Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile zum Immobilienrecht
Online seit gestern
IBRRS 2023, 0817
LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2022 - 333 S 16/21
1. Der Mieter eines beendeten Mietverhältnisses kann die Nebenkostenvorauszahlung, über die der Vermieter nicht fristgemäß abgerechnet hat, ohne den zeitraubenden Umweg über eine (Stufen-)Klage auf Erteilung der Abrechnung sogleich zurückverlangen, wenn er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen.
2. Es obliegt dem Vermieter sich die für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen und Daten so rechtzeitig zu beschaffen, dass er die Abrechnungsfrist einhalten kann; andernfalls hat er das Fristversäumnis zu vertreten.
3. Durch die Leistung der Kaution erwirbt der Mieter einen aufschiebend bedingten Rückgewähranspruch, dessen Bedingung mit Rückgabe der Mietsache eintritt und fällig wird, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen.
4. Die Überlegungsfrist ist - ohne Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit einer längeren Frist - regelmäßig sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung abgelaufen.
5. Die Kaution soll dem Vermieter für seine Ansprüche aus dem Mietverhältnis eine Sicherheit geben, aber nicht für die Ansprüche, die ihren Ursprung außerhalb des Mietverhältnisses haben.

IBRRS 2023, 0856

BGH, Urteil vom 01.12.2022 - I ZR 28/22
1. Die Schutzwirkung der Gesetzlichkeitsfiktion gem. Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB kommt nur dem Unternehmer zugute, der die Muster-Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 zu dieser Bestimmung unverändert verwendet und richtig ausfüllt.*)
2. Der Unternehmer kann seine Informationspflichten auch durch eine Belehrung erfüllen, die von der Musterbelehrung abweicht, aber inhaltlich den in § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB geregelten Anforderungen genügt. In einem solchen Fall trägt der Unternehmer allerdings das Risiko, dass seine Information den allgemeinen Anforderungen an eine umfassende, unmissverständliche und nach dem Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers eindeutige Belehrung genügt.*)

Online seit 23. März
IBRRS 2023, 0545
LG München I, Beschluss vom 22.09.2022 - 36 S 613/22 WEG
1. Das Rechtsschutzbedürfnis geht - mit der Folge nachträglicher Unzulässigkeit der Anfechtungsklage - nur dann verloren, wenn sicher feststeht, dass Ansprüche des Klägers auf Folgenbeseitigung, Freistellung oder Schadensersatz und damit Auswirkungen auf Folgeprozesse infolge der möglichen Bindungswirkung einer Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht bestehen.
2. Eine Anfechtungsklage gegen den in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschluss, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft einem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung eines Prozesses untersagt, ist in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Beschluss dadurch vollzogen wurde, dass dem Gericht in jenem Prozess mitgeteilt wurde, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung des Prozesses untersagt hat, und die Parteien den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklären.
3. Da in jeder baulichen Veränderung eine Umgestaltung liegt, ist zu prüfen, ob diese so starke Auswirkungen hat, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge gibt. Nur dann liegt auch eine "grundlegende" Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG vor.
4. Voraussetzung für die Annahme einer unbilligen Benachteiligung ist, dass einem Betroffenen Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den bei der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürfen. Zudem muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führen, indem Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den Übrigen.
5. Eine 70 cm hohe Gabionenwand, verkleidet mit einer max. 1,80 m hohen Sichtschutzwand aus Holz, im Sondernutzungsbereich (nur) einer EG-Wohnung einer Wohnungseigentumsanlage ist keine grundlegende Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG. Eine solche mehrheitlich von der Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigte Maßnahme erfüllt zudem nicht die Anforderungen an eine unbillige Benachteiligung im Sinne dieser Bestimmung.
6. Auch das Einladungsschreiben kann - trotz seiner fehlenden Dokumentation - zur Auslegung eines Beschlusses ausnahmsweise herangezogen werden, wenn der Beschluss keine Dauerwirkung entfaltet.
7. Die Formulierung "Die Eigentümergemeinschaft ist nicht gewillt, der Wohnungseigentümerin ### die Klage- bzw. Prozessführungsbefugnis zu überlassen" verdeutlicht, dass hier (nur) die Klage- und Prozessführungsbefugnis gemeint sein soll, die der Wohnungseigentümergemeinschaft im Bezug auf das Gemeinschaftseigentum zusteht.

IBRRS 2023, 0862

AG München, Urteil vom 18.03.2022 - 142 C 12408/21
1. Der Hinweis "Bitte keine Werbung einwerfen" gibt erkennbar zu verstehen, dass der Einwurf von Werbeflyern in Hausbriefkästen nicht erwünscht ist.
2. Das umfasst auch das Ablegen von Werbematerial auf der Briefkastenanlage oder vor dem Hauseingang.

Online seit 22. März
IBRRS 2023, 0133
LG Gießen, Urteil vom 22.11.2022 - 1 S 81/22
1. Eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs des Mieters gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt eine verschuldete Zahlungsunfähigkeit voraus. Mieter können sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen.
2. Die nachträgliche Begleichung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB mindert das Verschulden der Pflichtverletzung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB und kann so zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

IBRRS 2023, 0820

AG Dortmund, Urteil vom 08.12.2022 - 514 C 61/22
1. Ein Einberufungsmangel führt nicht zur Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen, wenn bewiesen wird, dass er ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wäre.
2. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist allerdings erst dann zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des deshalb ferngebliebenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
3. Ist eine Angelegenheit weder durch das WEG noch durch Vereinbarung der Beschlussfassung unterworfen, fehlt es der Wohnungseigentümerversammlung an der Beschlusskompetenz. Ein dennoch gefasster Beschluss ist nichtig.
4. Für einen Beschluss der allein die Genehmigung des vorgelegten Abrechnungswerks zum Gegenstand hat, fehlt die Beschlusskompetenz.

Online seit 21. März
IBRRS 2023, 0826
LG Berlin, Beschluss vom 14.02.2023 - 67 S 5/23
Bezeichnet der Vermieter die Bedarfsperson in der Erklärung einer Eigenbedarfskündigung mit einem vollständig unzutreffenden Nachnamen, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB unwirksam.*)

IBRRS 2023, 0828

LG Berlin, Urteil vom 31.01.2023 - 55 S 28/22 WEG
1. Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen sind mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16.10.2020 (BGBl. I 2187) allein am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Dies gilt auch für Sonderumlageschlüsse.*)
2. Der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage genügt auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels (Fortführung von LG Berlin, Urteil vom 30.08.2022 - 55 S 7/22 WEG, IMRRS 2022, 1320). Dies gilt insbesondere, wenn die Zuordnung voraussichtlich entstehender der Kosten nicht ohne weiteres möglich und der anzuwendende Kostenverteilungsschlüssel aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern im Streit steht.*)

IBRRS 2023, 0815

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.02.2023 - 2-04 O 81/23
§ 940a Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass der titulierte Anspruch ein Wohnraummietverhältnis i.S.v. § 549 BGB betrifft. Die Norm ist auf einen Gewerberaummietvertrag, der Wohnraum zum Gegenstand hat, nicht anwendbar.*)

Online seit 20. März
IBRRS 2023, 0788
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2022 - 24 U 8/21
1. Mit Ablauf der Abrechnungsfristen der Betriebskosten tritt zugleich jeweils die sog. Abrechnungsreife ein und der Anspruch des Vermieters auf Zahlung (etwaig) rückständiger Vorauszahlungen für die fraglichen Abrechnungszeiträume geht damit unter.
2. Die Klausel "Soweit behördliche Auflagen oder Forderungen nach Übergabe des Mietobjektes oder die Aufrechterhaltung behördlicher Genehmigungen ihre Ursache in der konkreten Art der Nutzung der Mietsache durch den Mieter haben, obliegen die damit verbundenen Maßnahmen und Kosten allein dem Mieter." ist nicht dahin zu verstehen, dass der Mieter auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.
3. Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus und rechtfertigt eine Vertragsanpassung.
4. Ob dem Mieter ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemie-bedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht.
5. Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich, um eine Vertragsanpassung vornehmen zu können.
6. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wonach eine Aufrechnung durch den Mieter einen Monat vorher angekündigt werden muss, ist in gewerblichen Mietverträgen wirksam.

IBRRS 2023, 0810

LG München II, Urteil vom 30.01.2023 - 2 O 4028/21
Ein Maklervertrag über den Verkauf eines Einfamilienhauses, der eine unterschiedliche Höhe der Provision für Verkäufer und Käufer vorsieht, ist gem. § 656c Abs. 1 BGB unwirksam. Der Makler hat keinen Anspruch auf den unwirksam vereinbarten Maklerlohn.

Online seit 17. März
IBRRS 2023, 0594
AG München, Urteil vom 19.05.2022 - 419 C 15714/21
1. Wird der Hausfrieden seitens eines Mieters durch wiederholte Anfeindungen und Beleidigungen gegenüber anderen Mitmietern nachhaltig gestört, so kann das Mietverhältnis nach Abmahnung fristlos gekündigt werden.
2. Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kündigungstatbestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorgelegen hat. Durch ein nachträgliches Wohlverhalten wird die Wirksamkeit nicht berührt.
3. Allerdings kann in besonderen Einzelfällen das Festhalten am Räumungsanspruch rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Ursachen der Störung beseitigt wurden.
4. Dies ist aber nicht der Fall, wenn nach der ausgesprochenen Kündigung die Beleidigungen weitergehen.

IBRRS 2023, 0780

BGH, Urteil vom 20.01.2023 - V ZR 65/22
1. Mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs erlischt die Grunddienstbarkeit nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dann insgesamt, wenn die Ausübung der durch sie gewährten Berechtigung aufgrund der Beeinträchtigung durch die Anlage gar nicht mehr möglich ist; wird die Dienstbarkeit durch die Anlage nur teilweise beeinträchtigt, dann erlischt sie nur hinsichtlich des von der Beeinträchtigung betroffenen Teils und bleibt im Übrigen bestehen.*)
2. Dies gilt auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit ein Bauverbot zum Inhalt hat, gegen das durch die Errichtung eines Gebäudes verstoßen wurde. Verjährt der Anspruch auf Beseitigung des Gebäudes, erlischt die Dienstbarkeit grundsätzlich nur insoweit, als das Unterlassen der Bebauung mit einem Gebäude entsprechenden Ausmaßes nicht mehr verlangt werden kann.*)
3. Wird die Löschung einer Grunddienstbarkeit begehrt, die zu Gunsten eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks besteht, so ist die auf § 894 BGB gestützte Klage gegen die Wohnungseigentümer als (gemeinschaftlich) Berechtigte zu richten; nur wenn es sich um Verwaltungsvermögen, d. h. um ein im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stehendes Grundstück handelt, ist diese die richtige Beklagte.*)

Online seit 16. März
IBRRS 2023, 0793
LG Berlin, Beschluss vom 22.02.2023 - 64 S 230/22
1. Die Begründung der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 wurde rechtzeitig vor ihrem Inkrafttreten am 01.06.2015 veröffentlicht und war am 01.06.2015 hinreichend leicht für die Öffentlichkeit zugänglich (entgegen AG Neukölln, Urteil vom 16.11.2022 – 9 C 489/20, IMRRS 2022, 1590 = WuM 2022, 743 ff.; Anschluss BGHZ 225, 352 ff., Rn. 88; AG Lichtenberg, Urteil vom 10.02.2022 – 16 C 40/21, IMRRS 2022, 0439).*)
2. Der Berliner Mietspiegel 2021 durfte nach den Überleitungsvorschriften im EGBGB als Fortschreibung des (einfachen) Mietspiegels 2019 erstellt werden, darf vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung an bis zu zwei Jahre lang angewendet werden und ist als Schätzgrundlage zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete geeignet (Festhaltung LG Berlin, Urteil vom 07.09.2022 - 64 S 99/21, IMRRS 2023, 0090 = GE 2022, 1263 ff.; IMR 2022, 308).*)
3. Schließen die Parteien des Wohnungsmietvertrags gleichzeitig eine Nutzungsvereinbarung über einen Kellerraum, die für den Mieter während einer mehrjährigen Mindestlaufzeit nicht unabhängig von dem Wohnungsmietverhältnis kündbar ist, kann dieses vertragliche Konstrukt auf eine Umgehung der Regelungen über die „Mietpreisbremse“ hinauslaufen. Dafür spricht vorliegend, dass in Berlin eine Wohnung üblicherweise einen nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum umfasst, ohne dass dafür ein zusätzliches Entgelt neben der Wohnungsmiete bezahlt werden muss (Anschluss AG Kreuzberg, IMR 2023, 10).*)

IBRRS 2022, 1838

LG Berlin, Urteil vom 18.06.2021 - 65 S 340/20
Die Zustellung einer nicht ordnungsgemäß beglaubigten Abschrift kann nach § 189 ZPO geheilt werden, sofern die zugestellte Abschrift mit der Urschrift übereinstimmt.

Online seit 15. März
IBRRS 2023, 0753
LG München I, Urteil vom 01.03.2023 - 1 S 7620/22 WEG
1. Ein Eigentümer, der sich Geruchsbelästigungen durch Grillen ausgesetzt fühlt, kann selbst gegen das Grillen vorgehen.
2. Kommt es durch das Grillen zu Rauch- und Geruchsbelästigungen, ist die Anzahl des Grillens auf maximal viermal im Monat zu beschränken, wobei auch nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen gegrillt werden darf.
3. Zwar ist die isolierte Drittwiderklage gegen einen bislang nicht am Prozess beteiligten Dritten grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme besteht nach dem Zweck der Widerklage, die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über zusammengehörige Ansprüche zu ermöglichen, jedoch in den Fällen, in denen die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Drittwiderbeklagten verletzt werden.

IBRRS 2023, 0650

AG Schwerin, Urteil vom 07.10.2022 - 14 C 299/22
Beantragt ein Wohnungseigentümer weniger als 3 Wochen vor der angesetzten Eigentümer-Versammlung bei Gericht, der Eigentümergemeinschaft aufzugeben, in die Tagesordnung der Eigentümerversammlung bereits Monate vorher dem Verwalter mitgeteilte TOPs (u. a. Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags) aufzunehmen, so fehlt es schon am Verfügungsanspruch, da die Ladungsfrist von 3 Wochen nicht mehr eingehalten werden kann.

Online seit 14. März
IBRRS 2023, 0557
AG Karlsruhe, Urteil vom 06.12.2022 - 6 C 615/22
1. Vermietet der Mieter die Mieträume teilweise über Airbnb unter, steht dem Vermieter grundsätzlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf den Untermietzins zu.
2. Ob ein diesbezüglicher Anspruch des Vermieters mietvertraglich vereinbart werden kann, bleibt offen. Eine diesbezügliche Regelung kann aber gegen § 307 und § 553 Abs. 3 BGB verstoßen.

IBRRS 2023, 0756

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.03.2023 - 2-13 S 89/21
1. Ein Beschluss über ein Verbot der Hundehaltung, der neben einer Ausnahme für in der Anlage vorhandene Tiere vorsieht, dass im Einzelfall die Gemeinschaft durch Beschluss die Hundehaltung gestatten kann, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.*)
2. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beschluss über das Hundehaltungsverbot bereits die Kriterien angeführt werden, unter denen in Zukunft im Einzelfall die Hundehaltung genehmigt wird.*)

Online seit 13. März
IBRRS 2022, 2795
AG Hannover, Urteil vom 10.06.2022 - 563 C 1669/22
Wird vereinbart, dass die Betriebskosten umgelegt werden, so gilt, dass alle Betriebskosten gemäß der Betriebskostenverordnung als umlagefähig vereinbart gelten.

Online seit 10. März
IBRRS 2023, 0652
AG Velbert, Urteil vom 19.01.2022 - 18a C 14/21
1. Der Veräußerer haftet bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird, für die Hausgeldzahlungen.
2. Erbringt der Erwerber die Hausgeldzahlung in der Kenntnis, hierzu nicht verpflichtet zu sein, kann er sie nicht mehr zurückfordern.

IBRRS 2023, 0505

AG Passau, Urteil vom 07.10.2022 - 23 C 612/22 WEG
1. Auch ein Eigentümer als Laie muss seine Anfechtungsklage gegen den Verband richten.
2. Für die Klagebegründung reicht eine sog. "Kerndarstellung" aus.
3. Die Klagebegründungsfrist ist wie die Anfechtungsfrist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und keine prozessuale Frist.
4. Ein Rechtsirrtum gibt auch bei einer nicht juristisch geschulten Partei grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund ab.

Online seit 9. März
IBRRS 2023, 0732
LG Berlin, Beschluss vom 14.02.2023 - 67 S 288/22
Eine Eigenbedarfskündigung, mit der die zukünftige Nutzung der Wohnung für mehrere nicht namentlich benannte Kinder des Vermieters geltend gemacht wird, ist wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB unwirksam.*)

IBRRS 2023, 0692

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.06.2022 - 980b C 30/21
Anhaltspunkte dafür, dass die Frist des § 45 WEG n.F. nicht mehr als materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu verstehen ist, sind nicht ersichtlich.

Online seit 8. März
IBRRS 2023, 0699
KG, Urteil vom 21.11.2022 - 8 U 129/21
Im Rahmen des Kündigungsfolgeschadens ist zu berücksichtigen, dass der Betrieb des Mieters - so es nicht zur außerordentlichen Kündigung gekommen wäre - während der nach der außerordentlichen Kündigung verbleibenden Vertragslaufzeit durch hoheitliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beschränkt worden wäre.*)

IBRRS 2023, 0640

AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 28.09.2022 - 539 C 30/19
Die Abrechnung von Sonderumlagen zur Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen darf nicht gesondert neben der in § 28 Abs. 3 WEG a.F. vorgesehenen Abrechnung nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgen.

Online seit 7. März
IBRRS 2023, 0319
LG Berlin, Urteil vom 13.09.2022 - 65 S 74/22
1. Mischmietverhältnisse sind in rechtlicher Hinsicht einheitlich zu beurteilen und zwingend entweder als "Wohnraummietverhältnis" oder als "Mietverhältnis über sonstige Räume" einzuordnen.
2. Für die rechtliche Einordnung entscheidend ist, welche Nutzungsart überwiegt.
3. Zwar kann eine Erweiterung der vertraglichen Nutzungsbefugnisse des Mieters - wie etwa eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung - einen Zuschlag zu der in einem Mietspiegel üblicherweise für die reine Wohnraumnutzung ausgewiesenen Nettokaltmiete im Einzelfall rechtfertigen. (Mindest-)Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die erlaubte Nutzung überhaupt über das hinausgeht, was nicht ohnehin schon unter den Begriff des "Wohnens" fällt und deshalb von vorneherein keiner Erlaubnis bedarf.
4. Berufliche Tätigkeiten, die der Mieter - etwa im häuslichen Arbeitszimmer - ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, fallen nach der Verkehrsanschauung unter den Begriff des "Wohnens".

IBRRS 2023, 0439

AG Buxtehude, Urteil vom 13.10.2022 - 31 C 389/21
1. Die Vertragsparteien können zwar neben einer Grundvergütung eine Vergütung für besondere Leistungen vereinbaren. Eine solche Aufspaltung erfordert allerdings eine klare Abgrenzung derjenigen gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten Aufgaben, die von der Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen, die gesondert zu vergüten sein sollen. Es muss also eindeutig bestimmt sein, welche vertraglich versprochenen Leistungen bereits mit dem pauschalen (Grund-) Vergütungsanteil abgegolten sein sollen.
2. Die Klausel in einem Verwaltervertrag, dass in den Honorarsätzen sämtliche Kosten für die kaufmännische und technische Verwaltung der Wohneigentumsanlage enthalten seien, lässt sich nur als Pauschalierung des Honorars verstehen.
3. Die weitere Formulierung, dass weitere Kosten nur für Sonderleistungen bei Bearbeitung von Angelegenheiten, die jedem Wohnungseigentümer obliegen, entstehen würden, ist unwirksam, da sie die Art der anfallenden Sondervergütungen nicht hinreichend erkennen lässt. Zudem lässt die Formulierung auch die Höhe der anfallenden Sondervergütungen nicht erkennen.
4. Es erscheint sachgerecht, dem Verwalter das Risiko einer Rückforderung jeweils in den Jahren zuzuweisen, in dem keine Entlastung erteilt wurde.

IBRRS 2023, 0693

AG Erfurt, Urteil vom 06.07.2022 - 5 C 807/21
Die Frage, ob ein Deliktsgrund durch Anerkenntnisurteil bindend festgestellt werden kann, wird uneinheitlich beurteilt. Vom Ausgangspunkt her besteht Einigkeit, dass eine solche Bindungswirkung nicht gegeben ist und eine nochmalige Klage erforderlich ist, soweit über die deliktische Forderung lediglich ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist (vgl. hierzu insbes. BGH NJW 2006, S. 2922).

Online seit 6. März
IBRRS 2023, 0184
LG München I, Beschluss vom 07.06.2022 - 14 S 2185/22
1. Der Hinweis, das mehr als 90% der Bewohner mit der Videoüberwachung einverstanden seien, macht das fehlende Einverständnis des Mieters nicht unbeachtlich.
2. Verstöße gegen die Hausordnung in Form der Unterlassung oder nicht ordnungsgemäßen Durchführung der Mülltrennung rechtfertigen keine Installation von Überwachungskameras.
3. Die Anbringung von Kameras kann präventive Wirkung in Bezug auf die Begehung von Straftatbeständen wie z. B. Hausfriedensbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung haben und damit gerechtfertigt sein (hier verneint).

IBRRS 2023, 0388

AG Arnstadt, Beschluss vom 05.12.2022 - 11 C 125/22
1. Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, die unter Verletzung der Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung über die Einladungsfrist und den Inhalt der Einladung einberufen wurde, sind unwirksam.
2. Dies gilt auch für Beschlüsse, deren Inhalt so unbestimmt ist, dass eine ausführbare Regelung nicht erkennbar ist.

Online seit 3. März
IBRRS 2023, 0672
AG Dülmen, Urteil vom 15.03.2022 - 3 C 178/21
Grundsätzlich hat der Anspruchsteller, der einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung geltend macht, die Tatsachen, welche die Pflichtverletzung begründen, als Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs darlegen und im Bestreitensfall beweisen. Dies gilt auch für die Behauptung, der Eigenbedarf sei nur vorgeschoben gewesen.

IBRRS 2023, 0649

AG Brühl, Urteil vom 20.10.2022 - 29 C 5/22
1. Vollmachtsformulare des Verwalters müssen nur die Stimmrechtsweisung mit Ja, Nein oder Enthaltung vorsehen. Auf einen Beschlussantrag kann nicht anders reagiert werden.
2. Nach einer eigenmächtigen erheblichen Vergrößerung der Terrassenfläche durch den Wohnungseigentümer entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, den Störer zum Rückbau aufzufordern und den Verwalter zu ermächtigen, im Namen der Gemeinschaft im Weigerungsfall einen Anwalt mit der außergerichtlichen und später gerichtlichen Durchsetzung zu mandatieren. Über das Bestehen des Rückbauanspruchs wird erst im späteren Gerichtsverfahren entschieden, nicht im Anfechtungsprozess gegen den Ermächtigungsbeschluss.
3. Eine angemessene bauliche Veränderung liegt auch bei einem gehbehinderten Eigentümer nicht vor, wenn die Terrasse auf ganzer Breite erheblich vergrößert wird und nicht nur im Bereich des Fluchtwegs Richtung Gartenpforte.
IBRRS 2023, 0675

BGH, Urteil vom 27.01.2023 - V ZR 261/21
1. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstück, kann zwischen den Eigentümern des dienenden und des herrschenden Grundstücks mit dinglicher Wirkung vereinbart werden, dass die Pflicht zur Unterhaltung der Anlage zwischen ihnen aufgeteilt wird.*)
2. Möglich ist auch eine Vereinbarung, die sich auf die - anteilige - Verpflichtung zur Übernahme der zur Unterhaltung der Anlage erforderlichen Kosten beschränkt, ohne eine Pflicht zur tatsächlichen Unterhaltung zu begründen.*)
3. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen (hier: Tiefgarage), können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes Grundstück. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten der Anlage unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen.*)
4. Auch wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zur (anteiligen) Unterhaltung der Anlage bzw. zur anteiligen Kostentragung verpflichtet ist, genügt für die dingliche Wirksamkeit der Vereinbarung die Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks. Einer zusätzlichen Eintragung auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks bedarf es nicht.*)

Online seit 2. März
IBRRS 2023, 0646
AG Paderborn, Urteil vom 30.09.2022 - 51 C 90/21
1. Ohne Beschaffenheitsangaben oder Zusicherungen im Mietvertrag ist eine Altbauwohnung im EG (hier: von 1926) nicht mangelhaft i.S.d. § 536 BGB, wenn die Wände im Sockelbereich und zum Teil bis zur Höhe von ca. 1 m feucht sind, sich jedoch kein Schwarzschimmel bildet, sondern nur Salzausblühungen auftreten.
2. Der Vermieter kann das Entfernen von Waschmaschine und Trockner aus der Mietwohnung nicht verlangen; allenfalls kann er eine fachgerechte Installation fordern.

IBRRS 2023, 0641

AG Hannover, Urteil vom 20.09.2022 - 482 C 5657/21
1. Nach dem neuen § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG besteht die umfassende Beschlusskompetenz, den gesetzlichen oder einen vereinbarten Umlageschlüssel zwar nicht generell, aber für die meisten Kosten und Kostenarten zu ändern. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 3 und 4 WEG a.F. betrifft die neue gesetzliche Öffnungsklausel des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F. auch Erhaltungskosten, allein mit Ausnahme der Kosten baulicher Veränderungen nach § 20 WEG. Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss (nur) den (Teil-)Eigentümern der Doppelparker unter Befreiung der übrigen (Wohnungs-)Eigentümer die gesamten Erhaltungskosten aufbürden.*)
2. Ein Beschluss lautend "Die Arbeiten werden erst ausgeführt, wenn die zwei Vergleichsangebote mit dem Beirat abgestimmt wurden. Das wirtschaftlichste Angebot soll beauftragt werden" ist zu unbestimmt.*)

IBRRS 2023, 0623

OLG Frankfurt, Urteil vom 20.01.2023 - 19 U 120/22
1. Es ist mit rechtsstaatlichen Geboten unvereinbar, wenn derjenige, der im guten Glauben eine Strafanzeige erstattet, Nachteile (z. B. in Form von Schadensersatzforderungen) dadurch erleidet, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweist.
2. Auch Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in einem Ermittlungsverfahren gehören insoweit grundsätzlich zu den typischen, ersatzlos hinzunehmenden Folgen einer formal berechtigten Einleitung und Durchführung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.
3. Dem Verhalten eines Interessenten kommt immer dann bei der Prüfung des Zustandekommens eines Maklervertrags ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert im Sinne eines Vertragsangebots oder einer Vertragsannahme zu, wenn er aufgrund eindeutiger Hinweise von einer Entgeltpflicht der für ihn erbrachten Leistung ausgehen muss, was insbesondere dann gilt, wenn er weitere Maklerleistungen nachfragt oder deutlich erkennbar gegen Entgelt angebotene Dienste in Anspruch nimmt.
4. Aus der Tatsache, dass eine Partei sich die Mitwirkung des Maklers lediglich gefallen lässt, folgt noch nicht notwendigerweise, dass sie mit dem Makler in Vertragsbeziehungen treten will. Es ist Sache des Maklers, in dieser Hinsicht für klare Verhältnisse zu sorgen.
5. Wenn den Umständen nach mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass der Kaufinteressent ihn für den Makler des Verkäufers halten könnte, muss der Makler eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er auch Makler des Käufers sein will. Das geeignete Mittel hierzu ist ein ausdrückliches Provisionsverlangen.
6. An ein nachträgliches Provisionsversprechen sind strenge Anforderungen zu stellen, da sich der Maklerkunde damit trotz bereits erbrachter Maklerleistung zur Provisionszahlung verpflichtet.
7. Wenn ein Maklerkunde bereits Vorkenntnis von dem Objekt hat, steht dies dem Entstehen eines Provisionsanspruchs entgegen, da der Kaufvertrag in diesem Fall nicht "infolge" der Nachweistätigkeit des Maklers zu Stande gekommen ist.
8. Eine sog. Vorkenntnisklausel ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig.
9. Ein Makler kann zwar auch trotz Vorkenntnis seines Kunden die Maklerprovision verdienen, wenn der Makler zusätzliche Informationen geliefert hat, die eine für den Erwerb wesentliche Maklerleistung darstellen. Um eine wesentliche Maklerleistung annehmen zu können, ist erforderlich (und ausreichend), dass der Kunde durch den Nachweis des Maklers den konkreten Anstoß bekommen hat, sich um das ihm bereits bekannte Objekt zu kümmern.
10. Soweit in der Durchführung eines Besichtigungstermins eine solche weitere, wesentliche Maklerleistung liegen kann, setzt dies voraus, dass das Objekt den Interessenten noch nicht bekannt gewesen ist, denn nur in diesem Fall wäre - wenn überhaupt - davon auszugehen, dass die durch die Besichtigung vermittelten Erkenntnisse über die Immobilie den Erwerb angestoßen haben.

IBRRS 2023, 0387

LG München I, Beschluss vom 11.05.2022 - 16 T 1095/22
Ein offensichtlicher Fehler des Rechtspflegers liegt nicht vor, wenn er im Versteigerungsverfahren auf die Grundbucheintragung hinweist, aber nicht darauf, dass ein im Versteigerungsgutachten erwähntes Nutzungsrecht an einem Stellplatz von der WEG bestritten wird.

Online seit 1. März
IBRRS 2023, 0645
AG Wedding, Beschluss vom 04.08.2022 - 19b C 98/20
1. Zahlt ein Räumungsschuldner während der laufenden Räumungsfrist die Nutzungsentschädigung anfangs teilweise, später gar nicht, so ist eine Verkürzung der Räumungsfrist auch bei einem angespannten Wohnungsmarkt (Berlin) geboten.
2. Eine nach Beendigung des Mietverhältnisses eingetretene Verschlechterung der Mietsache reduziert nicht die geschuldete Nutzungsentschädigung.

IBRRS 2023, 0642

LG Berlin, Urteil vom 07.02.2023 - 55 S 56/22 WEG
1. Bei Vereinbarung eines Objektstimmrechts führt die Unterteilung einer Wohnungseigentumseinheit grundsätzlich nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte.*)
2. Ist ein zum Ausbau berechtigter Wohnungseigentümer nach der Teilungserklärung aber berechtigt, die Einheiten im Dachgeschoss zu Wohnzwecken auszubauen, und ist er gleichzeitig zur "Begründung von neuem Wohnungseigentum" bzw. dazu ermächtigt, "beliebig viele Wohnungseigentumsrechte zu begründen", so ist die entsprechende Regelung dahingehend auszulegen, dass den neu geschaffenen, zusätzlichen Einheiten im Falle der Vereinbarung eines Objektstimmrechts jeweils ein volles Stimmrecht zukommen soll (Abgrenzung BGH, Beschluss vom 07.10.2004 - V ZB 22/04, IMRRS 2004, 2100 = BGHZ 160, 354).*)

IBRRS 2023, 0377

OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.11.2022 - 14 U 274/21
1. Ein von einem Erblasser zu Lebzeiten unentgeltlich gewährter Nießbrauch an einem Hausgrundstück zu Gunsten seiner Lebensgefährtin stellt sich nicht als beeinträchtigend i.S.d. § 2287 Abs. 1 BGB analog dar, wenn der Erblasser im erheblichen Eigeninteresse gehandelt hat, da er sich hierdurch (auch) der Unterstützung seiner Lebensgefährtin in alten und kranken Tagen versichern wollte, und der Nießbrauch sich nicht nur als bloße Versorgungsleistung zu Gunsten seiner Lebensgefährtin darstellt (Abgrenzung zu OLG Celle, BeckRS 2006, 9162, Rz. 3).*)
2. Die Erwartung einer gegenseitigen Unterstützung in alten, kranken und gebrechlichen Tagen beschränkt sich nicht nur auf Pflegeleistungen, sondern umfasst auch im Rahmen einer Lebensgemeinschaft übliche, alltägliche Unterstützungsleistungen außerhalb des pflegerischen Bereiches.*)

Online seit 28. Februar
IBRRS 2023, 0511
AG München, Urteil vom 20.01.2022 - 419 C 13845/21
1. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht kann allenfalls gerechtfertigt sein, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwer wiegenden Beeinträchtigungen erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung nicht anderweitig zu verhindern ist.
2. Derartig schwer wiegende Beeinträchtigungen stellen Angriffe auf Personen oder ihre unmittelbare Wohnsphäre dar, denen nicht in anderer Weise zumutbar begegnet werden könnte.
3. Derartige schwer wiegende Beeinträchtigungen sind nicht schon dann anzunehmen, wenn es bei der Mülltrennung bzw. Müllentsorgung durch die Mieter zu Verstößen gegen die Hausordnung kommt, ebenso wenig bei Geruchsbelästigungen oder Ungezieferbefall in den Müllräumen.
4. Diebstähle, Sachbeschädigungen und Hausfriedensbruch können derartige schwer wiegende Beeinträchtigungen darstellen (hier verneint).

IBRRS 2023, 0502

AG Potsdam, Urteil vom 20.10.2022 - 31 C 43/22
1. Im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 16 Abs. 2 WEG müssen Wohnungseigentümer bei einer Beschlussfassung über einen veränderten Kostenverteilungsschlüssel zu Sanierungskosten insbesondere berücksichtigen, welche Kosten bis zur Beschlussfassung, mindestens aber bis zur Gesetzesänderung, für welchen Wohnungseigentümer angefallen wären.
2. Sofern eine beabsichtigte Neuregelung der Kostenverteilung massiv hiervon abweicht, ist zu prüfen, ob es sachliche Gründe für diese Regelung gibt, dennoch den Kostenschlüssel, wie beabsichtigt, zu ändern.

Online seit 27. Februar
IBRRS 2023, 0596
AG Hamburg-St.Georg, Beschluss vom 26.08.2022 - 980b C 19/22 WEG
1. Zwar kann jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Durchführung bzw. Vollzug eines Beschlusses zustehen, dieser ist aber seit dem 01.12.2020 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband und Träger der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (s. § 18 WEG) zu richten, nicht (mehr) gegen deren Verwalter.*)
2. Die - recht strengen - Anforderungen an eine Leistungsverfügung sind nicht erfüllt, wenn der Antragsteller ein eigenes Interesse an der Umsetzung des in Rede stehenden Beschlusses hat, welches sich nur daraus ergibt, dass seine Mieterin durch die Anschaffung von Elektrofahrzeugen und der fehlenden Lademöglichkeit vor Ort wirtschaftliche Nachteile zu fürchten habe. Diese bloß mittelbare Betroffenheit des Antragstellers reicht nicht aus.*)

IBRRS 2023, 0595

AG Bonn, Urteil vom 09.09.2022 - 210 C 52/21
Wenn die gefassten Beschlüsse nach Auffassung eines Eigentümers unzureichend umgesetzt worden sind, so begründet dies ein Verschulden des Verwalters, nicht des Verbandes oder der Miteigentümer.

Online seit 24. Februar
IBRRS 2023, 0603
AG Hamburg, Urteil vom 13.01.2023 - 49 C 277/22
1. Für Wohnraummietstreitigkeiten ist das Amtsgericht sachlich zuständig.
2. Ein Wohnraummietverhältnis liegt dann vor, wenn die Räume nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsschließenden zur zumindest überwiegenden Wohnnutzung vermietet sind und sich eine überwiegende gewerbliche Nutzung nicht feststellen lässt.
3. Erfolgt die Anmietung letztlich aufgrund familiärer Verbundenheit zwischen dem Mieter und dem tatsächlichen Nutzer, ist der Mieter nicht "Dritter" im Sinne einer gewerblichen Weitervermietung nach § 565 BGB.
4. Endrenovierungsklauseln sind auch in Gewerberaummietverhältnissen unwirksam. Sie verpflichten den Mieter zur Endrenovierung, unabhängig davon, ob er erst kurz vorher renoviert hat.

IBRRS 2023, 0600

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.12.2021 - 2-13 S 135/20
Eine Solaranlage auf dem Garagendach („Balkonkraftwerk“) stellt jedenfalls dann keine optische Beeinträchtigung dar, wenn bereits die zur Garage zeigende Dachseite des Hauses mit Solarplatten bestückt ist.*)

IBRRS 2023, 0610

BFH, Urteil vom 26.10.2022 - VI R 25/20
Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbstgenutzten Einfamilienhaus gehörenden Gartens sind keine außergewöhnlichen Belastungen.*)
