, dem Käufer Nachweise vorzulegen, dass der Verkäufer seinen Anteil an der Provision gezahlt hat.
2. Der Makler muss im Rahmen seiner sekundärem Beweislast dem Käufer lediglich auf Nachfrage bestätigen, dass mit dem Verkäufer eine Provisionsvereinbarung in gleicher Höhe wie der des Käufers getroffen wurde.
3. Es ist weder eine Offenlegung des Maklervertrags mit dem Verkäufer noch eine Vorlage des Zahlungsnachweises erforderlich.

Online seit 2. Juni
IBRRS 2023, 1506
LG München, Beschluss vom 08.11.2022 - 36 S 6500/22 WEG
1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und Träger eigenen Vermögens sein. Die Wohnungseigentümer haben keinen Anspruch auf Mitgebrauch des Gemeinschaftsvermögens (hier einer "Rezeption").
2. Ein Raum des Gebäudes oder eine Freifläche kann zum Gemeinschaftseigentum oder zum Gemeinschaftsvermögen gehören. Erwirbt die Gemeinschaft selbst Grundbesitz (z. B. ein angrenzendes Grundstück als Parkfläche oder eine Sondereigentumseinheit als Hausmeisterwohnung oder einen Sondereigentums-Kellerraum als Lagerraum), ist dieser wie jeder andere Gegenstand des Verwaltungsvermögens zu behandeln. Die Nutzung des Gemeinschaftsvermögens erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies ergibt sich bereits aus ihrer Stellung als Eigentümerin oder Rechteinhaberin, ohne dass es einer besonderen Regelung bedürfte.

IBRRS 2023, 1529

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2022 - 5 S 26.22
1. Es besteht kein grundrechtlich geschützter Anspruch auf eine Veräußerung einer leer stehenden Wohnung an Selbstnutzer.
2. Die mit einer Vermietung einhergehenden Nachteile bei der Veräußerung rechtfertigen weder einen andauernden Leerstand der Wohnung noch die Erteilung einer zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung.
3. 28 Abs. 1 VvB wirkt grundsätzlich nicht unmittelbar anspruchsbegründend.
4. Die in § 2 Abs. 2 ZwVbG normierten Ausnahmen sind von vorneherein keiner erweiternden Analogie zugänglich. Er regelt allein den Fall, dass ein zur Überlassung seines Wohnraums zu Wohnzwecken bereiter Vermieter diesen aus objektiven Gründen nicht zu vermieten vermag.

Online seit 1. Juni
IBRRS 2023, 1446
LG Hanau, Beschluss vom 10.10.2022 - 2 S 87/21
1. Ist in Miet-AGB vorgesehen, dass eine Verletzung der dem Mieter auferlegten Pflichten zur Reinigung gemeinschaftlicher Flächen bzw. an der Straße oder eine Verletzung der Pflicht zum Herausstellen der Mülltonnen die Ersatzvornahme gegen Kostenerstattung auslösen kann, ohne ein Recht des Vermieters zur Kündigung des Mietvertrags aus diesem Grund zu thematisieren, lässt die Formulierung einer derart bestimmten Rechtsfolge in Ansehung von § 305c Abs. 2 BGB jedenfalls die Auslegung zu, dass ein Kündigungsrecht nicht vorbehalten ist.
2. Selbst die mehrfache Missachtung der dem Mieter obliegenden Reinigungs- und Mülltonnenpflichten stellt auch nach Abmahnung noch keinen hinreichenden Kündigungsgrund dar, weil sich der Vermieter bereits in Ansehung der besonderen Bedeutung des Wohnraums für seinen Mieter auch jenseits von Allgemeinen Vertragsbedingungen auf eine Ersatzvornahme gegen Kostenerstattung verweisen lassen muss.

IBRRS 2023, 1490

AG Charlottenburg, Urteil vom 10.05.2023 - 75 C 10/23
1. Ein Umlaufbeschluss ist gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären.
2. Die Wohnungseigentümer können ausnahmsweise beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.
3. Ein Beschluss, mit dem zur Deckung voraussichtlich anfallender Kosten Vorschüsse festgelegt werden, genügt auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer etwa wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels.
4. Auch ohne wirksamen Absenkungsbeschluss ist ein verkündeter mehrheitlicher Sachbeschluss im Umlaufverfahren nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar.

Online seit 31. Mai
IBRRS 2023, 1440
AG Dillingen, Urteil vom 18.08.2021 - 2 C 82/21
Eigenbedarf besteht, wenn ein Familienunternehmen die Ausweitung der Geschäftstätigkeit in den Mieträumen beabsichtigt.

IBRRS 2023, 1499

AG Wiesbaden, Urteil vom 06.02.2023 - 91 C 1245/22
Jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer zur Zahlung nicht mehr geschuldeter Vorschüsse bzw. Nachschüsse zur Kostentragung aufgefordert hat, ist er aufgrund nachwirkender Treuepflichten gehalten, der Wohnungseigentümergemeinschaft den Eigentümerwechsel anzuzeigen. Bei Verletzung dieser Pflicht ist der ausgeschiedene Wohnungseigentümer verpflichtet, der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadenersatz für die Kosten eines mit der Beitreibung beauftragten Rechtsanwalts zu leisten.

IBRRS 2023, 1459

OLG Rostock, Beschluss vom 26.01.2021 - 3 U 3/20
1. Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagte für die Beeinträchtigung als Störer verantwortlich ist. Dazu reicht der bloße Umstand des Eigentums an demjenigen Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, nicht aus. Die Beeinträchtigung muss vielmehr wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgehen.*)
2. Handlungsstörer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat verursacht hat.*)
3. Zustandsstörer ist der Eigentümer/Besitzer oder Verfügungsbefugte einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, wenn die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht. Ausreichend ist, dass der das Eigentum beeinträchtigende Zustand durch den maßgebenden Willen des Eigentümers aufrechterhalten wird.*)

Online seit 30. Mai
IBRRS 2023, 0203
OLG Brandenburg, Urteil vom 29.11.2022 - 3 U 93/21
1. Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB ist bereits ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gegeben und die in § 543 Abs. 1 BGB genannten Abwägungsvoraussetzungen müssen nicht noch zusätzlich erfüllt sein.
2. Trotzdem kann im Einzelfall die Berufung auf die fristlose Kündigung treuwidrig sein. Es ist zu prüfen, ob der Ausgleich der Mietrückstände unmittelbar nach Zugang des Kündigungsschreibens bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lässt.
3. Dies ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Mieter unmittelbar nach Erhalt der ersten Kündigung kurzfristig die Rückführung der Mietrückstände herbeiführt, es in der Vergangenheit keine Zahlungsrückstände gegeben hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es in der Zukunft noch einmal zu Zahlungsrückständen kommt, und der Mieter in der Vergangenheit keine sonstigen mietvertraglichen Pflichten verletzt hat noch Anhaltspunkte für künftige (Fehl-)Verhaltensweisen vorliegen, die das Vertrauen des Vermieters in eine gedeihliche Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage stellen könnten.
4. Diese Grundsätze gelten auch im Gewerberaummietrecht.

IBRRS 2023, 1460

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 10.05.2023 - 2-13 T 33/23
Auch nach der WEG-Reform können die Eigentümer Ansprüche auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen und damit verbundene Schadensersatzansprüche individuell geltend machen.*)

IBRRS 2023, 1454

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.04.2023 - 4 K 1614/22
1. Erfordert die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit neuen Mietwohnungen nach der Landesbauordnung eines Bundeslandes keine Baugenehmigung, aber die förmliche Einreichung von Bauunterlagen, so liegt in der Einreichung dieser Unterlagen eine "Bauanzeige" i.S.d. § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG.*)
2. Ist ein Bauantrag vor Beginn des Förderzeitraums bei der zuständigen Bauordnungsbehörde gestellt oder geht dort eine förmliche Bauanzeige vor Beginn des Förderzeitraums ein, so kann die Sonderabschreibung des § 7b EStG für das Bauvorhaben auch dann nicht beansprucht werden, wenn der tatsächliche Baubeginn innerhalb des Förderzeitraums erfolgt.*)

IBRRS 2023, 1482

BGH, Beschluss vom 26.04.2023 - XII ZR 83/22
1. Von der Einholung eines beantragten Sachverständigengutachtens zu entscheidungserheblichem Parteivortrag darf das Tatsachengericht nur absehen, wenn es selbst über die notwendige Sachkunde verfügt, um den Wahrheitsgehalt der unter Beweis gestellten Behauptung zu beurteilen.
2. Übergeht das Tatsachengericht den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass ursprünglich angemietete Gewerberäume mit denen einer Ersatzimmobilie nach Art und Lage gleichwertig sind, kann darin ein Gehörsverstoß liegen.
3. Etwa vorhandene eigene Sachkunde, derentwegen das Tatsachengericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens für verzichtbar hält, hat es in der Entscheidung darzulegen.

Online seit 26. Mai
IBRRS 2023, 1458
FG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2023 - 6 K 199/21
Ein Sachverständiger ist gehalten, den Ortstermin abzubrechen, wenn einer Partei nicht gestattet wird, an den Ermittlungen teilzunehmen. Daraus ergibt sich kein Befangenheitsgrund.*)

Online seit 25. Mai
IBRRS 2023, 1443
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 09.05.2023 - 2-13 T 20/23
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf einen Rechtsanwalt am Ort des Sitzes ihres Verwalters beauftragen, insoweit dem Rechtsanwalt entstehende Reisekosten zum Gerichtstermin sind notwendig i.S.v. § 91 ZPO.*)

IBRRS 2023, 1399

OLG Naumburg, Beschluss vom 26.07.2022 - 12 Wx 19/22
Ein Wohnungseigentümer einer WEG hat gegen das Grundbuchamt keinen Anspruch darauf, dass dieses ein Verzeichnis der Wohnungseigentümer führt, das deren Wohnanschriften enthält, und dass ihm ein solches Verzeichnis zugänglich gemacht wird.*)

Online seit 24. Mai
IBRRS 2023, 1430
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 11.05.2023 - 2-13 S 85/22
1. Wird im Abrechnungsbeschluss weiterhin "die Jahresabrechnung" und nicht wie in § 28 Abs. 2 WEG vorgesehen, die Anpassung von Vorschüssen bzw. das Einfordern von Nachschüssen beschlossen, führt dies zwar nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses insgesamt, hat aber die Teilnichtigkeit insoweit zur Folge, als die Beschlussfassung über die Beschlusskompetenzen des § 28 Abs. 2 WEG hinausgeht. Dies kann bei der Kostenentscheidung mit einer Kostenquote von 1/3 zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft berücksichtigt werden.*)
2. Die Teilnichtigkeit hat das Gericht von Amts wegen festzustellen, ohne dass dieser Mangel vom Kläger gerügt werden muss (vgl. BGH, NZM 2023, 288).*)

Online seit 23. Mai
IBRRS 2023, 1417
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 30.03.2023 - 2-13 S 15/22
1. Ein Beschluss über die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG muss dem Gleichbehandlungsgebot entsprechen, so dass vergleichbare in Zukunft auftretende Fälle gleich zu behandeln sind.*)
2. Bei einer Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels im Einzelfall ist es jedoch nicht erforderlich, dass bereits dieser Beschluss regelt, dass in künftigen gleich gelagerten Fällen ein identischer Kostenverteilungsschlüssel angewandt werden wird (entgegen LG Stuttgart, ZMR 2022, 825 mablAnm Greiner).*)

IBRRS 2023, 1392

OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.03.2023 - 5 U 72/22
1. Eine Regelung in den AGB eines Makler-Alleinauftrags, wonach der bereits durch die schriftliche Vereinbarung oder die Inanspruchnahme der Tätigkeit zu Stande gekommene Vertrag eine Laufzeit von 12 Monaten "ab Online-Schaltung der Immobilie auf unserer Homepage und im Internet" haben und sich sodann mangels Kündigung jeweils um einen weiteren Monat verlängern soll, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil sie den Beginn der 12-Monats-Frist, vor deren Ablauf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, unabhängig vom Vertragsbeginn und der damit einhergehenden Bindung des Kunden in das freie Belieben des Maklers stellt und überdies von Voraussetzungen abhängig macht, die für den Kunden nicht zu beeinflussen sind.*)
2. Eine solche Regelung ist auch intransparent, weil sie vordergründig auf die Vertragslaufzeit von "12 Monaten ab Online-Schaltung" abstellt und sich nur in der Zusammenschau mit den weiteren Regelungen ergibt, dass der Kunde eine Bindung bereits mit Abschluss des Vertrags eingeht und der Makler es in der Hand hat, über den Beginn der 12-Monats-Frist selbst zu bestimmen.*)

Online seit 22. Mai
IBRRS 2023, 1374
OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.2023 - 2 U 43/22
1. Sonnt sich der Vermieter unbekleidet auf dem Grundstück, so wird hierdurch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt, wenn keine gezielte Einwirkung beabsichtigt ist.
2. In der Überlassung einer exakten Aufmaß- oder Planungszeichnung der Mietsache vor Mietbeginn liegt keine Zusicherung der Größe der Mieträume, wenn die Parteien durch eine ca.-Angabe im Mietvertrag klarstellen, dass der Vermieter gerade nicht für die Flächengröße einstehen will.*)
3. Die Flächengröße einer zu gewerblichen Zwecken vermieteten Wohnung kann, soweit der Mietvertrag hierauf verweist sowohl entsprechend der Wohnflächenverordnung als auch nach der GIF MF/G in Verbindung mit der DIN 277-1 ermittelt werden.*)
4. Küchengerüche im Treppenhaus einer sowohl zu Wohnzwecken als auch gewerblich genutzten Immobilie sind in der Regel als sozial adäquate Belästigung hinzunehmen.
5. Straßenbauarbeiten, die in der Regel als Umweltmangel hinzunehmen sind und dem Verwendungsrisiko des gewerblichen Mieters unterfallen, können als Mangel zu einer Minderung führen, wenn das besondere Ambiente und die Lage der Immobilie Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden sind und deshalb ein erheblich über der ortsüblichen Miete liegender Preis vereinbart wurde (hier: Jugendstilvilla im Frankfurt Westend).*)
6. Das Vorliegen einer inhaltlich richtigen Abrechnung ist nicht Fälligkeitsvoraussetzung für eine Betriebskostennachforderung; dies gilt auch soweit unzulässigerweise Sollvorauszahlungen eingestellt worden sind und die Abrechnung später korrigiert wird (Fortführung OLG Frankfurt, IMR 2018, 513).*)
7. Bei der Umlage nicht verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach Mietfläche kann der gewerbliche Mieter ohne Belegeinsicht die angefallenen Gesamtkosten nicht einfach bestreiten. Gleiches gilt für das Bestreiten der Gesamtfläche, wenn das Gebäude keine architektonischen Besonderheiten aufweist (Fortführung BGH, IMR 2015, 39; Abgrenzung zu OLG Frankfurt, Urteil vom 10.01.2019 - 2 U 109/17, IMRRS 2019, 0184).*)

IBRRS 2023, 1397

AG München, Urteil vom 02.04.2020 - 483 C 27269/16 WEG
1. Die Vornahme baulicher Veränderungen bedarf gem. § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller, die durch die bauliche Veränderung über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt sind. Soweit allerdings die Beschreibung des Sondernutzungsrechts bauliche Veränderungen voraussetzt oder solche üblicherweise vorgenommen werden, ist der Sondernutzungsberechtigte hierzu berechtigt, ohne dass es der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf.
2. Bei der Frage, welche Beeinträchtigungen andere Wohnungseigentümer hinzunehmen haben, steht die fallbezogene Abwägung der beiderseitigen grundrechtlich geschützten Interessen im Vordergrund. Grundsätzlich ist hierbei die Duldungsschwelle der Miteigentümer beim Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums niedriger anzusetzen als beim Gebrauch des Sondereigentums, da den Miteigentümern beim gemeinschaftlichen Eigentum ein Mitgebrauch in gleichem Umfang zusteht, den ein einzelner Eigentümer nicht eigenmächtig über Gebühr durch seinen Gebrauch beschränken darf. Sofern Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums Sondernutzungsrechte eingeräumt werden, können diese bei der Frage von Gebrauchsbeschränkungen in einigen Bereichen wie Sondereigentum behandelt werden.

Online seit 19. Mai
IBRRS 2023, 1350
AG Hameln, Urteil vom 05.10.2022 - 32 C 19/22
1. Zur Wohnfläche gehören nicht die Grundfläche der Abstellräume außerhalb der Wohnung, der Waschküchen, der Bodenräume und der Trockenräume.
2. Eine Abrechnung der Kosten für Wasser und Abwasser nach Kopfteilen ist zulässig.
3. Ist eine solche Abrechnung vertraglich vereinbart, bleibt es hierbei auch dann, wenn Wasseruhren eingebaut sind.
4. Muss der Mieter die Kosten der Treppenhausreinigung übernehmen, so trifft ihn diese Pflicht auch dann, wenn er eine Putzkraft einschaltet.

IBRRS 2023, 1400

AG Paderborn, Urteil vom 01.10.2021 - 55 C 114/21
Die Regelung des § 573a BGB ist nicht anzuwenden, wenn eine dritte Wohnung zwar leer steht, aber die objektive Qualifikation einer Wohnung aufweist, oder sich im Keller- oder Dachgeschoss eine jederzeit beziehbare dritte Wohnung befindet. Dabei ist unerheblich, ob die Wohnung über einen separaten Stromzähler oder einen eigenen Briefkasten verfügt.

IBRRS 2023, 1277

LG Berlin, Beschluss vom 25.04.2023 - 67 S 223/20
1. Die erfolgreiche prozessuale Geltendmachung des Anspruchs auf Zustimmung zur Vergleichsmietenerhöhung erfordert im Falle einer Vermietermehrheit die Klageerhebung durch sämtliche Vermieter.*)
2. Selbst im Falle der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft nur eines von mehreren Vermietern wäre nicht nur ein auf Zusimmung gegenüber sämtlichen Vermietern gerichteter Klageantrag erforderlich, sondern auch die Wahrung der Klagefrist des § 558b Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Fristwahrung verlangt eine Klageerhebung durch sämtliche Vermieter oder jedenfalls die Offenlegung einer gewillkürten Prozessstandschaft sowie eine deren Anforderungen genügende Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist des § 558b Abs. 2 Satz 1 BGB.*)

Online seit 17. Mai
IBRRS 2023, 1365
OLG Hamburg, Beschluss vom 15.02.2019 - 2 UF 112/17
1. Die fehlende Mitgliedschaft in der Wohnungsbaugenossenschaft steht der Zuweisung der Ehewohnung nach § 1586a BGB für sich genommen nicht entgegen.*)
2. Wegen Art. 9 Abs. 1 GG unzulässig ist aber die Übertragung der Mitgliedschaft im Rahmen der Zuweisungsentscheidung.*)
3. Die Genossenschaft kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund gem. § 563 Abs. 4 BGB kündigen, wenn der die Wohnung zugewiesen erhaltene Ehegatte nicht Mitglied der Genossenschaft ist.*)
4. Die Genossenschaft kann sich auf die Kündigung aus wichtigem Grund wegen der fehlenden Mitgliedschaft aber nur dann berufen, wenn sie dem Nichtmitglied zuvor eine Mitgliedschaft zu den üblichen Konditionen erfolglos angeboten hat.*)
5. Solange das Nichtmitglied daher bereit und in der Lage ist, in die Genossenschaft einzutreten, hat die Billigkeitsabwägung im Rahmen der Zuweisungsentscheidung nach § 1568a BGB auch bei einer genossenschaftlichen Wohnung nach den gewöhnlichen Maßstäben zu erfolgen.*)
6. Dabei ist die erste Tatbestandalternative des § 1568a Abs. 1 BGB "in stärkerem Maße angewiesen sein" vorrangig vor der Tatbestandalternative "sonstige Billigkeitsgründe" zu prüfen.*)

IBRRS 2023, 1348

AG Schöneberg, Urteil vom 08.02.2022 - 17 C 96/21
Eine erhebliche Beeinträchtigung wegen der umfassenden Bauarbeiten, der Einrüstung und auch wegen der Wasser- und Putzschäden in der Wohnung stellt einen Mangel dar, der zur Mietminderung berechtigt. Die Minderung wird deshalb nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter tagsüber aus beruflichen oder sonstigen Gründen abwesend ist.

Online seit 16. Mai
IBRRS 2023, 1349
LG Bückeburg, Beschluss vom 13.10.2022 - 1 S 5/22
1. Die Frage der Einhaltung der Förmlichkeiten des Verfahrens auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung durch den Vermieter ist insgesamt dem materiellen Recht zuzuordnen und betrifft deswegen die Begründetheit und nicht die Zulässigkeit der Klage.*)
2. Ein vom Vermieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogener Grundstücksmarktbericht 2019 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte Hameln-Hannover darf als ein sonstiges Begründungsmittel i.S.d. § 558a Abs. 2 BGB für ein Mieterhöhungsverlangen in Rinteln im Landkreis Schaumburg herangezogen werden, weil dieser zumindest mit einem einfachen Mietspiegel vergleichbar ist.*)
3. Die Aufzählung der Begründungsmittel des § 588a BGB ist nicht abschließend, sondern ist durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" lediglich beispielhaft.*)
4. Sind die Daten eines Begründungsmittels repräsentativ und ausreichend erhoben worden, ist es von einem Mieter hinzunehmen, dass es für diesen kaum eine Möglichkeit der Überprüfung gibt, so lange durch die Person des Aufstellers eine gewisse Richtigkeitsgewähr sichergestellt ist. Das ist dann der Fall, wenn ein nach § 192 BauGB örtlich zuständiger Gutachterausschuss der Aufsteller ist.*)

IBRRS 2023, 1353

OLG Hamburg, Beschluss vom 24.01.2023 - 4 U 141/22
Eine formlose Abrede über die Verschiebung des Fälligkeitszeitraums für Miete und Nebenkostenvorauszahlung kippt die Schriftform.*)

Online seit 15. Mai
IBRRS 2023, 1345
LG Berlin, Urteil vom 26.01.2023 - 67 S 228/22
1. Der Vermieter erfüllt seine vorvertraglichen Auskunftspflichten nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB - im Falle der dem Mieter bekannten oder bekannt gemachten Fläche der Mietsache - auch dann, wenn er die Vormiete lediglich als Quadratmetermiete und nicht als Gesamtmiete angibt.*)
2. Die Auskunftspflicht umfasst weder die konkrete Nennung der Ausnahmevorschrift noch eine Erläuterung des gesetzlichen Ausnahmetatbestandes, auf die sich der Vermieter beruft.*)

IBRRS 2023, 1342

KG, Beschluss vom 22.08.2022 - 8 U 1156/20
1. Bei Ermittlung der wirtschaftlichen Nachteile, die der gewerbliche Mieter durch hoheitliche Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie erlitten hat, ist im Rahmen von § 313 Abs. 1 BGB auch die mögliche Kompensation durch den Online-Handel zu berücksichtigen.
2. Bei einem zentral betriebenen Online-Handel hat der Mieter die Gewinne hieraus konkret zu beziffern und nach einem nachvollziehbaren Schlüssel auf sein Mietobjekt umzulegen.
