Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 21.10.2021 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2023, 0878
AG Donaueschingen, Urteil vom 27.01.2023 - 1 C 54/22
Die Zustellung eines Versäumnisurteils ist nicht deshalb unwirksam, weil der Zusteller auf dem Umschlag weder Datum noch Uhrzeit der Zustellung vermerkt. Dem Zustellungsadressaten obliegt es bei Zweifeln die Frist gegebenenfalls bei Gericht zu erfragen. Berechnet der Adressat die Frist anhand seiner Briefkastenleerung zu seinen Ungunsten falsch, begeht er ein Verschulden gegen sich selbst, weshalb auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren ist.

Online seit gestern
IBRRS 2023, 0919
OLG Köln, Beschluss vom 05.12.2022 - 11 U 231/21
1. Ein FeCI3-Tanklager ist ein Ingenieurbauwerk. Zu den Ingenieurbauwerken gehören insbesondere auch Tankanlagen für die entsprechenden Stoffe.
2. Soweit in der HOAI 2013 für Vereinbarungen der Vertragsparteien Schriftform vorgeschrieben ist, muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Ein schriftliches Angebot und eine schriftliche Annahme auf unterschiedlichen Schriftstücken genügen dem Schriftformerfordernis nicht.
3. Die Berufung des Auftraggebers auf die Formunwirksamkeit einer Honorarvereinbarung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Architekt oder Ingenieur ein schriftliches Angebot macht und der Auftraggeber dies schriftlich bestätigt.

IBRRS 2023, 0922

OLG Dresden, Urteil vom 20.12.2022 - 4 U 492/22
1. Knüpfen die Versicherungsbedingungen in einer Betriebshaftpflichtversicherung den Versicherungsfall an den Eintritt eines Schadensereignisses, „als dessen Folge die Schädigung eines Dritten unmittelbar entstanden ist", ist das im Zeitpunkt der Geltendmachung des Haftpflichtanspruchs geltende intertemporale Recht anzuwenden, wenn unklar ist, wann dieses Ereignis (hier: Feuchteschäden in einer Tiefgarage) genau eingetreten ist.*)
2. Wird dem Versicherungsnehmer im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens gegen einen Dritten der Streit verkündet, bemisst es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob hierin bereits die ernsthafte Geltendmachung eines Anspruchs liegt, die den Lauf der Verjährungsfrist auslöst (hier: bejaht).*)

IBRRS 2023, 0921

LG Darmstadt, Beschluss vom 16.12.2022 - 13 OH 101/16
Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn die Art und Weise der Abarbeitung des Gutachtenauftrags insbesondere angesichts der Dauer der Bearbeitung und des schlussendlich vorgelegten Ergebnisses objektiv schlechthin unvertretbar erscheint und subjektiv den Anschein einer auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung erwecken kann, wenn sich die verzögerte Bearbeitung so sehr von dem normalerweise üblichen Verfahren entfernt hat, dass diese den Schluss nahelegt, dem Sachverständigen sei das nachvollziehbare Interesse einer Partei an der Auseinandersetzung mit ihren Einwänden und einer zeitnahen Beendigung des Verfahrens gleichgültig.*)

Online seit 28. März
IBRRS 2023, 0902
LG Berlin, Urteil vom 02.03.2023 - 67 S 215/22
Der Ausschlusstatbestand des § 556g Abs. 1a Satz 2 BGB ist nicht eröffnet, wenn die dem Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung in Textform erteilte Auskunft des Vermieters nach § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB inhaltlich unzutreffend gewesen ist (hier: unrichtige Höhe der geschuldeten Vormiete).*)

IBRRS 2023, 0787

AG Schwandorf, Urteil vom 08.08.2022 - 2 C 216/22
1. Eine rechtzeitige Schonfristzahlung führt auch zu der Unwirksamkeit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs.
2. Wenn in § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB außerordentliche Kündigungen explizit herausgestellt werden, in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB aber nur von "Kündigung" die Rede ist, dann sind in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB auch ordentliche Kündigungen gemeint.
3. Allein ein Zahlungsverzug in Höhe von mehr als einer Monatsmiete rechtfertigt keine ordentliche Kündigung. Erforderlich ist darüber hinaus, dass es sich um eine schuldhafte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung handelt, die ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu begründen geeignet ist (hier verneint).

IBRRS 2023, 0885

VG Sigmaringen, Beschluss vom 07.03.2023 - 8 K 268/23
Für die einfache Signatur i.S.d. § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO reicht die Angabe des Wortes "Rechtsanwalt" am Ende des Textes nicht aus. Dies gilt auch, wenn im Briefkopf der Kanzlei nur eine einzelne Person als Rechtsanwalt ausgewiesen ist.*)

IBRRS 2023, 0074

BGH, Beschluss vom 14.12.2022 - VII ZR 271/19
1. Das Gericht ist verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dazu gehört es, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - zu bescheiden.
2. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
3. Zur Schlüssigkeit der Höhe eines Vergütungsanspruchs für geänderte Leistungen aus § 2 Abs. 5 VOB/B.

Online seit 27. März
IBRRS 2023, 0892
OLG Brandenburg, Urteil vom 02.03.2023 - 12 U 78/22
1. Allein die Verletzung von Organisationspflichten reicht nicht aus, den Auftragnehmer mit demjenigen gleichzustellen, der einen Mangel arglistig verschweigt.
2. Erforderlich ist, dass dem Auftragnehmer aufgrund des Organisationsfehlers der Vorwurf gemacht werden kann, er habe durch fehlerhafte Organisation die Arglisthaftung vermeiden wollen.
3. Wird mit der Planung und Baubegleitung ein Architekt und während der Bauausführung auch ein Bauingenieur als Bauleiter beauftragt, bestehen für eine fehlerhafte Organisation keine Anhaltspunkte.

IBRRS 2023, 0890

OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2022 - 2 W 21/22
1. Sachverständige erhalten als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen. Hierzu gehören grundsätzlich noch nicht Aufwände zur Prüfung, ob er zu ihrer Erbringung überhaupt in der Lage ist oder ob mögliche Ablehnungsgründe bestehen können.
2. Eine Ausnahme wird für den Fall anerkannt, dass ein Sachverständiger sich für diese Prüfung intensiv mit den Gerichtsakten beschäftigt und dafür erhebliche Zeit aufwendet; die Grenze wird hier bei einer Stunde gesehen.
3. Die für die Vorprüfung nach aufgewandte Zeit kann jedenfalls nur dann ein erstattungsfähiges Honorar des Sachverständigen begründen, wenn sie „erforderlich“ war. Daran fehlt es, wenn schon aus dem Beweisbeschluss oder der Klageschrift ohne Schwierigkeiten erkennbar ist, dass die Beweisfrage außerhalb seines Fachgebietes liegt.

IBRRS 2023, 0896

AGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.02.2022 - 1 AGH 8/21
1. Die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung kann widerrufen werden, wenn der Fortbildungsnachweis nicht geführt wird. Ist die Teilnahme an einem Online-Seminar möglich gewesen, kann der Ausfall von Präsenzveranstaltungen im jeweiligen Fachgebiet aufgrund der Corona-Pandemie die Säumnis nicht entschuldigen.
2. Fehlende Kenntnisse zur Handhabung eines Online-Seminars gelten nicht als Entschuldigungsgrund.
3. Ob Anwältinnen und Anwälte ihrer Fortbildungspflicht genügt haben, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres fest. Ist ein Jahr ohne Fortbildung verstrichen, können sie sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Die Nachholung versäumter Fortbildungsstunden im Folgejahr ist nicht möglich.

Online seit 23. März
IBRRS 2023, 0545
LG München I, Beschluss vom 22.09.2022 - 36 S 613/22 WEG
1. Das Rechtsschutzbedürfnis geht - mit der Folge nachträglicher Unzulässigkeit der Anfechtungsklage - nur dann verloren, wenn sicher feststeht, dass Ansprüche des Klägers auf Folgenbeseitigung, Freistellung oder Schadensersatz und damit Auswirkungen auf Folgeprozesse infolge der möglichen Bindungswirkung einer Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht bestehen.
2. Eine Anfechtungsklage gegen den in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschluss, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft einem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung eines Prozesses untersagt, ist in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Beschluss dadurch vollzogen wurde, dass dem Gericht in jenem Prozess mitgeteilt wurde, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung des Prozesses untersagt hat, und die Parteien den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklären.
3. Da in jeder baulichen Veränderung eine Umgestaltung liegt, ist zu prüfen, ob diese so starke Auswirkungen hat, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge gibt. Nur dann liegt auch eine "grundlegende" Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG vor.
4. Voraussetzung für die Annahme einer unbilligen Benachteiligung ist, dass einem Betroffenen Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den bei der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürfen. Zudem muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führen, indem Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den Übrigen.
5. Eine 70 cm hohe Gabionenwand, verkleidet mit einer max. 1,80 m hohen Sichtschutzwand aus Holz, im Sondernutzungsbereich (nur) einer EG-Wohnung einer Wohnungseigentumsanlage ist keine grundlegende Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG. Eine solche mehrheitlich von der Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigte Maßnahme erfüllt zudem nicht die Anforderungen an eine unbillige Benachteiligung im Sinne dieser Bestimmung.
6. Auch das Einladungsschreiben kann - trotz seiner fehlenden Dokumentation - zur Auslegung eines Beschlusses ausnahmsweise herangezogen werden, wenn der Beschluss keine Dauerwirkung entfaltet.
7. Die Formulierung "Die Eigentümergemeinschaft ist nicht gewillt, der Wohnungseigentümerin ### die Klage- bzw. Prozessführungsbefugnis zu überlassen" verdeutlicht, dass hier (nur) die Klage- und Prozessführungsbefugnis gemeint sein soll, die der Wohnungseigentümergemeinschaft im Bezug auf das Gemeinschaftseigentum zusteht.

IBRRS 2023, 0862

AG München, Urteil vom 18.03.2022 - 142 C 12408/21
1. Der Hinweis "Bitte keine Werbung einwerfen" gibt erkennbar zu verstehen, dass der Einwurf von Werbeflyern in Hausbriefkästen nicht erwünscht ist.
2. Das umfasst auch das Ablegen von Werbematerial auf der Briefkastenanlage oder vor dem Hauseingang.

Online seit 22. März
IBRRS 2023, 0852
OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 - 8 U 1133/20
1. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die im Rahmen der Bauüberwachung typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.*)
2. Eine Bauüberwachungspflicht des Architekten besteht auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten; sie ist lediglich bei der Kontrolldichte herabgesetzt, erfordert aber jedenfalls stichprobenartige Kontrollen.*)
3. Das bauausführende Unternehmen kann sich auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen, wenn die mangelhafte Bauausführung auf von dem Auftraggeber überlassene fehlerhafte Pläne zurückgeht.*)
4. Eine Vorteilsausgleichung des durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entstehenden Vorteils hat nur dann zu erfolgen, wenn der Mangel sich verhältnismäßig spät auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.*)
5. Wählt der Auftraggeber für die Mängelbeseitigung einen Drittunternehmer auf dem freien Markt aus, spricht aus der Erfahrung der täglichen Baupraxis der erste Anschein dafür, dass die von dem Drittunternehmen abgerechneten Kosten erforderlich waren; der Auftragnehmer ist dann für das Gegenteil, nämlich eine Beauftragung zu „übersetzten“ Preisen, mithin eine eindeutige und unzweifelhafte Überschreitung der Grenze der Erforderlichkeit, darlegungs- und beweispflichtig.*)

IBRRS 2023, 0133

LG Gießen, Urteil vom 22.11.2022 - 1 S 81/22
1. Eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs des Mieters gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt eine verschuldete Zahlungsunfähigkeit voraus. Mieter können sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen.
2. Die nachträgliche Begleichung der Mietrückstände innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB mindert das Verschulden der Pflichtverletzung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB und kann so zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

IBRRS 2023, 0820

AG Dortmund, Urteil vom 08.12.2022 - 514 C 61/22
1. Ein Einberufungsmangel führt nicht zur Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen, wenn bewiesen wird, dass er ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wäre.
2. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist allerdings erst dann zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des deshalb ferngebliebenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
3. Ist eine Angelegenheit weder durch das WEG noch durch Vereinbarung der Beschlussfassung unterworfen, fehlt es der Wohnungseigentümerversammlung an der Beschlusskompetenz. Ein dennoch gefasster Beschluss ist nichtig.
4. Für einen Beschluss der allein die Genehmigung des vorgelegten Abrechnungswerks zum Gegenstand hat, fehlt die Beschlusskompetenz.

IBRRS 2023, 0800

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.02.2023 - 4 W 4/23
Die 6-Monatsfrist für die Änderung der Streitwertfestsetzung wird im selbstständigen Beweisverfahren nicht erst durch Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung im Hauptsachenprozess in Lauf gesetzt, sondern durch die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens.*)

Online seit 21. März
IBRRS 2023, 0842
BayObLG, Beschluss vom 14.03.2023 - Verg 1/23
1. Zur Zwangsvollstreckung einer Entscheidung der Vergabekammer.*)
2. Aus Gründen des allgemeinen Vertragsrechts, namentlich der Vertragsfreiheit, kann und darf der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht dazu gezwungen werden, einen Auftrag an einen geeigneten Bieter zu erteilen.
3. Es liegt nicht in der Kompetenz der Vergabekammer, zur Beseitigung einer Rechtsverletzung eine Maßnahme zu treffen, die einen rechtlichen oder tatsächlichen Kontrahierungszwang bedeutet.

IBRRS 2023, 0844

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.02.2023 - 7 B 1229/22
1. Die Baugenehmigung erlischt, wenn die Bauausführung länger als ein Jahr unterbrochen wird.
2. Eine Stilllegungsverfügung ist grundsätzlich gerechtfertigt, wenn ein Vorhaben formell illegal und ein gestellter Bauantrag nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist.

IBRRS 2023, 0826

LG Berlin, Beschluss vom 14.02.2023 - 67 S 5/23
Bezeichnet der Vermieter die Bedarfsperson in der Erklärung einer Eigenbedarfskündigung mit einem vollständig unzutreffenden Nachnamen, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB unwirksam.*)

IBRRS 2023, 0828

LG Berlin, Urteil vom 31.01.2023 - 55 S 28/22 WEG
1. Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen sind mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16.10.2020 (BGBl. I 2187) allein am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Dies gilt auch für Sonderumlageschlüsse.*)
2. Der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage genügt auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels (Fortführung von LG Berlin, Urteil vom 30.08.2022 - 55 S 7/22 WEG, IMRRS 2022, 1320). Dies gilt insbesondere, wenn die Zuordnung voraussichtlich entstehender der Kosten nicht ohne weiteres möglich und der anzuwendende Kostenverteilungsschlüssel aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern im Streit steht.*)

IBRRS 2023, 0815

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.02.2023 - 2-04 O 81/23
§ 940a Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass der titulierte Anspruch ein Wohnraummietverhältnis i.S.v. § 549 BGB betrifft. Die Norm ist auf einen Gewerberaummietvertrag, der Wohnraum zum Gegenstand hat, nicht anwendbar.*)

Online seit 20. März
IBRRS 2023, 0821
OLG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2023 - 21 U 47/20
1. Zur Darlegung einer Hinfälligkeit des Vertragsstrafenversprechens des Auftragnehmers aufgrund "umgeworfenen" Terminplans kann bei beiderseits selbständig verursachten Verzögerungen (Doppelkausalität) der Nachweis ausreichen, dass die von dem Auftraggeber zu vertretende Bauablaufstörung schon allein für sich genommen eine wesentliche Überschreitung des vereinbarten Fertigstellungstermins zur Folge gehabt hat.*)
2. Die Grundsätze der verjährungsrechtlichen Schadenseinheit finden auch auf Ansprüche des Auftraggebers auf Vertragsstrafe oder Entschädigung für Terminsverzug des Auftragnehmers Anwendung.*)

IBRRS 2023, 0823

VK Bund, Beschluss vom 23.02.2023 - VK 2-2/23
1. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden, u. a. über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Der Vertrag darf bei einem elektronisch geführten Vergabeverfahren frühestens zehn Tage nach Absendung der Information geschlossen werden.
2. Teilt der öffentliche Auftraggeber den Bietern ausdrücklich mit, dass er beabsichtigt, den Zuschlag an den Zuschlagsprätendenten an einem bestimmten Tag zu erteilen und wird der der Zuschlag vor dem mitgeteilten Termin erteilt, wird die Wartefrist nicht eingehalten und der Vertrag ist von Anfang an unwirksam. Das gilt auch dann, wenn der mitgeteilte Termin über die gesetzlich gebotene Wartemindestfrist hinausgeht.
3. Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers anhand der von diesem den Bietern bekannt gegebenen Zuschlagskriterien. Diese bekannt gemachten Zuschlagskriterien sind gegenüber allen Bietern gleich anzuwenden.
4. Der Auftraggeber darf von den bekannt gemachten Zuschlagskriterien nicht abweichen, ohne dass er dies den Bietern vorab mit angemessener Frist bekannt gegeben hat.

IBRRS 2023, 0788

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2022 - 24 U 8/21
1. Mit Ablauf der Abrechnungsfristen der Betriebskosten tritt zugleich jeweils die sog. Abrechnungsreife ein und der Anspruch des Vermieters auf Zahlung (etwaig) rückständiger Vorauszahlungen für die fraglichen Abrechnungszeiträume geht damit unter.
2. Die Klausel "Soweit behördliche Auflagen oder Forderungen nach Übergabe des Mietobjektes oder die Aufrechterhaltung behördlicher Genehmigungen ihre Ursache in der konkreten Art der Nutzung der Mietsache durch den Mieter haben, obliegen die damit verbundenen Maßnahmen und Kosten allein dem Mieter." ist nicht dahin zu verstehen, dass der Mieter auch im Fall einer weltweiten Pandemie das alleinige Risiko dafür übernehmen wollte, die Mietsache nicht vertragsgemäß verwenden zu können.
3. Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus und rechtfertigt eine Vertragsanpassung.
4. Ob dem Mieter ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Deshalb kommt eine Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemie-bedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht.
5. Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich, um eine Vertragsanpassung vornehmen zu können.
6. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wonach eine Aufrechnung durch den Mieter einen Monat vorher angekündigt werden muss, ist in gewerblichen Mietverträgen wirksam.
IBRRS 2023, 0810

LG München II, Urteil vom 30.01.2023 - 2 O 4028/21
Ein Maklervertrag über den Verkauf eines Einfamilienhauses, der eine unterschiedliche Höhe der Provision für Verkäufer und Käufer vorsieht, ist gem. § 656c Abs. 1 BGB unwirksam. Der Makler hat keinen Anspruch auf den unwirksam vereinbarten Maklerlohn.

Online seit 17. März
IBRRS 2023, 0594
AG München, Urteil vom 19.05.2022 - 419 C 15714/21
1. Wird der Hausfrieden seitens eines Mieters durch wiederholte Anfeindungen und Beleidigungen gegenüber anderen Mitmietern nachhaltig gestört, so kann das Mietverhältnis nach Abmahnung fristlos gekündigt werden.
2. Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es maßgeblich darauf an, ob der Kündigungstatbestand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorgelegen hat. Durch ein nachträgliches Wohlverhalten wird die Wirksamkeit nicht berührt.
3. Allerdings kann in besonderen Einzelfällen das Festhalten am Räumungsanspruch rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Ursachen der Störung beseitigt wurden.
4. Dies ist aber nicht der Fall, wenn nach der ausgesprochenen Kündigung die Beleidigungen weitergehen.

Online seit 16. März
IBRRS 2023, 0769
VK Lüneburg, Beschluss vom 14.10.2022 - VgK-17/2022
1. Die Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Die früher angewandte Praxis, die Eignungskriterien erst in Vergabeunterlagen mitzuteilen, ist nicht mehr zulässig.
2. Die Eignungskriterien müssen in der Bekanntmachung eindeutig und abschließend beschrieben sein müssen. Ein Verweis genügt nicht. Der (potentielle) Bieter und Bewerber soll sich bereits aufgrund der Bekanntmachung überlegen können, ob er die festgelegten Eignungskriterien erfüllen kann.
3. Eine Mindestanforderung an die Eignung ist vorschriftsgemäß bekannt gemacht, wenn in der Bekanntmachung durch einen Link auf die Internetseite der Vergabestelle verwiesen wird und die interessierten Unternehmen durch bloßes Anklicken zum entsprechenden Formblatt gelangen können (Abschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2012, 1336 - nur online).
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IBRRS 2023, 0793

LG Berlin, Beschluss vom 22.02.2023 - 64 S 230/22
1. Die Begründung der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 wurde rechtzeitig vor ihrem Inkrafttreten am 01.06.2015 veröffentlicht und war am 01.06.2015 hinreichend leicht für die Öffentlichkeit zugänglich (entgegen AG Neukölln, Urteil vom 16.11.2022 - 9 C 489/20, IMRRS 2022, 1590 = WuM 2022, 743 ff.; Anschluss BGHZ 225, 352 ff., Rz. 88; AG Lichtenberg, Urteil vom 10.02.2022 - 16 C 40/21, IMRRS 2022, 0439).*)
2. Der Berliner Mietspiegel 2021 durfte nach den Überleitungsvorschriften im EGBGB als Fortschreibung des (einfachen) Mietspiegels 2019 erstellt werden, darf vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung an bis zu zwei Jahre lang angewendet werden und ist als Schätzgrundlage zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete geeignet (Festhaltung LG Berlin, Urteil vom 07.09.2022 - 64 S 99/21, IMRRS 2023, 0090 = GE 2022, 1263 ff.; IMR 2022, 308).*)
3. Schließen die Parteien des Wohnungsmietvertrags gleichzeitig eine Nutzungsvereinbarung über einen Kellerraum, die für den Mieter während einer mehrjährigen Mindestlaufzeit nicht unabhängig von dem Wohnungsmietverhältnis kündbar ist, kann dieses vertragliche Konstrukt auf eine Umgehung der Regelungen über die "Mietpreisbremse" hinauslaufen. Dafür spricht vorliegend, dass in Berlin eine Wohnung üblicherweise einen nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum umfasst, ohne dass dafür ein zusätzliches Entgelt neben der Wohnungsmiete bezahlt werden muss (Anschluss AG Kreuzberg, IMR 2023, 10).*)

Online seit 15. März
IBRRS 2023, 0554
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2023 - 5 U 254/21
Verpflichtet sich ein Bauträger zur Errichtung von Solarlampen, so müssen diese den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und wie netzgebundene Lampen leuchten. Dies kann nur im Bauträgervertrag, nicht jedoch in der Bezugsurkunde abbedungen werden.

IBRRS 2023, 0768

VK Lüneburg, Beschluss vom 21.12.2022 - VgK-21/2022
1. Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig. Das betreffende Angebot ist zwingend von der Wertung auszuschließen.
2. Unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen liegen immer dann vor, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet, als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt. Auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit einer Änderung der Vergabeunterlagen kommt es nicht an.
3. Eine Leistung, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, kann angeboten werden, wenn sie mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Abweichung ist ausdrücklich im Angebot zu bezeichnen und die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachzuweisen.
4. Technische Spezifikationen sind technische Regelwerke, Normen oder allgemeine Eigenschafts- oder Funktionsbeschreibungen (vgl. Ziffer 1 der Anlage TS zur VOB/A EU), nicht jedoch die individuell auf das konkrete Bauvorhaben bezogenen technischen Angaben.

IBRRS 2023, 0767

VGH Bayern, Beschluss vom 07.02.2023 - 15 CE 22.2689
1. Die mit der Errichtung notwendiger Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs sind grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen.
2. Das Fehlverhalten Dritter bzw. das Nichteinhalten genehmigter Parkflächen durch die Bewohner ist städtebaulich nicht relevant.

IBRRS 2023, 0753

LG München I, Urteil vom 01.03.2023 - 1 S 7620/22 WEG
1. Ein Eigentümer, der sich Geruchsbelästigungen durch Grillen ausgesetzt fühlt, kann selbst gegen das Grillen vorgehen.
2. Kommt es durch das Grillen zu Rauch- und Geruchsbelästigungen, ist die Anzahl des Grillens auf maximal viermal im Monat zu beschränken, wobei auch nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen gegrillt werden darf.
3. Zwar ist die isolierte Drittwiderklage gegen einen bislang nicht am Prozess beteiligten Dritten grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme besteht nach dem Zweck der Widerklage, die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über zusammengehörige Ansprüche zu ermöglichen, jedoch in den Fällen, in denen die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Drittwiderbeklagten verletzt werden.

IBRRS 2023, 0763

BGH, Urteil vom 15.02.2023 - IV ZR 353/21
Die Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. (hier: Fassung vom 13. Juli 2001) verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, durch den dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben (hier: Schriftform statt Textform).*)

IBRRS 2023, 0668

LG Dresden, Beschluss vom 22.06.2022 - 5 T 722/21
1. Das Insolvenzgericht hat den Vergütungsantrag selbstständig zu prüfen. Es kann sich aber eines Gutachtens bedienen, um sich über die Entscheidung von Zu- oder Abschlägen eine Meinung zu bilden.
2. In der Regelvergütung ist die Verwaltung von Immobilien grundsätzlich nicht enthalten. Zuschläge sind möglich.

IBRRS 2023, 0463

LG Berlin, Urteil vom 03.08.2022 - 33 O 170/21
1. Die rechtskräftige Entscheidung der Strafgerichtsbarkeit über einen Antrag des Zwangsverwalters über die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Beschlagnahme und Pfändung von Mietforderungen steht der Zulässigkeit einer vom Zwangsverwalter wegen der Mieten beim Zivilgericht erhobenen Feststellungsklage entgegen.
2. Zur Entscheidung über eine strafprozessuale Beschlagnahme von Vermögen ist ausschließlich die Strafgerichtsbarkeit berufen.

Online seit 14. März
IBRRS 2023, 0731
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2023 - 22 U 58/22
Fragt ein Auftraggeber bei einem nicht in die Architektenliste eingetragenen Planer Leistungen nach, die üblicherweise von einem Architekten erledigt werden, muss der Planer vor der Auftragserteilung offenbaren, dass er kein Architekt ist.

IBRRS 2023, 0759

VK Lüneburg, Beschluss vom 01.02.2023 - VgK-27/2022
1. Das Vergaberecht verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, sich wettbewerbsrechtlich fair zu verhalten. Dazu gehört jedenfalls im Bauvergaberecht das Verbot der Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses.
2. Der öffentliche Auftraggeber legt dem Auftragnehmer ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt, wenn er von den Anbietern feste Preise für alle Positionen des Leistungsverzeichnisses einfordert, obwohl durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine und die verhängten Sanktionen erhebliche Veränderungen in der Bitumenversorgung bestehen.
3. Der Ukrainekrieg ist als Ereignis anzusehen, das den Bietern auch noch im Frühjahr 2023 eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation ohne Preisgleitklausel unmöglich macht (Fortführung von VK Westfalen, IBR 2022, 532).

IBRRS 2023, 0760

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2023 - 10 S 3206/21
Zur baurechtlichen Zulässigkeit eines Motorsport-Übungsgeländes im Außenbereich.*)

IBRRS 2023, 0557

AG Karlsruhe, Urteil vom 06.12.2022 - 6 C 615/22
1. Vermietet der Mieter die Mieträume teilweise über Airbnb unter, steht dem Vermieter grundsätzlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf den Untermietzins zu.
2. Ob ein diesbezüglicher Anspruch des Vermieters mietvertraglich vereinbart werden kann, bleibt offen. Eine diesbezügliche Regelung kann aber gegen § 307 und § 553 Abs. 3 BGB verstoßen.

IBRRS 2023, 0756

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.03.2023 - 2-13 S 89/21
1. Ein Beschluss über ein Verbot der Hundehaltung, der neben einer Ausnahme für in der Anlage vorhandene Tiere vorsieht, dass im Einzelfall die Gemeinschaft durch Beschluss die Hundehaltung gestatten kann, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.*)
2. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beschluss über das Hundehaltungsverbot bereits die Kriterien angeführt werden, unter denen in Zukunft im Einzelfall die Hundehaltung genehmigt wird.*)

IBRRS 2023, 0761

OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.02.2023 - 3 W 290/23
Legt der Antragsteller in einem Verfügungsverfahren gegen einen zurückweisenden Beschluss sofortige Beschwerde ein, ohne diese entgegen seiner Ankündigung zu begründen, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau der maßgeblichen Umstände der Verfügungsgrund regelmäßig zu verneinen, weil der Antragsteller dadurch zu erkennen gibt, dass es ihm mit der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht eilig ist.*)

Online seit 13. März
IBRRS 2023, 0752
OLG Köln, Urteil vom 08.02.2023 - 11 U 252/21
1. Muss im Rahmen der Beseitigung eines Mangels auch das mit einem eigenständigen Mangel behaftete Vorgewerk in Stand gesetzt werden, ist die Instandsetzung des Vorgewerks Sache des Auftraggebers.*)
2. Ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung diesem nicht bekannt, ist eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ohne Angebot der Mitwirkungshandlung nur unwirksam, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die erforderliche Mitwirkung konkret hinweist.*)

IBRRS 2023, 0750

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.02.2023 - Verg 9/22
Dem Europäischen Gerichtshof wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 32 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2014/24/EU mit Rücksicht auf Art. 14 AEUV einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Vergabe eines der Daseinsvorsorge dienenden öffentlichen Auftrags bei äußerster Dringlichkeit auch dann im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung erfolgen kann, wenn das Ereignis für den öffentlichen Auftraggeber voraussehbar und die angeführten Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit ihm zuzuschreiben sind?

Online seit 10. März
IBRRS 2023, 0726
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2022 - 22 U 304/21
1. Zur schlüssigen Darlegung seines Vergütungsanspruchs muss der Unternehmer im Fall der Abrechnung nach Stundenlohn lediglich die Anzahl der geleisteten Stunden darlegen. Nachweise wie etwa Rapportzettel sind keine Voraussetzung der schlüssigen Darlegung, auch ist keine Differenzierung erforderlich, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten an welchen Tagen angefallen sind.
2. Der Besteller darf im Regelfall ohne nähere Darlegung bestreiten, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind und muss nicht zu den aus seiner Sicht geleisteten Stunden vortragen. Etwas anderes gilt, wenn der Besteller Kenntnis darüber hat, welche Stunden angefallen sind.
3. Für den Einwand, dass in Relation zu dem vereinbarten Werkerfolg ein überhöhter zeitlicher Aufwand betrieben worden ist, ist der Besteller darlegungs- und beweispflichtig.

IBRRS 2023, 0729

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.02.2023 - 10 B 1148/22
1. Das Gebot der Rücksichtnahme fordert nicht, dass alle Fenster eines Hauses mit den dahinter liegenden Zimmern beziehungsweise das gesamte Grundstück das ganze Jahr über optimal besonnt oder belichtet werden.
2. Gewähren Fenster, Balkone oder Terrassen eines neuen Gebäudes beziehungsweise Gebäudeteils den Blick auf ein Nachbargrundstück, ist deren Ausrichtung, auch wenn der Blick von dort in einen Ruhebereich des Nachbargrundstücks fällt, nicht aus sich heraus rücksichtslos. Es ist in bebauten Gebieten üblich und hinzunehmen, dass infolge einer solchen Bebauung erstmals oder zusätzlich Einsichtsmöglichkeiten entstehen.

IBRRS 2023, 0505

AG Passau, Urteil vom 07.10.2022 - 23 C 612/22 WEG
1. Auch ein Eigentümer als Laie muss seine Anfechtungsklage gegen den Verband richten.
2. Für die Klagebegründung reicht eine sog. "Kerndarstellung" aus.
3. Die Klagebegründungsfrist ist wie die Anfechtungsfrist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und keine prozessuale Frist.
4. Ein Rechtsirrtum gibt auch bei einer nicht juristisch geschulten Partei grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund ab.

Online seit 9. März
IBRRS 2023, 0710
OLG Köln, Urteil vom 13.10.2022 - 7 U 47/20
Einzelne Positionen einer Schlussrechnung sind grundsätzlich nicht isoliert einklagbar. Die Parteien eines Bauvertrags können gleichwohl vereinbaren, dass eine einzelne Nachtragsforderung aus der Rechnungsstellung "herausgelöst" wird und der Auftragnehmer diese Forderung isoliert gerichtlich geltend machen kann (Abgrenzung zu BGH, IBR 1999, 102).

IBRRS 2023, 0734

LSG Hessen, Urteil vom 26.01.2023 - L 8 BA 51/20
Stellen Bauarbeiter im Wesentlichen nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung und tragen keinerlei Unternehmerrisiko, sind sie ungeachtet eines “Nachunternehmervertrags“ als abhängig beschäftigt einzustufen. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der Vertrag lediglich die tatsächlichen Verhältnisse verschleiern soll, um den gesetzlichen Sozialabgabepflichten zu entgehen.

IBRRS 2023, 0732

LG Berlin, Beschluss vom 14.02.2023 - 67 S 288/22
Eine Eigenbedarfskündigung, mit der die zukünftige Nutzung der Wohnung für mehrere nicht namentlich benannte Kinder des Vermieters geltend gemacht wird, ist wegen Verstoßes gegen § 573 Abs. 3 BGB unwirksam.*)
