Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2025, 2038
OLG Koblenz, Urteil vom 19.12.2024 - 2 U 1046/20
1. Hat der Auftragnehmer als Nebenleistung die Einholung eines "Bodengutachtens zur Feststellung der bodenmechanischen Kennwerte als Grundlage für die statische Berechnung" übernommen, haftet er für damit zusammenhängende Mängel und kann sich insoweit nicht auf ein vom Auftraggeber vertraglich übernommenes "Baugrundrisiko" berufen.
2. Veräußert der Auftraggeber das Bauwerk - ohne vorherige Beseitigung der Bauwerksmängel -, kann er vom Auftragnehmer Schadensersatz in Form des konkreten mangelbedingten Mindererlöses verlangen, der typischerweise anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der Sache ohne Mangel und dem gezahlten Kaufpreis ermittelt werden kann.

IBRRS 2025, 2144

VK Brandenburg, Beschluss vom 27.08.2024 - VK 12/24
Eine Nachbesserung bzw. ein Austausch von inhaltlich unzureichenden unternehmensbezogenen Unterlagen ist nicht möglich.

Online seit gestern
IBRRS 2025, 1998
OLG Naumburg, Urteil vom 07.06.2023 - 2 U 24/22
1. Wird der Auftragnehmer als Generalunternehmer mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Einkaufszentrums beauftragt und wird der in der Baugenehmigung geforderte Brandschutz sämtlicher Unterdecken nicht hinreichend durch entsprechende, zur Konstruktion des Dachstuhls passende Prüfzeugnisse dokumentiert, ist seine Leistung mangelhaft, weil durch die fehlende Dokumentation der Betrieb und die Nutzung des Einkaufszentrums gefährdet wird.
2. Ansprüche des Auftraggebers wegen eines Baumangels verjähren, sofern nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren ab der Abnahme. Etwas anderes gilt, wenn der Auftragnehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
3. Der Auftragnehmer verschweigt einen offenbarungspflichtigen Mangel arglistig, wenn ihm dieser bei der Abnahme bekannt ist und er ihn dennoch nicht offenbart. Dabei reicht es für die Kenntnis des Mangels aus, dass der Auftragnehmer die für den Mangel ursächliche, vertragswidrige Ausführung der Leistung erkannt hat und ihm bewusst ist, dass diese für die Entscheidung des Auftraggebers über die Abnahme erheblich ist.
4. Dieses Bewusstsein fehlt, wenn ein Mangel nicht als solcher wahrgenommen wird. Eine bloß fahrlässige Unkenntnis, selbst die grob fahrlässige Unkenntnis, reicht nicht aus.
5. Bei einem Mangel, der einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht grundsätzlich keine Offenbarungspflicht. Der Auftraggeber kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er einen solchen Mangel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann.
6. Der Auftragnehmer muss sich das arglistige Verschweigen eines von ihm beauftragten Nachunternehmers nicht zurechnen lassen. In Betracht kommt dann jedoch ein der Arglist gleichstehendes Organisationsverschulden des Auftragnehmers.
7. Für das Vorliegen eines arglistigen Verschweigens bzw. einer Verletzung der Organisationspflicht trägt der Auftraggeber die Beweislast.

Online seit 13. August
IBRRS 2025, 2110
OLG Brandenburg, Urteil vom 23.07.2025 - 4 U 92/24
1. Ein Werkvertrag über die Errichtung eines Pools kann als Bauvertrag i.S.v. § 650a Abs. 1 BGB einzustufen sein (hier bejaht).
2. Sind in einem Werk- oder Bauvertrag keine Fertigstellungsfristen vereinbart, tritt die Fälligkeit der Leistung nach Ablauf der nach den Umständen angemessenen Herstellungsdauer ein, wobei der Unternehmer im Zweifel alsbald mit seinen Arbeiten zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu beenden hat. Im Streitfall hat der Unternehmer einen späteren Fälligkeitstermin zu beweisen.
3. Die Setzung einer Frist zur Fertigstellung durch die Besteller ist für sich genommen nicht vertragswidrig, auch zwar dann nicht, wenn der Werkvertrag keine Fertigstellungsfristen enthält, und berechtigt den Unternehmer nicht zur Kündigung aus wichtigem Grund.
4. Auch der vom Besteller geäußerte Vorbehalt, Werklohn wegen "Verkürzung der Badesaison" in unbekannter Höhe einbehalten zu wollen, stellt keinen wichtigen Grund zur Kündigung dar.
5. Erklärt der Unternehmer, für den vertraglich vereinbarten Bau "nicht mehr zur Verfügung zu stehen", ist das als (unberechtigte) ernsthafte und nachhaltige Erfüllungsverweigerung anzusehen und rechtfertigt eine Kündigung des Bestellers aus wichtigem Grund, wenn - wie hier - dem Unternehmer kein Leistungsverweigerungsrecht zur Seite steht.
6. Nach einer vom Unternehmer zu vertretenden Kündigung hat der Besteller Anspruch auf Ersatz der Fertigstellungsmehrkosten. Der Anspruch besteht in Höhe der Differenz zwischen der mit dem Unternehmer vereinbarten Vergütung für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachte Leistung und der für diese Leistung erforderlichen tatsächlichen Kosten der Fertigstellung.
7. Wendet der Unternehmer ein, der Besteller hätte zu hohe Kosten verursacht, etwa indem er mit dem Drittunternehmer einen zu hohen Stundenlohn vereinbart hätte oder indem zu viele Stunden abgerechnet worden seien, handelt es sich um einen Mitverschuldenseinwand, für dessen Voraussetzungen der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt.
8. Der Besteller darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass der mit der Fertigstellung beauftragte Drittunternehmer die Fertigstellung zu angemessenen Preisen durchführt.

IBRRS 2025, 2124

BayObLG, Beschluss vom 26.06.2025 - Verg 4/25
Der Grundsatz der strikten Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien (vgl. EuGH, IBR 2009, 1394 - nur online) gehört zum allgemeinen Bieterwissen; ein tatsächlich erkennbarer Verstoß dagegen ist daher auch in rechtlicher Hinsicht im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder 3 GWB erkennbar.*)

Online seit 12. August
IBRRS 2025, 2108
KG, Urteil vom 18.07.2025 - 21 U 176/24
1. Grundlage des Mehrvergütungsanspruchs aus § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B sind die tatsächlichen Mehr- oder Minderkosten, die dem Unternehmer aufgrund der Leistungsänderung entstehen, zuzüglich eines angemessenen Zuschlags (vgl. KG, IBR 2018, 490, und IBR 2019, 599.*)
2. Als Zuschlagsfaktor können je nach Einzelfall unterschiedliche Werte innerhalb eines angemessenen Bereichs herangezogen werden. Angemessen ist insbesondere der Faktor, der sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten aus der vereinbarten Vergütung ergibt und den der Unternehmer bis auf Widerspruch oder Widerlegung unter Bezugnahme auf seine Kalkulation vortragen kann. Alternativ kommt die Bestimmung des Zuschlagsfaktors in freier Überzeugung durch das Gericht in Betracht, wobei jedenfalls Werte im Bereich von 1,05 oder 1,0526 (= 20/19) bis 1,2 als angemessen gelten können.*)
3. Die schlüssige Darlegung einer Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B erfordert grundsätzlich, dass der Unternehmer den Aufwand, der ihm durch eine geänderte oder zusätzliche Leistung entstanden ist, zumindest nach Kostenarten (Material, Geräte, Arbeit) aufschlüsselt.*)
4. Davon kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Herleitung der Mehrvergütung auch ohne eine solche Aufgliederung nachvollzogen werden kann, insbesondere weil es sich um eine übersichtliche und nicht komplexe Teilleistung mit aussagekräftiger Beschreibung handelt.*)
5. Die vom Besteller eines Bauvertrags vorformulierte Umlageklausel, mit der der Unternehmer durch einen prozentualen Abschlag von seiner Vergütung an den Kosten beteiligt werden soll, die dem Besteller durch die Versorgung der Baustelle mit verbrauchsabhängigen Medien (Strom, Wasser, Wärmte etc.) oder Sanitäranlagen (Sanitärcontainer, mobile Toiletten etc.) entstehen, ist keine kontrollfreie Entgeltabrede, sondern unterliegt als allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB.*)
6. Solche Klauseln benachteiligen den Unternehmer unangemessen gem. § 307 BGB und sind damit unwirksam, wenn sie eine pauschale Umlage für sämtliche verbrauchsabhängigen Medien (Wasser, Strom, Wärme etc.) sowie Sanitäranlagen vorsehen, die den Wert von 1 Prozent der Abrechnungssumme übersteigen.*)

IBRRS 2025, 2030

BayObLG, Beschluss vom 05.08.2025 - Verg 2/25
1. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der ihre Teilnahme beantragenden Unternehmen, bevor er sie zur Abgabe eines Angebots auffordert. Mit der positiven Eignungsprüfung wird - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet.
2. Aufträge dürfen nur an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben werden. Bei der Auswahl der Eignungskriterien, die in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbekundung aufzuführen sind, steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu.
3. Es dürfen nur solche Eignungskriterien gestellt werden, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Besonders hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bzw. die berufliche Erfahrung können unangemessen sein, wenn sie zu einer nicht mehr gerechtfertigten Wettbewerbsbeschränkung führen, etwa weil nur noch ein oder wenige Unternehmen diese Anforderungen erfüllen.
4. Welche Belege für den Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit verlangt werden können, ist in § 46 Abs. 3 VgV abschließend geregelt. Nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV ist der Auftraggeber berechtigt, "geeignete Referenzen" über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungsaufträge zu verlangen.
5. Eine Referenz ist vergleichbar, wenn die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet. Der Auftraggeber kann aber auch Mindestanforderungen festlegen und definieren, welche Art von Aufträgen er nach Leistungsinhalt und -umfang für "geeignet" hält.
6. Die Forderung nach "vergleichbaren Referenzaufträgen" bedeutet nicht, dass die erbrachte Leistung mit dem ausgeschriebenen Auftrag "identisch" oder "gleich" sein muss.
...

IBRRS 2025, 1813

AG Rheine, Urteil vom 12.06.2025 - 10 C 78/24
1. Eine Wohnung muss lediglich besenrein zurückgegeben werden. Im Normalfall genügt der Mieter daher seiner Rückgabepflicht, wenn er die Wohnung lediglich ausfegt.
2. Etwas anderes gilt aber, wenn ein Mieter über einen längeren Zeitraum die Wohnung nicht gereinigt hat. Besonderes Gewicht wird dabei auf die Reinigung der Küche sowie der Sanitärräume, wie Bad und WC, gelegt. Diese Räume müssen sich in einem - auch hygienisch - gebrauchsfähigen Zustand befinden.
3. Staub und Ablagerungen (z. B. Spinnengewebe) sind - auch auf der Oberseite von Schränken und in den Schränken - zu entfernen. Fenster müssen geputzt werden, wenn sie deutlich sichtbar verschmutzt und offensichtlich seit längerer Zeit nicht mehr gereinigt wurden.
4. Ein 10 cm lange Kratzer an der Duschtür ist als unsachgemäßer Gebrauch der Mietsache anzusehen.

IBRRS 2025, 2057

AG Neuss, Urteil vom 12.02.2025 - 82 C 2493/23
1. Bei Schäden eines Wohnungseigentümers wegen einer Pflichtverletzung des Verwalters kann der Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft Schadensersatz verlangen.
2. Eine Haftung des Verwalters kommt in Betracht für Fehler bei der Vorbereitung einer Beschlussfassung, z.B. in Form der Vorformulierung unzureichender Beschlussvorlagen.
3. Weist ein Eigentümer den Verwalter bereits vor der Eigentümerversammlung mehrfach darauf hin, dass bei ihm ein falscher, weil zu hoher Miteigentumsanteil zu Grunde gelegt wird, und ignoriert der Verwalter dies, macht er sich haftbar.
4. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auch auf die zur Geltendmachung einer Pflichtverletzung entstandenen Kosten und damit regelmäßig auch auf Rechtsanwaltskosten. Die Ersatzpflicht setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts aus der ex-ante Sicht erforderlich und zweckmäßig war.
5. Hat der Eigentümer auf den Fehler bereits mehrfach hingewiesen und ignoriert der Verwalter dies stets, kann der Eigentümer nicht darauf hoffen, dass sich das Verhalten des Verwalters durch Einschalten eines Rechtsanwalts ändern würde. Aus der ex-ante Sicht liegt es für den Eigentümer daher nahe, sich auf eine Anfechtung der nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Beschlüsse zu beschränken.

IBRRS 2025, 2060

OLG Nürnberg, Urteil vom 03.06.2025 - 6 U 519/24
1. Um im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs eine Bösgläubigkeit des Erwerbers anzunehmen, müssen diesem Umstände bekannt gewesen sein, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen, dass der Verkäufer nicht Eigentümer war. Für den Erwerber muss also auch bei nur durchschnittlichem Merk- und Erkenntnisvermögen ohne besonders hohe Aufmerksamkeit und besonders gründliche Überlegung zu erkennen gewesen sein, dass die Verkaufssache dem Verkäufer nicht gehörte (BGH, Urteil vom 05.07.1978 - VIII ZR 180/77, IBRRS 1978, 0125). Dabei ist anerkannt, dass eine allgemeine Nachforschungspflicht bei Dritten als Voraussetzung für einen gutgläubigen Eigentumserwerb nicht besteht (BGH, Urteil vom 05.02.1975 - VIII ZR 151/73, IBRRS 1975, 0302). Eine solche Erkundigungspflicht obliegt dem Erwerber aber dann, wenn die Umstände den Verdacht nahelegen, dass der Verkäufer veräußert, obwohl er (noch) kein Eigentum an der Sache erworben hat (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1972 - VIII ZR 66/71, IBRRS 1972, 0104). In einem solchen Fall genügt der Erwerber seiner Nachforschungsobliegenheit nicht bereits dadurch, dass er sich von dem Veräußerer bestätigen lässt, dass dieser Eigentümer der Sache oder zumindest verfügungsbefugt ist (vgl. BGH, Urteile vom 04.10.1972 und 05.07.1978, jeweils a.a.O.). Denn es besteht ersichtlich keine hinreichende Gewähr dafür, dass ein Verkäufer, der in Kenntnis der Umstände eine ihm nicht gehörende Sache zum Verkauf anbietet, auf ausdrückliche Nachfrage wahrheitsgemäß erklären wird, nicht Eigentümer oder Verfügungsbefugter und deshalb zu einer Eigentumsübertragung nicht in der Lage zu sein.*)
2. Ob die Umstände der Veräußerung den Verdacht nahe legen, dass der Veräußerer weder Eigentümer noch verfügungsbefugt ist, bedarf einer Gesamtwürdigung. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, wie es zu der Veräußerung gekommen ist, wie die dabei beteiligten Personen sich verhalten haben, der Zustand des Kaufgegenstands, der ausgehandelte Preis, der Zeitpunkt des Verkaufs - zum Beispiel in der Hochsaison - und die Motivierung des Verkaufs (BGH, Urteil vom 04.10.1972, a.a.O.); auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten oder die verkehrsübliche Möglichkeit des Bestehens von Dritteigentum sind zu berücksichtigen. Dabei ist anerkannt, dass beim Erwerb hochwertiger Investitions- oder Konsumgüter vom Händler oder Endabnehmer mit dem üblicherweise vereinbarten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten bzw. mit einer Sicherungsübereignung zu rechnen ist, wenn der Erwerb innerhalb der üblichen Finanzierungsdauer erfolgt (Grüneberg/Bassenge, BGB, 82. Aufl., § 932 Rn. 12; MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl., § 932 Rn. 58; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.1998 - 11 U 36/98, IBRRS 1998, 0826; OLG Koblenz, Urteil vom 09.04.2010 - 8 U 1007/09, IBRRS 2017, 0293.*)
3. Beim Sorgfaltsmaßstab ist dann aber auch die besondere berufliche Stellung des Erwerbers zu berücksichtigen. Etwaiges Sonder- oder Spezialwissen des Erwerbers muss bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs mit beachtet werden (MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl., § 932 Rn. 54 "Sonderhorizont des Erwerbers").*)
4. Ein Baumaschinenhändler muss beim Erwerb eines Baufahrzeugs wissen, dass dieses branchenüblich fremdfinanziert wird (OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2016 - 6 U 113/16, IBRRS 2017, 0293). Gerade bei "jüngeren" Baumaschinen muss ein Baumaschinenhändler damit rechnen, dass solche Geräte fremdfinanziert und damit nicht im Eigentum des Veräußerers stehen. Gerade der Umstand, dass solche Maschinen typischerweise unter Eigentumsvorbehalt geliefert bzw. gekauft werden, kann je nach Einzelfall eine Nachfrageobliegenheit begründen, wobei dieser Umstand aber nicht allein maßgeblich sein kann, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 04.10.1972 - VIII ZR 66/71, IBRRS 1972, 0104).*)

Online seit 11. August
IBRRS 2025, 1997
OLG Rostock, Urteil vom 08.09.2023 - 5 U 266/20
1. Ein Heizungs- und Sanitärunternehmer hat dafür Sorge zu tragen hat, dass Flüssiggasanlagen für Brennzwecke, soweit sie aus Druckgasbehältern versorgt werden, nur in Räumen aufgestellt werden, die so be- und entlüftet sind, dass in der Raumluft keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre, kein gesundheitsgefährdendes Abgas/Luftgemisch und kein Sauerstoffmangel auftreten können.
2. Wird ein Heizungs- und Sanitärunternehmer mit der Reparatur einer Heizungsanlage beauftragt, die in einem nicht ordnungsgemäß be- und entlüfteten Keller installiert wurde und die deshalb nicht betrieben werden darf, muss er den Besteller auf diesen Umstand hinweisen.
3. Unterlässt es der Heizungs- und Sanitärunternehmer, den Besteller auf die erheblichen Mängel der Heizungsanlage hinzuweisen und kommt es durch die Ausführung der Reparaturarbeiten zu einer Verpuffung, haftet der Unternehmer dem Besteller auf Ersatz der durch die Verpuffung entstandenen Schäden.
4. Der Besteller muss sich das Verschulden des mit der Errichtung der Heizungsanlage beauftragten Fachunternehmens nicht als Mitverschulden anrechnen lassen.

IBRRS 2025, 1986

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980b C 3/25 WEG
1. Es ist anerkannt, dass eine von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG abweichende Kostenverteilung in den Einzelabrechnungen auf Grundlage von § 28 Abs. 2 WEG gerechtfertigt ist (sofern ein Ersatzanspruch gegen einen Wohnungseigentümer in Rede steht), wenn der Anspruch tituliert ist oder "sonst feststeht", etwa weil er von dem betreffenden Wohnungseigentümer anerkannt worden ist.
2. Beschließen die Eigentümer einen Vornahmebeschluss, ist damit inzident auch der entsprechende Grundlagenbeschluss beschlossen.
3. Im Rahmen der Delegation nach § 27 Abs. 2 WEG kann die Verwaltung auch generell ermächtigt werden, im Rahmen einer anwaltlichen Beauftragung mit einem noch nicht namentlich benannten Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen.
4. Die Eigentümer sind bei dem Abschluss einer solchen Vereinbarung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung und ihrer ermessensgeleiteten Mehrheitsmacht weitgehend frei, darüber zu entscheiden, ob sie eine Vergütungsvereinbarung zur Grundlage einer anwaltlichen Beauftragung machen wollen oder - mit dem Ergebnis, dass sich die Honorarhöhe dann nach dem RVG bzw. den gesetzlichen Gebühren richtet - nicht.
5. Eine Ermächtigung der Verwaltung, einen Stundenlohn zwischen 150 und 300 Euro zu vereinbaren, widerspricht - zumindest in Hamburg - nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

Online seit 8. August
IBRRS 2025, 2016
LG Köln, Urteil vom 25.04.2024 - 29 S 121/21
1. Ein Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands kann nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.
2. So kann es etwa liegen, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind.

Online seit 7. August
IBRRS 2025, 2062
BGH, Urteil vom 18.07.2025 - V ZR 29/24
1. Wird ein Wohnungseigentümer gem. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung einer baulichen Veränderung in Anspruch genommen, findet das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung Anwendung, wenn die bauliche Veränderung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.*)
2. Beurteilt sich die bauliche Veränderung nach dem bis zum 30.11.2020 geltenden Recht, kann der Störer dem Beseitigungsverlangen nach § 242 BGB einen nach Maßgabe von § 22 Abs. 1 WEG a.F. gegebenen Gestattungsanspruch entgegenhalten.*)
3. Eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums setzt nicht zwingend einen Substanzeingriff voraus, sondern kann auch bei einer sonstigen auf Dauer angelegten Maßnahme, die das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändert, gegeben sein (hier: Solaranlage).*)
IBRRS 2025, 2024

OLG Braunschweig, Urteil vom 31.07.2025 - 8 U 193/22
1. Erhält der Bauträger vom Erwerber den vollen Kaufpreis und ist er keinen mangelbedingten Ansprüchen des Erwerbers mehr ausgesetzt, ist der Bauträger gehindert, gegenüber "seinem" Architekten wegen dieser Mängel Ansprüche geltend machen (vgl. BGH, IBR 2007, 472). Ein Beispiel ist die Verjährung der mangelbedingten Ansprüche gegen den Bauträger.
2. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Bauträger beginnt mit der Abnahme bzw. mit der endgültigen Verweigerung der Abnahme zu laufen.
3. Hat der Erwerber die Leistung nicht abgenommen und liegt auch keine endgültige Abnahmeverweigerung vor, wird der Erfüllungsanspruch des Erwerbers - wenn keine Fertigstellungsfrist vereinbart wurde - nach Ablauf einer angemessenen Herstellungsfrist fällig und verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
4. Da es sich bei einem Nacherfüllungsanspruch um einen modifizierten Erfüllungsanspruch handelt, ist das Bestehen eines durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs bis zur Abnahme Voraussetzung des Bestehens eines Nacherfüllungsanspruchs.
5. Beruft sich der Bauträger vor der Abnahme auf den Eintritt der Verjährung des Erfüllungsanspruchs, entsteht der Nacherfüllungsanspruch nicht.

IBRRS 2025, 2017

AG Schwerin, Urteil vom 18.07.2025 - 14 C 19/25
1. Die formularmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturenklausel mit dem Wortlaut "Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen" regelt nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet wird, und führt daher zur Unwirksamkeit der Klausel.
2. Der Vermieter ist verpflichtet, die Kaution bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Der Vermieter muss aber nicht das Kreditinstitut wählen, das den höchsten Zinssatz gewährt.

IBRRS 2025, 1988

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980a C 27/23 WEG
1. Im Rahmen einer Zweier-Gemeinschaft muss sich die Gemeinschaft das Wissen bzw. die Kenntnisse der einzelnen Wohnungseigentümer ohne Weiteres als eigene zurechnen lassen.
2. Der Anspruch auf Beseitigung einer Terrasse verjährt in drei Jahren.
3. Zwar kann der Gemeinschaft in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum grundsätzlich ein Anspruch auf Duldung der Beseitigung einer (rechtswidrigen) Eigentumsbeeinträchtigung in Form einer baulichen Veränderung zustehen, wenn der gegen den "störenden Eigentümer" (Bauherrn) gerichtete Beseitigungsanspruch verjährt ist.
4. Allerdings unterliegt die Geltendmachung dieses Anspruchs auch den Grundsätzen der Verwirkung.
5. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden.

Online seit 6. August
IBRRS 2025, 2020
OLG München, Urteil vom 29.07.2025 - 28 U 1412/24 Bau
1. Verstößt eine in einem Verbraucherbauvertrag gegen das Transparenzgebot und ist sie deshalb unwirksam, muss eine rechtsgrundlos erlangte Bürgschaft herausgegeben werden.
2. Die Verwendung folgender Sicherungsabrede ist in einem Verbraucherbauvertrag unwirksam: „Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Auftragnehmer spätestens zwei Wochen nach dem Planungsgespräch einen Nachweis … in Höhe des Vertragspreises durch Vorlage einer unwiderruflichen und unbefristeten Bestätigung eines Geldinstituts zu erbringen. (…) Der Auftraggeber ist verpflichtet, binnen 14 Tagen nach dem Planungsgespräch dem Auftragnehmer eine unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines Bürgen in Höhe der letzten Rate des Vertrages (10% des Pauschalpreises) für die Erfüllung der dem Auftraggeber mit der Abnahme und Übergabe der prüfbaren Schlussrechnung obliegenden Zahlungsverpflichtung zu stellen. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Auftragnehmer vor Stellung der Bürgschaft nicht verpflichtet ist, die Arbeiten aufzunehmen."

IBRRS 2025, 2022

LG Gießen, Beschluss vom 21.03.2025 - 3 O 95/25
Die Betreuung eines Vergabeverfahrens stellt eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 3 RDG dar. Die öffentliche Ausschreibung der Leistungen zur Betreuung eines Vergabeverfahrens ist daher unzulässig, wenn sich diese auch an Personen richtet, die über keine Zulassung als Rechtsanwalt verfügen.

IBRRS 2025, 1987

AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 25.07.2025 - 980b C 38/24 WEG
1. Gibt der Kläger für den Beklagten eine falsche Adresse an, so hat er die verzögerte Zustellung der Klage zu vertreten.
2. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf null reduziert ist.
3. Die Unbestimmtheit eines Beschlusses führt nicht stets zur Nichtigkeit. Jedenfalls dann, wenn der Beschluss eine durchführbare Regelung noch erkennen lässt, die Unbestimmtheit also nicht auf inhaltlicher Widersprüchlichkeit beruht, führen die Mängel nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit.
4. Dürfen nach dem Beschluss Balkonkraftwerke angebracht werden, wenn der Eigentümer die Kosten trägt und das Gebäude nicht beschädigt wird, regelt der Beschluss aber keine weiteren Einzelheiten zu Art, Größe, Umfang, Installationsort, Hersteller etc., entspricht er zwar mangels konkreter Festlegungen zu der jeweiligen Maßnahme nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, ist aber nicht nichtig.
5. Ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Fassung eines Zweitbeschlusses bei einem ordnungswidrigen Erstbeschluss kann gegeben sein, wenn schwer wiegende tatsächliche Gründe das Festhalten an dem - nicht nichtigen - (Erst-)Beschluss als treuwidrig erscheinen lassen und der bestehende Zustand in seinem Sinn verändert werden muss oder wenn eine Abänderung wegen einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Verhältnisse - aufgrund einer Gesetzesänderung oder einer Änderung der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung - geboten ist.
6. Es verbleibt dem Eigentümer die Möglichkeit, sich gegen Störungen, die von den aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses umgesetzten baulichen Veränderungen bzw. deren Nutzung ausgehen, zur Wehr zu setzen.

IBRRS 2025, 2028

OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.07.2025 - 8 W 1286/25
1. Ob objektive Gründe vorliegen, die an der Unvoreingenommenheit eines Sachverständigen zweifeln lassen, entzieht sich einer schematischen Betrachtungsweise und kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden.
2. Die bloße Überschreitung des Gutachtensauftrags durch den Sachverständigen begründet regelmäßig noch nicht die Besorgnis der Befangenheit, solange sie nicht als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung bzw. einer "Belastungstendenz" zu Ungunsten einer Partei gedeutet werden kann. Nicht ausreichend ist jedenfalls, dass der Sachverständige lediglich irrtümlich das Beweisthema unzutreffend erfasst.

IBRRS 2025, 2018

KG, Beschluss vom 30.07.2025 - 7 U 87/24
1. Maßgeblich für den Fristbeginn für ein Rechtsmittel eines Streithelfers für die von ihm unterstützte (Haupt-)Partei kommt es nicht auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei ihm, dem Streithelfer, sondern auf den Zugang der angegriffenen Entscheidung bei der unterstützten Partei an.
2. Die Beschränkung des Rechtsmittels, die wegen der offensichtlich schlechten Erfolgsaussichten des Rechtsmittels erkennbar (allein oder jedenfalls maßgeblich) der Gebühren- und Kostenreduktion dienen soll, ist für die Bestimmung des Gegenstandswerts ohne Bedeutung.

Online seit 5. August
IBRRS 2025, 1994
OLG Schleswig, Urteil vom 25.06.2025 - 12 U 67/24
1. Gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB beträgt die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen Mängeln an Bauwerken gegen den Architekten fünf Jahre. Die Vorschrift ist nicht nur bei der Neuherstellung eines Bauwerks anwendbar. Vielmehr gilt sie auch, wenn Planungs- und Überwachungsleistungen bei der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes erbracht werden sollen (vgl. BGH, IBR 2019, 203).*)
2. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme des Werks zu laufen, § 634a Abs. 2 BGB, die auch konkludent erfolgen kann.*)
3. Eine konkludente Abnahme setzt ‒ wie die ausdrückliche Abnahme ‒ ein vom Willen des Auftraggebers getragenes Verhalten voraus (Abnahmewillen). Daher ist eine stillschweigend erklärte und damit schlüssige Abnahme immer dann gegeben, wenn der Auftragnehmer durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl., Rn. 1776). Ein solches Verhalten kann auch in der Zahlung der Schlussrechnung zu sehen sein, sofern zu diesem Zeitpunkt keine wesentlichen Mängel erkennbar sind. Unbekannte Mängel sowie bekannte unwesentliche Mängel oder Restarbeiten stehen einer konkludenten Abnahme nicht entgegen (vgl. Grüneberg/Retzlaff, BGB, 84. Aufl., § 640 Rn. 9 m.w.N.).*)
4. Die Abnahme der Architektenleistungen hängt dabei nicht grundsätzlich davon ab, dass die bei Abnahme der Bauunternehmerleistungen festgestellten Mängel beseitigt sind. Dies gilt nur dann, wenn der Architekt nach seinem Vertrag neben der "Mitwirkung bei der Abnahme der Leistungen" auch das "Überwachen der Beseitigung der bei der Abnahme der Leistungen festgestellten Mängel" schuldet (vgl. BGH, IBR 2019, 203).*)
5. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der mit der Planung und Bauüberwachung beauftragte Architekt dem Bauherrn aber auch unabhängig von einer ausdrücklichen vertraglichen Verpflichtung nach Beendigung seiner eigentlichen Tätigkeit bei der Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen (vgl. grundlegend BGH, IBR 1996, 201). Aufgrund seiner Betreuungsaufgaben hat er dabei nicht nur die Rechte des Bauherrn gegenüber den Bauunternehmen zu wahren; ihm obliegt vielmehr auch die objektive Klärung von Mängelursachen, selbst wenn hierzu eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.1985 - VII ZR 50/84, IBRRS 1985, 0544).*)
6. Voraussetzung dafür ist weiter, dass die Mängel und deren Aufklärung Im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebiets liegen, er insbesondere die Leistungsphase 8 nach der HOAI oder zumindest die Bauüberwachung übernommen hat. In dem Fall schuldet er als Sachwalter des Bauherrn die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und der sich daraus ergebenden Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1984 - VII ZR 342/83, IBRRS 1984, 0562).*)
7. Eine Sekundärhaftung kommt dabei nur hinsichtlich solcher Mängel in Betracht, die sich bereits vor Ablauf der Verjährung der Primäransprüche gezeigt haben (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1986, unter Hinweis auf KG, IBR 2008, 36).*)
8. Verletzt der Architekt schuldhaft diese Untersuchungs- und Beratungspflicht, so ist er dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet. Er kann sich ihm gegenüber dann auch nicht auf die Einrede der Verjährung berufen (= Sekundärhaftung; vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1984 - VII ZR 342/83, IBRRS 1984, 0562).*)
9. Von der Ursächlichkeit der Verletzung dieser Untersuchungs- und Beratungspflicht für den eingetretenen Schaden ist auszugehen, wenn der Auftraggeber bei entsprechender Aufklärung rechtzeitig gegen den Architekten vorgegangen wäre. Hierfür spricht eine tatsächliche Vermutung (vgl. BGH, IBR 2007, 85).*)

IBRRS 2025, 2011

VK Westfalen, Beschluss vom 04.07.2025 - VK 3-31/25
Eine Firmenadresse ist eine Information, die die Vergabeentscheidung eines öffentlichen Auftraggebers i.S.v. § 124 Abs. 1 Nr. 9 c) GWB erheblich beeinflussen kann. Denn neben der wirtschaftlichen Substanz steht die Richtigkeit der Unternehmensadresse dafür, dass es das betreffende Unternehmen überhaupt gibt.*)

IBRRS 2025, 1790

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 13.06.2025 - 2-09 S 12/25
1. Eine Anfechtungsklage ist nicht schon dann begründet, wenn dem klagenden Eigentümer vor der Beschlussfassung keine Einsicht in die Verwaltungsunterlagen und Belege gewährt wurde.
2. Vielmehr liegt lediglich ein formeller Fehler vor, so dass der Eigentümer vortragen muss, dass sich dieser Mangel auch kausal auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat oder dass die Ursächlichkeit des Mangels jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann.
3. Erfolgt das Verlangen nach Einsichtnahme erst nach der Beschlussfassung, kann eine Kausalität ausgeschlossen werden.
4. Für die Ordnungsgemäßheit der Jahresabrechnung ist alleine maßgeblich, dass die tatsächlich stattgefundenen Ausgaben rechnerisch richtig ermittelt und zutreffend umgelegt wurden, wobei unerheblich ist, ob es hierfür einen Sachgrund gibt oder Beschlüsse vorgelegen haben.

Online seit 4. August
IBRRS 2025, 1993
OLG Schleswig, Urteil vom 10.07.2025 - 12 U 12/24
1. Bei einem Bauträgervertrag stellen kauf- und werkvertraglicher Teil Teile eines einheitlichen Ganzen dar und ergeben nur gemeinsam Sinn. Die einzelnen Leistungen sind daher beim Bauträgervertrag ins Synallagma eines einheitlichen Vertragsverhältnisses einbezogen, es handelt sich mithin in aller Regel um einen einheitlichen, gemischten Vertrag. Ein solcher unterfällt schon aufgrund der objektiven Untrennbarkeit seiner Bestandteile in Gänze der Beurkundungspflicht des § 311b Abs. 1 BGB (vgl. BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 209; ausführlich auch KG, IBR 2021, 228).*)
2. Wird die Form nicht eingehalten, erstreckt sich die Nichtigkeit auf den gesamten Vertrag, nichtig ist danach nicht nur die formlose Nebenabrede, sondern grundsätzlich auch der notariell beurkundete Vertrag, § 125 BGB (s. zu dieser umfassenden Rechtsfolge Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 311b Rn. 45).*)
3. Bei - weiteren - objektiv selbständigen Verträgen (hier: zusätzlich zum Rohbauvertrag ein weiterer Vertrag über einen schlüsselfertigen Ausbau) bedarf es zur Herstellung des rechtlichen Zusammenhangs eines zusätzlichen subjektiven Verknüpfungsmoments - dem Verknüpfungswillen der Parteien.*)
4. Für den Verknüpfungswillen kommt es nicht auf die wechselseitige Abhängigkeit der Verträge voneinander, sondern nur auf die einseitige Abhängigkeit des Grundstücksvertrags von dem anderen Vertrag bzw. den anderen Verträgen an. Nur, wenn der Grundstücksvertrag nach dem Willen der Parteien von dem anderen Vertrag abhängig ist, erstreckt sich der Normzweck des § 311b Abs. 1 BGB auf letzteren, welcher daher mitzubeurkunden ist, im umgekehrten Fall nicht (vgl. zu alledem BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 183-185, m.w.N.; ebenso BGH, IBR 2010, 570 ).*)
4. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Verknüpfungswillens trägt grundsätzlich die Partei, die sich auf die Formnichtigkeit des Vertrags beruft (vgl. BeckOGK/Schreindorfer, 1.10.2023, BGB § 311b Rn. 186-197).*)
5. Im Fall der Formnichtigkeit einer Vereinbarung kann die Berufung einer Partei hierauf ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich sein. Das gilt dann, wenn auf Seiten desjenigen, welcher der Geltendmachung der Formnichtigkeit entgegentritt, ein Irrtum über die rechtliche Notwendigkeit der Förmlichkeit vorgelegen hat und dieser Irrtum vom Geschäftsgegner schuldhaft, mindestens fahrlässig, verursacht worden war, oder wenn derjenige, der sich auf den Formverstoß beruft, eine Haltung eingenommen hat, die mit seinem früheren Verhalten nach Treu und Glauben unvereinbar ist. Entsprechendes gilt, wenn eine Partei, sei es auch nur unabsichtlich, die andere zum Absehen vom erforderlichen Abschluss eines formgültigen Vertrags veranlasst und diese daraufhin angenommen hat, dass eine formlose Vereinbarung genüge (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.1981 - VII ZR 230/80, IBRRS 1981, 0504).*)
6. Insbesondere für Bauverträge hat der Bundesgerichtshof überdies entschieden, die Geltendmachung von deren Nichtigkeit durch den Unternehmer sei unter dem Gesichtspunkt selbstwidersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen, wenn er in Kenntnis der die Nichtigkeit begründenden Umstände den Vertrag durchführt, sozusagen "ins Werk gesetzt" und seine Bauleistung erbracht hat (vgl. BGH, IBR 2008, 431, zu den Auswirkungen einer nach §§ 134, 138 BGB nichtigen "Ohne-Rechnung-Abrede" in einem Bauvertrag; vgl. außerdem: KG, IBR 2020, 348; OLG Karlsruhe, IBR 2018, 564).
7. Ein Rücktritt des Verkäufers vom Grundstückskaufvertrag wegen Ausstehens eines geringen Kaufpreisanteils (hier: 5 %) scheidet gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB wegen Unerheblichkeit aus.*)
8. Der Auflassung und Bewilligung der Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch steht nicht entgegen, dass er den Kaufpreis noch nicht vollständig gezahlt hat, wenn dem Anspruch des Verkäufers auf restliche Kaufpreiszahlung Mängelbeseitigungsansprüche des Klägers entgegenstehen, aufgrund derer er nach Treu und Glauben den restlichen Kaufpreis zurückbehalten kann.*)

IBRRS 2025, 1989

LG Frankenthal, Urteil vom 15.04.2025 - 8 O 214/24
1. Ein Vertrag über die Ausführung von Gartenbauarbeiten auf einem "verwilderten" Grundstück ist ein Bauvertrag i.S.v. § 650a BGB.
2. Wird der Bauvertrag mit einem privaten Auftraggeber "vor Ort" geschlossen, handelt sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag. Damit hat der Auftraggeber als Verbraucher ein Widerrufsrecht.
3. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt grundsätzlich mit Vertragsschluss. Das gilt nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Dann läuft das Recht des Verbrauchers zum Widerruf innerhalb von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss ab.
4. Wurde der Verbraucher-Bauherr nicht ordnungsgemäß belehrt und hat er sein Widerrufsrecht fristgerecht ausgeübt, steht dem Unternehmer für die ausgeführten Arbeiten grundsätzlich weder ein Vergütungsanspruch noch ein Anspruch auf Wertersatz zu.

IBRRS 2025, 2001

AG Hamburg, Urteil vom 04.07.2025 - 49 C 237/24
1. Es handelt sich bei einer Nichtbeachtung einer gerichtlich titulierten Verpflichtung um eine schwer wiegende, die Kündigung rechtfertigende Vertragspflichtverletzung.
2. Es steht dem Mieter insbesondere nicht frei, die Vorgaben seiner gerichtlich rechtskräftig titulierten Duldungspflicht weiter einzuschränken.
3. Einer Abhilfefrist nach § 543 Abs. 3 BGB bedarf es nicht, da dem Mieter bereits im Klageverfahren deutlich gemacht worden ist, was er zu dulden hat. Eine nochmalige Fristsetzung wäre eine sinnlose Förmlichkeit.
4. Einem Mieter, der seinem Vermieter nur eine Mängelbesichtigung von 10 Minuten erlaubt, obwohl ihm das Gericht eine halbe Stunde gewährt hat, und ein Berühren der angeblich schadhaften Sachen verbietet, kann fristlos gekündigt werden.

IBRRS 2025, 1965

OLG Hamburg, Urteil vom 12.12.2024 - 6 U 116/21
1. Eine Beschaffenheitsvereinbarung setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben.
2. Die Angabe eines "Circa"-Baujahrs steht der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht entgegen.
3. Die Auslegung des Begriffs "zeitgemäße Elektroausstattung" ergibt, dass ein vor längerer Zeit modernisierter Zustand geschaffen wurde, so dass die Elektrik den üblichen Anforderungen gewachsen ist. Damit geht auch einher, dass überhaupt eine Nutzung der Elektroinstallation ohne Gefahr für die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude bzw. die dort wohnenden Personen möglich ist.
4. Eine Beschreibung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit der Vermietung von acht Wohneinheiten stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar.
5. Als Rechtsfolge ist bei einer Minderung der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zum wirklichen Wert gestanden haben würde.

Online seit 1. August
IBRRS 2025, 1983
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 07.03.2025 - 2-32 O 32/24
1. Der Unternehmer kann vom Besteller auch dann eine Bauhandwerkersicherheit verlangen, wenn es sich beim Besteller um eine juristische Person des Privatrechts handelt, deren Anteile mehrheitlich oder vollständig einer Person des öffentlichen Rechts zugeordnet sind.
2. Eine vom Unternehmer erklärte Kündigung wegen unterbliebener Sicherheitsleistung beseitigt nicht nur die Erfüllungs-, sondern auch die Nacherfüllungspflichten des Unternehmers. Dass der Unternehmer grundsätzlich keine Sicherheitsleistung mehr verlangen kann, wenn er die Beseitigung der Mängel endgültig verweigert hat, ändert hieran nichts.
3. Zu den ersparten Aufwendungen zählen insbesondere die Aufwendungen, die der Unternehmer infolge der durch die Kündigung entfallenden Mängelbeseitigungspflicht erspart hat.
4. Die Sicherheit ist der Höhe nach auch dann nicht um den mangelbedingten Minderwert zu kürzen, wenn die Mängel dem Grunde nach unstreitig sind.
5. Der Unternehmer muss darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass der Ausgangsvertrag und etwaige Nachtragsvereinbarungen abgeschlossen wurden und damit der Rechtsgrund für den Vergütungsanspruch gegeben ist. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung bedarf es der schlüssigen Darlegung der vereinbarten Vergütung, der Abgrenzung erbrachter Leistungen von den nicht erbrachten Leistungen sowie der Darlegung, welche Kosten der Unternehmer erspart hat und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lassen muss.

IBRRS 2025, 1981

VK Berlin, Beschluss vom 24.01.2025 - VK B 1-20/21
1. Der öffentliche Auftraggeber darf auch nach Durchführung der Preisaufklärung ein Angebot nur auf feststehender, tatsächlich gesicherter Tatsachengrundlage ausschließen, insbesondere müssen die Zweifel an der Auskömmlichkeit des Angebots plausibel sein und auf einer tragfähigen Grundlage beruhen (hier verneint).
2. Angebote, die die Eignungskriterien nicht erfüllen, werden von der Wertung ausgeschlossen, insbesondere solche, die die geforderten Nachweise nicht enthalten. Maßgeblich sind insoweit allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und Nachweise.
3. Bei der materiellen Eignungsprüfung von Bietergemeinschaften ist nicht auf ihre einzelnen Mitglieder, sondern die Bietergemeinschaft insgesamt abzustellen. Bei Mitgliedern einer Bietergemeinschaft reicht es aus, wenn ein Mitglied die erforderlichen Referenzen erbringt.

IBRRS 2025, 1789

AG Dortmund, Urteil vom 26.06.2025 - 514 C 112/24
1. Ein Beschluss über die zu zahlenden Vorschüsse ist hinreichend bestimmt, wenn sich dem Beschluss unter Heranziehung der Einzelwirtschaftspläne eindeutig die Zahlungsverpflichtung entnehmen lässt.
2. Erst nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres können die Eigentümer rückwirkend keine Vorschusspflichten für das abgelaufene Wirtschaftsjahr mehr begründen.
3. Für den Eintritt der Fälligkeit des Hausgeldes ist es nicht von Bedeutung, auf welches Konto (Eigenkonto oder Treuhandkonto) der Eigentümer Zahlungen leisten soll.
4. Auch ein Zurückbehaltungsrecht besteht bei fehlender Einrichtung eines Eigenkontos nicht, da neben der Überweisungsmöglichkeit auch die Möglichkeit der Barzahlung besteht.

IBRRS 2025, 1961

OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.02.2025 - 12 U 164/24
1. Nur ein Leistungsabfall aufgrund einer Degradation der Module stellt (hier) einen Garantiefall dar. Die Drosselung der Leistungskapazität durch einen Herstellereingriff ist einer Degradation nicht gleichzustellen.
2. Während es im Kaufrecht für einen Sachmangel möglicherweise genügen kann, dass dem Batteriespeicher ein gewisses Brandrisiko innewohnt, stellt die (hier) vertraglich vereinbarte Garantie gerade darauf ab, dass bei dem einzelnen Batteriespeicher tatsächlich ein Material- oder Verarbeitungsfehler festgestellt wird.

IBRRS 2025, 1914

KG, Beschluss vom 15.05.2025 - 17 U 4/25
1. Zum Nachweis der Unrichtigkeit des elektronischen Empfangsbekenntnisses eines Rechtsanwalts.*)
2. Die Angabe eines Empfangs eines Urteils sechs Wochen nach Eingang und zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Urteils in einem elektronischen Empfangsbekenntnis kann nach den Umständen des Einzelfalls willkürlich und damit treuwidrig sein.*)

Online seit 31. Juli
IBRRS 2025, 1996
BGH, Urteil vom 04.07.2025 - V ZR 77/24
1. Ein Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers wegen eines die Gemeinschaft schädigenden Verhaltens beauftragt wird, ist nicht anders zu behandeln als ein Abmahnungsbeschluss und deshalb selbstständig anfechtbar. Dass der Verwalter die Abmahnung bereits ausgesprochen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht entfallen (Fortführung von Senat, Urteil vom 05.04.2019 - V ZR 339/17, IMR 2019, 326).*)
2. Lässt sich einem solchen Beschluss nicht entnehmen, dass bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht, und führt der Verwalter den Beschluss aus, liegt zwar keine wirksame Abmahnung i.S.d. § 17 Abs. 2 WEG vor. Der Beschluss enthält aber bei der gebotenen objektiven Auslegung jedenfalls die zulässige Aufforderung an den Wohnungseigentümer, das monierte Verhalten zukünftig zu unterlassen.*)
3. Im Rahmen einer gegen einen solchen Aufforderungsbeschluss gerichteten Anfechtungsklage sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen, nicht jedoch, ob ein Unterlassungsanspruch besteht.*)

IBRRS 2025, 1980

VK Berlin, Beschluss vom 07.07.2025 - VK B 1-4/25
1. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass auch mehrere Referenzen gemeinsam zur Erfüllung der Eignungskriterien herangezogen werden können. Dies gilt allerdings nur insoweit, als der Auftraggeber die zusammenfassende Betrachtung nicht in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung ausgeschlossen hat.
2. Bei einer Referenz handelt es sich nicht um das gesamte Projekt, sondern um die innerhalb des Projekts ausgeführte Leistung.
3. Dem Auftraggeber steht es bis zur Grenze der unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung frei, wie viele Referenzen er einfordert.
4. Erkennbar ist ein Vergaberechtsverstoß, wenn sich die zugrunde liegenden Tatsachen aus den Vergabeunterlagen - einschließlich der hierzu gehörenden Antworten auf Bewerber-/Bieterfragen - ergeben und sie ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen als Vergaberechtsverstoß erkennen konnte (hier bejaht).

IBRRS 2025, 1791

AG Hannover, Urteil vom 13.06.2025 - 480 C 7761/24
1. Die Formulierung in einer Gemeinschaftsordnung, wonach die Kosten "von der Gesamtheit der Raumeigentümer" zu tragen sind, beschreibt keine gesamtschuldnerische Außenhaftung, sondern stellt eine interne Lastenverteilung im Verhältnis zu den Wohnungseigentümern dar.
2. Bei einer individuell bezifferten Kostenverteilung (z.B. nach Miteigentumsanteilen) liegt regelmäßig keine gesamtschuldnerische Haftung, sondern eine anteilige Verpflichtung vor.
3. Auch der Begriff "Gesamtheit" rechtfertigt keine andere Auslegung. Der Begriff beschreibt lediglich die Gruppe der Verpflichteten und bedeutet nicht "Gesamtschuldnerschaft" im technischen Sinn. Wäre eine solche Haftung gewollt, hätte dies klar und eindeutig formuliert werden müssen.
4. Allein die gemeinsame Verpflichtung mehrerer Eigentümer in einem Vergleich führt noch nicht automatisch zu § 427 BGB. Vielmehr ist im Zweifel nur von einer anteiligen Verpflichtung auszugehen, wenn - wie hier - eine interne Umlage nach einem Schlüssel geregelt ist.

IBRRS 2025, 1966

KG, Beschluss vom 11.07.2025 - 7 W 11/25
1. Im selbständigen Beweisverfahren ist grundsätzlich außerhalb des Anwendungsbereichs von § 494a ZPO keine Entscheidung über die Kostentragungspflicht zu treffen; diese Entscheidung ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.*)
2. Ein selbständiges Beweisverfahren ist sachlich erledigt und damit beendet, wenn trotz Erinnerung ein angeforderter Vorschuss für ein Ergänzungsgutachten nicht eingezahlt wird.*)
3. Die Einholung eines Ergänzungsgutachtens darf nicht von der Einzahlung offener Vorschüsse für bereits eingeholte Sachverständigengutachten abhängig gemacht werden. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage.*)

Online seit 30. Juli
IBRRS 2025, 1967
KG, Beschluss vom 30.06.2025 - 7 W 3/25
1. Hat die Verfügungsklägerin vorprozessual einen Vertrag als wirksam behandelt, kann sie dessen Wirksamkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht mit der bloßen Behauptung in Abrede stellen, dass ihr nicht bekannt sei, ob eine - im Vertrag als aufschiebende Bedingung geregelte - Vertragsvereinbarung zwischen Dritten getroffen wurde.*)
2. Fristverlängerungsanträge führen im einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig zur Selbstwiderlegung der Dringlichkeit.*)
3. Hat ein Sicherungsschuldner eine Sicherheit in Form einer Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet, hat er grundsätzlich zu dulden, dass der Sicherungsgläubiger den Bürgen in Anspruch nimmt, auch wenn noch nicht abschließend feststeht, ob die besicherte Forderung tatsächlich besteht.
4. Anderes gilt, wenn und soweit es bereits im Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Sicherungsgläubiger des Bürgen klar auf der Hand liegt oder liquide feststellbar ist, dass der besicherte Anspruch nicht besteht (hier bejaht).

IBRRS 2024, 1910

LG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.2024 - 6 O 114/22
Es existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass im Baubereich regelmäßig ausschließlich über Brutto- oder über Nettosummen gesprochen wird. Ein Kläger, der sich auf einen zwischen zwei Personen geschlossenen Vergleich über eine Bruttosumme beruft, muss seinen Vortrag an § 286 Abs. 1 ZPO messen.

IBRRS 2025, 1794

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.05.2025 - 2-01 S 68/24
1. Löst sich ein Gebäudeteil infolge von Witterungseinwirkungen spricht die Lebenserfahrung dafür, dass die Anlage entweder fehlerhaft errichtet oder mangelhaft unterhalten ist.
2. Der Anscheinsbeweis gilt nicht, wenn ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder mit der erforderlichen Sorgfalt unterhaltenes Werk nicht standzuhalten vermag.
3. Einem stürmischen Wind müssen sorgfältig errichtete und unterhaltene Gebäude standhalten können.
4. Der Verwalter ist verpflichtet, die Sicherheit des Daches zu kontrollieren und zu überwachen.
5. An die Überwachungspflicht eines Gebäudes sind hohe Anforderungen zu stellen.
6. Das Dach ist in regelmäßigen Intervallen durch eine zuverlässige, fachkundige Person überprüfen zu lassen.

IBRRS 2025, 1960

OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2025 - 10 U 265/24
1. Ein Sachmangel wegen schadhafter Batteriezellen kann nur dann angenommen werden, wenn sich ein konstruktionsbedingtes Risiko realisiert hat, das über das allgemeine Technologierisiko hinausgeht.
2. Die Drosselung der Speicherkapazität im Wege der Fernüberwachung lässt nicht auf einen Mangel schließen. Das Anbieten einer kostenfreien Umrüstung, um den produktsicherheitsrechtlichen Obliegenheiten nachzukommen, ändert daran nichts (entgegen OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2025 - 2 U 5/25, IBRRS 2025, 1736).
3. Ein Batteriespeicher ist jedenfalls dann als eine Ware mit digitalen Elementen anzusehen, wenn die Speicherfunktion nach (hier) 72 Stunden abgeschaltet wird, sobald die Verbindung zu den Servern des Herstellers verloren geht.
4. Die Aktivierung von Nutzungsbeschränkungen per Fernzugriff überschreitet die Schwelle zu einem Sachmangel erst dann, wenn die Nutzungsbeschränkungen den Endverbraucher unangemessen beeinträchtigen. Hiervon ist auszugehen, wenn nach einer Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen des Endverbrauchers und des Produktherstellers die getroffene Nutzungsbeschränkung als unverhältnismäßig anzusehen ist (hier verneint).

IBRRS 2025, 1964

BayObLG, Beschluss vom 06.03.2025 - 101 Sch 27/24
Lücken und Unzulänglichkeiten in den Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen stellen für sich genommen dessen Unparteilichkeit nicht in Frage. Sie rechtfertigen eine Ablehnung wegen Befangenheit nur, wenn Umstände hinzutreten, die darauf schließen lassen, dass die Mängel auf einer Voreingenommenheit des Sachverständigen beruhen (vorliegend in Bezug auf eine Sachverständige für das Recht der Volksrepublik China verneint).*)

Online seit 29. Juli
IBRRS 2025, 1949
EuGH, Urteil vom 10.07.2025 - Rs. C-715/23
1. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2014/23/EU (…) über die Konzessionsvergabe ist dahin auszulegen, dass der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, dessen Hauptgegenstand in der Abgabe verschreibungspflichtiger und nicht verschreibungspflichtiger Humanarzneimittel gegen Entgelt sowie in der Beratung über den ordnungsgemäßen und sicheren Gebrauch dieser Arzneimittel besteht, nicht unter die Wendung „nicht wirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ im Sinne dieser Bestimmung fällt.*)
2. Art. 19 der Richtlinie 2014/23 ist dahin auszulegen, dass der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, dessen Hauptgegenstand in der Abgabe verschreibungspflichtiger und nicht verschreibungspflichtiger Humanarzneimittel gegen Entgelt sowie in der Beratung über den ordnungsgemäßen und sicheren Gebrauch dieser Arzneimittel besteht, unter die Wendung „soziale und andere besondere Dienstleistungen“ im Sinne dieses Art. 19 fällt.*)

IBRRS 2025, 1818

AG Kassel, Urteil vom 28.03.2024 - 800 C 2582/23
1. Ein Beschluss, wonach Überwachungskameras installiert werden sollen, ist nicht nichtig.
2. Hat ein Eigentümer der Installation der Kameras zugestimmt, kann er sich nicht darauf berufen, seine Rechte seien übergangen worden.
3. Sofern die Installation nicht den Vorgaben des Beschlusses entsprechen, muss ein Eigentümer gegen die Gemeinschaft vorgehen und nicht gegen den Installateur, der nur im Auftrag der Gemeinschaft handelt.
4. Auch wenn der Installateur die Überwachungsanlagen als Beauftragter der Gemeinschaft betreiben soll, richten sich mögliche Ansprüche gegen die Gemeinschaft.

IBRRS 2025, 1788

AG Dortmund, Urteil vom 03.07.2025 - 514 C 4/25
1. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf null reduziert war.
2. Dies ist nicht der Fall, wenn es zulässige Alternativen zu dem beantragten Vorgehen gibt.
3. Die Ablehnung der Beschlussfassung stellt keine Genehmigung der ohne Erlaubnis errichteten baulichen Veränderung dar.

Online seit 28. Juli
IBRRS 2025, 1902
OLG München, Beschluss vom 11.11.2024 - 9 U 2378/24 Bau
1. Ist eine Leistung zum Fertigstellungstermin noch nicht fertig gestellt, jedoch der erbrachte Teil mangelfrei, so ist das Recht zum Rücktritt vom ganzen Vertrag danach zu beurteilen, ob der Auftraggeber Interesse an der erbrachten Teilleistung hat.
2. Ist eine Leistung zum Fertigstellungstermin zwar vollständig, jedoch mangelhaft, ist das Recht zum Rücktritt vom ganzen Vertrag danach zu beurteilen, ob die Pflichtverletzung erheblich ist, also in der Regel danach, ob die Mängel ohne Schwierigkeiten behoben werden können.
3. Ist die Leistung zum Fertigstellungstermin sowohl unvollständig als auch mangelhaft erbracht, können beide Kriterien herangezogen werden.

IBRRS 2025, 1927

VK Bund, Beschluss vom 07.07.2025 - VK 2-45/25
1. Die Konzeptbewertung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist.
2. Der Auftraggeber ist gehalten, den relevanten Sachverhalt bei der Bewertung zugrunde zu legen und das von ihm für die Bewertung vorgegebene Verfahren unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundsätze einzuhalten, insbesondere die zu vergleichenden Angebote diskriminierungsfrei zu prüfen und zu bewerten.
3. Um die Nachprüfbarkeit zu gewährleisten, bedarf es einer hinreichenden Dokumentation des Wertungsvorgangs, aus dem sich die Vorgehensweise und tragenden Gründe der Entscheidungen des Auftraggebers transparent nachvollziehen lassen.
4. Es gibt keine vergaberechtliche Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zur Veröffentlichung des konkreten Bewertungsgremiums in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen.
5. In Bezug auf die zu rügenden Vergaberechtsverstöße, welche sich aus den Vergabeunterlagen ergeben, ist für eine Präklusion erforderlich, dass der Inhalt der Unterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet.

IBRRS 2025, 1939

BGH, Urteil vom 08.05.2025 - IX ZR 90/23
1. Die Vergütungsvereinbarung bestimmt, auf welche Tätigkeiten und welche Angelegenheiten die Prüfung der unangemessenen Höhe der Vergütung zu beziehen ist. Danach richtet sich, ob von einer einheitlichen Vergütungsvereinbarung erfasste anwaltliche Tätigkeiten, die jeweils den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden können, für die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung getrennt von anderen nach der Vergütungsvereinbarung erfassten Aufträgen zu betrachten sind. Wurde der Rechtsanwalt mit anwaltlichen Tätigkeiten betraut, die üblicherweise den Gegenstand eines selbstständigen Anwaltsdienstvertrags bilden, ist grundsätzlich auf die hierfür ausgeübten Tätigkeiten, den darauf entfallenden Teil der Vergütung nach der Vergütungsvereinbarung sowie die hierfür fiktiv anfallenden gesetzlichen Gebühren abzustellen.*)
2. Die tatsächliche Vermutung, dass ein vereinbartes Honorar unangemessen hoch ist, welches die gesetzlichen Gebühren um mehr als das Fünffache übersteigt, gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars für zivilrechtliche Streitigkeiten.*)
3. Bei der Herabsetzung einer unangemessen hohen Vergütung auf den angemessenen Betrag ist dem von den Parteien gewählten Vergütungsmodell Rechnung zu tragen. Ein von den Parteien vereinbartes Zeithonorar kann nicht durch Kappung des Honoraranspruchs auf einen Pauschalbetrag der Sache nach in ein Pauschalhonorar umgestaltet werden.*)

Online seit 25. Juli
IBRRS 2025, 1865
LG Ulm, Urteil vom 11.07.2025 - 5 O 87/25
1. Eine Bauhandwerkersicherheit kann nicht verlangt werden, wenn der Besteller Verbraucher ist und es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt.
2. Ein Verbraucherbauvertrag kann nur dann angenommen werden, wenn der Unternehmer mit dem Bau eines vollständiges Gebäudes beauftragt wurde. Daran fehlt es, wenn wesentliche Gewerke nicht beauftragt sind.
