Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 10.11.2025 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2025, 2873
Bauvertrag
OLG Frankfurt, Urteil vom 26.03.2025 - 9 U 47/24
1. Der Besteller hat nach Kündigung (hier: wegen unberechtigter Leistungsverweigerung) Anspruch auf Erstattung der durch die Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten der Fertigstellung. Dabei ist er so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der ursprüngliche Unternehmer das Werk ordnungsgemäß hergestellt hätte. Dies umfasst auch die Beseitigung etwaiger vor Abnahme vorhandener Mängel.
2. Berücksichtigt das erstinstanzliche Gericht Vortrag aus einem innerhalb der Schriftsatzfrist eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz nicht, weil der Schriftsatz erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils vorgelegt worden war, liegt gleichwohl ein Gehörsverstoß vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Berufung führen kann, wenn die Entscheidung darauf beruht.*)
3. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO regelmäßig nicht, wenn es lediglich allgemeine und pauschale Hinweise - z.B. auf fehlende Schlüssigkeit - erteilt. Es muss die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen, indem es den einzelnen Mangel konkret anspricht.*)
4. Ein Beweisangebot "Zeuge N.N. Mitarbeiter der Firma (Name)" ist wegen des begleitenden Hinweises auf den Arbeitgeber nicht von vornherein unbeachtlich.*)
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IBRRS 2025, 2900
Vergabe
VK Nordbayern, Beschluss vom 02.10.2025 - RMF-SG21-3194-10-31
1. Verlangt der öffentliche Auftraggeber eine aktuell gültige EfBV-Zertifizierung, beziehen sich die Anforderungen auf den für die Leistungserbringung vorgesehenen Betriebsstandort.
2. Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten.
3. Ist das Angebot des Bieter unauskömmlich, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zu einer weiteren Prüfung, ob der Bieter mit der Preisgestaltung wettbewerskonforme Ziele verfolgt und den Auftrag ordnungsgemäß ausführen kann, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft.
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IBRRS 2025, 2845
Wohnraummiete
AG Wedding, Urteil vom 23.06.2025 - 18 C 4/25
1. Voraussetzung für eine wirksame Befristung des Mietvertrags ist unter anderem, dass der Vermieter dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt.
2. Bei der Absicht baulicher Maßnahmen ist die Art der Arbeiten so konkret mitzuteilen, dass der Mieter erkennt, inwiefern sie seine Räume betreffen und das Mietverhältnis geeignet ist, die Durchführung der Arbeiten zu erschweren.
3. Eine Erschwernis liegt nicht nur dann vor, wenn ein Mieter die Arbeiten nicht dulden muss, vielmehr wird hiervon jeder bedeutende Mehraufwand des Vermieters erfasst.
4. Eine Duldungspflicht des Mieters schließt eine erhebliche Erschwerung nicht aus, falls die Baumaßnahmen nur deutlich umständlicher und damit teurer durchzuführen wären, wenn der Mieter in der Wohnung verbleiben würde.
5. Für die Wirksamkeit der Befristung reicht es aus, wenn das Vorhaben im Prinzip genehmigungsfähig ist, ihm also keine unüberwindbaren rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
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Online seit 11. November
IBRRS 2025, 2889
Bauvertrag
OLG Köln, Urteil vom 08.11.2023 - 16 U 171/21
1. Auch wenn eine vom Auftragnehmer vorgelegte Schlussrechnung keine Bindungswirkung entfaltet und er nicht gehindert ist, nachträglich weitere Forderungen geltend zu machen, setzt eine solche Geltendmachung jedoch eine inhaltliche Abänderung und erneute Vorlage der Schlussrechnung voraus.
2. Der Auftraggeber muss einem Nachunternehmereinsatz nur zuzustimmen, wenn insoweit die berechtigten Belange des Auftragnehmers ausnahmsweise überwiegen. Das unvorhergesehene Nichtausreichen eigener personeller und sächlicher Mittel zur Erfüllung der vertraglichen Leistungspflichten unterfällt grundsätzlich dem eigenen wirtschaftlichen Risiko des Auftragnehmers.
3. Die Frist zur Wiederaufnahme der Leistungen im eigenen Betrieb muss so bemessen sein, dass sie für eine unverzügliche Inangriffnahme aller Vorbereitungsmaßnahmen des Auftraggebers und eine zügige Arbeitsaufnahme ausreichend ist. In der Regel genügen hierfür wenige Tage.
4. Wenn ein Auftraggeber nach Ablauf der unangemessen kurzen, aber noch vor Ablauf der angemessenen Frist die Kündigung ausspricht, ist diese grundsätzlich unwirksam. Das gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass die geschuldete Leistung auch bis zum Ablauf der angemessenen Frist nicht erbracht worden wäre (hier bejaht).
5. Verlangt der Auftraggeber nach einer Kündigung vom Auftragnehmer die Erstattung der Fertigstellungsmehrkosten, sind etwaige Mehrmengen bei der Ausführung durch den Drittunternehmer (hier) nach den ursprünglichen Vertragspreisen abzurechnen.
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IBRRS 2025, 2899
Vergabe
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2025 - 3 VK LSA 47-49/24
1. Die Antragsbefugnis fehlt, soweit der Antragsteller sich nur auf eine Absicht des Antragsgegners beruft, das Vergabeverfahren aufzuheben - insoweit ist weder ein Schaden bereits entstanden, noch droht ein solcher zu entstehen.*)
2. Für eine Rüge muss nach dem objektiven Empfängerhorizont dem betreffenden Vorbringen zweifelsfrei zu entnehmen sein, welcher Sachverhalt für vergaberechtswidrig gehalten und dass "Abhilfe" verlangt bzw. erwartet wird. Der Rügende muss eine ernsthafte, verbindliche und/oder konkrete vergaberechtliche "Beanstandung" zum Ausdruck bringen. Der Vergabestelle soll die Möglichkeit der Korrektur gegeben werden. Eine bloße Anmerkung oder die Äußerung einer Rechtsauffassung ist noch keine Rüge.*)
3. In den Fällen einer Präklusion aufgrund nicht erhobener Rüge ist auch das Vorbringen gegen einen Ausschluss wegen der nicht/nicht rechtzeitig gerügten Umstände ebenfalls präkludiert. Hier haben sich die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße lediglich fortgesetzt.*)
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IBRRS 2025, 2904
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.10.2025 - 1 ME 37/25
1. Dass ein Vorhaben, das sich nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zu seiner Legalisierung einer Bauleitplanung bedürfte, in der Nachbarn ihre Interessen einbringen könnten, begründet allein noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.*)
2. Die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung beschränkt sich grundsätzlich auf das zu errichtende Bauwerk als solches (Festhalten an Senatsbeschluss vom 10.10.2022, IBR 2022, 650). Die Genehmigungsbehörde mag befugt und in Extremfällen auch verpflichtet sein, bei Genehmigungserteilung bereits absehbar drohenden, dem Bauordnungsrecht unterfallenden Gefahren präventiv durch bauaufsichtliche Anordnungen zu begegnen, die dann als Auflagen mit der Baugenehmigung verbunden werden mögen. Ihr Fehlen macht die Baugenehmigung selbst aber nicht rechtswidrig.*)
3. Damit setzt auch die Schlusspunkttheorie für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht voraus, dass sonstige behördliche Zulassungsakte, die sich ausschließlich auf die Bauarbeiten beziehen, zum Erteilungszeitpunkt bereits vorliegen.*)
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Online seit 10. November
IBRRS 2025, 2756
Bauvertrag
OLG Köln, Beschluss vom 13.02.2025 - 16 U 144/23
1. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Auftraggeber erst für eine Zeit verlangen, in der die Fälligkeit der Leistung bereits eingetreten war und der Auftragnehmer trotz anschließender Mahnung nicht geleistet hat oder die Mahnung ausnahmsweise entbehrlich war.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der Fälligkeit, Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung trägt der Anspruchsteller (hier: Auftraggeber).
3. An einer rechtzeitigen Herstellung des Werkes fehlt es, wenn die für die Herstellung bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Übernimmt der Auftragnehmer im Laufe der Auftragsausführung zusätzliche Arbeiten, verlängert sich die Zeit für die Bewirkung der Leistung entsprechend.
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IBRRS 2025, 2890
Architekten und Ingenieure
OVG Sachsen, Beschluss vom 19.08.2025 - 6 A 395/22
1. Ein achtsemestriges Architekturstudium mit Schwerpunkt Städtebau genügt für die Eintragung als Stadtplaner der Architektenkammer Sachsen nach SächsArchG a.F.
2. Im Gegensatz zur aktuellen Fassung des Gesetzes enthält das SächsArchG a.F. über die Studiendauer keine besonderen inhaltlichen Anforderungen.
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IBRRS 2025, 2733
Wohnraummiete
LG Köln, Urteil vom 10.07.2025 - 1 S 141/24
1. Macht der Mieter in einem Kündigungsprozess Ausführungen, die zwar zur Verteidigung gegen die Klageforderung nicht zwingend notwendig waren, jedoch in Zusammenhang mit dem Rechtsstreit stehen, rechtfertigt dies keine (erneute) Kündigung.
2. Auch wenn der Mieter eine Zweckentfremdung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Vermieter anzeigt, rechtfertigt dies keine Kündigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es keine Behauptung "ins Blaue hinein" ist.
3. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs muss die Wohnnutzung im Vordergrund stehen.
4. Grundsätzlich müssen die Gerichte die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf respektieren und dürfen ihm nicht fremde Vorstellungen über angemessenes Wohnen und seine weitere Lebensplanung aufdrängen.
5. Gerichte dürfen aber den Wunsch des Eigentümers, die Wohnung zurückzuerlangen, daraufhin überprüfen, ob er missbräuchlich ist, etwa, weil der Vermieter einen weit überhöhten Wohnbedarf geltend macht.
6. Dies ist zu bejahen, wenn der Vermieter alleine in eine über 200 qm große Wohnung mit 6,5-Zimmer, Küche, Bad ziehen möchte und selbst nach eigenen Angaben davon max. 4 Zimmer nutzen möchte/braucht.
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IBRRS 2025, 2897
Wohnungseigentum
AG Düsseldorf, Urteil vom 06.01.2025 - 290a C 2/24
1. An die Anforderung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Rahmen einer Anfechtungsklage sind strenge Anforderungen zu stellen, weil es um den Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte des betroffenen Wohnungseigentümers geht.
2. Von einem Rechtsmissbrauch bei der Erhebung von Beschlussanfechtungsklage ist daher nur auszugehen, wenn sie ausschließlich wohnungseigentumsfremden oder -feindlichen Zielen dient und nach Intensität und Umfang ihrer Instrumentalisierung für solche Ziele den übrigen Wohnungseigentümern nicht mehr zuzumuten ist.
3. Zwar hat ein Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen, die dem Laden elektrischer Fahrzeuge dienen, jedoch besteht ein solcher Anspruch nur insofern, als dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten sind.
4. Ein Gestattungsbeschluss für derartige bauliche Veränderungen bedarf der Vorgaben zu Art und Weise der Ausführungen, insbesondere zu den Leitungsführungen und Ort der Anbringung.
5. Aus § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG gibt es keinen Anspruch für eine bauliche Veränderung unter Inanspruchnahme fremden Sondereigentums, etwa für Leitungsführungen. Dazu fehlt dem Verband die Beschlusskompetenz.
6. Sollen mehrere Wallboxen gebaut werden, bedarf es konkreter Vorgaben, um sicherzustellen, dass die einzelnen Wallboxen technisch per Konfiguration so in ihrer Leistungsaufnahme eingestellt werden, dass in Summe der Hausanschluss nicht überlastet werden kann.
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IBRRS 2025, 2876
Öffentliches Recht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2025 - 5 S 612/24
1. Typische Baumimmissionen wie Laub, Nadeln und Harz, die als Folge einer natürlichen Lebensäußerung zu qualifizieren sind, stellen keine von einem Baum ausgehende Gefahr dar, welche die Fällung eines nach § 31 Abs. 2 NatSchG-BW geschützten Baums im Einzelfall rechtfertigt.*)
2. Zur Frage, ob Baumimmissionen in Form von Nadeln und Harz die Nutzung von Gartenflächen unzumutbar beeinträchtigen und deshalb eine Fällgenehmigung nach Ermessen erteilt werden kann (hier bejaht).*)
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IBRRS 2025, 2823
Zwangsvollstreckung
LG Darmstadt, Beschluss vom 06.10.2025 - 5 T 520/25
Der Schuldner hat das rechtzeitige Bestehen von Ersatzraum nicht nur darzulegen, sondern durch Vorlage eines unterzeichneten neuen Mietvertrags auch nachzuweisen.
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