Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 28. Mai
IBRRS 2025, 1366
BGH, Urteil vom 23.04.2025 - AnwZ (Brfg) 41/24
1. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt setzt ein Arbeitsverhältnis gem. § 46 Abs. 2 BRAO voraus, das bei einem GmbH-Geschäftsführer nicht vorliegt.
2. Ein freies Dienstverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46 Abs. 2 BRAO.
3. Die gesetzliche Definition des Arbeitsverhältnisses gemäß § 611a BGB schließt ein Geschäftsführerdienstverhältnis aus, so dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht möglich ist.

IBRRS 2025, 1395

BGH, Beschluss vom 06.05.2025 - X ZB 20/22
1. Eine Rechtsbeschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist unzulässig, wenn sie weder gesetzlich vorgesehen noch vom Beschwerdegericht zugelassen ist.
2. Eine Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung über eine Anhörungsrüge ist nicht statthaft, da diese durch unanfechtbaren Beschluss ergeht.
3. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos ist.

IBRRS 2025, 1285

OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.04.2025 - 11 W 6/25 (Kart)
Auch wenn das Landgericht den Verfügungsantrag im einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen hat, unterliegt die Einlegung der sofortigen Beschwerde dem Anwaltszwang des § 78 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.*)

Online seit 27. Mai
IBRRS 2025, 1036
OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2024 - 6 U 2127/20
1. Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis erfordert, dass der Auftragnehmer die nachteiligen Folgen der mangelhaften Ausführung klar, fachlich zutreffend, vollständig und verständlich aufzeigt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird.
2. Eine Bedenkenhinweispflicht besteht nicht, wenn der Auftraggeber die entsprechende Kenntnis bereits hat. Dabei muss er sich die Kenntnis eines umfassend rechtsgeschäftlich bevollmächtigten Vertreters (hier: Baubetreuer) zurechnen lassen.

IBRRS 2025, 1387

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2024 - L 9 BA 1815/21
1. Eine abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
2. Die Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
3. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
4. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.
5. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist.

IBRRS 2025, 1385

VG Schwerin, Urteil vom 10.04.2025 - 3 A 1671/20
1. Einzelfall von Verstößen gegen Auflagen der Ausschreibung eines öffentlich-rechtlichen Trägers; hier insbesondere gegen Auflagen nicht produktbezogen auszuschreiben.*)
2. Das Entschließungsermessen im Rahmen des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG-MV ist aufgrund des Unionsrechts (hier aufgrund des Art. 35 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 640/2014) intendiert.*)
3. Das Auswahlermessen der Behörde wird durch die COCOF-Leitlinien der EU-Kommission intendiert.*)

IBRRS 2025, 1357

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2025 - 10 S 34.24
1. Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung erweist sich ein bestehendes Vorhaben nur dann als offensichtlich genehmigungsfähig erweist, wenn seine Übereinstimmung der Nutzung mit den Vorschriften des materiellen Baurechts sich derart aufdrängt, dass jegliche nähere Prüfung von vornherein entbehrlich erscheint (sog. offensichtliche Genehmigungsfähigkeit).
2. Eine Nutzungsuntersagung kann nur bei Vorliegen atypischer Fallgestaltungen bzw. Umstände unverhältnismäßig sein (hier verneint).

IBRRS 2025, 1382

AG Bottrop, Urteil vom 06.09.2024 - 20 C 7/23
1. Laufenten sind nicht zu den Haustieren des täglichen Lebens zu zählen. Die Exkremente der Enten können durchaus unangenehme Gerüche verursachen. Die bei Enten unverkennbaren Lautäußerungen wie Quaken und Schnattern können eine beeindruckende und dadurch störende Lautstärke erreichen. Dementsprechend entspricht ein Beschluss, der deren Haltung untersagt, ordnungsmäßiger Verwaltung.
2. Eine dingliche Wirkung einer Vereinbarung kann nur herbeigeführt werden, wenn die Vereinbarung als Inhalt des Sondereigentums ins Wohnungsgrundbuch eingetragen wird.

IBRRS 2025, 1383

AG Viersen, Urteil vom 06.08.2024 - 33 C 313/23
1. Die Gemeinschaft wird in dem Fall, in dem sie keinen Verwalter hat, durch die "Wohnungseigentümer gemeinschaftlich" vertreten. Sofern jedoch alle übrigen Wohnungseigentümer am Gerichtsprozess auf der Gegenseite Partei sind, wird die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den verbleibenden Wohnungseigentümer vertreten.
2. Zwar kann der einzelne Wohnungseigentümer bei Fehlen eines Verwalters grundsätzlich eine gerichtliche Entscheidung beantragen, durch die die WEG zur Einberufung einer Versammlung verpflichtet wird.
3. Allerdings ist der Anspruch auf Einberufung nur insoweit gegeben, wie für die Einberufung ein Anlass besteht. Erforderlich ist die Angabe eines oder mehrerer konkreter Tagesordnungspunkte.
4. Auch die Einberufung einer ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung setzt hinsichtlich der dortigen Beschlussfassung voraus, dass der Gegenstand der Beschlüsse bei der Einberufung bezeichnet ist.

IBRRS 2025, 1389

OLG Oldenburg, Urteil vom 07.11.2024 - 14 U 95/24
1. Die Nichtangabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung führt nicht zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist.
2. Eine Widerrufsbelehrung entspricht dann nicht den Anforderungen nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, wenn deren Inhalt oder Gestaltung die Gefahr begründet, dass der Verbraucher irregeführt und dass er von einem rechtzeitigen Widerruf abgehalten wird.
3. Ein objektivierter Maßstab ist anzulegen, um zu beurteilen, ob die Widerrufsbelehrung den Verbraucher irreführt und ihn von einem rechtzeitigen Widerruf abhält.
4. Die Nichtnennung der Telefonnummer beeinflusst den Verbraucher nicht nur nicht nachteilig, sondern lenkt ihn stattdessen - so ihn die Nichtnennung der Telefonnummer überhaupt beeinflusst - allenfalls dahin, sein Widerrufsrecht in einer Form auszuüben, die auch der Gesetz- bzw. Normgeber als für ihn ratsam einordnet; hiermit wird dem Verbraucherschutz weit mehr gedient, als würde die Beklagte ihre Kunden durch deutliche Angabe der Möglichkeit eines fernmündlichen Widerrufs auf einen unter Beweisgesichtspunkten unsicheren Pfad lenken.

IBRRS 2025, 1363

BGH, Beschluss vom 24.04.2025 - III ZB 81/24
1. Wird der Rechtsanwalt unvorhergesehen krank, muss er nur das unternehmen, was ihm zur Fristwahrung dann noch möglich und zumutbar ist.
2. Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten.
3. Der Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren.

IBRRS 2025, 1355

BGH, Beschluss vom 10.04.2025 - V ZR 130/24
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend.
2. Es ist der klagenden Partei verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf einen höheren Streitwert zu berufen, wenn sie nicht glaubhaft macht, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

IBRRS 2025, 1215

OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2024 - 11 W 9/24
Fiktive Sachverhalte können nicht Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein.*)

Online seit 26. Mai
IBRRS 2025, 1309
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2025 - 3 U 110/24
1. Eine unangemessene rechtliche Gestaltung i. S. des § 42 Abs. 2 Satz 1 AO kann nicht mit einer Verletzung steuerlicher Pflichten i. S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG gleichgestellt werden.*)
2. Dem Auftraggeber eines VOB/B-Vertrags kann ein Anspruch auf Ersatz von Fremdnachbesserungskosten auch ohne vorherige Auftragsentziehung zustehen, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert.
3. Eine geleistete Bauhandwerkersicherheit ist zurückzugeben, sobald der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann.

IBRRS 2025, 1356

VG München, Urteil vom 22.01.2025 - 9 K 23.284
1. Der mit den Bauvorlagen vorzulegende Auszug aus dem Katasterwerk ist unzureichend, wenn die Kennzeichnung des Baugrundstücks - durch graphische Kenntlichmachung der Grenzen - unterbleibt.
2. Die "duale Nutzung" eines einzelnen Bauvorhabens (hier für Wohnen und Fremdenverkehr) ist unzulässig.

IBRRS 2025, 1372

LG München I, Urteil vom 21.03.2024 - 36 S 3331/23 WEG
1. Ebenso wie die Wohnungseigentümergemeinschaft eine prozessuale Möglichkeit haben muss, den Verwalter an den Vorprozess zu binden, muss dieser in den Fällen des Vorliegens eines Interventionsinteresses (§ 66 Abs. 1 ZPO) dem Rechtsstreit beitreten können.*)
2. Aus der Einordnung als Sachbeschluss folgt, dass der Absenkungsbeschluss bei der Einberufung nach § 23 Abs. 2 WEG anzukündigen (vgl. Skauradszun/Harnack, ZMR 2023, 441 ff.) ist, dass er in die Beschluss-Sammlung nach § 24 Abs. 7 WEG aufzunehmen ist und dass er isoliert angefochten werden kann (vgl. BeckOGK/G. Hermann, 01.12.2023, WEG § 23 Rz. 124).*)
3. "Delegationsversuche" wie derjenige, dass eine Entscheidung nur "nach Rücksprache" "in Abstimmung mit" oder "im Benehmen mit" jemandem zu erfolgen hat, widersprechen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.*)
4. Die Vergabe eines Auftrags zur Durchführung von größeren Instandsetzungsarbeiten und Sanierungs- und/oder Modernisierungsmaßnahmen widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der Verwalter nicht mehrere Konkurrenzangebote eingeholt hat.*)

IBRRS 2025, 1351

AG Oberhausen, Urteil vom 19.02.2025 - 334 C 69/23
1. Durch das Anbringen einer Kamera bzw. Kameraattrappe wird in das Gemeinschaftseigentum unberechtigt eingegriffen und der optische Gesamteindruck der Gesamtwohnanlage nachteilig verändert.
2. Kann aufgrund der Art der Kamera und der Ausrichtung der Kamera nicht ausgeschlossen werden, dass über die Fläche des Sondernutzungsrechts auch die Gemeinschaftsfläche des Gemeinschaftseigentums überwacht wird, müssen die anderen Eigentümer diesen Überwachungsdruck nicht hinnehmen.
3. Hat bereits eine Eigentumsbeeinträchtigung stattgefunden, so ist die Wiederholungsgefahr zu vermuten.
4. Aus der bloßen Einräumung eines Sondernutzungsrechts folgt nicht ohne Weiteres die Berechtigung zu grundlegenden Umgestaltungen der jeweiligen Sondernutzungsfläche, die über die nach dem Inhalt des Sondernutzungsrechts übliche Nutzung hinausgeht und der Anlage ein anderes Gepräge gibt.
5. Das Verlegen neuer Versorgungsleitungen durch das Grundstück im Bereich des Sondernutzungsrechts und des Gemeinschaftseigentums stellt eine bauliche Veränderung dar, die durch die Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt werden muss.

IBRRS 2025, 1381

OLG Dresden, Beschluss vom 09.04.2025 - 4 U 1539/24
Die Rückforderung des Honorars nach einer (tier-)ärztlichen Behandlung ist nicht bereits aufgrund eines groben Behandlungsfehlers gerechtfertigt; erforderlich ist vielmehr, dass die Leistung aufgrund dieses Behandlungsfehlers für den Patienten/Tierhalter unbrauchbar ist.*)

IBRRS 2025, 1343

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.02.2025 - 3 U 58/24
1. Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung.
2. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses setzt voraus, dass die Beweiswirkung vollständig entkräftet und jede ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die in ihm enthaltenen Angaben richtig sein können.
3. Das Gericht kann den Rechtsanwalt um die Vorlage des betreffenden beA-Nachrichtenjournals bitten. Kommt der Rechtsanwalt dieser Bitte ohne hinreichend rechtfertigende Gründe nicht nach, kann das Gericht aus der Weigerung des Anwalts nachteilige Schlüsse ziehen.
4. Zweifel am wahrheitsgemäßen Inhalt eines Empfangsbekenntnisses können sich aus dem bisherigen (hier: sorgfaltswidrigen) Umgang des Rechtsanwalts mit Empfangsbekenntnissen ergeben.

IBRRS 2025, 1362

BGH, Beschluss vom 27.03.2025 - I ZB 40/24
a) Ein Richter, der in der Vorinstanz an einem ersten Versäumnisurteil mitgewirkt hat, das im die Instanz abschließenden und nunmehr angefochtenen streitigen Urteil ohne Mitwirkung des Richters aufrechterhalten worden ist, ist nicht nach § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen.*)
b) In einem solchen Fall kommt eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nur im Einzelfall in Betracht, wenn besondere Umstände darauf hindeuten, dass der Richter nicht bereit ist, seine frühere Beurteilung ergebnisoffen zu überprüfen.*)

Online seit 23. Mai
IBRRS 2025, 1172
KG, Urteil vom 23.04.2025 - 21 U 156/23
1. Sehen die allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauträgervertrags eine Vollmacht des Erwerbers an den Bauträger zur Änderung der Teilungserklärung vor, so ist diese nur wirksam, wenn sie die folgenden Beschränkungen einhält:
- Das Sondereigentum und etwaige Sondernutzungsrechte des Erwerbers müssen unangetastet bleiben.
- Das zur Benutzung des Sondereigentums erforderliche Gemeinschaftseigentum darf nicht mehr als unwesentlich beeinträchtigt werden.
- Dem Erwerber dürfen keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden.
- Die Zweckbestimmungen der Sondereigentumsrechte an dem Grundstück dürfen nicht mehr als unwesentlich geändert werden.*)
2. Darüber hinaus muss nicht geregelt werden, dass die Vollmacht nur aus "triftigem Grund" verwendet werden darf, geschweige denn, dass solche Gründe im Einzelnen aufgelistet werden müssten.*)
3. Verfügt ein Bauträger nicht über eine Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung, steht ihm aus dem Bauträgervertrag in Verbindung mit § 242 BGB gegen den Erwerber jedenfalls ein Anspruch auf Zustimmung zu derartigen Änderungen zu, solange sie die unter 1. aufgeführten Grenzen einhalten.*)
4. Im Einzelfall kann der Änderungsanspruch des Bauträgers über die unter 1. aufgeführten Grenzen hinausgehen.*)

IBRRS 2025, 1310

OLG Celle, Urteil vom 19.02.2025 - 14 U 150/24
1. Entsteht infolge einer mangelhaften Fahrzeugwartung (hier durch fehlerhaften Einbau eines Ölfilters) am Motor des Fahrzeugs ein schwerwiegender Schaden, hat der Eigentümer des Kfz (Auftraggeber) einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung gem. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB gegen den Werkunternehmer (hier die Kfz Werkstatt). Dieser Anspruch kommt in Betracht, wenn der Besteller aufgrund des Mangels einen sogenannten Mangelfolgeschaden an seinen sonstigen Rechtsgütern (Integritätsinteressen) erleidet (Anschluss an BGH, IBR 2019, 260).*)
2. Der verantwortliche Werkunternehmer ist in diesem Fall nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert, Werklohn für die Arbeiten zu verlangen, die durch den fehlerhaften Einbau des Ölfilters erst notwendig geworden und somit unnötig entstanden sind. Er würde dann etwas fordern, was er im Wege des Schadensersatzes umgehend erstatten müsste (Fortführung Senat, IBR 2022, 192).*)
3. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. § 636 BGB bedarf es in diesem Fall nicht. Denn eine hypothetisch gedachte Nacherfüllung ließe den Schaden nicht entfallen. Die Nacherfüllungspflicht erstreckt sich nur auf das ursprüngliche Interesse des Bestellers an einem mangelfreien Werk.*)

IBRRS 2025, 1360

VK Niedersachsen, Beschluss vom 28.11.2024 - VgK-26/2024
1. Der öffentliche Auftraggeber verstößt gegen das vergaberechtliche das Transparenzgebot, wenn er die Angebote in einer Weise wertete, die es nicht zulässt, die Erwägungen nachzuvollziehen. Er muss die Wertung so durchführen, dass sie den Bietern oder einer Nachprüfungsinstanz nachträglich in einer nachvollziehbaren Weise erläutert werden kann.
2. Die Vorgabe abstrakter Wertungskriterien ist zulässig, wenn die Anwendung der abstrakten Kriterien durch eine konkrete Dokumentation für Nachprüfungsinstanzen nachvollziehbar wird (BGH, IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121).
3. Zur Herstellung der Transparenz bedarf es bei abstrakten Wertungskriterien einer vertieften Dokumentation.

IBRRS 2025, 1158

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.04.2025 - 2 B 146/25
Ohne konkrete, aus der Planbegründung oder den sonstigen Plangegebenheiten ableitbaren Feststellungen dazu, dass der Plangeber mit einer Gestaltungsvorschrift (zur Hauptfirstrichtung) nicht lediglich gestalterische Ziele verfolgt hat, sondern (ausnahmsweise) zugleich und weitergehend auch individualisierbare Schutzbestimmungen im nachbarschaftlichen Verhältnis hat treffen wollen, ist für die die Annahme einer diesbezüglichen drittschützenden Wirkung kein Raum.

IBRRS 2025, 1364

AG Hamburg-Altona, Urteil vom 17.10.2024 - 303a C 1/24
Eine Beschlusskompetenz scheidet u.a. nicht deshalb aus, weil durch die beschlossene bauliche Veränderung eine Nutzung der Schwimm- und Saunaanlage faktisch für sämtliche Wohnungseigentümer nicht mehr möglich ist und somit gegen eine bestehende Nutzungsvereinbarung verstößt.*)

IBRRS 2025, 1330

OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.02.2025 - 15 Wx 2087/24
Nach dem liquidationslosen Erlöschen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach § 47 Abs. 2 GBO a.F. im Grundbuch eingetragen ist, kann ihr Gesamtrechtsnachfolger im Grundbuch eingetragen werden, auch ohne dass sie im Gesellschaftsregister und nach den seit 01.01.2024 gültigen Vorschriften im Grundbuch voreingetragen werden muss (Ausnahme von der doppelten Voreintragungspflicht).*)

IBRRS 2025, 1342

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2025 - 8 UF 125/24
1. Auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per elektronischem Rechtsverkehr ist eine Zeitreserve einzuplanen. Dies gilt besonders bei Benutzung einer unbekannten WLAN-Verbindung in einem Hotel.*)
2. Scheitert die Übermittlung per beA an einem unerwarteten Defekt, kann vom Rechtsanwalt zwar grundsätzlich nicht verlangt werden, innerhalb kürzester Zeit eine andere Zugangsart sicherzustellen (vgl. BGH, IBR 2021, 159). Im Einzelfall kann das Ausweichen auf eine andere Übermittlungsart (Ersatzeinreichung mittels Fax oder Computerfax) aber geboten sein, insbesondere dann, wenn der Zusatzaufwand geringfügig und zumutbar ist.*)

IBRRS 2025, 1346

BGH, Beschluss vom 27.03.2025 - I ZB 68/24
1. Es verletzt nicht die Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn das erstinstanzliche Gericht vor Erlass eines zweiten Versäumnisurteils aufgrund des Unterbleibens einer erneuten Schlüssigkeitsprüfung nicht eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV einholt oder den Rechtsstreit entsprechend § 148 Abs. 1 ZPO mit Blick auf ein laufendes Vorabentscheidungsverfahren aussetzt und das Berufungsgericht ein solches zweites Versäumnisurteil aufgrund des nach §§ 345, Abs. 2 Satz 1 ZPO auf das (Nicht-)Vorliegen einer schuldhaften Versäumung beschränkten Prüfungsumfangs nicht aufhebt.*)
2. Unter Berücksichtigung der bereits ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unterliegt es keinem Zweifel, dass der nach §§ 345, 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzte Prüfungsumfang gegenüber einem Gewerbetreibenden auch dann angewendet werden darf, wenn die Sachentscheidung, die dann nicht mehr zu überprüfen ist, gegen das Unionsrecht verstieße.*)

Online seit 22. Mai
IBRRS 2025, 0993
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2024 - 22 U 33/24
1. Kündigt der Unternehmer die Mängelbeseitigung binnen eines bestimmten Zeitraums (hier: binnen 10 Tagen) an und hält er diese Frist nicht ein, kann er sich nicht darauf berufen, die Frist sei aus objektiver Sicht zu kurz bemessen.
2. Der Ablauf der zur Nachbesserung gesetzten Frist führt zur Entstehung des Vorschussanspruchs, womit die Nachbesserungsbefugnis des Unternehmers endet. Der Besteller kann zwar nach fruchtlosem Fristablauf die Nachbesserung durch den Unternehmer zulassen, er muss es jedoch nicht.

IBRRS 2025, 1341

BayObLG, Beschluss vom 07.05.2025 - Verg 8/24
1. Auch wenn dem Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen insbesondere auch daraufhin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
2. Bei der Überprüfung der Auswahlentscheidung können alle Tatsachen berücksichtigt werden, die in der Vergabedokumentation enthalten sind und der Auswahlentscheidung der Vergabestelle zu Grunde liegen, auch soweit diese zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Zuschlagsprätendenten nicht offenbart werden dürfen.
3. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben.
4. Die Bewertung von Konzepten fällt in den Kernbereich der Tätigkeit der Vergabestelle, so dass es zur Rechtsverteidigung nicht ohne Weiteres eines anwaltlichen Beistands bedarf.

IBRRS 2025, 1324

VGH Bayern, Beschluss vom 23.04.2025 - 1 ZB 23.2316
1. Bei mehr als 20 im gleichen Interesse beteiligten Nachbarn kann die Zustellung nach § 66 Abs. 1 Satz 4 BayBO durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden.
2. Benachbart sind nicht nur die unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke, sondern alle Grundstücke, die in nachbarrechtlich relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegen. Soweit ein Grundstück belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann, ist eine potenzielle Betroffenheit ausreichend.
3. Bei der Bestimmung des Nachbarn sind auch die Wohnungseigentümer einzubeziehen.

IBRRS 2025, 1122

VG München, Beschluss vom 19.03.2025 - 1 SN 25.993
1. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist.
2. Eine Baugenehmigung ist auch dann im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot und damit in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt, wenn nicht erkennbar ist, ob die getroffenen Nebenbestimmungen bei Umsetzung bzw. Ausübung der genehmigten Nutzung geeignet sind, den schützenswerten Belangen des Nachbarn ausreichend Rechnung zu tragen, d.h. die Immissionen wirkungsvoll auf ein zumutbares Maß zu begrenzen.
3. Eine Baugenehmigung ist aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (hier bejaht).

IBRRS 2025, 1329

AG Köln, Urteil vom 18.07.2024 - 222 C 17/24
1. Die Nachhaltigkeit der Störung des Hausfriedens liegt erst dann vor, wenn sich diese über einen längeren Zeitraum hinweg hinzieht.
2. Voraussetzung ist demnach, dass der Mieter nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig ein Verhalten an den Tag legt, das die übrigen Nutzer des Hauses mehr als notwendig stört und dieses Verhalten trotz einer Abmahnung nicht ändert.
3. Ein Polizeieinsatz als solches reicht für sich genommen nicht aus, eine Störung des Hausfriedens anzunehmen.

IBRRS 2025, 1321

OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.02.2025 - 15 W 200/25
Die Verpflichtung, es zu unterlassen, das dienende Grundstück "kirchenunwürdig" zu nutzen, genügt als Inhalt einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auch dann nicht dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot, wenn der Begriff "kirchenunwürdige Nutzung" im Folgenden dahingehend präzisiert wird, dass darunter alle Nutzungen zu verstehen sind, die eine kirchenfeindliche Betätigung darstellen und gegen die katholische Kirche, ihre Glaubensbetätigung und ihr Wirken in der Gesellschaft gerichtet sind oder bestimmt bzw. geeignet sind, das Ansehen der Kirche sowie ihre Glaubens- und Sittenlehre zu bekämpfen oder öffentlich herabzusetzen.*)

IBRRS 2025, 1339

BGH, Beschluss vom 22.04.2025 - AnwZ (Brfg) 2/25
1. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
2. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist; zur Widerlegung der Vermutung muss er ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und darlegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind.
3. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls erfolgt allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, spätere Entwicklungen sind einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.

IBRRS 2025, 1195

BGH, Beschluss vom 08.04.2025 - II ZR 99/24
1. Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn seine Begründung zur Rechtfertigung des Gesuchs völlig ungeeignet ist.
2. Bei eindeutig unzulässigen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert und das Gericht entscheidet ohne Einholung einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter.
3. Die Herausgabe der Gerichtsakten an den ordnungsgemäß bevollmächtigten Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet.

Online seit 21. Mai
IBRRS 2025, 1242
OLG Naumburg, Urteil vom 10.03.2022 - 2 U 35/21
1. Haben im Rahmen eines Bauvorhabens zur Sanierung eines Einfamilienhauses mit Lage an einem bewaldeten Hang sowohl der Objektplaner als auch der Tragwerksplaner als auch der mit der Baugrunduntersuchung beauftragte Planer jeweils fahrlässig eine Pflichtverletzung begangen, welche mitursächlich für die Beschädigung des Objekts nach einem Hangabrutsch war, ist auch bei subjektiver Klagehäufung in jedem Vertrags- und Prozessrechtsverhältnis gesondert zu beurteilen, ob dem Bauherrn ein Mitverschulden Dritter zuzurechnen ist.
a) Im Verhältnis zwischen Bauherr und Objektplaner sind dem Bauherrn die Pflichtverletzungen des Statikers und des Baugrundgutachters nicht zuzurechnen, weil sie keine Erfüllungsgehilfen des Bauherrn gegenüber seinem Objektplaner sind.
b) Im Verhältnis zwischen Bauherr und Statiker bzw. Baugrundgutachter muss sich der Bauherr grundsätzlich ein Verschulden des Objektplaners zurechnen lassen, was durch die Bildung einer Haftungsquote zu berücksichtigen ist.*)
2. Im Rahmen der Schadensermittlung muss sich der Bauherr diejenigen Kosten der endgültigen Hangsicherung als Sowieso-Kosten anrechnen lassen, welche fiktiv bei rechtzeitiger und zutreffender Beratung über die Notwendigkeit einer dauerhaften Sicherung der oberen Hangböschung im Rahmen des Bauvorhabens angefallen wären.*)

IBRRS 2025, 1317

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 07.05.2025 - 1 Verg 1/25
1. Öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 1 GWB sind nur die Gebietskörperschaften und nicht die für sie handelnden Behörden.
2. Wissensvorsprünge, die ein Bieter aus einer früheren Kooperation mit dem öffentlichen Auftraggeber hat, begründen grundsätzlich keinen auszugleichenden Wettbewerbsvorteil.
3. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt in Betracht, wenn der Wissensvorsprung auf den öffentlichen Auftraggeber selbst zurückzuführen ist, weil er ausschreibungsrelevante Daten nur einzelnen Bietern zur Verfügung stellt.
4. Gleiches gilt, wenn ein Bieter solche Daten in einem anderen Projekt für den öffentlichen Auftraggeber erstellt hat und dieser sie im exklusiven Zugriffsbereich dieses Bieters belässt, obwohl er selbst bereits über die Daten verfügt oder sie zumindest von dem betroffenen Bieter herausverlangen kann.

IBRRS 2025, 1157

VG Köln, Beschluss vom 16.04.2025 - 23 L 605/25
Die Befürchtung des Nachbarn, dass vom Vorhabengrundstück Niederschlagswasser auf sein Grundstück fließen wird und das vorhandene Abwassernetz sowie die Drainage auf dem Vorhabengrundstück nicht ausreichend seien, begründet grundsätzlich keinen Verstoß gegen Rücksichtnahmegebot.

IBRRS 2025, 1336

VG Schleswig, Beschluss vom 28.04.2025 - 8 B 6/25
Wenn ein Grundstück am Steilhang ins Rutschen gerät, dürfen Bauwerke darauf abgerissen werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Anlage genehmigungsfähig ist oder Bestandsschutz genießt, denn schon durch die konkrete Absturzgefahr ist das Grundstück nicht mehr zum Bebauen geeignet

IBRRS 2025, 1318

OLG Frankfurt, Urteil vom 21.02.2025 - 2 U 63/24
1. Vermietet der Betreiber eines Hotels mehrfach Zimmer an die Stadt, die darin jugendliche Geflüchtete unterbringt, liegt keine unbefugte Gebrauchsüberlassung vor, da der Betreiber die Zimmer an Dritte überlässt, was für den Betrieb eines Hotels gerade "immanent" ist (entgegen OLG Celle, Urteil vom 17.04.2025 - 2 U 148/24, IMRRS 2025, 0632).
2. Es gibt keinen Anspruch des Eigentümers/Vermieters, dass eine Vermietung nur an einen bestimmten Personenkreis erfolgen darf, solange keine Beeinträchtigungen der Räumlichkeiten zu befürchten sind.
3. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Geflüchtete ein Zimmer "intensiver und nachlässiger" nutzen würden, als dies bei einer "normalen Vermietung" der Fall wäre.

IBRRS 2025, 1333

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.10.2024 - 2 U 112/22
1. Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 BGB - wie hier in Gestalt des Brandschadens -, schuldet der Vermieter grundsätzlich dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist. Dies gilt auch bei Überlassung von erst noch vom Mieter umzubauenden Räumlichkeiten in einer Gaststätte.*)
2. Der Vermieter ist jedoch zur Wiederherbeiführung des vertragsgemäßen Zustands der Mietsache nur insoweit verpflichtet, soweit diese nicht wirksam auf den Miete übertragen worden ist. Die formularvertragliche Übertragung ist zulässig, soweit nicht Instandhaltung und Instandsetzung von Dach- und Fach betroffen ist.*)
3. Die Minderungsbefugnis des Mieters ist für die Zeit, in der er die Mangelbeseitigung schuldhaft verhindert oder mutwillig erschwert, ausgeschlossen. Hierzu zählt auch, wenn er notwendige Vorarbeiten unterlässt oder dem Vermieter den Zugang zu dem seiner Instandhaltungspflicht obliegenden Bereich nicht gewährt (Fortführung von LG Karlsruhe, Urteil vom 06.03.2009 - 9 S 206/08, IMR 2009, 380; LG Hamburg, Urteil vom 31.01.2008 - 307 S 144/07, ZMR 2008, 456; LG Berlin, Urteil vom 21.02.2012 - 63 S 251/11, Grundeigentum 2012, 550 f.).*)
4. Ist der Ausbruch eines Brands dem Verantwortungs- und Gefahrenbereich des Mieters zuzurechnen, kann er sich nicht auf den Mangel und das Recht zur Minderung berufen, wenn der Vermieter beweist, dass die Ursache des Mangels nicht aus seinem Pflichten- und Verantwortungsbereich stammt, sondern aus dem Herrschafts- und Obhutsbereich des Mieters. Hat er diesen Beweis geführt, muss der Mieter nachweisen, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat. Dies gilt auch, wenn die Schadensursache letztlich ungeklärt bleibt, weil ein Planungs- oder Überwachungsverschulden für eine selbst verantwortete Elektroinstallation nicht nachgewiesen werden kann (Fortführung von: BGH, Urteil vom 01.03.2000 - XII ZR 272/97, Rz. 10, IMRRS 2000, 0417; BGH, Urteil vom 18.05.1994 - XII ZR 188/92, IMRRS 1994, 0003 = BGHZ 126, 124 ff.).*)

IBRRS 2025, 1315

BGH, Beschluss vom 09.04.2025 - XII ZB 163/24
Ein elektronisch beim unzuständigen Gericht eingegangener Schriftsatz wahrt die Rechtsmittelfrist auch dann, wenn dieser bei einer postalischen Übersendung an das zuständige Rechtsmittelgericht dort innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist eingeht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23.10.2024 - XII ZB 411/23, IBRRS 2024, 3416 = IMRRS 2024, 1450).*)

Online seit 20. Mai
IBRRS 2025, 1220
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.04.2025 - 11 U 262/20
1. Der Auftragnehmer muss auf dem Auftraggeber unbekannte Risiken der Vorgaben und Vorleistungen hinweisen, soweit sie geeignet sind, die eigene Leistung zu gefährden. Die Leistungspflicht des Auftragnehmers ist nicht auf rein handwerkliche Arbeiten beschränkt, sondern er muss auch "mitdenken".
2. Der Auftragnehmer wird von seiner Haftung für Mängel nur dann frei, wenn er den Auftraggeber rechtzeitig und ordnungsgemäß auf seine Bedenken hinweist.
3. Dem Auftraggeber ist ein Mitverschulden anzulasten, wenn er ihm bekannte konstruktionsbedingte Feuchtigkeitsschäden dem (hier: mit Malerarbeiten) beauftragten Auftragnehmer nicht mitteilt. Das gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer die Vorschäden im Rahmen seiner Prüf- und Bedenkenhinweispflichten hätte erkennen können.

IBRRS 2025, 1292

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.07.2024 - Verg 2/24
1. Hersteller- und Produktvorgaben sind nur dann durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt, wenn vom Auftraggeber nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
2. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Produktvorgabe kann anzunehmen sein bei zu erwartenden Kompatibilitätsproblemen, die die Funktionalität in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigen würden und einen unverhältnismäßigen Mehraufwand entstehen ließen (hier bejaht).
3. Es besteht keine Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Durchführung einer umfassenden Markterkundung.
4. Einer Fachlosvergabe und damit der Prüfung des Vorliegens eines (wirtschaftlichen oder technischen) Rechtfertigungsgrundes für eine Gesamtlosvergabe bedarf es nur, wenn es sich überhaupt um getrennte Märkte handelt.

IBRRS 2025, 1332

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.05.2025 - 10 A 1575/23
1. Technisch-rechnerisch ermittelte Immissionswerte sind für die Beurteilung, ob Lärmbelästigungen von Stellplätzen und Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen die Grenze des Zumutbaren überschreiten, nicht ausschlaggebend. Denn die Frage, wann die Benutzung von Garagen oder Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen.
2. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohn- und Aufenthaltsbereichen der betroffenen Nachbarn befindet.

IBRRS 2025, 1198

VG Würzburg, Urteil vom 27.02.2025 - 5 K 24.1108
1. Ein Nachbar kann sich im Plangebiet gegen die Zulässigkeit einer gebietswidrigen Nutzung wenden, auch wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Der Abwehranspruch wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst.
2. Die gesicherte Erschließung eines Bauvorhabens keine drittschützende Regelung. Allerdings kann in Fällen, in denen die Umsetzung der Baugenehmigung die unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme eines Nachbargrundstücks zur Folge hat, also "automatisch" zivilrechtlich den Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts am Grundstück des klagenden Nachbarn auslöst, ein nachbarschützender Abwehranspruch abgeleitet werden.
3. Ob der Plangeber eine Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung auch zum Schutze des Nachbarn trifft oder ausschließlich objektiv-rechtlich ausgestaltet, darf er regelmäßig selbst und ohne Bindung an das Eigentumsrecht des Nachbarn entscheiden. Nachbarschützende Wirkung entfaltet eine Festsetzung daher nur bei einem entsprechenden Willen des Plangebers (hier verneint für die Geschossflächenzahl).

IBRRS 2025, 1323

AG Friedberg, Urteil vom 20.11.2024 - 2 C 380/24
1. Für die Bestimmung der Minderungshöhe ist allein die objektive Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit maßgeblich.
2. Die fehlende Funktion der Rollläden in einer EG-Wohnung stellt insbesondere nachts ein Sicherheitsrisiko dar und begründet deshalb ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters an der vollen Miete (hier: bis zur Reparatur).
3. Ist nach einem Wasserschaden aufgrund von Schimmel und Feuchtigkeit der Großteil der Wohnung nicht nutzbar, ist eine Minderungsquote von 60% angemessen.

IBRRS 2025, 1228

LG Lübeck, Urteil vom 26.07.2024 - 5 O 26/23
Lädt ein E-Bike-Händler einen Akku über Nacht im eingebauten Zustand auf und explodiert der Akku dabei, so hat der Händler als Mieter dem Vermieter den hierdurch entstandenen Schaden nach § 7 StVG zu ersetzen.

IBRRS 2025, 1327

BGH, Beschluss vom 08.05.2025 - V ZB 44/24
Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht, wenn die Partei ausdrücklich und unmissverständlich erklärt, die Wiedereinsetzung werde nicht beantragt, und daran nach einem Hinweis des Gerichts festhält.*)
