Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 27.08.2025 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2025, 1509
OLG München, Beschluss vom 19.12.2023 - 28 U 3253/23 Bau
1. Abnahmeklauseln, die dem Verwalter die Befugnis geben, das Gemeinschaftseigentum abzunehmen, sind regelmäßig unwirksam. Ein Gemeinschaftsbeschluss, der die unwirksame Abnahmeklausel lediglich "fortsetzt", teilt deren rechtliches Schicksal.
2. Ein Abrechnungsverhältnis entsteht u.a. dann, wenn die Eigentümergemeinschaft den Bauträger zur Mängelbeseitigung auffordert und nach fruchtlosem Fristablauf Schadensersatz verlangt, wohingegen der Bauträger die Mängelbeseitigung verweigert und sich auf Verjährung beruft.
3. Balkonkragplatten gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Online seit 1. September
IBRRS 2025, 2309
OLG München, Urteil vom 12.08.2025 - 9 U 2516/24 Bau
1. Solange die für die Abschlagsrate festgelegten Leistungen (hier: "Beginn der Erdarbeiten") nicht erbracht sind, besteht zwar grundsätzlich das Annahmeverbot gemäß § 3 MaBV und kommt ein Rückzahlungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Erwerbers in Betracht. Ein solcher Anspruch entfällt jedoch, wenn die Leistung zeitnah - binnen weniger Monate - nachgeholt und damit die Fälligkeitsvoraussetzung herbeigeführt wird (hier bejaht).
2. Für den "Beginn der Erdarbeiten" genügt der erste Spatenstich, nicht jedoch die Vornahme reiner Vorbereitungshandlungen (z. B. Abrissmaßnahmen).
3. Den Erwerber trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen für die geleisteten Zahlungen weder zum Zeitpunkt der Vornahme der Zahlungen noch zu einem späteren Zeitpunkt vorlagen.
4. Die (endgültige) Aufhebung einer einmal erteilten Baugenehmigung ändert nichts an den eingetretenen Fälligkeitsvoraussetzungen.

IBRRS 2025, 2260

VK Saarland, Beschluss vom 21.07.2025 - 1 VK 2/25
1. Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Vergabe eines Bauauftrags nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll.
2. Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, dass ein Bewertungsverfahren zum Zuschlagskriterium der Qualität (hier: die Bewertung der vorzulegenden Erläuterungen zum Bauablauf und der Vorgehensweise) angewendet wird, bei dem die Prüfer anhand von Bewertungsbögen die Angebote der Bieter bewerten und die Punktzahl zur Qualität der Angebote aus dem arithmetischen Mittel der Benotungen gebildet und dies nicht konkret vorab in den Vergabeunterlagen beschrieben wird.
3. Die Begründungsanforderungen an eine fehlerfreie Bewertung setzen voraus, dass sich das Bewertungsgremium einheitlich und diskriminierungsfrei mit den Konzepten der Bieter auseinandergesetzt hat, die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind.
4. Eine Rügepräklusion ist nur bei offensichtlichen Verstößen möglich, die einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung des Angebots bzw. der Bewertung auffallen müssen (hier bejaht hinsichtlich des Fehlens bezifferter Anteile der Unterkriterien an der Gesamtbewertung und der fehlenden Vergleichbarkeit von Einheitspreis- und Pauschalpreisangeboten).

Online seit 29. August
IBRRS 2025, 2236
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.07.2025 - 30 U 68/25
1. Zur Konkretisierung von Sorgfaltsanforderungen können Unfallverhütungsvorschriften und die Anleitung des Herstellers herangezogen werden. Sie sind in diesem Sinne zur Führung eines Anscheinsbeweises geeignete Erfahrungsgrundsätze.*)
2. Beim Rückwärtsfahren auf einer Baustelle ist § 9 StVO analog anwendbar.*)

IBRRS 2025, 2291

BVerwG, Urteil vom 20.05.2025 - 4 C 2.24
Ein faktisches Kerngebiet ist bei einer mehr als unerheblichen, d. h. über Ausnahmen hinausgehenden sonstigen Wohnnutzung ausgeschlossen.*)

IBRRS 2025, 2282

BGH, Urteil vom 14.08.2025 - III ZR 125/24
Hat ein anderer als der Grundstückseigentümer einen abgelehnten Bauantrag gestellt, ist der Eigentümer geschützter "Dritter" i.S.d. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch aufgrund seiner rechtlichen Stellung eigentlicher Träger des Interesses an der Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens ist. Ob er den Bauantrag selbst hätte stellen können, ist in diesem Fall bedeutungslos (Fortführung von Senatsurteil vom 15.11.1984 - III ZR 70/83, IBRRS 1984, 0203 = BGHZ 93, 87).*)

IBRRS 2025, 2278

OLG München, Beschluss vom 19.08.2025 - 25 W 799/25
1. Hat das Gericht einen Sachverständigen bestimmt, der zunächst nicht Partei des Rechtsstreits war, und wird die Klage auf diesen Sachverständigen erweitert, so begründet dies regelmäßig keine Stellung des Sachverständigen als "Partei".
2. Eine Streitverkündung an den Sachverständigen oder eine Parteierweiterung auf diesen stellt sich regelmäßig als objektiv rechtsmissbräuchlich dar.
3. Die Parteierweiterung auf den Sachverständigen begründet keinen Ablehnungsgrund gegen diesen.
4. Lücken und Unzulänglichkeiten des Gutachtens rechtfertigen für sich allein nicht die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit, soweit dessen Unparteilichkeit dadurch nicht in Frage gestellt wird. Fachliche Einwände gegen Methodik und Ergebnisse des Gutachtens sind nicht im Ablehnungsverfahren zu klären.

IBRRS 2025, 2251

OLG Hamburg, Urteil vom 14.08.2025 - 4 U 29/25
1. Das Fehlen des Vermerks "vorgespielt und genehmigt" ändert nichts an der Wirksamkeit einer Prozesshandlung (hier: Klagerücknahme).
2. Ob eine erklärte Klagerücknahme unter der Bedingung der Bestandskraft des zwischen den Parteien im selben Termin geschlossenen Vergleichs steht, ist durch Auslegung zu ermitteln (hier verneint).
3. Prozesserklärungen können grundsätzlich nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden. Ein Widerruf ist nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes oder bei ausdrücklicher gesetzlicher Gestattung möglich.

Online seit 28. August
IBRRS 2025, 2250
OLG Hamm, Urteil vom 08.07.2025 - 21 U 2/23
1. Eine Vergütungspflicht des Auftraggebers nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B für Beschädigungen am Arbeitsgerät des Auftragnehmers aufgrund einer Eigenart des Baugrundes ist dem Bauvertragsrecht fremd.*)
2. Mehrkosten wegen von den Vorstellungen des Auftragnehmers abweichender Baugrundverhältnisse können nicht mit den allgemeinen Erwägungen geltend gemacht werden, den Bauherrn treffe das Baugrundrisiko.*)
3. Schlägt ein grundsätzlich geeignetes Verfahren fehl, ohne dass sich Leistungsziel und ausgeschriebener Baugrund geändert haben, fällt dies in den Risikobereich des Auftragnehmers, weil er den Erfolg seiner Werkleistung schuldet und der dafür anzustellende Aufwand grundsätzlich unbeachtlich ist. Daran ändert die Unvermeidbarkeit des eingetretenen Risikos nichts, da der Auftragnehmer verschuldensunabhängig für den Eintritt des vertraglich versprochenen Erfolges haftet.*)

IBRRS 2025, 2243

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2025 - 15 Verg 9/25
1. Ein Angebot, das abweichende Angaben zu der in den Vergabeunterlagen verlangten Belieferung "frei Verwendungsstelle" enthält (hier: Lieferung "bis nach der ersten Tür"), ändert die Vergabeunterlagen unzulässig und ist deshalb von der Wertung auszuschließen.
2. Ein Angebot ist so auszulegen, wie es ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
3. Eine unzulässige nachträgliche Abänderung des Angebots ist anzunehmen, wenn sich (erstmals) im Zuge der Angebotsaufklärung herausstellt, dass das vom Bieter abgegebene Angebot nicht mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen übereinstimmt.
4. Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen führen nicht zum Angebotsausschluss.
5. Bei Rahmenverträgen über Massenwaren, die jederzeit in beliebiger Menge produziert oder beschafft werden können, in großem Umfang auch anderweitig absetzbar sind und langfristig kostengünstig gelagert werden können, bedarf es nicht der Angabe einer Mindestabnahmemenge.
6. Im Falle der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sind in der entsprechenden (Auftrags-)Bekanntmachung und/oder in den Vergabeunterlagen sowohl die Schätzmenge als auch eine Höchstmenge der zu liefernden Waren anzugeben, und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge erreicht wird.
7. Die Angaben zur Höchstmenge werden nicht dadurch vergaberechtswidrig relativiert, dass sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen vorbehält, einzelne Positionen zu erhöhen bzw. zu reduzieren.
8. Führt die Bekanntmachung die Eignungskriterien nicht im Einzelnen auf, genügt die Angabe eines weiterführenden Links in den Bekanntmachung nur dann, wenn es sich um eine Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument handelt, aus dem sich konkret die Eignungsanforderungen ergeben und ein weiterer Rechercheaufwand - um sich Kenntnis von den Eignungsanforderungen zu verschaffen - nicht entsteht.

Online seit 27. August
IBRRS 2025, 2256
BGH, Beschluss vom 23.07.2025 - VII ZB 26/23
Eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO verliert ihre Wirksamkeit, wenn eine abweichende Kostenentscheidung in einem nachfolgenden Klageverfahren ergeht.*)

IBRRS 2025, 2229

OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.2020 - 22 U 233/19
1. Die Zahlung des Werklohnes auf eine geprüfte Schlussrechnung rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses.*)
2. Aus der Abzeichnung von Stundenlohnzetteln kann nicht auf eine nachträgliche konkludente Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten geschlossen werden. Sie bescheinigt nur Art und Umfang der erbrachten Leistungen.
