Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 06.11.2025 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2025, 2873
Bauvertrag
OLG Frankfurt, Urteil vom 26.03.2025 - 9 U 47/24
1. Der Besteller hat nach Kündigung (hier: wegen unberechtigter Leistungsverweigerung) Anspruch auf Erstattung der durch die Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten der Fertigstellung. Dabei ist er so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der ursprüngliche Unternehmer das Werk ordnungsgemäß hergestellt hätte. Dies umfasst auch die Beseitigung etwaiger vor Abnahme vorhandener Mängel.
2. Berücksichtigt das erstinstanzliche Gericht Vortrag aus einem innerhalb der Schriftsatzfrist eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz nicht, weil der Schriftsatz erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils vorgelegt worden war, liegt gleichwohl ein Gehörsverstoß vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Berufung führen kann, wenn die Entscheidung darauf beruht.*)
3. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO regelmäßig nicht, wenn es lediglich allgemeine und pauschale Hinweise - z.B. auf fehlende Schlüssigkeit - erteilt. Es muss die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen, indem es den einzelnen Mangel konkret anspricht.*)
4. Ein Beweisangebot "Zeuge N.N. Mitarbeiter der Firma (Name)" ist wegen des begleitenden Hinweises auf den Arbeitgeber nicht von vornherein unbeachtlich.*)
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IBRRS 2025, 2900
Vergabe
VK Nordbayern, Beschluss vom 02.10.2025 - RMF-SG21-3194-10-31
1. Verlangt der öffentliche Auftraggeber eine aktuell gültige EfBV-Zertifizierung, beziehen sich die Anforderungen auf den für die Leistungserbringung vorgesehenen Betriebsstandort.
2. Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht ungewöhnlich niedrig ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein. Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten.
3. Ist das Angebot des Bieter unauskömmlich, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zu einer weiteren Prüfung, ob der Bieter mit der Preisgestaltung wettbewerskonforme Ziele verfolgt und den Auftrag ordnungsgemäß ausführen kann, wenn sich der Bieter auf die Auskömmlichkeit beruft.
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IBRRS 2025, 2845
Wohnraummiete
AG Wedding, Urteil vom 23.06.2025 - 18 C 4/25
1. Voraussetzung für eine wirksame Befristung des Mietvertrags ist unter anderem, dass der Vermieter dem Mieter den Grund der Befristung bei Vertragsschluss schriftlich mitteilt.
2. Bei der Absicht baulicher Maßnahmen ist die Art der Arbeiten so konkret mitzuteilen, dass der Mieter erkennt, inwiefern sie seine Räume betreffen und das Mietverhältnis geeignet ist, die Durchführung der Arbeiten zu erschweren.
3. Eine Erschwernis liegt nicht nur dann vor, wenn ein Mieter die Arbeiten nicht dulden muss, vielmehr wird hiervon jeder bedeutende Mehraufwand des Vermieters erfasst.
4. Eine Duldungspflicht des Mieters schließt eine erhebliche Erschwerung nicht aus, falls die Baumaßnahmen nur deutlich umständlicher und damit teurer durchzuführen wären, wenn der Mieter in der Wohnung verbleiben würde.
5. Für die Wirksamkeit der Befristung reicht es aus, wenn das Vorhaben im Prinzip genehmigungsfähig ist, ihm also keine unüberwindbaren rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
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Online seit 11. November
IBRRS 2025, 2889
Bauvertrag
OLG Köln, Urteil vom 08.11.2023 - 16 U 171/21
1. Auch wenn eine vom Auftragnehmer vorgelegte Schlussrechnung keine Bindungswirkung entfaltet und er nicht gehindert ist, nachträglich weitere Forderungen geltend zu machen, setzt eine solche Geltendmachung jedoch eine inhaltliche Abänderung und erneute Vorlage der Schlussrechnung voraus.
2. Der Auftraggeber muss einem Nachunternehmereinsatz nur zuzustimmen, wenn insoweit die berechtigten Belange des Auftragnehmers ausnahmsweise überwiegen. Das unvorhergesehene Nichtausreichen eigener personeller und sächlicher Mittel zur Erfüllung der vertraglichen Leistungspflichten unterfällt grundsätzlich dem eigenen wirtschaftlichen Risiko des Auftragnehmers.
3. Die Frist zur Wiederaufnahme der Leistungen im eigenen Betrieb muss so bemessen sein, dass sie für eine unverzügliche Inangriffnahme aller Vorbereitungsmaßnahmen des Auftraggebers und eine zügige Arbeitsaufnahme ausreichend ist. In der Regel genügen hierfür wenige Tage.
4. Wenn ein Auftraggeber nach Ablauf der unangemessen kurzen, aber noch vor Ablauf der angemessenen Frist die Kündigung ausspricht, ist diese grundsätzlich unwirksam. Das gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass die geschuldete Leistung auch bis zum Ablauf der angemessenen Frist nicht erbracht worden wäre (hier bejaht).
5. Verlangt der Auftraggeber nach einer Kündigung vom Auftragnehmer die Erstattung der Fertigstellungsmehrkosten, sind etwaige Mehrmengen bei der Ausführung durch den Drittunternehmer (hier) nach den ursprünglichen Vertragspreisen abzurechnen.
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IBRRS 2025, 2899
Vergabe
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2025 - 3 VK LSA 47-49/24
1. Die Antragsbefugnis fehlt, soweit der Antragsteller sich nur auf eine Absicht des Antragsgegners beruft, das Vergabeverfahren aufzuheben - insoweit ist weder ein Schaden bereits entstanden, noch droht ein solcher zu entstehen.*)
2. Für eine Rüge muss nach dem objektiven Empfängerhorizont dem betreffenden Vorbringen zweifelsfrei zu entnehmen sein, welcher Sachverhalt für vergaberechtswidrig gehalten und dass "Abhilfe" verlangt bzw. erwartet wird. Der Rügende muss eine ernsthafte, verbindliche und/oder konkrete vergaberechtliche "Beanstandung" zum Ausdruck bringen. Der Vergabestelle soll die Möglichkeit der Korrektur gegeben werden. Eine bloße Anmerkung oder die Äußerung einer Rechtsauffassung ist noch keine Rüge.*)
3. In den Fällen einer Präklusion aufgrund nicht erhobener Rüge ist auch das Vorbringen gegen einen Ausschluss wegen der nicht/nicht rechtzeitig gerügten Umstände ebenfalls präkludiert. Hier haben sich die vermeintlichen Vergaberechtsverstöße lediglich fortgesetzt.*)
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IBRRS 2025, 2904
Öffentliches Baurecht
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.10.2025 - 1 ME 37/25
1. Dass ein Vorhaben, das sich nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise oder der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zu seiner Legalisierung einer Bauleitplanung bedürfte, in der Nachbarn ihre Interessen einbringen könnten, begründet allein noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.*)
2. Die Legalisierungswirkung der Baugenehmigung beschränkt sich grundsätzlich auf das zu errichtende Bauwerk als solches (Festhalten an Senatsbeschluss vom 10.10.2022, IBR 2022, 650). Die Genehmigungsbehörde mag befugt und in Extremfällen auch verpflichtet sein, bei Genehmigungserteilung bereits absehbar drohenden, dem Bauordnungsrecht unterfallenden Gefahren präventiv durch bauaufsichtliche Anordnungen zu begegnen, die dann als Auflagen mit der Baugenehmigung verbunden werden mögen. Ihr Fehlen macht die Baugenehmigung selbst aber nicht rechtswidrig.*)
3. Damit setzt auch die Schlusspunkttheorie für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nicht voraus, dass sonstige behördliche Zulassungsakte, die sich ausschließlich auf die Bauarbeiten beziehen, zum Erteilungszeitpunkt bereits vorliegen.*)
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Online seit 10. November
IBRRS 2025, 2756
Bauvertrag
OLG Köln, Beschluss vom 13.02.2025 - 16 U 144/23
1. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Auftraggeber erst für eine Zeit verlangen, in der die Fälligkeit der Leistung bereits eingetreten war und der Auftragnehmer trotz anschließender Mahnung nicht geleistet hat oder die Mahnung ausnahmsweise entbehrlich war.
2. Die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der Fälligkeit, Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung trägt der Anspruchsteller (hier: Auftraggeber).
3. An einer rechtzeitigen Herstellung des Werkes fehlt es, wenn die für die Herstellung bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Übernimmt der Auftragnehmer im Laufe der Auftragsausführung zusätzliche Arbeiten, verlängert sich die Zeit für die Bewirkung der Leistung entsprechend.
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IBRRS 2025, 2890
Architekten und Ingenieure
OVG Sachsen, Beschluss vom 19.08.2025 - 6 A 395/22
1. Ein achtsemestriges Architekturstudium mit Schwerpunkt Städtebau genügt für die Eintragung als Stadtplaner der Architektenkammer Sachsen nach SächsArchG a.F.
2. Im Gegensatz zur aktuellen Fassung des Gesetzes enthält das SächsArchG a.F. über die Studiendauer keine besonderen inhaltlichen Anforderungen.
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IBRRS 2025, 2733
Wohnraummiete
LG Köln, Urteil vom 10.07.2025 - 1 S 141/24
1. Macht der Mieter in einem Kündigungsprozess Ausführungen, die zwar zur Verteidigung gegen die Klageforderung nicht zwingend notwendig waren, jedoch in Zusammenhang mit dem Rechtsstreit stehen, rechtfertigt dies keine (erneute) Kündigung.
2. Auch wenn der Mieter eine Zweckentfremdung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Vermieter anzeigt, rechtfertigt dies keine Kündigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es keine Behauptung "ins Blaue hinein" ist.
3. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs muss die Wohnnutzung im Vordergrund stehen.
4. Grundsätzlich müssen die Gerichte die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf respektieren und dürfen ihm nicht fremde Vorstellungen über angemessenes Wohnen und seine weitere Lebensplanung aufdrängen.
5. Gerichte dürfen aber den Wunsch des Eigentümers, die Wohnung zurückzuerlangen, daraufhin überprüfen, ob er missbräuchlich ist, etwa, weil der Vermieter einen weit überhöhten Wohnbedarf geltend macht.
6. Dies ist zu bejahen, wenn der Vermieter alleine in eine über 200 qm große Wohnung mit 6,5-Zimmer, Küche, Bad ziehen möchte und selbst nach eigenen Angaben davon max. 4 Zimmer nutzen möchte/braucht.
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IBRRS 2025, 2897
Wohnungseigentum
AG Düsseldorf, Urteil vom 06.01.2025 - 290a C 2/24
1. An die Anforderung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Rahmen einer Anfechtungsklage sind strenge Anforderungen zu stellen, weil es um den Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte des betroffenen Wohnungseigentümers geht.
2. Von einem Rechtsmissbrauch bei der Erhebung von Beschlussanfechtungsklage ist daher nur auszugehen, wenn sie ausschließlich wohnungseigentumsfremden oder -feindlichen Zielen dient und nach Intensität und Umfang ihrer Instrumentalisierung für solche Ziele den übrigen Wohnungseigentümern nicht mehr zuzumuten ist.
3. Zwar hat ein Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen, die dem Laden elektrischer Fahrzeuge dienen, jedoch besteht ein solcher Anspruch nur insofern, als dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung zu beachten sind.
4. Ein Gestattungsbeschluss für derartige bauliche Veränderungen bedarf der Vorgaben zu Art und Weise der Ausführungen, insbesondere zu den Leitungsführungen und Ort der Anbringung.
5. Aus § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG gibt es keinen Anspruch für eine bauliche Veränderung unter Inanspruchnahme fremden Sondereigentums, etwa für Leitungsführungen. Dazu fehlt dem Verband die Beschlusskompetenz.
6. Sollen mehrere Wallboxen gebaut werden, bedarf es konkreter Vorgaben, um sicherzustellen, dass die einzelnen Wallboxen technisch per Konfiguration so in ihrer Leistungsaufnahme eingestellt werden, dass in Summe der Hausanschluss nicht überlastet werden kann.
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IBRRS 2025, 2876
Öffentliches Recht
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2025 - 5 S 612/24
1. Typische Baumimmissionen wie Laub, Nadeln und Harz, die als Folge einer natürlichen Lebensäußerung zu qualifizieren sind, stellen keine von einem Baum ausgehende Gefahr dar, welche die Fällung eines nach § 31 Abs. 2 NatSchG-BW geschützten Baums im Einzelfall rechtfertigt.*)
2. Zur Frage, ob Baumimmissionen in Form von Nadeln und Harz die Nutzung von Gartenflächen unzumutbar beeinträchtigen und deshalb eine Fällgenehmigung nach Ermessen erteilt werden kann (hier bejaht).*)
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IBRRS 2025, 2823
Zwangsvollstreckung
LG Darmstadt, Beschluss vom 06.10.2025 - 5 T 520/25
Der Schuldner hat das rechtzeitige Bestehen von Ersatzraum nicht nur darzulegen, sondern durch Vorlage eines unterzeichneten neuen Mietvertrags auch nachzuweisen.
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Online seit 7. November
IBRRS 2025, 2852
Werkvertrag
OLG Celle, Urteil vom 08.05.2024 - 14 U 85/23
1. Reparaturarbeiten sind nur dann Arbeiten an einem Bauwerk und unterliegen der fünfjährigen Mängelverjährungsfrist, wenn der Bearbeitungsgegenstand mit dem Bauwerk fest verbunden und die Arbeiten für das Bauwerk wesentlich sind, sodass sie den Arbeiten bei einer Neuerrichtung vergleichbar sind.
2. Werden nur einzelne Teile einer Heizungsanlage (hier: Wärmepumpe) repariert oder ausgetauscht, handelt es sich nicht um Arbeiten an einem Bauwerk.
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IBRRS 2025, 2747
Öffentliches Baurecht
VG Köln, Urteil vom 24.09.2025 - 23 K 6618/22
1. Festsetzungen zur höchstzulässigen Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden sind nur dann rechtmäßig, wenn sie dem Erhalt oder der Sicherung eines bestimmten städtebaulichen Charakters dienen. Sicherheitsrechtliche Ziele rechtfertigen die Begrenzung der Anzahl der Wohnungen nicht.
2. Unzulässig ist eine solche Festsetzung stets in Mischgebieten oder für Gebäude mit gemischter Nutzung.
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IBRRS 2025, 2828
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 26.09.2024 - 64 S 143/23
1. Stellt der gerichtlich bestellte Sachverständige erhöhtes Aufkommen von Schimmelpilzsporen fest, die ihrer Gattung nach eine Gesundheitsgefahr indizieren und die in Innenräumen bei starken Anfeuchtungen wachsen, liegt ein Mangel der Mietwohnung vor, wenn der Sachverständige nicht ausschließen kann, dass die Entstehung der Feuchtigkeit baulich bedingt ist, es der Mieterin nämlich nach Feststellung des Sachverständigen praktisch unmöglich sei, bestimmte Bereiche der Wandoberflächen bei niedrigen Außentemperaturen über den Taupunkt hinaus zu erwärmen.*)
2. Eine Haftung des Vermieters für durch Schimmelsporen verursachte Gesundheitsschäden und seine Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld scheiden aus, wenn die nach § 536c Abs. 1 BGB gebotene Mangelanzeige unterblieb und der Vermieter deswegen nicht erkennen konnte, dass von der Wohnung womöglich eine Gefahr für die Mieterin ausging.*)
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IBRRS 2025, 2872
Prozessuales
BFH, Beschluss vom 07.10.2025 - VIII B 90/24
1. Entspricht ein Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nicht den Zulässigkeitsanforderungen des § 487 ZPO, hat das Gericht den Antragsteller vor einer ablehnenden Entscheidung grundsätzlich darauf hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, einen ergänzten Antrag zu stellen.*)
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn der Hinweis gegenüber einem fachkundig vertretenen Beteiligten unterbleibt.*)
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Online seit 6. November
IBRRS 2025, 2894
Wohnungseigentum
BGH, Urteil vom 10.10.2025 - V ZR 192/24
Wird einem Wohnungseigentümer eine bauliche Veränderung gestattet, die die Möglichkeit eröffnet, Räumlichkeiten entgegen einer vereinbarten Zweckbestimmung (hier: Keller) zu nutzen, führt dies jedenfalls dann nicht zur Anfechtbarkeit des Gestattungsbeschlusses, wenn auch eine nach der Vereinbarung zulässige Nutzung weiterhin möglich ist.*)
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IBRRS 2025, 2893
Wohnungseigentum
BGH, Urteil vom 26.09.2025 - V ZR 206/24
1. Zur Erstellung von Jahresabrechnungen ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet; als ausführendes Organ muss der bestellte Verwalter auch ausstehende Abrechnungen für Vorjahre erstellen.*)
2. Daneben kann auch der frühere Verwalter aus dem Verwaltervertrag weiterhin verpflichtet sein, die Jahresabrechnung zu erstellen, sofern die Pflicht der Gemeinschaft bereits während seiner Amtszeit entstanden ist.*)
3. Die Pflicht der Gemeinschaft zur Erstellung der Jahresabrechnung entsteht am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres; der frühere Verwalter, dessen Amtszeit zum 31. Dezember des Vorjahres geendet hat, ist nicht zur Erstellung der Jahresabrechnung für das Vorjahr verpflichtet.*)
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IBRRS 2025, 2744
Architekten und Ingenieure
OLG Bamberg, Urteil vom 18.01.2024 - 12 U 16/22
1. Ein Vertrag über die geologische Baubetreuung, der unter anderem die Betreuung der Bodenverbesserung und bestimmte geologische Untersuchungen des Planums bei einem Straßenbauvorhaben zum Gegenstand hat, ist ein Werkvertrag.
2. Der Baubetreuer ist (hier) dazu verpflichtet, den Auftraggeber über für ihn ohne Weiteres erkennbare Fehler bei der Bodenverbesserung ungefragt so zu informieren, dass dieser darauf reagieren kann. Das gilt jedenfalls insoweit, als sie mit den Empfehlungen eines zuvor - im Rahmen eines gesondertes Auftrags - ebenfalls vom Baubetreuer erstellten Baugrundgutachten im Zusammenhang stehen.
3. Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis setzt voraus, dass der Auftraggeber ausreichend gewarnt wird. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird; allgemeine und vage Hinweise genügen nicht.
4. Die Verletzung (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten begründet jedenfalls den Anschein, dass der geschädigte Auftraggeber den Rat oder Hinweis, wäre er erteilt worden, befolgt hätte.
5. Selbst wenn von den Beteiligten getrennt gesetzte Ursachen zu unterschiedlichen Mängeln führen, besteht eine Gesamtschuldnerschaft in vollem Umfang, wenn die Mängel voneinander nicht abgegrenzt und nur einheitlich beseitigt werden können.
6. Anträgen zur Vorlage von Unterlagen ist nicht nachzugehen, wenn sie auf eine Ausforschung hinauslaufen.
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IBRRS 2025, 2875
Vergabe
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14.04.2025 - 3 VK 12/24
1. Eine die Integrität in Frage stellende schwere Verfehlung kommt bei der Verletzung vertraglicher Pflichten (z.B. auch bei der Verletzung der Auftragsausführungsbedingungen bei früheren öffentlichen Aufträgen) in Betracht, wenn diese eine solche Intensität und Schwere aufweisen, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf.
2. In der Regel setzt eine schwere Verfehlung eine schuldhafte Pflichtverletzung mit nicht nur unerheblichen Auswirkungen voraus; sie muss jedoch nicht notwendig den zwingenden Ausschlussgründen nahekommen.
3. Liegt eine nachweislich schwere Verfehlung vor, ist eine darüber hinaus gehende, auf den konkreten Auftrag bezogene Prognose, ob das Unternehmen den Auftrag zuverlässig erfüllen wird, nicht mehr zu fordern. Der Auftraggeber trifft - unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nur noch die Ermessensentscheidung über den Ausschluss.
4. Der Ausschluss kann sich aber als unverhältnismäßig darstellen, wenn das Unternehmen zwischenzeitlich Maßnahmen der "Selbstreinigung" ergriffen hat.
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IBRRS 2025, 2829
Wohnraummiete
LG Berlin II, Urteil vom 29.01.2025 - 64 S 164/22
1. Wer durch dreiseitige Vereinbarung im Wege des Parteiwechsels als Mieter in ein Wohnungsmietverhältnis eintritt, tritt in alle Rechte und Pflichten des vormaligen Mieters aus dem Mietverhältnis ein, einschließlich derjenigen aus der "Mietpreisbremse" gem. §§ 556d ff. BGB. Jedenfalls solange die Vertragsparteien anlässlich des Mieterwechsels keine Änderung der Miete vereinbaren, liegt in dem bloßen Austausch der Mietpartei keine Vereinbarungen über die Miete im laufenden Mietverhältnis, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht an den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB zu messen wäre (Abgrenzung BGH, IMR 2022, 483).*)
2. Der Abschluss eines Mietvertrags mit einer gem. §§ 556d ff. BGB unzulässig überhöhten Miete stellt bereits für sich genommen eine schuldhafte Pflichtverletzung der Vermieterin gem. § 280 Abs. 1 BGB dar, die ihre Schadensersatzpflicht für notwendige Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung begründet (Anschluss BGH, Urteil vom 27.05.2020 - VIII ZR 45/19, Rz. 116, IMRRS 2020, 0676 = BGHZ 225, 352 ff.).*)
3. Der Streitwert einer auf Feststellung einer Mietüberhöhung gerichteten Klage ist analog § 41 Abs. 5 GKG nach dem Jahresinteresse zu bemessen (Festhaltung LG Berlin II, IMR 2023, 353).*)
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IBRRS 2025, 2874
Kaufrecht
OLG Frankfurt, Urteil vom 28.05.2025 - 16 U 22/24
1. Zur Bemessung einer angemessenen Frist i.S.v. § 475d BGB zur Behebung von Mängeln einer Einbauküche.*)
2. Die Mängel einer Einbauküche sind nicht unerheblich i.S.v. § 325 Abs. 5 Satz 2 BGB, wenn der Wert der Mängel nahezu 5 % des Kaufpreises erreicht und ein nicht behebbarer (ästhetischer) Mangel hinzukommt.*)
3. Zur nicht rechtzeitig erfolgten Rüge wegen der einer anwaltlichen Rücktrittserklärung nicht beigefügten Vollmacht.*)
4. Zur Schätzung der Nutzungsentschädigung für die Nutzung einer Einbauküche.*)
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IBRRS 2025, 2869
Rechtsanwälte
OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.08.2025 - 8 U 13/25
1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, deren Richtigkeit der Rechtsanwalt unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichern muss.
2. Die Ersatzeinreichung hat - sofern keine besonderen Umstände vorliegen - innerhalb einer Woche zu erfolgen, andernfalls ist sie nicht mehr unverzüglich.
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